Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Bestimmung der Grundbegriffe
2.1. Text und Textsorten
2.1.1. Text
2.1.2. Textsorten
2.2. Aufgaben und Übungen zu Texten in DaF-Lehrwerken
2.3. Authentizität und Progression
2.3.1. Authentizität
2.3.2. Progression
3. DaF kompakt B1
3.1. Vorstellung des ausgewählten Lehrwerks
3.2. Analyse der Didaktisierung von Lesetexten
3.2.1. Allgemeine Analyse zu Texten und Textsorten
3.2.2. Analyse von Aufgaben und Übungen
3.2.3. Analyse von Authentizität und Progression
3.2.3.1. Analyse von Authentizität
3.2.3.2. Analyse von Progression
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Text ist eine der fundamentalen Größen sprachlicher Kommunikation. Ein Text erfasst viele Produkte der sprachlichen Kommunikationen. Der Sprachunterricht wird aus linguistischer Sicht als ein intertextuelles Phänomen interpretiert, das sich in verschiedenen Ausprägungen darstellt. Der Lehr- und Lernprozess hat im engeren Sinne einen großen Zusammenhang mit dem Input von Texten und Textprodukten. Deshalb soll die Arbeit mit Texten eine zentrale Rolle beim Fremdsprachenerwerb spielen. (vgl. Krause 2003: 334ff). In einem Lehrwerk gelten die Texte als das elementare und anschauliche Material, welche Informationen vom Zielland liefern, sprachliche Mittel wie Wortschatz und Grammatik präsentieren und die Fertigkeiten entwickeln. Mithilfe von Texten kann man sich unter anderem auch eigenen Gedanken machen, kommunikative Kompetenzen trainieren, ästhetisch lernen und die eigene Persönlichkeit sowie Charakter bilden (vgl. Storch 2008: 157f).
Aus den erwähnten Gründen habe ich mich dafür entschieden, Texte und Übungen zu Texten als den Gegenstand meiner Lehrwerkanalyse auszuwählen. Bei der Auswahl des Lehrwerks habe ich die Entscheidung getroffen das „DaF kompakt B1“ zu analysieren. Das Lehrwerk ist ideal für Intensivkurse und die Lernenden auf B1 Niveau in meinem Heimatland China, weil das Lehrwerk eine steile Progression führt und Erwachsene als Zielgruppe hat (vgl. DaF kompakt A1-B1, Kursbuch: Rückseite).
Die Arbeit wird in vier Kapiteln verfasst. Im folgenden Kapitel wird versucht, anhand der Fachliteratur eine ausreichende theoretische Basis als Ausgangspunkt für meine Analyse zu schaffen. In diesem Kapitel beschäftigte ich mich zuerst mit den Grundbegriffen Text und Textsorten. Andere Kriterien der Textanalyse wie Aufgaben und Übungen zu dem Text werden nach der Übungstypologie vorgestellt. Die Definition von Authentizität, ihre Einflüsse auf DaF-Unterricht und die Merkmale der authentischen Texte werden beleuchtet. Der prototypische Zusammenhang der Progression wird auch nähergebracht. In Kapitel 3.1 wird das analysierte Lehrwerk „DaF kompakt B1“ vorgestellt. In Kapitel 3.2 werden die Texte anhand der Theorien aus Kapitel 2 analysiert. Der Schwerpunkt wird auf die Textsorten und die dazugehörigen Lernziele, die Übungen nach dem vierstufigen Verfahren der Übungstypologie, die Authentizität nach den Kriterien von Edelhoff und die steile, lineare und grammatische Progression gelegt.
2. Bestimmung der Grundbegriffe
2.1. Text und Textsorten
2.1.1.Text
In verschiedenen Fachbereichen, wie der Linguistik und Deutsch als Fremdsprache, gibt es unterschiedliche Vorstellungen vom Begriff „Text“. Ein Text wird oft als abgegrenzte, inhaltlich und grammatisch zusammenhängende sprachliche Äußerung in mündlicher oder schriftlicher Form mit erkennbarer kommunikativer Funktion definiert (vgl. Schütz 2010: 335f), wie er bei Brinker zu finden ist: „Der Terminus ‚Text’ bezeichnet eine begrenzte Folge von sprachlichen Zeichen, die in sich kohärent ist und als Ganzes eine erkennbare kommunikative Funktion signalisiert.“ (Brinker 1997: 17) Im Duden wird „Text“ wie folgt definiert: „im Wortlaut festgelegte, inhaltlich zusammenhängende Folge von Aussagen.“ 1 Vom dem Gesichtspunkt von Sprachwissenschaft sowie Textlinguistik wird es als die höchste sprachliche Einheit betrachtet (vgl. Schütz 2010: 335f).
