Das Ziel der Steuervereinfachung ist ebenso beliebt wie unerfüllt in den Reformbestrebungen zur deutschen Einkommensteuer. Die Reduktion der Komplexität des aktuellen deutschen Einkommensteuersystems ist häufig Gegenstand von Einzelgesetzen und weitreichenden Reformvorschlägen. Besonders der Name des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Paul Kirchhoff ist seit dem Bundestagswahlkampf 2005 mit einer Reform des gesamten deutschen Steuersystems hin zu einer ”Flat-Tax“ und einer Zusammenführung und Vereinheitlichung der derzeitigen Einzelgesetze zu einem Bundessteuergesetz verbunden.
Unabhängig von der genauen rechtlichen Ausgestaltung besteht das Hauptinteresse des Staates zunächst einmal darin, sicherzustellen, dass alle Bürger ihrer Steuerpflicht nachkommen und einen Beitrag zur Finanzierung des Staatshaushaltes leisten. Welche Motive die Ursache dafür sind, dass Steuerzahler ihrer Pflicht nachkommen, wird erst relevant, wenn es um die Beeinflussung der Steuerehrlichkeit von staatlicher Seite geht. Denn die Wirksamkeit staatlicher Maßnahmen zur Erreichung einer höheren Steuerehrlichkeit hängt entscheidend von den Beweggründen der einzelnen Bürger ab, Steuern zu zahlen. Ob zwischen Steuerkomplexität und Steuerehrlichkeit ein Zusammenhang besteht und somit höhere Steuerehrlichkeit durch Steuervereinfachungen zu erreichen ist, wird derzeit besonders unter den Verhaltensökonomen in der finanzwissenschaftlichen Literatur diskutiert und ist Thema dieser Seminararbeit.
In Kapitel 2 werden zunächst die Begriffe Steuerehrlichkeit und Steuerkomplexität erläutert und aufgezeigt, wie sie aktuell in der ökonomischen Literatur quantitativ und qualitativ erfasst werden. In Kapitel 3 wird das theoretische Grundmodell der Steuerhinterziehung dargestellt und anschließend theoretische Modellerweiterungen vorgestellt, wobei ein Schwerpunkt auf Modellen liegt, die Steuerkomplexität berücksichtigen. Die beiden folgenden Kapitel beschäftigen sich mit den Möglichkeiten, die theoretischen Überlegungen aus Kapitel 3 empirisch zu überprüfen. Kapitel 4 zeigt anhand einer Beispielstudie, wie mittels Umfragedaten der Zusammenhang zwischen Steuerkomplexität und Steuerehrlichkeit erforscht werden kann und Kapitel 5 beschreibt das Vorgehen im Rahmen von Laborexperimenten. Schließlich folgen in Kapitel 6 eine zusammenfassende Betrachtung und ein Ausblick auf zukünftige Forschungsmöglichkeiten.
Inhaltsverzeichnis
- Steuervereinfachung als politische Zielgröße
- Steuerehrlichkeit und Steuerkomplexität in der ökonomischen Literatur
- Definition und Messung der Steuerehrlichkeit
- Begriffsbestimmung und Erfassung der Steuerkomplexität
- Steuerhinterziehung und deren Determinanten in der ökonomischen Theorie
- Grundmodell der Steuerhinterziehung und empirische Validierung
- Ausbau des Grundmodells im Rahmen der Erwartungsnutzentheorie
- Verhaltensökonomische und steuerpsychologische Erweiterungen des Modellrahmens
- Analyse mittels Umfragedaten zum Einfluss von Fairness
- Datengrundlage, methodisches Vorgehen und ökonometrische Ergebnisse
- Kritische Analyse und Einordnung der Ergebnisse
- Experimentelle Analyse des Einflusses von Steuerkomplexität auf Steuerehrlichkeit
- Experimentelles Design und frühe Forschungsansätze
- Studie zum Einfluss von Unsicherheit über das tatsächliche Einkommen auf Steuerehrlichkeit
- Kritische Analyse und Einordnung der Ergebnisse
- Zusammenfassende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit beschäftigt sich mit der Analyse der Beziehung zwischen Steuerkomplexität und Steuerehrlichkeit. Das Ziel der Arbeit ist es, die Auswirkungen von Steuerkomplexität auf das Verhalten von Steuerzahlern zu untersuchen und zu verstehen, ob und wie Steuervereinfachungen die Steuerehrlichkeit fördern können.
- Definition und Messung von Steuerkomplexität und Steuerehrlichkeit
- Theoretische Modelle der Steuerhinterziehung, einschließlich der Berücksichtigung von Steuerkomplexität
- Empirische Methoden zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Steuerkomplexität und Steuerehrlichkeit (Umfragen und Laborexperimente)
- Kritik und Einordnung der empirischen Ergebnisse
- Zukünftige Forschungsrichtungen und Möglichkeiten
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet die politische Relevanz der Steuervereinfachung im deutschen Einkommensteuersystem und stellt den Zusammenhang mit der Steuerehrlichkeit her. Kapitel 2 definiert die Begriffe „Steuerehrlichkeit“ und „Steuerkomplexität“ und skizziert gängige Ansätze zur Messung dieser Konzepte in der ökonomischen Literatur. Kapitel 3 präsentiert das theoretische Grundmodell der Steuerhinterziehung und diskutiert Erweiterungen des Modells, die den Einfluss von Steuerkomplexität auf das Verhalten von Steuerzahlern einbeziehen.
Kapitel 4 analysiert den Zusammenhang zwischen Steuerkomplexität und Steuerehrlichkeit anhand von Umfragedaten. Die Untersuchung liefert Erkenntnisse über die Bedeutung von Fairnesswahrnehmungen und anderen Determinanten von Steuerverhalten. Kapitel 5 befasst sich mit der experimentellen Analyse des Einflusses von Steuerkomplexität auf Steuerehrlichkeit. Es werden verschiedene experimentelle Designs vorgestellt und Studien zum Einfluss von Unsicherheit auf Steuerehrlichkeit beleuchtet.
Schlüsselwörter
Steuerkomplexität, Steuerehrlichkeit, Steuerhinterziehung, Fairness, Erwartungsnutzentheorie, Verhaltensökonomie, Steuerpsychologie, Umfragedaten, Laborexperimente.
- Quote paper
- Sebastian Holzmann (Author), 2012, Analyse der Zusammenhänge zwischen Steuerkomplexität und Steuerehrlichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/491460