Der Schulhund als Co–Pädagoge auf vier Pfoten. Voraussetzungen in Deutschland und Österreich


Libro Especializado, 2019

127 Páginas


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Die Beziehung zwischen Mensch und Tier
2.2 Die Effekte von Hunden im Schulkontext

3 Begriffsbestimmungen
3.1 Tiergestützte Interventionen
3.2 Begriffsbestimmungen des Schulhundes

4 Der Einsatz des Schulhundes
4.1 Voraussetzungen beim Hund
4.2 Voraussetzungen beim Pädagogen
4.3 Rahmenbedingungen in der Schule

5 Hundegestützte Pädagogik in Deutschland und Österreich
5.1 Bestandsaufnahme zum Schulhundeinsatz in Deutschland
5.2 Bestandsaufnahme zum Schulhundeinsatz in Österreich

6 Fragestellung
6.1 Ziel der Untersuchung
6.2 Methodische Vorüberlegungen
6.3 Untersuchungsdesign

7 Darstellung der Ergebnisse
7.1 Merkmale der Lehrkräfte
7.2 Merkmale der Schulhunde
7.3 Rahmenbedingungen des Schulhundeinsatzes
7.4 Konzeptverlauf des Schulhundeinsatzes
7.5 Einschätzung des Schulhundeeinsatzes

8 Interpretation der Ergebnisse
8.1 Merkmale der Lehrkräfte
8.2 Merkmale der Schulhunde
8.3 Rahmenbedingungen des Schulhundeinsatzes
8.4 Konzeptverlauf des Schulhundeeinsatzes
8.5 Einschätzung des Schulhundeinsatzes

9 Resümee und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Geschlechterverteilung in Deutschland in der Umfrage

Tabelle 2: Geschlechterverteilung in Österreich in der Umfrage

Tabelle 3: Altersverteilung in Deutschland in der Umfrage

Tabelle 4: Altersverteilung in Österreich in der Umfrage

Tabelle 5: Berufserfahrung der Teilnehmer in Deutschland

Tabelle 6: Berufserfahrung der Teilnehmer in Österreich

Tabelle 7:Schulhunderfahrung der Teilnehmer in Deutschland

Tabelle 8:Schulhunderfahrung der Teilnehmer in Österreich

Tabelle 9: Fortbildungsbereitschaft der Teilnehmer der Umfrage

Tabelle 10: Alter der Schulhunde in Deutschland

Tabelle 11:Alter der Schulhunde in Österreich

Tabelle 12: Ausbildung der Schulhunde

Tabelle 13:Wichtig erachtete Hundeschulkurse für den Schulhundeinsatz

Tabelle 14: Investierte Zeit in die Schulhundausbildung

Tabelle 15:Weitere Voraussetzungen für den Schulhundeinsatz

Tabelle 16:Anzahl der Klassen beim Schulhundeinsatz

Tabelle 17:Klassengröße der Schulhundklassen

Tabelle 18:Zeitlicher Einsatz der Schulhunde

Tabelle 19: Besondere Vorkehrungen vor dem Schulhundeeinsatz

Tabelle 20:Vorbereitung der Eltern auf den Schulhundeinsatz

Tabelle 21: Übersicht über den größten Nutzen von Schulhunden

Tabelle 22: Hindernisse/ Probleme beim Schulhundeeinsatz

Tabelle 23: Anregungen für einen gelingenden Schulhundeeinsatz

Tabelle 24: Anregungen/Wünsche/Kommentare zum Schulhundeeinsatz

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schulformen des Schulhundeinsatzes in Deutschland

Abbildung 2: Schulformen des Schulhundeinsatzes in Österreich

Abbildung 3: Vergleich des Alters der Schulhunde beim ersten Einsatz

Abbildung 4: Vergleich der Rassenzugehörigkeit

Abbildung 5: Eigenschaften des Schulhundes

Abbildung 6: Schulhundausbildung

Abbildung 7: Voraussetzungen für den Schulhundeinsatz in Deutschland

Abbildung 8: Voraussetzungen für den Schulhundeinsatz

Abbildung 9: Einsatzbereiche des Schulhundes

Abbildung 10: Interaktion des Schulhundes mit den Schülern

Abbildung 11: Wahrgenommene Veränderungen im Unterricht

Abbildung 12: Wahrgenommene Veränderung der Schüler

Abbildung 13: Wahrgenommene Veränderungen der Lehrkraft

Abbildung 14: Wahrgenommene Veränderungen des Kollegiums

Abbildung 15: Wahrgenommene Veränderungen der Elternschaft

Abbildung 16: Zeit - Nutzen - Relation

Wir sind so gern in der Natur, weil sie kein Urteil über uns hat

(Arthur Schopenhauer in Olbrich & Otterstedt, 2003, S. 260) .

1 Einleitung

„Mischling Naya lernt mit“ lautet ein Artikel, der am 09.12.2017 in der Stendaler Volksstimme erscheint. Berichtet wird über die Mischlingshündin Naya, die in einer 6. Klasse einer Gemeinschaftsschule als Schulhund eingesetzt wird. Sie wird als Grund für die ungewöhnliche Ruhe im Klassenzimmer beschrieben und hat laut Klassenlehrerin und Hundehalterin Rebstock, einen positiven Einfluss auf das Sozialverhalten ihrer Schüler. Sie lernen Verantwortung zu übernehmen und können sogar ihre Ängste vor Hunden überwinden. Wenn Naya die Klasse besucht, ist es für die Schüler1 eines der schönsten Tage (Stendaler Volksstimme, 2017).

Dieser Artikel stellt nur ein Beispiel von vielen da. Es tauchen immer mehr Berichte, Sendungen und Zeitungsartikel zum Thema Schulhund auf. Die Anzahl der Hunde, die in pädagogischen oder therapeutischen Einrichtungen eingesetzt werden, steigt seit dem 21. Jahrhundert stetig an. Die Aufgaben der Hunde in den einzelnen Einrichtungen unterscheiden sich jedoch voneinander. Sie reichen von bloßer Anwesenheit, Streicheleinheiten und kurzen Spaziergängen an der Leine bis hin zu zielgerichteten pädagogischen Interaktionen. Schulhunde sollen zu einem besseren Lernklima beitragen. Sie helfen den Schülern dabei, Rücksichtnahme, soziale Sensibilität und bestimmte Formen von Selbstbehauptung zu erlernen (Heyer & Kloke 2013). Selbst die bloße Anwesenheit der Tiere erzeugt eine stressreduzierende Wirkung.

Trotz der positiven Einflüsse der Schulhunde gibt es auch Eltern, Lehrer2 und andere Kritiker, die Vierbeiner im Unterricht mit Skepsis betrachten. Stellt ein Hund im Klassenraum nicht vielmehr einen Störfaktor da, als das er zu einem positiven Klassenklima beiträgt, merken sie an. Was kann ein Hund bewirken, dass nicht auch ausgebildete Pädagogen erreichen können?

Da ich selbst Vertretungslehrerin an einer Grundschule und Hundebesitzerin bin, ist die vorliegende Masterarbeit ein Herzensthema von mir. Vor einigen Wochen habe ich mit meiner

Hündin die Ausbildung zum Schulhund begonnen. Mein Ziel für die Zukunft ist es, einen lernförderlichen Unterricht mit Hund zu gestalten, von dem Schüler und Schülerinnen profitieren können.

Leider ist die Datenlage zu dem Themenfeld bisher noch nicht zuverlässig. Dennoch, das Interesse an tiergestützten Interventionen nimmt seit 2002 in Deutschland immer weiter zu. Aber geschieht der Einsatz der Hunde immer zum Wohle von Schüler und des Vierbeiners selbst? Probleme bei Genehmigungsverfahren zur Einführung der Hunde in das Schulleben, hohe Kosten in der Aus- und Weiterbildung der Teams, die nur selten von Schulen oder Fördervereinen getragen werden, als auch die unterschiedliche Qualität in der sogenannten „Schulhundausbildung“ können den Einsatz von Schulhunden erschweren.

Das Ziel dieser Arbeit soll es daher sein, Rahmenbedingungen und Voraussetzungen zu finden, die bestehende Schulhund-Mensch-Teams in Deutschland und Österreich bereits in der Praxis umsetzen und einen gelungenen hundepädagogischen Einsatz fördern.

In Österreich gibt es bereits einen Leitfaden „Hunde in der Schule“ des Bundesministeriums für Bildung und Frauen (BMBF, 2014). Zudem gibt es auch eine Testung zum Schulhund, die jedes Mensch-Schulhund-Team absolvieren muss. Können diese Rahmenbedingungen einen gelungenen Einsatz in der Schule unterstützen?

Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich aktiv an der Forschung zu einer positiven Integration von Schulhunden beitragen. Ich möchte ermitteln, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede hinsichtlich der Voraussetzungen, der Ausbildung und der Umsetzung der Schulhunde zwischen den Ländern Deutschland und Österreich bestehen. Weiterhin möchte ich herausfinden, ob die von der Literatur beschriebenen Effekte tatsächlich im Schulalltag festgestellt oder sogar erweitert werden können.

Da die Fragestellung sehr offen verfasst ist, handelt es sich um eine explorative Studie, um bei der Auswertung nicht mögliche Zusammenhänge zu übersehen. Dazu habe ich einen Online-Fragebogen für Pädagogen mit Schulhund entworfen. Darin enthalten sind Fragen zur Lehrperson, zum jeweiligen Schulsetting, zum Einsatz und den Einflüssen des Schulhundes. Der Fragebogen setzt sich aus offenen Fragen zu den Einflüssen und dem Nutzen des Schulhundes, als auch standardisierten Fragen zum Ausprägungsgrad der Effekte des Schulhundes auf Parameter, die in der Literatur aufgegriffen werden, zusammen. Somit soll der Fragebogen gewährleisten, dass qualitative und quantitative Merkmale zu einer genauen Informationserfassung führen. Das Ziel soll es sein, einen Einblick in den Schulalltag mit Hund zu bekommen und Chancen als auch Grenzen der hundegestützten Arbeit zu erfassen.

Das zweite Kapitel der Masterarbeit beschäftigt sich mit dem theoretischen Hintergrund der Pädagogik mit Hunden und versucht anhand zweier prominenter Theorien das Beziehungsgefüge zwischen Mensch und Tier begreifbar zu machen. Dort werde ich eine Übersicht über die Wirkmechanismen von Hunden im therapeutischen und schulischen Kontext unter Einbeziehung aktueller Studien geben.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den zugrunde liegenden Begriffen und klärt diese.

Im vierten Kapitel möchte ich eine Bestandsaufnahme zur aktuellen Entwicklung der hundegestützten Arbeit in den Vergleichsländern Deutschland und Österreich geben.

Anschließend folgt im Kapitel fünf die Zielsetzung der Studie, der Aufbau der Untersuchung und das verwendete Erhebungsinstrument Fragebogen.

Die Ergebnisse des Fragebogens werden im fünften Kapitel dargestellt. Im sechsten Kapitel folgt die Interpretation der dargestellten Auswertung. Den Abschluss bildet das letzte Kapitel mit einer Zusammenfassung und es werden weitere Forschungsempfehlungen und Perspektiven gegeben.

2 Theoretischer Hintergrund

„Und der Umgang mit Tieren, ihre Versorgung, die freundliche Resonanz auf Zuwendung, all das erlaubt Kindern ein Wiederentdecken von immateriellen Werten, die in einer hochentwickelten Leistungsgesellschaft zu selten erfahren werden“ (Schwarzkopf & Olbrich, 2003, S. 260).

2.1 Die Beziehung zwischen Mensch und Tier

Seit den Anfängen unserer Menschheit ist die Beziehung zwischen Mensch und Tier dokumentiert. Ihre Geschichte ist von wechselhafter und zum Teil widersprüchlicher Natur. Körner beschreibt es so: Sie (die Geschichte) „bewegt sich zwischen diesen beiden Polen: der Verwendung, der Kontrolle einerseits und der Sehnsucht nach dem ‚Bruder-Tier’, der Hingabe andererseits (1996, S.30).

Zur Klärung der Mensch-Tier-Beziehung vor dem Hintergrund der Chancen der tiergestützten Arbeit gibt es verschiedene Modelle und Erklärungsansätze. Ich werde mich im Folgenden mit den zwei prominentesten Modellen befassen.

Die Biophilie Hypothese

Der Verhaltens–und Sozialbiologe Edward O. Wilson geht in seiner Biophilie-Hypothese von 1984 von einer vom Menschen evolutionär bedingten Verbundenheit zur Natur aus. Sie sorgt dafür, dass insbesondere in Zeiten der Industrialisierung und der Massenmedien, Begegnungen mit Tieren eine positive Wirkung erzielen und sogar die Gesundheit beeinflussen können (Agsten, 2009). Wilson weist jedoch darauf hin, dass es sich „nicht um einen einfachen Instinkt, sondern um ein komplexes Regelwerk, welches das Verhalten, die Gefühle, aber auch die geistigen Fähigkeiten, die Ästhetik und sogar die spirituelle Entwicklung des Menschen betrifft“ (Wilson, 1984, zit. nach Vernooij & Schneider, 2013, S.4). Durch diese Affinität für die belebte und unbelebte Natur werde sich der Mensch „nach wie vor der archetypischen Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten gewahr“ (Olbrich, 2003, S. 185). Er argumentiert weiter, dass Tiere nicht auf bio-chemische Weise auf unseren Organismus wirken, sondern vielmehr das Beziehungsgeflecht zwischen einem Menschen und der unmittelbaren belebten Natur bestärken. Nach Olbrich bewirken sie „psychisch also gleichsam innerhalb der Person, eine Verbundenheit zwischen bewussten und unbewussten, zwischen kognitiven und emotionalen, zwischen implizit-erfahrungsbegleiteten und explizit-kontrollierenden Prozessen verbessert wird“ (2003, S. 69).

Die Beschäftigung mit einem Tier kann dazu beitragen, einen Ausgleich zwischen dem in unserem Zeitalter überbetonten Denken und Nutzen von Intelligenz und den Bindungen und Emotionen zu schaffen (Beetz, 2003). Die Biophilie gibt außerdem eine Erklärungsmöglichkeit für das Phänomen, dass Menschen durch die Anwesenheit ruhiger Tiere sich selbst entspannen können und sicher fühlen (Beetz, 2013). Dieser Effekt der Biophilie (Julius et al., 2014) könnte darauf zurückzuführen sein, dass Tiere für Menschen entweder als Quelle für Sicherheit oder Gefahr in ihrer Umwelt galten. Das auf Biophilie grundlegende Gefühl von Sicherheit, Ruhe und körperlicher Entspannung durch die Anwesenheit von Tieren bietet die Basis für die Entwicklung von Verbundenheit zwischen Mensch und Tier (ebd.).

Bindungstheorie

Für die menschliche Psyche und geistige Gesundheit spielen Bindungen an andere Personen eine wichtige Rolle. „Frühe Bindungserfahrungen bilden wahrscheinlich die Grundlage für die Regulation von Emotionen, für emotionale Intelligenz, Empathie und soziale Kompetenz im gesamten Lebenslauf“ (Beetz, 2003, S. 76-77). Beetz nutzt Bowlbys (1969) und Ainsworths (1963,1972) Bindungstheorie, um die Mensch-Hund-Beziehung zu beschreiben.

„Die Mutterbindung ist dann stark, wenn die Pflege des Kindes diese Qualitäten aufweist und schwach, wenn sie fehlen“ (Zimbardo, 1995, S. 82). Die biologische Mutter stellt also nicht immer zwingend die Bindungsfigur da, entscheidend sind Kriterien, die eine Bindungsperson vertrauensvoll erscheinen lassen. Ainsworth (1991) stellte diese spezifischen Kriterien für eine sichere Bildungsfigur auf:

- Sie spendet Trost, Sicherheit und vermittelt eine Grundlage für Exploration.
- Sie wird in emotionalen Stresssituationen oder anderen belastenden Umständen aufgesucht.
- Die körperliche Nähe wird als positiv empfunden und sie wird aufrechterhalten.
- Trennung von dieser Bindungsfigur verursacht Trennungsschmerz.

(Ainsworth 1991, zit. nach Beetz, 2015, S. 93).

Da es Ähnlichkeiten des sozialen Gehirns und in den Mechanismen von Sozialbeziehungen bei Mensch und Tier gibt, sind die Rahmenbedingungen für das Entstehen von Sozialbeziehungen zwischen Menschen und Tieren möglich (Beetz, 2015).

Beetz (2009, 2015) schlussfolgert, dass Menschen auch mit Tieren nach den Kriterien der Bindungstheorie Bindungen aufbauen können und es ihnen sogar leichter fällt, sichere Bindungen zum Tier als zum Menschen zu knüpfen (Beetz, 2015).

Beetz argumentiert weiter, dass Hunde sogar bei Kindern mit unsicheren Bindungsmustern Stressreaktionen und Lehrer-Schüler-Beziehungen positiv beeinflussen können (Beetz, 2015). Andrea Beetz glaubt auch, dass eine vertrauensvolle Beziehung zu bekannten Tieren bei den meisten Menschen eine Grundlage für eine sichere Bindung erfüllt, unabhängig davon wie die Bindung zu anderen Menschen ist (Beetz, 2015). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass ein großes bisher unerforschtes Potential in der Beziehung zwischen Mensch und Hund für Bindungsmuster und Bindungserfahrungen von Kindern liegt, mit dessen Unterstützung unsichere und desorganisierte Bindungsmuster verändert werden könnten. In diesem vielversprechenden Ansatz begründet sich ein großes therapeutisches und pädagogische wertvolles Potential, das noch intensiver Forschung für Interventionskonzepte bedarf.