In der Fremdsprachendidaktik sind Texte von großer Bedeutung. Der Gemeinsame Europäischer Referenzrahmen für Sprachen beschreibt Text als „jeder Diskurs, der sich auf einen bestimmten Lebensbereich bezieht. Texte werden während der Ausführung einer Aufgabe Anlass für Sprachaktivitäten, indem sie diese unterstützen oder sogar als Prozess oder als Produkt Ziel der Aktivitäten sind.“ (Trim u.a. 2001: 21) „Deutsch Lehren Lernen“ hat in der fünften Reihe Lernmaterialien und Medien die Texte im Lehrwerk zusammengefasst, dass ein Text „offensichtlich mehr als eine beliebige Sammlung von Sätzen“ (Rösler, Würffel 2014: 86) ist. In einem Text erwartet man, dass diese Sätze etwas miteinander zu tun haben und in Verbindung zu stehen. Bestimmte sprachliche Elemente wie z. B. Pronomen weisen im Text auf einen bestimmten Gegenstand oder eine bestimmte Person, bestimmte Konjunktionen verknüpfen einzelne Teilsätze miteinander. Zu unserer Vorstellung von einem Text gehört nicht nur, dass die Sätze miteinander verknüpft sind, sondern auch, dass sie einen gewissen thematischen Zusammenhang haben. Außerdem hat ein Text auch noch eine bestimmte kommunikative Funktion (vgl. Rösler, Würffel 2014: 86ff ).
2.1.2.Textsorten
Der Begriff „Textsorte“ bezeichnet eine Klasse von Texten, die als konventionell geltender Muster bestimmten sprachlichen Handlungen zuzuordnen sind. Texte können aufgrund textexterner Kriterien wie z. B. Funktion, Kommunikationssituation, Verwendungsbereich und textinterner Kriterien wie z. B. sprachsystematische und textstrukturelle Merkmale zugeordnet werden (vgl. Thurmair 2010: 337f). Für den Bereich DaF sind Textsorten aus verschiedenen Gründen unerlässlich. Zuerst stellt die Textsortenkompetenz einen wichtigen Teil der umfassenden Sprachkompetenz dar. Zweitens kommen verschiedene sprachliche Mittel in Textsorten in ihrer Funktion vor. Zum Schluss werden die Fertigkeiten Lesen, Hören, Sprechen und Schreiben in verschiedenen Textsorten gezielt und angemessen integriert und trainiert (vgl. Thurmair 2010: 337f).
Es gibt verschiedene Textsorten im DaF-Lehrwerk. Zu den geschriebenen Texten gehören z. B. Zeitungsartikel, Prosatexte, Anzeigen, Speisekarten, Einkaufszettel, Einladungen, Veranstaltungsprogramme, Wetterberichte im Netz, Comics, Fotogeschichten, Formulare, Fragebögen, Briefe, Text-Chats und SMS-Nachrichten. Zu den mündlichen Texten gehören z. B. Gespräche im Café, Interviews, Telefongespräche, Durchsagen, Wettervorhersagen, Nachrichtensendungen, Diskussionen, Vorträge, Lieder oder mündlich erzählte Geschichten (vgl. Rösler, Würffel 2014: 87).
Mit dem Einsatz verschiedener Textsorten lassen sich im Unterricht gleiche oder unterschiedliche Lernziele verbinden. Texte können beispielsweise dazu dienen, einen neuen Wortschatz oder neue sprachliche Strukturen einzuführen oder zu festigen. Text übermittelt Informationen und man lernt dabei, wie man sie erfassen kann. Sprachliche und kulturelle Informationen werden aufgegriffen und die Aussprache wird geschult. Außerdem können sie die lernenden dazu anregen, selbst produktiv zu werden und eigene Texte zu verfassen (vgl. Rösler, Würffel 2014: 87).
2.2. Aufgaben und Übungen zu Texten in DaF- Lehrwerken
In Lehrwerken kommt es häufig vor, dass Texte eher als Lerntexte eingesetzt werden. Sie haben das Ziel, sprachliche und grammatische Phänomene einzuführen. Um das Ziel zu erreichen, müssen die Aufgaben und Übungen eingeführt, die die Lernenden dabei unterstützen, Lehrwerktexte verstehen zu können (vgl. Rösler, Würffel 2014: 116).
