Lehrerleiden Nummer Eins: Das Burnout-Syndrom. Ursachen und Wege aus der Krise


Dossier / Travail de Séminaire, 2004

30 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhalt

1. Einleitung
1.1. Vorbemerkung
1.2. Zur Struktur dieser Arbeit

2. Das Burnout-Syndrom
2.1. Definitionen
2.2. Symptome
2.3. Ursachen/Stressoren
2.4. Betroffene Berufsgruppen

3. Burnout im Lehrerberuf
3.1. Vorbemerkungen
3.2. Lehrer-Burnout
3.3. Forschungen zu den Ursachen des Ausbrennens
3.4. Drei Wege aus der Krise
3.4.1. Der Ansatz von Rudow
3.4.1.1. Allgemeine Maßnahmen
3.4.1.1.1 Humanisierung des Lehrerberufs
3.4.1.1.2. Gestaltung von Arbeitsaufgaben
3.4.1.2. Gestaltung von Arbeitsbedingungen
3.4.1.2.1. Die Arbeitszeit
3.4.1.2.2. Weitere Arbeitsbedingungen
3.4.1.3. Individuelle Maßnahmen
3.4.2. Der Ansatz von Schaarschmidt
3.4.3. Der Ansatz Lenzen

4. Die Perspektive: Das Konzept der Selbstwirksamkeit
4.1. Zur Selbstwirksamkeit
4.2. Ein Modellversuch

5. Zusammenfassung

6. Schlussbemerkung

7. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

1.1. Vorbemerkung

Basis dieser Arbeit ist mein Besuch des Blockseminars „Bildungskontroversen in der Bundesrepublik Deutschland“ im Sommersemester 2004.

Das deutsche Bildungssystem ist krank. Die Ursachen sind struktureller Art, die Symptome lassen sich an schlechten Schulleistungen – nicht zuletzt dank PISA aufgedeckt – erkennen.

Während die Schüler für schlechte Noten auf dem Zeugnis sorgen, schneiden die Pädagogen in der gesellschaftlichen Bewertung schlecht ab. Gerhard Schröder, damals noch niedersächsischer Ministerpräsident, sprach mit Volkes Zunge, als er 1997 in einer Diskussionsrunde mit Schülerzeitungsredakteuren sinngemäß sagte: „Wir wissen doch alle, was für faule Säcke eure Lehrer sind.“

In letzter Zeit zeichnet sich – zumindest in der medialen Darstellung – eine Trendwende ab.

Immer häufiger ist von den „Leiden der Lehrer“ zu hören und zu lesen. Fernsehmagazine nehmen sich verstärkt des Themas „Lehrerkrankheiten“ an – allen voran das so genannte ´Burnout-Syndrom`.

Mit dieser Arbeit verfolge ich das Ziel aufzuschlüsseln, was hinter dem Begriff Burnout-Syndrom steckt. Mich interessiert vor allem die Frage, warum der „faule Sack“ Lehrer ausbrennt und wie den Symptomen des Lehrerleidens Nummer Eins entgegengewirkt werden kann. Ob für Ärzte, Psychologen, Erziehungs- oder Wirtschaftswissenschaftler, Burnout ist heute mehr denn je ein brennendes Thema. Hinzu kommen Tausende von Internetseiten, auf denen sich Interessierte über die Krankheit informieren können.[1]

1.2. Zur Struktur dieser Arbeit

Im Hauptteil werde ich das Burnout-Syndrom auf Basis ausgewählter Literatur und diverser Internetangebote definieren sowie die gängigen Symptome beschreiben.

Um nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, dass es sich beim Burnout-Syndrom ausschließlich um ein reines Lehrerleiden handelt, gehe ich auf weitere betroffene Berufsgruppen ein. Der Berufsgruppe „Lehrer“ habe ich ein eigenes Kapitel gewidmet, in dem ich die Ursachen analysiere, die zum Ausbrennen unserer Pädagogen führen.