2.2 Die Effekte von Hunden im Schulkontext

Die wissenschaftliche Untersuchung der Wirkung von Hunden auf den Menschen befindet sich noch in ihren Anfängen. Zudem wurde in vielen Studien nie zwischen tiergestützten Aktivitäten und tiergestützter Therapie unterschieden. Daher kann es passieren, dass Ergebnisse oft widersprüchlich sind (Wolfarth & Mutschler, 2017).

Bei der Interpretation der Wirkungen tiergestützter Interventionen mit Hunden sollten verschiedene Gesichtspunkte kritisch betrachtet werden. Häufig fehlen Langzeitstudien, die auch über den Hundkontakt hinaus, langfristige Veränderungen feststellen können. Viele Studien werden mit Kindern oder älteren Menschen durchgeführt. Hier bleibt die Frage bestehen, ob die Ergebnisse auch auf andere Klientengruppen übertragen werden können. Des Weiteren konnte die Forschung nach dem idealen „Wirkungsfaktor“ nicht fündig werden. Das heißt, dass keine genauen Aussagen darüber getroffen werden können, welche Hunderasse mit welcher Größe oder einem konkreten Verhalten besser „wirkt“ als andere. Außerdem bleibt die Frage nach Dauer und Häufigkeit zum wirkungsvollen Hundeeinsatz offen (vgl. ebd., S. 66f.).

Trotz dieser kritischen Betrachtung der Forschungsergebnisse, gibt es auch aussagekräftige experimentelle Forschungsarbeiten, die die positiven Wirkungsmechanismen von Hunden in Schulen bestätigen. „Diese Ergebnisse können weitgehend auf die Schulsituation übertragen werden, insbesondere wenn man einige zugrunde liegende Mechanismen zur Erklärung heranzieht“ (Beetz & Wohlfahrt 2015, S. 15).

Die Einsicht, dass Tiere nicht nur als Nahrungsquelle galten oder zum Nutzen für Lasten waren, sondern auch in einem therapeutischen Setting Anwendung finden konnten, sorgte für eine weltweite Bewegung. In den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts fand diese auch Einzug in Deutschland (Greifenhagen & Buck-Werner, 2015).

Der Durchbruch wurde in den 1960er Jahren vom amerikanischen Kinderpsychotherapeuten Boris M. Levinson und seinem Hund Jingles erlangt. Levinson war der erste, der ein Tier gezielt in seiner therapeutischen Arbeit einsetzte. In einer Therapiestunde mit einem kleinen Jungen, welcher bis zu dem Zeitpunkt noch nie Kontakt zu Levinson suchte und als „hoffnungsloser“ Fall galt, suchte beim Anblick des Hundes dessen Nähe und trat mit ihm in Kontakt. Als Levinson dem Jungen zusicherte, dass Jingles bei weiteren Therapiesitzungen anwesend sein wird, äußerte der Junge seine Bereitschaft zur Teilnahme an der Maßnahme (Greifenhagen, 2015; Röger-Lakenbrink, 2011). Basierend auf der Erkenntnis der therapeutischen Wirkung von Hunden erschien 1969 Levinson’s Werk „Pet oriented Child-Psychiatry“ (ebd., S. 14). Die Forschung zur heilsamen Wirkung von Tieren wurde nun zum Gegenstand von Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen. Das Psychologen Ehepaar Sam und Elisabeth Corson, die Soziologin Erika Friedman und Mediziner Aaron H. Katcher setzen mit ihren Forschungen „über die heilsame Wirkung von Tieren auf kranke und einsame Menschen die medizinische Welt in Erstaunen“ (ebd.).

Trotz vieler kritischer Einwände kommt es in den folgenden Jahren zur Gründung einflussreicher Gesellschaften und Dachorganisationen im europäischen und englischsprachigen Raum. Im Folgenden werden diese kurz vorgestellt.

1977 wird die Stiftung Delta Society in den USA gegründet. Sie ist von großer Bedeutung für die wissenschaftliche Forschung der Mensch-Tier-Beziehung als auch deren praktische Umsetzung unter der Einhaltung bestimmter Richtlinien (Vernooij & Schneider, 2013). Im selben Jahr wurde das private Institut für interdisziplinäre Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung (IEMT) unter der Leitung von Dr. Konrad Lorenz ins Leben gerufen. Im Jahr 1990 kommt es zu einer Ausweitung der Tätigkeit auf die Schweiz (ebd.).

Ebenfalls im Jahr 1977 wird in Frankreich die Association Francaise d’information et de Recherche sur l’Animal de Compagnie (AFIRAC) gegründet (ebd.).

1979 gründet sich die Society for Companion Animal Studies (SCAS) in Großbritannien (ebd.). In England kam es vier Jahre später (1983) zur Gründung der Wohlfahrtsorganisation unter Lesley Scott-Ordish, Pet as Therapy. Hier wurden die ersten Besuchsprogramme mit Heimtieren durchgeführt (Röger-Lakenbrink, 2011).

1987 entsteht in Deutschland der wohl größte und bekannteste Verein Tiere helfen Menschen e.V. und ein Jahr später wird in Berlin Leben mit Tieren e.V. ins Leben gerufen. Die therapeutischen Einsätze finden vor allem mit Hunden statt (ebd.).

Ebenfalls in Deutschland wird 1988 der Forschungskreis Heimtiere in der Gesellschaft gegründet. Der Forschungsschwerpunkt dieser Gesellschaft ist die soziale Beziehung zwischen Mensch und Tier (vgl. Vernooij & Schneider 2013).

Zwei Jahre später (1990) erfolgt die Entstehung der International Association of Human-Animal-Interaction-Organisations (IAHAIO). Sie bildet den internationalen Dachverband für die Erforschung der Tier-Mensch-Beziehung mit dem Sitz in den USA. Die Aufgabe des IAHAIO besteht in der Koordination aller Mitgliedsorganisationen als auch die Ermöglichung einer Austauschplattform für wissenschaftliche Erkenntnisse (ebd.).

Auch in Österreich konnte sich 1991 unter der Leitung von Dr. Gerda Wittmann der Verein Tiere als Therapie (TAT) konstituieren (Röger-Lakenbrink 2011, S. 15).

In der Schweiz können im Jahr 1993 erstmals Kurse für Therapie-Hunde-Teams verwirklicht werden. Ein Jahr später (1994) konstituiert sich der Verein Therapiehunde Schweiz (VTHS) (ebd.).

Die beiden größten Dachverbände, deren Gründung 2004 und 2006 erfolgte, bilden ESAAT –European Society for Animal Assisted Therapy und ISAAT – International Society for Animal-Assisted Therapy (vgl. Röger-Lakenbrink 2011, S. 54f.). Beide Vereine verfolgen ähnliche Ziele und dienen u.a. im Bereich der Professionalisierung tiergestützter Interventionen (vgl. Kapitel 3).

Alle genannten Vereine und Gesellschaften haben sich als Hauptaufgabe die Erforschung und Förderung der therapeutischen und pädagogischen Wirkung der Mensch-Tier-Beziehung gemacht. Sie setzen sich für die Etablierung der tiergestützten Therapie ein und erarbeiten Richtlinien und Standards für Aus – und Weiterbildungen im Bereich der tiergestützten Interventionen. Praktische Umsetzungen einer wirkungsvollen Mensch-Tier-Beziehung werden unterstützt. Sie schaffen mit ihren wissenschaftlichen Bestrebungen die Grundlage für die Idee, die positiven Effekte von Heimtieren in der Schule erfahrbar zu machen.

Des Weiteren haben Vernooij und Schneider (2013) eine Übersicht über Beobachtungsstudien und Untersuchungen zu den Wirkeffekten von tiergestützten Interventionen erstellt. Sie unterteilen die Effekte in den biologisch-physischen, sozialen und emotionalen und kognitiv-sprachlichen Bereich. In der vorliegenden Arbeit möchte ich vor allem auf die Wirkfaktoren des Schulhundes auf physiologischer, psychologischer und emotionaler Ebene eingehen und damit eine kurze Bestandsaufnahme der bisherigen Forschung geben.

Die Wirkfaktoren auf der physiologischen Ebene

Leider sind bisher nur wenige Studien zur Veränderung von physiologischen Merkmalen bei Schülern erschienen. Aus diesem Grund werde ich auch Studien und Berichte zu positiven Effekten von Hunden auf Menschen aufzeigen, um einen Einblick in die vielfältigen Wirkungen zu gewähren.