Die Begriffe „Aufgabe“ und „Übung“ haben in der Praxis des Fremdsprachenunterrichts viele Übergänge und Zwischenformen (vgl. Huneke, Steinig 2013: 233). Deshalb ist es notwendig, diese am Anfang des Kapitels prototypisch gegenüberzustellen. Nach Funk und anderen Verfassern (Funk u.a. 2014: 11) sind Aufgaben „all jene sprachlichen Aktivitäten, die einen ‚Sitz im Leben‘ haben, d.h. die in dieser Form nicht nur im Kursraum stattfinden.“ Aufgaben sind mitteilungsbezogen, d.h. sie konzentrieren sich auf Mitteilung und Verstehen der Kommunikation in der Lerngruppe. Im Prozess der Kommunikation müssen Lösungswege von den Lernern gefunden werden. Sie sind in mehreren Formen möglich, fordern und fördern Lernautonomie und Kooperation mit anderen. Nicht wie Aufgaben sind Übungen sprachbezogen, das Ziel von Übungen ist eine korrekte Sprachverwendung. Es gibt in einer Übung nur einen von der Lehrperson vorgeplanten Lösungsweg und eine richtige Lösung. Der Prozess fordert und fördert Orientierung an der sprachlichen Norm (vgl. Huneke, Steinig 2013: 233). So beschreibt Funk und andere Verfasser (Funk u.a. 2014: 14) die Beziehung zwischen Übungen und Aufgaben: „Übungen bereiten Aufgaben vor, indem sie Wortschatz, Aussprache, Strukturen oder einzelne Fertigkeiten gezielt trainieren.“
Bei der Entwicklung und Beurteilung von Aufgaben und Übungen, die das Leseverstehen fördern und unterstützen, spielen unterschiedliche Aspekte je nach Lernstufe eine zentrale Rolle. In der Lesedidaktik werden vor allem zwei wichtige Verfahren häufig genannt: Zum einen Übungstypologien, zum andern die explizite Vermittlung von Lesestrategien (vgl. Mummert, Krumm 2001: 945).
Nach der Übungstypologie wird Aufbau von Textkompetenz durch systematische Erweiterung der Aufgaben, die an authentische Texte gestellt werden, entfaltet (vgl. Mummert, Krumm 2001: 946). Neuner (vgl. 1982: 73-77) hat ein vierstufiges Verfahren vorgeschlagen. Die Übungsketten beginnen mit Stufe A „Übungen zum Aufbau von Verstehensleistungen“. Die Stufe besteht aus zwei Teilen, zuerst die Entwicklung von Verstehenshilfen wie stichwortartiger Zusammenfassung, vereinfachten Paralleltexten oder tabellarischer Aufgliederung der Informationen, und dann Aufgaben zur Überprüfung des Verstehens. Stufe B ist eine Grundlegung der Mitteilungsfähigkeit. Durch die Übungen mit reproduktivem Charakter wird die sprachliche Form gesichert. In Stufe C wird die Mitteilungsfähigkeit aufgebaut und erweitert. Die Übungen in dieser Stufe sind meistens reproduktiv-produktiv, die in Stufe D zielen auf „die freie Äußerung“ ab.
Das Vorgehen ist aber kritisch, weil es sich auf kurze Sachtexte beschränkt und der Inhaltsdimension von Texten wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Vermittlung von Lese- und Verstehensstrategien, die sich auf den Inhalt konzentriert, hat sich weitgehend durchgesetzt und auch Eingang in die Lehrmaterialien gefunden. Die Lesestrategien, mit denen der Leser deutschsprachige Texte „knacken“ kann unterscheiden auf drei Ebenen (vgl. Mummert, Krumm 2001: 945f):
1.auf der Textebene wie z. B. Aufbau einer Leseerwartung, Entschlüsselung der Textinformation mit Hilfe von Namen, Zahlen etc.,
2.auf der Satzebene wie z. B. Konnektoren und Kontextreferenz sowie
3.auf der Wortebene, etwa Kontext, Wortbildungsregularitäten und Internationalismen u. ä.