Therapiemöglichkeiten für am Burnout-Syndrom Erkrankte werde ich nur kurz anschneiden, jedoch einen intensiveren Einblick in drei Ansätze verschiedener Wissenschaftler, die auf Basis ihrer Forschungen Strategien gegen das Ausbrennen entwickelt haben. Mit dem Konzept der Selbstwirksamkeit setzt sich in der letzten Zeit verstärkt ein Ansatz durch, der sich am Selbstbewusstsein der Pädagogen orientiert. Diesem Konzept habe ich ebenfalls ein umfangreiches Kapitel gewidmet. Ein zusammenfassender Kommentar rundet die Arbeit ab.

2. Das Burnout-Syndrom

2.1. Definitionen

Der deutschstämmige Psychoanalytiker Herbert J. Freudenberger führte den Be-

griff „Burnout“ in der Psychologie erstmals 1974 ein. Freudenberger beschrieb damit „den psychischen und physischen Abbau der meist ehrenamtlichen Mitarbeiter ´alternativer` Hilfsorganisationen: ´Free Clinics`, therapeutische Wohngemeinschaften, Frauenhäuser, Kriseninterventionszentren.“[2]

Ausgebranntsein tritt vor allem bei Personen auf, die durch großes persönliches Engagement und hohe Leistungserwartungen an sich selbst auffallen. Sie haben zudem eine starke emotionale Bindung an ihre Arbeit, ein großer Teil ihrer Selbstwertregulation bzw. ihres Selbstbildes wird aus dem Erfolg im Beruf gespeist oder über ihre berufliche Stellung.

Wenn es nun zu Konflikten oder Enttäuschungen in der Arbeit kommt oder aber die Arbeit nicht mehr hinreichend befriedigt, wenn unrealistische Erwartungen oder eigene Größenvorstellungen enttäuscht werden und diese nicht im Sinne realistischer Zielsetzungen korrigiert werden können, investieren Menschen, die zum Ausbrennen neigen, noch mehr Zeit in die Arbeit und erschöpfen sich - sie brennen aus.[3]

Folgende Definitionen treffen nach meiner Auffassung den Kern des Begriffs ausgesprochen gut:

„Burnout ist ein Syndrom der emotionalen Erschöpfung und des Zynismus, das bei Berufstätigen auftreten kann, die eng mit anderen Personen zusammenarbeiten. Diese Personen können als Abhängige bezeichnet werden, bei denen der Berufstätige weitgehend Änderungen herbeiführen soll, die aber nur begrenzt in seinen Möglichkeiten liegen.“[4]

Burnout ist der „...Zustand physischer oder seelischer Erschöpfung, der als Auswirkung lang anhaltender negativer Gefühle entsteht, die sich in Arbeit und Selbstbild des Menschen entwickeln.“[5]

„Burnout ist ein Phänomen, das besonders im Helferberuf „Lehrer“ auftritt. Wesentliche Merkmale sind die Erschöpfung, die sog. ´Depersonalisierung` und die subjektive Leistungsschwäche. Es ist ein mehrdimensionales, komplexes Konzept, in das sich relativ viele Symptome bzw. negative Beanspruchungsfolgen einordnen lassen.“[6]

Diese - sehr begrenzte - Auswahl an Definitionen verdeutlicht die Ernsthaftigkeit, mit der die Wissenschaft versucht, das Phänomen Burnout einzugrenzen und den Ursachen dieser psychischen Störung auf den Grund zu kommen. Verschiedene definitorische Ansätze sind allerdings auch Ausdruck der Komplexität des beruflichen Ausbrennens, das sich aufgrund der individuellen Verlaufsgeschichte nur schwer in allgemeine Raster einordnen lässt.

2.2. Symptome

Burnout, zusammenfassend als gesundheitsgefährdender Stresszustand bezeichnet, geht einher mit einer nachhaltigen körperlichen, geistigen und emotionalen Erschöpfung.[7] Die Ausprägung bzw. das Auftreten von Burnout-Symptomen ist vom jeweiligen Betroffenen abhängig. Nicht jeder ausgebrannte Arbeitnehmer zeigt zwangsläufig alle der im Folgenden aufgelisteten charakteristischen Merkmale.