So berichtet Petermann (1997) von positiven Erlebnissen einiger Kinder beim Agility Training mit ihrer Hündin Kea. Jungen und Mädchen mit Aufmerksamkeits– und Konzentrationsproblemen, Kinder mit Schwierigkeiten in der sonso-motorischen Koordination oder andere verhaltensauffällige Schüler sollen die Hündin beim Agility Parkour führen (Olbrich & Otterstedt, 2003).

Bei diesen Übungen war es wichtig, dass die Kinder ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Hündin und das Training richten, sie sicher durch den Hindernislauf führen und sie zur richtigen Zeit belohnen. Dabei lernten sie, [...] wohlkoordiniertes und bezogenes Verhalten, sie erfahren, dass sie etwas bewirken können, nicht immer nur diejenigen sind, die mit ihren Problemen hinter den Gleichaltrigen zurückstehen, sondern dass sie mit dem Hund etwas Bedeutsames gestalten, und sie erfahren eine kontinuierliche Rückmeldung und Bestätigung. (ebd., S. 261)

Hediger und Turner (2014) stellten Untersuchungen an, wie sich die Gegenwart eines Hundes im Vergleich zu einem Roboterhund auf die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit von Schülern zwischen 10 und 14 Jahren auswirkt.

Neben der aktuellen Befindlichkeit wurde indirekt die Aktivität des Stirnhirns als biologisches Maß für die Konzentration erhoben (Beetz, 2015). Die Resultate deuten darauf hin, dass die Anwesenheit eines Hundes den Lerneffekt in Gedächtnistests steigern kann. Die Studie zeigt auch, dass die Beschäftigung mit einem Hund vor und dessen Präsenz während dem Absolvieren von Testungen zur Konzentration zu einer Leistungssteigerung führen kann (ebd.). Die Vermutung, dass der Hund als Ablenkungs – oder Störfaktor wirkt, konnte ausgeschlossen werden.

Aber auch unsicher und desorganisiert gebundene Kinder profitieren von tiergestützten Interventionen. Beetz, Julius und Kotrschal (2013) wollten beweisen, dass unsicher und desorganisiert gebundene Jungen und Mädchen ihren Stress besser kontrollieren und sich prosozialer verhalten, wenn ein Tier anwesend ist (Beetz, Julius & Kotrschal 2013). Als Ursache dahinter steht die Vermutung, dass unsichere Beziehungsmuster nicht auf das Tier übertragen werden und stattdessen sichere Beziehungsstrategien in der Beschäftigung mit dem anwesenden Tier gebildet werden. Die Schüler der tiergestützten Interventionsgruppe zeigten gegenüber der Kontrollgruppe (ohne Einsatz eines Tieres) „signifikant seltener aggressives und signifikant häufiger prosoziales Verhalten gegenüber Peers und ihren Lehrern“ (ebd. S.160). Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass der Cortisolspiegel3 in der Interventionsgruppe mit dem Tier am niedrigsten war (ebd.).

Buttelmann und Römpke (2013) konnten in ihren Forschungen beweisen, dass mittels eines Hundes die Redeangst von Schülern gesenkt wird.

Hunde können auch einen motivierenden und aktivierenden Effekt auf Menschen haben. Gee et al. (2010a/b) konnten in mehreren Experimenten positive Wirkungen des Hundes feststellen. So machten die Schüler weniger Fehler, erledigten Aufgaben genauer und baten weniger um die Unterstützung des Lehrers. Das Forscherteam interpretierte die Ergebnisse dahingehend, dass Hunde eine motivationssteigernde Rolle einnehmen, ihr Einsatz zur Konzentrationsförderung sowie zur Reduzierung von Stress führt (Gee et al. 2010a/b).

Eine weitere Bedeutung in der tiergestützten Arbeit trägt das Bindungshormon Oxytocin. Auf der physiologischen Ebene trägt das Hormon zur Gesundheitsförderung bei. Es senkt den Spiegel von Stresshormonen, verringert die Herzfrequenz, senkt den Blutdruck aktiviert die Funktion des parasympathischen Nervensystems als auch das endokrine System. Diese sind für Erholung, Verdauung, Heilung und Wachstum verantwortlich. Oxytocin steht auch im Zusammenhang mit psychologischen Effekten. Es vermindert in Bezug mit sozialem Stress stehende Angst, stimuliert soziale Beziehungen, verringert Depressivität und Aggressivität. Daraus resultierend fördert es Empathie und eine gesunde und positive Selbstwahrnehmung (Beetz, 2015). Die Parallelen zwischen den Wirkeffekten eines Hundes und des Bindungshormons lassen einen Zusammenhang vermuten. Somit wurde in der Forschung überprüft, ob sich die positiven Effekte des Hundes auf den Menschen auf das Hormon Oxytocin zurückführend lassen. Odendaal (2000), Odendaal und Meintjes (2003), Miller et al. (2009), Handlin et al. (2009) können in ihren empirischen Untersuchungen einen Zusammenhang zwischen der Interaktion mit Tieren und dem Einfluss auf das Oxytocin-System feststellen. Interessanterweise konnte nicht nur ein erhöhter Oxytocin Spiegel beim Menschen festgestellt werden, sondern auch beim Hund (ebd.). Allerdings ist zu beachten, dass über den Zeitpunkt und die Menge der Ausschüttung von Oxytocin, die Bindung zwischen Hund und Mensch von entscheidender Bedeutung ist. Infolgedessen ist bei hundegestützten Interventionen eine enge Bindung zwischen Schulhundführer und Hund sowie Bezugsgruppe/-klasse und dem Tier unerlässlich und stellt somit eine wichtige Voraussetzung für einen gelungenen Schulhundeinsatz da.

Die Wirkfaktoren auf der psychologischen Ebene

Das Lernen mit Tieren kann einen großen Beitrag zur persönlichen und sozialen Entwicklung von Menschen beitragen.

Hergovich et al. (2002) erforschten die psychosozialen Auswirkungen von Schulhunden auf Erstklässler in Österreich (Beetz, 2015). Es konnte festgestellt werden, dass die Klasse mit Schulhund „eine signifikant verbesserte Empathie gegenüber Tieren und erhöhte Feldunabhängigkeit4 [nachwiesen]“ (ebd., S.56). Des Weiteren waren die Kinder der Schulhund-Klasse besser integriert als vor Beginn des Einsatzes (ebd.). Allerdings muss hier angemerkt werden, dass die soziale Integration nur mittels einer Frage an die Lehrkraft ermittelt wurde. Positiv hervorzuheben ist auch, dass die Aggressivität einiger Kinder in der tiergestützten Klasse nach dem Schulhundeinsatz abgenommen hat, während es in der Kontrollgruppe keine Veränderungen diesbezüglich gab (ebd.).

Trotz des kurzen Zeitraums der Untersuchung, gaben 86% der hundegestützten Klasse, „dass sie lieber in die Schule gingen, seitdem ein Hund mit dabei war“ (Monshi et al. 2001 zit. in Beetz, 2015, S. 56). In Zeiten von Schulängsten und Schulunlust kann ein Hund als motivierender Faktor dienen.

Auf Grundlage dieser Einsichten aus Österreich wurde in Deutschland in einer dritten Klasse einer Grundschule und deren Parallelklasse eine Studie zu den sozio-emotionalen Effekten von Schulhunden durchgeführt (vgl. Beetz 2013a zit. in Beetz, 2015, S.57). Am Ende des Schuljahres konnte festgestellt werden, dass die Kinder der Interventionsklasse mehr Lernfreude und eine positivere Einstellung gegenüber der Schule aufwiesen. Die Jungen und Mädchen der Schulhund-Klasse konnten zudem besser ihre negativen Gefühle kontrollieren (ebd.).

Darüber hinaus kann ein Hund beim richtigen Einsatz dabei helfen das Selbstwertgefühl zu steigern. Bergesen (1989) stellte fest, dass Schüler, die sich neun Monate lang um ein Tier kümmerten, ein gesteigertes Selbstwertgefühl aufwiesen (Bergesen, 1989). Tiere, im Speziellen Hunde, können einen wichtigen Beitrag zur „erlebte[n] Verantwortlichkeit, Beziehungsfähigkeit [und] niederlagenfreie Konfliktlösungen“ leiten (Schwarzkopf & Olbrich 203, S. 263). Aber auch der Umgang mit Frust wird in der Interaktion mit dem Tier geschult. So argumentieren Schwarzkopf und Olbrich: „Im Zusammenleben mit einem Tier kann ein Kind auch lernen, wie es mit Begrenzungen umgeht, wenn es beispielsweise mit Enttäuschung feststellt, dass ihm das Tier nicht gehorcht“ (2003, S.263).

Die Wirkfaktoren auf der sozialen Ebene

Insbesondere Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten zeigen bei regelmäßiger Interaktion mit einem Hund eine Verbesserung ihres Verhaltens (vgl. Monshi, Semmler, Ziegelmayer & Ortbauer, 2002).

