Eine Korpusanalyse zur Semantik von sensibel und sensitiv im Vergleich

Zweifelsfalluntersuchung


Hausarbeit, 2019

13 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Beobachtung
1.2 Identifikation

2. Systemanalyse
2.1 Klassifikation

3. Empirie
3.1. Sprachgebrauchsanalyse

4. Auswertung und Fazit
4.1. Klarung und Interpretation

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Beobachtung

In einem Artikel uber Hochbegabung, veroffentlicht im Spiegel, heiftt es „Es ist heute gesicherte Erkenntnis, daft Hochbegabte als Kinder besonders sensibel, leicht krankbar und sensitiv sind (...)“1. Die Begriffe sensibel und sensitiv werden hier in einem Kontext genannt und haben offenbar eine unterschiedliche Bedeutung. So stellt sich vielen Sprecher*innen nicht selten die Frage: Was genau ist denn der semantische Unter- schied dieser beiden Ausdrucke?

Samtliche Forenbeitrage dokumentieren hierbei sprachliche Unsicherheiten von Ratsu- chenden, die in diesem Fall ins Grubeln kommen. Dabei wird aus den vielfaltigen Ant- worten sehr deutlich, dass die Semantik dieser beiden Worter offenbar sehr unter- schiedlich aufgefasst wird (naheres dazu in Kapitelpunkt IV.). Dies gibt Anlass dazu, diesen Zweifelsfall in Augenschein zu nehmen und auf ihren Bedeutungsunterschied hin zu analysieren. Dazu wird in dieser kurzen Ausarbeitung eine Sprachgebrauchsanalyse dieser Begriffe, unter Verwendung von Korpora mithilfe der Volltextdatenbank COSMAS II durchgefuhrt.

Der Aufbau dieser Ausarbeitung geht auf den Text „Sprachliche Zweifelsfalle als linguis- tischer Gegenstand. Zur Einfuhrung in ein vergessenes Thema der Sprachwissen- schaft“ von Wolf Peter Klein zuruck.2 Da eine inhaltliche Wiedergabe den Rahmen die­ser Seminararbeit sprengen wurde, wird hier nicht weiter auf den Text eingegangen, sondern lediglich Bezuge zum Text, in den jeweiligen Kapiteln hergestellt.

Zunachst werde ich den Zweifelsfall als solchen identifizieren und ihn sodann hinsicht- lich der linguistischen Systemebene klassifizieren. Anschlieftend werde ich eine Sprachgebrauchsanalyse unter Verwendung von COSMAS II durchfuhren und heraus- arbeiten, in welchem Kontext und unter welchem Verstandnis die Begriffe jeweils ver- wendet wurden, um daraus semantische Unterschiede der Varianten (in der Standard- sprache) zu konstatieren.

1.2 Identifikation

Bevor ich die Variation sensibel und sensitiv als Zweifelsfall identifiziere, mochte ich vorab eine Definition von Klein liefern, welche beschreibt, was sprachliche Zweifelsfalle uberhaupt sind:

„Ein sprachlicher Zweifelsfall ist eine sprachliche Einheit (Wort/Wortform/Satz), bei der kompetente Sprecher im Blick auf (mindestens) zwei Varianten in Zweifel geraten kon- nen, welche der beiden Formen (standartsprachlich) korrekt ist. (...)“3

Um als Zweifelsfall diagnostiziert zu werden, muss nach Klein die Variation metasprach- lich reflektiert werden4 Recherchiert man im Internet nach der Frage zum Bedeutungs- unterschied von sensibel und sensitiv, so stoBt man relativ schnell auf einige Foren, in denen dieses Thema bereits mehrfach diskutiert worden ist (z. B. gutefrage.net). Aus Ihnen geht hervor, dass diese Begriffe ein hohes Verwechslungspotenzial aufweisen, und somit hinsichtlich ihrer Verwendung fur Verunsicherung sorgen. Dies belegt bei- spielhaft folgender Forumseintrag aus der Internetseite gutefrage.net :

„Eine Freundin lobte ihren Ex, er sei so sensitiv. Ich korrigierte, sie meine sicher sensi- bel. Nein, sie blieb bei sensitiv, das treffe den Sachverhalt besser... Wie ist das nach deiner/eurer Meinung?“5

Damit ware bereits ein Nachweis uber die metasprachliche Reflexion erbracht, wodurch die Identifizierung der Variation sensitiv und sensibel als Zweifelsfall belegt ist.

2. Systemanalyse

2.1 Klassifikation

Unter Ruckgriff auf den bereits erwahnten Text von Klein, werde ich im Folgenden den herausgestellten Zweifelsfall hinsichtlich der linguistischen Sprachebene klassifizieren. Wie bereits deutlich wurde, handelt es sich in diesem Fall um einen semantischen Zwei­felsfall. Obwohl beide Varianten in verschiedenen Nachschlagewerken von Duden auf- tauchen, wurden bei einigen Sprecher*innen Zweifel bezuglich ihres Bedeutungsunter- schieds deutlich. Eine Suche auf munzinger.de nach dem Begriff sensibel ergab einige Treffer.6 Folgende Synonyme kamen am haufigsten vor: empfindlich; empfindsam; fein- fuhlig; einfuhlsam; rucksichtsvoll. Die Suche nach sensitiv ergab unter anderem folgen­de Treffer: empfindlich; uberempfindlich; leicht reizbar; feinnervig; ubersteigende Fein- fuhligkeit.7 Es ist zu erkennen, dass die Antworten sich teilweise uberlappen. Empfind­lich als auch Feinfuhligkeit taucht bei der Suche nach beiden Begriffen auf. Die seman- tische Funktionalitat von sensitiv und sensibel kann also durch Nachschlagewerke allein nicht trennscharf gefasst werden.