(Mummert, Krumm 2001: 946)
2.3. Authentizität und Progression
2.3.1.Authentizität
Die Verwendung authentischer Texte hat eine große Bedeutung in der Fremdsprachedidaktik (vgl. Rösler 1994: 92). Nach Edelhoff (vgl. 1985: 7) wird das Wort „authentisch“ häufig als Synonym von „dokumentarisch“, „real“ oder „echt“ gebraucht. Es soll den Gegensatz zu „gemacht“, „fabriziert“ und „unecht“ bilden. Für die Auswahl von Texten im Lehrwerk oder im Fremdsprachenunterricht gilt „Authentizität“ als Begriff für die von Muttersprachlern verfassten oder gesprochenen Texten. Die im Fremdsprachenausland, meist von Nicht-Muttersprachlern, eigens für den Fremdsprachenunterricht hergestellten oder bearbeiteten Texte, sind nicht authentisch. Zum Beispiel sind die zwei Arten Texte von authentischem Text abzugrenzen: zum einen werden die traditionellen schriftsprachlichen Lehrmaterialtexte, die um ein bestimmtes grammatisches Phänomen, das neu eingeführt werden sollte, herum geschrieben. Zum anderen können die für den Unterricht konstruierten Gespräche, die nicht selten ihren wirklichen Zweck, nämlich grammatische Phänomene in dialogischer Form zu präsentieren, kaum verbergen (vgl. Rösler 1994: 92f).
Obwohl die Verwendung der authentischen Texte eine große Bedeutung auf den Deutschunterricht hat, haben die Akademiker im DaF-Bereich die positiven Einflüsse vor der kommunikativen Orientierung übersehen. In der Fremdsprachendidaktik stand die Grammatikvermittlung in der Vergangenheit an erster Stelle und die Menschen nahmen an, dass es die Aufgabe von Texten ist, die Grammatik ins Klassenzimmer oder in den Kursraum zu transportieren (vgl. Rösler, Würffel 2014: 88ff). Nach der kommunikativen Orientierung wird der Ruf nach authentischen Texten in der fremdsprachendidaktischen Diskussion immer lauter (vgl. Rösler 1994: 92f ). Edelhoff (vgl. 1985: 5) hat drei Gründe für Authentizität zusammengefasst: zum einen soll Sprachunterricht auf die Realität der Begegnung mit der fremden Sprache auf Lebenssituationen vorbereiten, die nur mit der Anwendung von authentischen Texten möglich ist. Zum anderen fordert die reale Begegnung in und mit der Fremdsprache umfangreiche landeskundliche Informationen und Wissensstände, die nur über die Beschäftigung mit authentischen Sachverhalten und textlichen Einkleidungen gewonnen werden können. Schließlich sind zum erfolgreichen Erlernen einer Fremdsprache Engagement und Motivation erforderlich, die häufig durch die Künstlichkeit und Simplizität der eigens für Lehrzwecke entworfenen Texte leiden oder gar verloren gehen.
Aber wie Neuner (vgl. 1996: 153) gewarnt hat, muss man trotz der Bedeutung der authentischen Texte auf das Problem achten, dass nicht jeder authentische Text für den Unterricht geeignet ist. „Nicht jeder Text wirkt allein schon dadurch motivierend, dass er echt ist.“ (Neuner 1996: 153) Die Frage ist, was der Lerner an einem Text lernen soll, zum Beispiel globales Verstehen des inhaltlichen Zusammenhangs oder einzelne Details und wie man ihm helfen sollte, die gesteckten Ziele zu erreichen (Neuner 1996: 153). Wenn der authentische Text den Lernern nicht helfen kann, ihre Lernziele zu erreichen, ist es sinnlos eine große Anzahl der authentischen Texte im Sprachunterricht zu verwenden. Ein weiteres Problem der Authentizität ist die dogmatische Ablehnung von Lehrbuchtexten, d.h. die Lehrpersonen begreifen die Authentizität nicht mehr als Eigenschaft eines Textes, sondern beurteilen lediglich nach dem Erscheinungsort. Nach ihrer Meinung ist ein Zeitungsartikel authentisch, wenn er in einer echten Zeitung erschienen ist. Ein Zeitungsauszug im Lehrwerk ist nicht authentisch, obwohl er eine echte Zeitung als Quelle hat. Die Ansicht widerspricht dem Prinzip, dass das Konzept „authentischer Text“ alle Textsorten umfassen muss. Auch Lehrwerktexte sind authentisch, wenn sie „die gleichen textlichen Eigenschaften wie ein als repräsentativ für diese Textsorte annehmbarer Text an einem authentischen Ort haben.“ (Rösler 1994: 92)
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1 https://www.duden.de/rechtschreibung/Text_Aeuszerung_Schrift (zit. 2019-03-01).