Mithilfe eines Hundes im Klassenzimmer lernen die Schüler Verantwortung zu übernehmen. Sie erledigen Aufgaben, wie z.B. das Befüllen des Wassernapfs, Herrichten der Decke oder Organisation der „Hundebox“. Hier bekommen sie ein Gespür dafür was zur Pflege und Haltung eines Hundes dazugehört. Sie lernen die Bedürfnisse des Tiers kennen und darauf einzugehen. Durch sogenannte „Hunde-Teams“ können beispielsweise zwei Kinder einen gemeinsamen Dienst für den Hund übernehmen und festigen so nicht nur die Bindung zum Tier, sondern stärken auch ihre Kommunikations- und Teamfähigkeiten. Vanek-Gullner (2003) entwickelte ein pädagogisches Konzept zur Integration verhaltensauffälliger Kinder. Einmal pro Woche war ein Hund während des Unterrichts anwesend und wurde auch in verschiedene Unterrichtseinheiten aktiv miteingebunden. Nach Vollendung des Projekts, welches über zwei Jahre ging, konnten sichtliche Erfolge erzielt werden. Eine Stärkung des Selbstbewusstseins konnte von einer Kollegin und den Eltern wahrgenommen werden. Ängstliche Kinder zeigten innerhalb der Klassengemeinschaft ein sichereres Auftreten und erhöhtes Kommunikationsverhalten. Sozial verwahrloste Kinder wirkten fröhlicher und aggressive Kinder zeigten sich dem Hund gegenüber liebevoll und konnten während der Einzelarbeit über ihre Ängste kommunizieren (Vanek-Gullner, 2003).

Kotrschal und Ortbauer (2003) untersuchten Verhaltensänderungen von Grundschülern durch die Anwesenheit eines Hundes. Die Interventionsklasse wurde einen Monat vor Einsatzbeginn jeweils drei Stunden pro Woche während eines offenes Unterrichtssettings gefilmt und auch während des ersten Monats, wenn der Hund anwesend war. Die anfängliche Skepsis weniger Schüler gegenüber dem Hund legte sich und so waren am Ende des Projektes Lehrkraft und Schüler einig, dass die Schule lieber besucht wurde, wenn der Hund anwesend war. Dennoch zeigten die Auswertungen des Videos ein unterschiedliches Verhalten der Schüler. Einige beschäftigten sich intensiv mit dem Tier, andere beobachteten den Hund und einige zeigten keinerlei Interesse an einer Interaktion. Die verschiedenen Verhaltensweisen führten jedoch insgesamt zu mehr Ruhe und mehr Aufmerksamkeit der Lehrerin gegenüber.

Die Jungen und Mädchen traten in Anwesenheit des Hundes aus ihrer Isolation und knüpften mehr Sozialkontakte untereinander.

Die höhere Aufmerksamkeit hatte nicht nur einen Nutzen für den Unterricht, sie erwies sich als hilfreich bei der Streitschlichtung. Kotrschal und Ortbauer merken an:

Die Kinder achteten offenbar die Lehrerin als Herrin des Hundes höher als zuvor und hatten auch gelernt, das empfindliche Gehör des Tieres nicht durch lautes Schreien zu belasten. Sie verhielten sich ruhiger und es kam zu einer starken Abnahme aggressiver Auseinandersetzungen

(2003, S. 267ff., Hervorhebung im Original)

Verhaltensänderungen waren bei beiden Geschlechtern festzustellen. Aber vor allem bei den Jungen milderten sich extreme Verhaltensweisen (Beetz, 2015).

Olbrich (2002) betont, dass ein Zusammenleben mit Tieren nicht nur die sprachlichen Fähigkeiten trainiert, sondern auch die analoge/ nonverbale Kommunikation stärkt. Dadurch wird die emotionale und soziale Intelligenz verbessert (Olbrich & Otterstedt, 2003). Sie wirken als „soziale Katalysatoren“ (Greiffenhagen & Buck-Werner, 2015, S. 172f.). Ein Kind kann von einem Tier uneingeschränkt akzeptiert werden. Insbesondere dann, wenn die verbale und nonverbale Kommunikation zwischen Kind und Tier funktioniert. Gelingt es beispielsweise einem Schüler einen Trick mit einem Hund vorzuführen oder einen gelungenen Rückruf zu organisieren, bestärkt diese Erfahrung das Gefühl, etwas erreicht zu haben und einen Einfluss nehmen zu können. Diese Erfahrungen steigern das Selbstwertgefühl als auch das Konzept der Selbstwirksamkeit.

Die Wirkfaktoren auf motivationaler Ebene

Die im Kapitel 2.2.3 beschriebene Studie von Kotrschal und Ortbauer (2003) verbesserte nicht nur das Sozialverhalten der Schüler, sondern wirkte auch der Schulunlust positiv entgegen. Alle Schüler bestätigten, dass sie an Tagen mit Schulhund, die Schule lieber besuchten (ebd.).

Gee et al. (2010a, 2010b) fanden heraus, dass ein Hund Schüler motiviert an Aufgaben konzentriert teilzunehmen. Dieser positiv aktivierende Aspekt in der Schulhundarbeit ist insbesondere hervorzuheben bei Kindern, die aufgrund eigener negativer Erfahrungswerte im Leistungsbereich, demotiviert sind.

Ein Hund wirkt sich nicht nur positiv auf das Wohlbefinden aus, sondern hat auch motivationale Effekte in anderen schulischen Kontexten. Ein Beispiel der tiergestützten Pädagogik ist die hundegestützte Leseförderung. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Kind einem Hund in einer ruhigen Ecke vorliest oder der Hund in einer strukturierten Leseförderung mit einer Lehrperson eingesetzt wird (Beetz & Heyer,2014). Unterschiedliche Studien (Heyer & Beetz, 2014; Schretzmayer et al. 2014; Wohlfarth et al. 2014) bewiesen, dass der Hund nicht nur das Interesse am Lesen weckt, sondern auch die Lesekompetenz verbessert wurde. Längerfristig angelegte Leseprogramme fördern das Selbstkonzept der jungen Leser und fördern ihr Leseinteresse nachhaltig (Beetz, 2015).

Ein Hund kann auch auf weniger bewegungsfreudige Kinder positiv wirken. Gemeinsame Spaziergänge oder Spiele (immer im Beisein der Lehrkraft) stärken die Bindung und animieren zu mehr Bewegung. Einige Schüler weisen Defizite in der Grob – und Feinmotorik auf. Auch dieser Bereich kann in der Arbeit mit dem Hund interveniert werden. So kann das Erfühlen von Spiel – und Pflegeutensilien, die Unterscheidung der Fellbeschaffenheit, das Ertasten unterschiedlicher Körperteile des Hundes die Motorik schulen (Agsten, 2009).

Im Jahr 2002 konnte Bernd Retzlaff mit seiner Hündin Jule („Zur Schule mit Jule“) große pädagogische Erfolge erzielen. Die Labradorhündin war der erste Schulhund in Deutschland mit dem tiergestützt im Setting Schule gearbeitet wurde. Retzlaff berichtete, dass die Schulangst verringert werden konnte und Schüler an den Tagen, an denen Jule im Einsatz war, weniger fehlten (ebd.).

3 Begriffsbestimmungen

Um genauer auf die Pädagogik mit Hunden eingehen zu können, müssen einige Begrifflichkeiten in diesem Zusammenhang geklärt und voneinander getrennt werden. In diesem in Deutschland noch recht neuen Bereich der tiergestützten Arbeit gibt es noch keine einheitlichen Begriffsdefinitionen. Das liegt vor allem daran, dass die therapeutischen Bereiche, in denen Hunde ihren Einsatz finden, sehr unterschiedlich sind und oft nicht verglichen werden können (Wohlfarth & Mutschler 2017). Da in Deutschland keine einheitlichen rechtlichen Bestimmungen bestehen, gibt es unterschiedliche Ausbildungen, Konzepte und Begriffsbestimmungen (ebd.). So sprechen Jablonowski und Köse (2012) vom Konzept der „Kynopädagogik“ (S.5), während Beetz (2015) und Agsten (2009) den Begriff der „hundegestützten Pädagogik“ gebrauchen. Auch bei anderen Begriffserläuterungen gibt es minimale Unterschiede, abhängig davon auf welchen Autor sich bezogen wird. Im Folgenden werde ich mich in den Begriffsbestimmungen auf Andrea Beetz (2015) beziehen.

3.1 Tiergestützte Interventionen

Tiergestützte Intervention (TGI; AAI, engl. Animal-Assisted-Activities) ist der zentrale Oberbegriff für die Arbeit mit Tieren. Er umfasst die tiergestützte Therapie (TGT) und die tiergestützte Pädagogik (TGP). Die Arbeitsgruppe namens „International Association of Human Animal Interaction Organizations“ (IAHAIO) hat eine Definition für zielgerichtete Interventionen veröffentlicht: „Eine tiergestützte Intervention ist eine zielgerichtete und strukturierte Intervention, die bewusst Tiere in Gesundheitsfürsorge, Pädagogik und Sozialer Arbeit einbezieht und integriert, um therapeutische Verbesserungen bei Menschen zu erreichen“ (IAHAIO, 2014, S. 1f.).