Typische Burnout-Symptome sind (Auswahl)[8]:

- schwere Abgeschlagenheit
- Lustlosigkeit
- Zynismus
- erhöhter bis suchtartiger Konsum von Genussmitteln, insbes. Nikotin
- Alkohol, Koffein
- allgemeine Erschöpfung
- Müdigkeit
- Lichtscheue
- Lymphknotenempfindlichkeit
- Magen- und Darmprobleme
- Muskelschwäche
- Vergesslichkeit
- Reiz- und Angstzustände
- Konzentrationsschwäche
- Verwirrtheit
- Depression

2.3. Ursachen/Stressoren

Die Ursachen des Burnout sind ebenso individuell wie die Symptome. Allerdings sollte dabei nicht nur die Annahme zugrunde gelegt werden, dass eine Vielzahl an Stressereignissen das Ausmaß des Stressempfindens beeinflusst. Vielmehr sollte in die Betrachtung einbezogen werden, wie der Einzelne den Alltagsstress erlebt und bewältigt.[9] Folgende Auflistung von charakteristischen Stressoren stellt den Zusammenhang zwischen Stress und Burnout demnach stark verkürzt dar. Ich halte dies jedoch für legitim – bieten die in drei Gruppen unterteilten Stressoren doch einen guten Einblick in die wesentlichen Ursachen des Burnout-Entstehens.

Psychisch-mentale Stressoren[10]

- Überforderung durch Leistungsmenge und Arbeitstempo
- Unterforderung, weil die Arbeit nicht der Qualifikation entspricht
- Störende Unterbrechung der Arbeitsabläufe
- Unkonkrete Arbeitsanweisungen und mangelnde Informationen
- Zeitdruck
- Hohe Verantwortung
- Unzureichende Einarbeitung

Soziale Stressoren[11]

- Mangelnde Unterstützung und Anerkennung von Arbeitskollegen
- Mobbing
- Isoliertes Arbeiten
- Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes
- Streit in der Familie und Partnerschaft
- Konflikte mit Vorgesetzten

Physische Stressoren[12]

- Lärm am Arbeitsplatz
- Staub, Hitze, Kälte
- Schichtarbeit
- Pendelei
- falsche Beleuchtung

2.4. Betroffene Berufsgruppen

Es sind bei weitem nicht allein die Lehrer, die vom Ausgebranntsein betroffen sind. Als besonders gefährdet dürfen alle so genannten „helfenden Berufe“ angesehen werden. Ob Krankenschwester, Hartz-IV-Berater, Zivildienstleistender oder Sozialarbeiter – um nur eine Auswahl zu nennen – sie alle setzen sich mit ihrer Arbeit für und am Menschen einem starken emotionalen Stress aus, der teilweise nur schwer zu bewältigen ist. Die Helfenden sind sehr stark „klientenzentriert“ und entsprechend nah am Hilfsbedürftigen. Schon im übertragenen Sinn fällt es schwer auf Distanz zu gehen.

Die Kombination aus „der ständigen Forderung, Emotionen einzubringen und zu geben“[13] auf der einen und die teilweise Vergeblichkeit des Handelns auf der anderen Seite begünstigt das Ausbrennen, insbesondere, wenn die Tätigkeit über einen langen Zeitraum ausgeübt wird.[14]

Der Idealismus, der zur Ausübung einer sozialen Tätigkeit notwendig ist, geht verloren.

Der Vollständigkeit halber sollen die folgenden Berufsgruppen nicht unerwähnt bleiben:

Manager

Burisch beschreibt anschaulich die Probleme im Managementbereich und bezieht sich speziell auf die mittlere Führungsebene: „Durchschnittlich in ihren späten Vierzigern oder frühen Fünfzigern hatten diese Manager erkennen müssen – so lautete die Diagnose -, dass der Vormarsch endgültig abgeschlossen, der Aufstieg in die höchsten Ebenen nicht mehr zu erwarten war. Mit der Aussicht, die Zeit bis zum Pensionsalter im Status Quo verbringen zu müssen, setzten oft erschreckende Abbauerscheinungen ein, die aus der Sicht des Unternehmens nicht einfach hinzunehmen waren. Für eine Entlassung oder einen Neuanfang sei es viel zu spät, für eine Pensionierung viel zu früh.“[15]