3. Empirie

3.1. Sprachgebrauchsanalyse

Im Folgenden werde ich eine Sprachgebrauchsanalyse hinsichtlich der Gebrauchsfre- quenz und des Gebrauchskontextes darlegen, welche mittels der Volltextdatenbank COSMAS II durchgefuhrt worden ist. Die Korpusanalyse ermoglicht es, den Gebrauch von sensibel und sensitiv empirisch zu untersuchen und linguistische Details zu ermit- teln. Anhand der Korpusdaten lassen sich empirisch fundierte Aussagen daruber treffen, wie die Begriffe sensitiv und sensibel kontextuell verwendet werden.

Die Suche nach den Begriffen sensitiv und sensibel ergab in allen offentlichen Korpora folgende Treffer:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Trefferliste sensitiv und sensibel auf COSMAS II

Abbildung 1 zeigt, dass keine gleichmaBige Relation bezuglich der Treffer vorhanden ist, die Anzahl dieser unterscheidet sich deutlich. Somit lasst sich die Aussage treffen, dass sensibel im offentlichen Sprachgebrauch wesentlich prasenter und gelaufiger ist als sensitiv. Sofern anzunehmen ist, dass beide Ausdrucke dieselbe semantische Be- deutung besitzen, ist in erster Linie auf eine Graduelle Variation hinzuweisen: sensibel ist gebrauchlicher als sensitiv. Des Weiteren ist zu sehen, dass der Begriff sensibel auch in Luxemburg auftaucht, wohingegen sensitiv nur in Deutschland, der Schweiz und in Osterreich vertreten ist. Dabei wird in der Schweiz der Begriff sensitiv haufiger verwen­det als der Begriff sensibel, was in Osterreich genau gegenteilig der Fall ist.

[...]


1 S88/MAI.00371 Spiegel, 23.05.1988, S. 87

2 https://bop.unibe.ch/linguistik-online/article/view/793/1365

3 https://bop.unibe.ch/linguistik-online/article/view/793/1365

4 ebd.

5 https://www.gutefrage.net/frage/was-ist-der-unterschied-zwischen-sensitiv-und-sensibel

6 https://www.munzinger.de/search/simple/query? template=%2Fpublikationen%2Fresult.jsp&query.id=query-simple&query.commit=1&query.in- dex- order=personen&query.facets=yes&hitlist.size=5&hitlist.highlight=yes&hitlist.mol-11.data=yes&h itlist.mol-11.highlight=no&hitlist.mol-11.sort=- field%3Asortdatum&query.scope=xx%3Bmol-00%3Bmol-01%3Bmol-02%3Bmol-03%3Bmol- 11%3Bmol-10%3Bduden-d0%3Bduden-d1%3Bduden-d2%3Bduden-d5%3Bduden-d7%3B- duden-d8%3Bduden-d9%3Bduden-db%3Bduden-dd%3Bduden-de%3Bduden-df%3Bduden- dg%3Bduden-dh%3Bduden-di%3Bduden-dj%3Bduden-dk%3Bduden-dl%3Bduden- dm%3Bmol-16%3Bmol-17%3Bmol-18%3B&query.text=sensibel&absenden.x=0&absenden.y= 0&queryScope=

7 https://www.munzinger.de/search/simple/query? template=%2Fpublikationen%2Fresult.jsp&query.id=query-simple&query.commit=1&query.in- dex- order=personen&query.facets=yes&hitlist.size=5&hitlist.highlight=yes&hitlist.mol-11.data=yes&h itlist.mol-11.highlight=no&hitlist.mol-11.sort=- field%3Asortdatum&query.scope=xx%3Bmol-00%3Bmol-01%3Bmol-02%3Bmol-03%3Bmol- 11%3Bmol-10%3Bduden-d0%3Bduden-d1%3Bduden-d2%3Bduden-d5%3Bduden-d7%3B- duden-d8%3Bduden-d9%3Bduden-db%3Bduden-dd%3Bduden-de%3Bduden-df%3Bduden- dg%3Bduden-dh%3Bduden-di%3Bduden-dj%3Bduden-dk%3Bduden-dl%3Bduden- dm%3Bmol-16%3Bmol-17%3Bmol-18%3B&query.text=sensitiv&absenden.x=0&absenden.y= 0&queryScope=

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Details

Titel
Eine Korpusanalyse zur Semantik von sensibel und sensitiv im Vergleich
Untertitel
Zweifelsfalluntersuchung
Hochschule
Universität Siegen
Note
2,0
Jahr
2019
Seiten
13
Katalognummer
V491649
ISBN (eBook)
9783668986015
ISBN (Buch)
9783668986022
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grammatische Variation, Korpusuntersuchung, Zweifelsfälle, sprachlicher Zweifelsfall, Untersuchung, Sprachgebrauchsuntersuchung, Sprachgebrauch
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Eine Korpusanalyse zur Semantik von sensibel und sensitiv im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/491649

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