Das Ziel dieser Interventionen ist eine therapeutische Verbesserung des Menschen.

Zwei weitere große Dachverbände im Zusammenhang mit tiergestützter Arbeit sind ESAAT und ISAAT. Die ESAAT als „Europäischer Dachverband für tiergestützte Therapie“ sieht sich unter der Leitung von Dr. Rainer Wohlfarth als „Verein zur Erforschung und Förderung der therapeutischen, pädagogischen und salutogenischen Wirkung der Mensch/Tier-Beziehung“ (Startseite ESAAT, Internet). Die ISAAT als „Internationale Gesellschaft für Tiergestützte Therapie“ ist unter dem Gründungspräsidenten Prof. Dr. Erhard Olbrich ins Leben gerufen worden (Vernooij & Schneider, 2013). Ziele der ISAAT sind u.a. die Qualitätskontrolle der beruflichen Weiterbildung in Tiergestützter Therapie und Pädagogik und die Anerkennung Tiergestützter Interventionen als eigenständige Therapieform (ebd.).

Obwohl beide Dachverbände ähnliche Zielbestimmungen haben, gibt es Diskussionen zur Begriffsbestimmung Tiergestützter Therapie als auch zur Professionalisierung Tiergestützter Interventionen. Beide Verbände verfolgen unterschiedliche Meinungen und setzen andere Schwerpunkte (ebd.).

Tiergestützte Therapie

Es wird von tiergestützter Therapie (TGT; AAT, engl. Animal-Assisted-Therapy) gesprochen, wenn der Einsatz eines Tieres noch vor dem ersten Kontakt mit einem Patienten oder einer Patientengruppe eine genaue Zielfestlegung durch eine beruflich qualifizierte Person erfolgt und der Therapieverlauf dokumentiert begleitet wird (Röger-Lakenbrink, 2011).

Im IAHAIO Weissbuch (2014) ist die tiergestützte Therapie wie folgt definiert: „Tiergestützte Therapie ist eine zielgerichtete, geplante und strukturierte therapeutische Intervention, die von professionell im Gesundheitswesen, der Pädagogik oder der Sozialen Arbeit ausgebildeten Personen angeleitet oder durchgeführt wird“ (IAHAIO, 2014, S.2).

TGT wird eingesetzt, um eine „Verbesserung physischer, kognitiver, verhaltensbezogener und/oder sozio-emotionaler Funktionen bei individuellen Klienten“ anzustreben (Beetz, 2015, S. 15). Die „European Society for Animal Assisted Therapy“ (ESAAT) hat eine detailliertere Definition von tiergestützter Therapie, welche vom „Österreichischen Kuratorium für Landwirtschaft“ ergänzt wurde (Wohlfarth & Mutschler, 2017, S. 27). Auch hier spielen die Sicherheit und artgerechte Haltung des Tieres eine entscheidende Rolle. Die Fachkraft, die TGP durchführt, sollte über ein professionelles Wissen des Tieres verfügen, um mögliche Indikatoren für Stress und Überforderung des Tieres deuten zu können.

Tiergestützte Pädagogik

Bei der tiergestützten Pädagogik (TGP; AAP/AAE, engl. Animal-Assisted-Pedagogy/ Animal-Assisted-Education) handelt es sich um einen strukturierten Einsatz eines Tieres in einem pädagogischen Setting. Das IAHAIO Weissbuch (2014) definiert die tiergestützte Pädagogik wie folgt: „Tiergestützte Pädagogik (TGP) ist eine zielgerichtete, geplante und strukturierte Intervention, die von professionellen Pädagogen oder gleichwertig qualifizierten Personen angeleitet und/oder durchgeführt wird“ (IAHAIO, 2014, S.2). Das Ziel der tiergestützten Pädagogik ist vor allem die Förderung sozialer und emotionaler Intelligenz. In diesen Bereichen werden Lernprozesse initiiert (Vernooij & Schneider, 2013). Wichtig ist auch hier die Dokumentation und Evaluation der Fortschritte der Schüler durch die Fachkraft. Die Lehrperson, die TGP durchführt, sollte ein umfassendes Wissen, über das von ihr eingesetzte Tier verfügen. Als Beispiel für TGP wäre eine hundegestützte Leseförderung zu nennen, die von einem Sonderpädagogen durchgeführt wird, zu nennen (Beetz, 2015).

Wie am Beispiel zu erkennen ist, ist hundegestützte Pädagogik unter den Bereich der tiergestützten Pädagogik anzusiedeln. Andrea Beetz (2015) definiert diese folgendermaßen: „Hundegestützte Pädagogik wird von einer Fachkraft mit einer pädagogischen bzw. heil-/sonder-/sozialpädagogischen Ausbildung durchgeführt. Die Intervention ist auf ein pädagogisches Ziel ausgerichtet, welches Bildung und/oder Erziehung betrifft“ (Beetz, 2015, S.15f.). Dabei ist zu beachten, dass Hund und Mensch eine spezielle Schulbegleithunde-Ausbildung absolviert haben sollten oder zumindest eine Ausbildung als Therapiehunde-Team.

3.2 Begriffsbestimmungen des Schulhundes

Die pädagogische Arbeit eines Hundes in der Schule kann zwischen dem Schulhund (Präsenzhund) und dem Schulbesuchshund unterschieden werden. Wie bei TGT und TGP findet die Unterscheidung anhand der hundeführenden Person und der Regelmäßigkeit der Einsätze statt (Beetz, 2015).

Das Österreichische Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) hat 2012 Empfehlungen und Definitionen zum Thema Hunde in der Schule veröffentlicht (ebd.). Damit ist Österreich das erste Land, in welchem sich das Bundesministerium positiv für einen sicheren und pädagogisch wertvollen Schulhundeinsatz ausspricht (BMBF 2014).

Im Folgenden möchte ich eine Unterscheidung beider Begrifflichkeiten vornehmen, um Unklarheiten zu vermeiden.

Der Schulhund

Der Schulhund oder auch Präsenzhund genannt, verbringt regelmäßig eine bestimmte Zeit im Unterricht bzw. Klassenraum von einer oder mehrerer Klassen. Der Schulhund wird von einer pädagogisch ausgebildeten Person (Lehrkraft, SozialarbeiterIn, ErzieherIn) im Unterricht geführt. Des Weiteren sollte der Hund auf seine Eignung speziell getestet werden und eine entsprechende Ausbildung absolvieren. Mit einem geeigneten Schulhund können viele positive und lernförderliche Effekte geschaffen werden. Eine Verbesserung des sozialen Miteinanders, des Klassenklimas aber auch positive Veränderungen individueller sozialer Kompetenzen der Schüler können zu beobachten sein (Agsten, 2009; Beetz, 2015).

Laut Qualitätsnetzwerk Schulbegleithunde e.V. (2017) ist mit der Bezeichnung Schulhund der Oberbegriff für alle in der Schule eingesetzten Hunde gleichzusetzen. Der Terminus Schulbegleithund ist gleich zu stellen mit dem Begriff Präsenzhund (schulbgleithunde.de, 2017). In der Mitgliederversammlung des Qualitätsnetzwerks vom 30.09.2017 wurde entschieden, dass Schulbegleithunde „eine Teamweiterbildung von mind. 60 Stunden absolviert haben“ müssen (Qualitätsnetzwerk Schulbegleithunde e.V., 2018, Defintionen).

Im Rahmen der tiergestützten Arbeit taucht der Begriff Therapiehund des Öfteren auf. Ein Therapiehund bzw. Therapiebegleithund muss eine spezielle Ausbildung absolviert haben und wird in der Regel für therapeutische Zwecke eingesetzt. Liegt ein konkreter Fall in der Schule vor, z. B. in Form einer ergotherapeutischen Maßnahme, ist der Terminus Therapiehund richtig. Allerdings, so merkt Beetz (2015) an, kann es in der Praxis zu Überschneidungen kommen.

Der Schulbesuchshund

Der Schulbesuchshund wird vom Schulbegleithund abgegrenzt, da er eine Klasse nur stundenweise über einen bestimmten Zeitraum besucht. Sie werden von einer externen Person ohne pädagogische Ausbildung geführt. Die Schulbesuchshunde sind entsprechend ausgebildet und werden mit dem Ziel eingesetzt, eine „altersgerechte Wissensvermittlung über Hunde“ (Beetz, 2015, S.16) und tierschutzrechtliche Anliegen oder Präventionsprojekte zu vermitteln.