Burnout stellt sich in diesem Fall als karrierebegründetes Dilemma dar. Bezogen auf das Ausbrennen von Managern (aber auch von Angestellten) sprechen Aronson, Pines und Kafry von Überbelastung, Mangel an Autonomie und einem Mangel an Belohnungen, der bei höheren Angestellten zum Burnout führen kann.[16]

Leistungssportler

Prominente Burnout-Betroffene aus der jüngsten Zeit, wie die Fälle des Skispringers Sven Hannawald und der Fußball-Profis Jan Simak und Sebastian Deisler, haben die Gruppe der Leistungssportler ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Eine Berufsgruppe also, die sich doch – auch dank der Medien - vergleichsweise hoher Sympathiewerte erfreuen darf. Allerdings: Exorbitant hohe Gehälter und hoch dotierte Werbeverträge lassen aus Sportlern Figuren in einem von Finanzinteressen geprägten Spiel werden. Nur mit nachhaltig guten Leistungen lässt sich der erarbeitete Standard halten. Schlechte Leistungen werden – auch hier dank der Medien – öffentlich und nicht immer fair diskutiert. Es wirkt ein enormer Leistungsdruck auf den Sportler ein, der sich nicht nur sportlich mit seinen Konkurrenten auseinanderzusetzen hat.

Diese Aufstellung zeigt deutlich, dass jeder, egal, welche Tätigkeit er ausübt, potentiell vom Burnout betroffen sein kann. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass bestimmte Berufsgruppen stärker gefährdet sind als andere.

[...]


[1] Die Eingabe des Begriffs Burnout-Syndrom führte beim Zugriff am 11.10.2004, 8.30 Uhr, bei der Internetsuchmaschine Google zu insgesamt 37.200 Treffern. Grundlage der Recherche waren die Schreibweisen „Burn Out-Syndrom“ und „Burnoutsyndrom“

[2] Burisch, Matthias, 1989, Das Burnout - Syndrom: Theorie der inneren Erschöpfung, Berlin, S. 3.

[3] www.hardtwaldklinik2.de/burnout/index.html, Zugriff am 18.09.2004.

[4] Barth, Anne – Rose, 1997, Burnout bei Lehrern, Göttingen, S. 28.

[5] Emener, 1972, zit. nach Fengler, J., 1991, Helfen macht müde: Zur Analyse und Bewältigung von Burnout und

beruflicher Deformation, München, S.104.

[6] Rudow, Bernd,1994, Die Arbeit des Lehrers, Bern, S.153.

[7] Aronson, Elliot/ Pines, Ayala M./ Kafry, Ditsa, 1983 , Ausgebrannt : Vom Überdruss zur Selbstentfaltung, Wien, S. 27ff.

[8] www.wienerzeitung.at/frameless/links.htm?ID=tm-themaburnout&form; Zugriff am 2.10.2004

[9] Schmitz, Gerdamarie S. ,1999, Zur Struktur und Dynamik der Selbstwirksamkeitserwartung von Lehrern. Ein protektiver Faktor gegen Belastung und Burnout? Dissertationsschrift zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin, Berlin, S. 66f.

[10] www.wienerzeitung.at, a.a.o.

[11] ebd.

[12] ebd.

[13] Aronson, Pines, Kafry 1983, S. 62f.

[14] ebd., S. 60

[15] Burisch, S. 4.

[16] Aronson, Pines, Kafry, S. 77ff.

Fin de l'extrait de 30 pages

Résumé des informations

Titre
Lehrerleiden Nummer Eins: Das Burnout-Syndrom. Ursachen und Wege aus der Krise
Université
Free University of Berlin
Note
1,3
Auteur
Année
2004
Pages
30
N° de catalogue
V49254
ISBN (ebook)
9783638457491
ISBN (Livre)
9783638597463
Taille d'un fichier
501 KB
Langue
allemand
Mots clés
Lehrerleiden, Nummer, Eins, Burnout-Syndrom, Ursachen, Wege, Krise
Citation du texte
Dirk Lausch (Auteur), 2004, Lehrerleiden Nummer Eins: Das Burnout-Syndrom. Ursachen und Wege aus der Krise, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49254

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