Oft geschieht dies ehrenamtlich. In Österreich gibt es das Schulprogramm „Rund um den Hund“ des Vereins Schulhund.at. Hier bieten Mensch-Hund-Teams Schulbesuchseinheiten für pädagogische Einrichtungen an. In diesem Fall wird vom Schulbesuchshund gesprochen. Anders als in Deutschland finden hier eine umfassende Ausbildung und jährliche Fortbildungsseminare für die Mensch-Hund-Teams statt. Die Voraussetzungen für die Mitwirkung an diesem Projekt sind detailliert auf der Homepage schulhund.at (2012) gelistet.

4 Der Einsatz des Schulhundes

Damit der Schulhundeinsatz gelingen kann und sich förderlich auf die Schüler und das Unterrichtsklima auswirkt, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Als wichtigste Voraussetzung ist eine enge und vertraute Bindung zwischen Hundeführer5 und Schulhund zu nennen.

Weitere essentielle Voraussetzungen für einen wertvollen Einsatz werden im Folgenden beschrieben.

4.1 Voraussetzungen beim Hund

Als Schulhund können die unterschiedlichsten Rassen fungieren.

Es gibt nicht die eine geeignete Rasse, ausschlaggebend sind neben einer engen Bindung zum Hundeführer unterschiedliche charakterliche Merkmale (in Anlehnung an Agsten, 2009, www.schulhundweb.de, 2006; Beetz 2015):

- freundliches und ruhiges Wesen
- geringes Stressempfinden (ausgeglichenes Gemüt)
- nicht ängstlich und unsicher
- gesund
- menschenbezogen und aufgeschlossen gegenüber Kindern und Jugendlichen
- Freude am Einsatz
- keine aggressive Ausstrahlung
- kein Territorialverhalten oder Herdenschutztrieb
- nicht bellfreudig
- guter Grundgehorsam
- enge Bindung zum Hundeführer

Neben den genannten charakterlichen Merkmalen ist eine sichere und gute Grunderziehung von Vorteil. Dazu gehört neben einer guten Leinenführigkeit, auch die Beherrschung der Grundkommandos wie „Sitz“, „Platz“ und „Bleib“ die während des Schuleinsatzes von Bedeutung sind. Eine optimale Prägung und Sozialisierung sollte bereits im frühen Alter sattfinden, sodass der Schulhund von Beginn an unterschiedliche Menschen verschiedener Altersstufen kennenlernt. Experten aus der Wissenschaft und dem Tierschutz (Arbeitskreis Schulhund/ Tiere helfen Menschen e.V./BMBF 2014) empfehlen dringend eine spezielle Ausbildung in Theorie und Praxis, die Hund und Mensch auf den pädagogischen Einsatz vorbereitet (Beetz, 2015).

Um eine große Akzeptanz im schulischen Setting (Schüler, Kollegen, Reinigungspersonal und Hausmeister) zu bekommen, ist es nach Beetz (2015) von Vorteil, wenn der Schulhund über ein freundliches Aussehen verfügt, wenig haart, keinen starken Geruch hinterlässt und wenig speichelt.

Die aufgezeigten Merkmale eines Schulhundes lassen sich häufig bei Retriever-Rassen und einigen Mischlingen wiederfinden, was ihre Beliebtheit im pädagogischen Setting unterstützt (Beetz, 2015).

Im empirischen Teil dieser Arbeit wird herauszustellen sein, ob die Merkmale aus Literatur und die genannten Eigenschaften in den Fragebögen übereinstimmen.

4.2 Voraussetzungen beim Pädagogen

Nicht nur die Wesensmerkmale eines Hundes sind für einen gelingenden Einsatz in der Schule von Bedeutung, auch der Pädagoge sollte gewisse Voraussetzungen über kynopädagogischen Kenntnissen verfügen (in Anlehnung an Beetz, 2015; Jablonowski & Köse, 2015; Bäcker & Herberger 2018):

- Grundwissen über das Lebewesen Hund
- Kenntnisse zur tiergestützten Pädagogik
- Grundlagenwissen zur Theorie der Mensch-Tier-Beziehung
- Theorie und Praxis der Hundeausbildung (intelligentes Lernen auf der Basis von Achtsamkeit, positive Verstärkung, Respekt, keine Bestrafung)
- Erweiterte Wahrnehmungs –und Kommunikationsfähigkeit
- Körpersprache des Hundes kennen (z.B. Erkennen von Angst und Stress)
- Planung und Erstellung eines Schulhund-Konzepts mit Zielformulierung
- Wissen über Dokumentation und Evaluation des Projekts „Schulhund“
- Institutionelle, räumliche und rechtliche Rahmenbedingungen kennen
- Einhaltung von Hygienevorschriften
- Berufserfahrung
- Kenntnis über Schulabläufe und Schulsetting (insbesondere der Schülerschaft)
- Unterstützung der Schulleitung, des Kollegiums und der Elternschaft

Ich würde gern den Merkmalen der Literatur hinzufügen, dass der Hundeführer über ein ausgeglichenes und empathisches Gemüt verfügen sollte. Insbesondere Hunde spüren Stresssymptome beim Halter (Grundlagen der Mensch-Tier-Beziehung), weshalb auf die eigene Stimmungslage zu achten ist, damit es zu keinem Risiko gerät.

Beetz und Wohlfahrt (2015) merken an, dass eine langsame Gewöhnung des Hundes an den Schulalltag und den damit verbundenen Reizen von Vorteil für die zukünftige regelmäßige Arbeit mit Schulhund ist. Zudem argumentieren beide Autorinnen, dass eine Ausgleichsbeschäftigung und besondere Förderung von Fähigkeiten des Hundes neben dem Einsatz in der Schule stattfinden sollte (Beetz & Wohlfarth, 2015).

Agsten (2009) gibt zudem an, dass fast jede fünfte Lehrkraft ihren Schulhund aus organisatorischen Gründen Kollegen gibt, während Vertretungsstunden stattfinden oder Kollegen, den Schulhund gern in der eigenen Klasse einsetzen möchten.

Dies sollte bedenklich zu sehen sein, da es Stresssymptomen beim Hund kommen kann und somit die gewünschten Wirkeffekte mithilfe des Schulhundeinsatzes nicht realisiert werden können.

4.3 Rahmenbedingungen in der Schule

Damit das Konzept des Schulhundes im pädagogischen Umfeld umgesetzt werden kann, müssen einige räumliche Voraussetzungen und Regeln zum Umgang mit dem Hund erarbeitet werden (in Anlehnung an Beetz, 2015; Bäcker & Herberger 2018):

- Raumgröße, Temperatur und Ausstattung des Raums
- Gerüche, Fußbodenbeschaffenheit (Teppich von Vorteil), Lautstärkepegel
- Materialien und Hilfsmittel für die tiergestützte Arbeit
- Einrichtung einer Ruhezone
- von Vorteil: extra Raum als Rückzugsort
- Hund muss unter Kontrolle des Halters sein (nie allein mit Kindern)
- Hygieneartikel oder Waschbecken im Klassenraum
- Vorstellung des Projekts auf der Schulhomepage

Gesetzesgrundlage und Genehmigungsverfahren

Um einen Schulhund in der Schule einsetzen zu können, bedarf es der Einhaltung einiger Formalien.

Vorschriften und Verordnungen, die einen Hund im öffentlichen Raum betreffen, variieren in Deutschland von Bundesland zu Bundesland. Das bedeutet, wer mit seinem Schulhund arbeiten möchte, muss sich über die Gesetzeslage und mögliche Vorschriften einerseits am Schulstandort, andererseits in der Einrichtung selbst vertraut machen (Jablonowski & Köse, 2015).

In Deutschland legen gesetzliche Grundlagen, die allerdings nicht speziell für die tiergestützte Arbeit formuliert sind, den Schulhundeinsatz fest (ak-schulhund-berlin.de, 2017). Weiterhin bestehen keine einheitlichen Voraussetzungen zum Thema Schulhundeinsatz. Auch die zuständigen Kultusministerien (Unterricht, Schule, Bildung) geben keine Vorgaben (Agsten, 2009; Beetz, 2015).

Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Sachbearbeiter der Schulministerien selbst kaum über die Thematik informiert sind und keine klaren Auskünfte an die Lehrkraft geben können oder zum Teil die Wirkung des Hundes in der Schule verkennen.

Einige Probleme bereitet auch der §11 des Tierschutzgesetzes. Dieses Bundesgesetz gilt für alle Bundesländer in Deutschland. Das Tierschutzgesetz nach §11 beruft sich auf das zuständige Veterinäramt. Dieses ist mittlerweile allen Kommunalverwaltungen zugordnet, was die unterschiedliche Auslegung des Paragraphen erklärt. Nachweise und mögliche Prüfungen werden dann vom zuständigen Amt festgelegt und können in allen Bundesländern unterschiedlicher Handhabung sein (Qualitätsnetzwerk Schulbegleithunde e.V., 2018).

In Berlin werden keine detaillierten Verordnungen für den Schulhundeinsatz von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft erlassen (ak-schulhund-berlin.de; 2018). § 4 des Schulgesetzes Berlins sieht die Verantwortung bei der Schule: „Jede Schule ist für die Erfüllung des Bildungs – und Erziehungsauftrags verantwortlich und gestaltet den Unterricht und seine zweckmäßige Organisation selbstständig und eigenverantwortlich. Dazu entwickelt sie ein Konzept zum Schulprogramm...“ (SchulG Berlin §4 – Grundsätze für die Verwirklichung).

In Brandenburg sieht es ähnlich aus. Auch hier obliegt die Verantwortung der Schule. Im Schulgesetz §7 – Selbstständigkeit der Schulen ist formuliert: „Die Schulen bestimmen im Rahmen der Rechts – und Verwaltungsvorschriften ihre pädagogische, didaktische, fachliche und organisatorische Tätigkeit selbst. In diesem Rahmen können sie sich ein eigenes Profil geben“ (BbgSchulG, 2002).

An oberster Stelle steht die Zustimmung der Schulleitung und der Gesamtkonferenz der Lehrer. In einigen Fällen gilt auch die Zustimmung des Schulamtes und Schulträgers (Beetz, 2015). Auch das Einverständnis der Eltern der Kinder der „Schulhundklassen“ sollte vor Beginn vorliegen. Die Eltern der Kinder in anderen Klassen, in denen der Hund nicht eingesetzt ist, sollten zumindest über einen Elternbrief informiert werden.

Einige wenige Ministerien (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen) fordern eine besondere Ausbildung des Hundes oder der Lehrkraft (Beetz, 2015).

Generell gilt, dass ein Informationsschreiben und in Kenntnissetzung aller zuständigen Behörden und Beteiligten für einen erfolgreichen Einsatz immer von Vorteil ist.

In Österreich wurden 2012 vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) Empfehlungen für einen Schulhundeinsatz veröffentlicht.

Zwei Jahre später, 2014, wurden diese überarbeiteten Richtlinien des Bundesministeriums für Bildung und Frauen (BMBF) publiziert. Diese Richtlinien helfen nicht nur einen professionellen Einsatz zu gewährleisten, sondern bieten auch Informationsgrundlage für rechtliche Bestimmungen (BMBF, 2014). Vor dem ersten Einsatz muss wie in Deutschland auch, die Schulleitung informiert werden und ihr Einverständnis geben. Wenn die Schulleitung es als notwendig erachtet, kann auch die Schulaufsicht eine Information erhalten (BMBF 2014). Eine weitere Grundvoraussetzung ist auch die Zustimmung des Klassenvorstands, der Klassenlehrer und der Eltern der Kinder der „Hundeklasse“. Kollegen und Schulwart sollten über den Einsatz des Hundes zeitnah informiert werden (ebd.). Diese genauen und für jeden zugänglichen Angaben erleichtern die Voraussetzungen, die für ein Einverständnis notwendig sind.

Eine Grundvoraussetzung, welche in Deutschland nicht festgelegt ist, ist eine spezielle Ausbildung des Hundes, die bestimmte relevante Bestandteile des Schuleinsatzes beinhaltet. Eine Begleithundeausbildung reicht für den Einsatz in der Schule nicht aus (ebd.). Allerdings weist der Leitfaden des BMBF (2014) nicht daraufhin, welche Ausbildungsangebote als adäquat angesehen werden und welche nicht. Um den Einsatz von Präsenzhunden zu standardisieren, wurde ein Rundschreiben (Nr. 23/2017) im Oktober 2017 vom Bundesministerium für Bildung (BMB) in Wien an Lehrer, Zentrallehranstalten und Pädagogische Hochschulen verschickt. Dieses Rundschreiben konkretisiert einige Voraussetzungen, die für Präsenz-bzw. Schulbesuchshunde geltend gemacht werden sollten, vor dem ersten Einsatz. Im Rundschreiben heißt es, dass das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) Richtlinien für Therapiehunde erlassen hat, die auch für Präsenz- und Schulbesuchshunde gelten (BMB Rundschreiben 23/2017). Die geforderten Wesensmerkmale (freundlich, stressbelastbar, gehorsam etc.) müssen vor dem ersten Einsatz überprüft und im weiteren Verlauf jährlich von einer geeigneten Prüfstelle nachkontrolliert werden. Das Messerli Forschungsinstitut an der Veterinärmedizinischen Universität Wien wurde als geeignete Prüfstelle empfohlen. Nur Schulhund-Teams, die ein Zertifikat des Forschungsinstituts erhalten, dürfen in den Einsatz (ebd.). Zur transparenten Gestaltung wurde im Rundschreiben eine Liste mit zertifizierten Mensch-Hund-Teams veröffentlicht, die vor dem Einsatz in der Schule von der Schulleitung zu prüfen ist (ebd.). Zum schulinternen Verlauf gibt das BMB klar an, dass alle „Organe der Schulpartnerschaft im Sinn der §§63a Abs.2 bzw. 64 Abs.2 SchUG von dieser Maßnahme und den damit in Verbindung stehenden pädagogischen Absichten zu informieren [sind]“ (ebd., S. 3).

Anhand dieser klaren rechtlichen Vorgaben und Handlungsanleitungen kann der Einsatz des Hundes im pädagogischen Setting in Österreich erleichtert werden.

Der BMBF-Leitfaden (2014) hat auch Richtlinien für den Einsatz von Schulbesuchshunden formuliert, allerdings möchte ich im Rahmen dieser Arbeit nicht näher auf diese eingehen, da der Schwerpunkt auf den Präsenzhund (Schulhund) gerichtet ist.

Versicherung und Hygiene

Ebenso wie die Kenntnis zu nötigen Genehmigungsverfahren spielt das Wissen zu Hygiene und Versicherungen für den Hund eine entscheidende Rolle. Beim Einsatz des Hundes sind die Hygienevorschriften der jeweiligen Schule einzuhalten. Dazu gehört es einen Hygieneplan zu erstellen und danach zu arbeiten (Agsten, 2009; Schwarzkopf, 2003). Unabdingbar für einen gelingenden Schulhundeinsatz stellt das Gesundheitsattest des Tierarztes da. Zu den Bestimmungen gehören eine gute und gesunde Allgemeinverfassung des Hundes, regelmäßige Entwurmung und Impfungen. Auch hier ist die Veröffentlichung einer Kopie des Gesundheitszeugnisses auf der Schulhomepage von Vorteil. Eltern und Interessierte werden dadurch informiert und es trägt zur Professionalisierung des Schulhundkonzepts bei.

Die in Kenntnissetzung des Gesundheitsamtes ist nicht verpflichtend und muss individuell selbst entschieden werden, so rät Beetz (2015). Die Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt kann zur Festsetzung von Hygienerichtlinien führen. Auch hier gibt es in Deutschland keine einheitlichen Bestimmungen.

In Österreich sind im BMBF-Leitfaden (2014, S.14) genaue Vorgaben hinsichtlich der Gesundheit des Hundes gemacht worden:

- jährliche Überprüfung der Gesundheit (Impfung, Entwurmung)
- Attest zur geistigen und körperlichen Gesundheit
- Chippflicht
· Ausschluss von läufigen, trächtigen und säugenden Hündinnen

[...]


1 Aus Platzgründen wird hier und im Folgenden immer die männliche Form „Schüler“ verwendet. Diese schließt jedoch auch immer die weibliche Form „Schülerin“ mit ein.

2 Aus Platzgründen wird hier und im Folgenden immer die männliche Form „Lehrer“ verwendet. Diese schließt jedoch auch immer die weibliche Form „Lehrerin“ mit ein.

3 Cortisol ist ein Stressparameter.

4 Die Feldunabhängigkeit stellt „die Fähigkeit [da], einfache Formen in komplexeren Zeichnungen oder generell bestimmte Inhalte in einem komplexen Kontext schnell zu identifizieren“ (Hergovich & Hörndler 1994, zit. in Beetz, 2015, S.55).

5 Aus Platzgründen wird hier und im Folgenden die männliche Form „Hundeführer “ gebraucht. Diese schließt jedoch die weibliche Form „Hundeführerin“ mit ein.

Final del extracto de 127 páginas

Detalles

Título
Der Schulhund als Co–Pädagoge auf vier Pfoten. Voraussetzungen in Deutschland und Österreich
Autor
Año
2019
Páginas
127
No. de catálogo
V492235
ISBN (Ebook)
9783964870414
ISBN (Libro)
9783964870421
Idioma
Alemán
Palabras clave
Pädagogik, Hundepädagogik, Tiergestützte Pädagogik, Schulhundeinsatz, Erziehung
Citar trabajo
Mareike Dreyer (Autor), 2019, Der Schulhund als Co–Pädagoge auf vier Pfoten. Voraussetzungen in Deutschland und Österreich, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/492235

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