Das Andalusische. Warum ist es Teil der Identität seiner Sprecher?


Hausarbeit, 2018

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einführung und Festlegung der Terminologie
2.1. Keine homogene Einheit innerhalb des Andalusischen

3. Kurze Entstehungsgeschichte

4. Linguistische Merkmale
4.1. Phonetische Merkmale
4.2. Morphologische Merkmale

5. Soziolinguistische Perspektive auf das Andalusische
5.1. Andalusisch und Kastilisch

6. Prestige/Wertschätzung des Andalusischen

7. Fazit

8. Bibliografie

1. Einleitung

´NO NI NA´, “Son tres negaciones. Es la mayor afirmación que hay en el andaluz. Cuando una persona te dice no ni na, no te quepa duda que es que sí. Es una figura literaria de primera categoría: son tres sílabas que son tres frases.” José María Pérez Orozco

Bereits in diesem Satz kommt die Besonderheit der Sprechweise der Andalusier zum Ausdruck. Obwohl die andalusische Varietät nah am spanischen Standard liegt, ist sie (hauptsächlich in ihrer Aussprache) charakteristisch, unverkennbar und innerhalb ihrer selbst sehr vielseitig. Dementgegen ist die allgemeine Meinung über diesen Dialekt eher zwiegespalten. Obgleich die Sprecher des Andalusischen stolz auf ihre Varietät sind, räumen sie ihr mehrheitlich ein geringes Prestige ein. Von Sprechern der Standardsprache wird sie belächelt und findet sich in öffentlichen Medien vor allem in der Comedy- und Satiresparte wieder.

Innerhalb des Seminars Varietäten des Spanischen wurden diese nicht nur breit gefächert aufgezählt, sondern auch Modelle zur Analyse behandelt. Daraus resultierend stellten sich mir im Bereich der Soziolinguistik vor allem die Fragen: „Warum genießen einige Varietäten ein höheres Ansehen als andere und was bedeutet dies für ihre Sprecher?“ und „Wie ist der Zusammenhang zwischen Sprache und Identität der Sprecher.“

In der vorliegenden Arbeit möchte ich diesen Fragen nachgehen. Ich beginne zunächst mit der terminologischen Klärung, also mit der Frage, was das Andalusische eigentlich ist, ob Dialekt, Varietät oder Mundart. Danach möchte ich kurz auf die Geschichte und Entstehung des Andalusischen zu sprechen kommen. Des Weiteren werde ich mich mit einheitlichen sprachlichen Merkmalen, also allgemeinen phonetischen Auffälligkeiten befassen. Dabei komme ich beispielsweise auf den berühmten „Ceceo“ oder „Seseo“ zu sprechen und stelle hier natürlich auch den Vergleich zum Kastilischen her.

Im Hauptteil befasse ich mich mit dem Vergleich vom Andalusischen und Kastilischen, um dabei den Unterschied zwischen Standardsprache und Dialekt sowie dessen Wertschätzung herauszuarbeiten. Dabei gehe ich auf die bereits genannte Frage ein was das Sprechen des Andalusischen für ihre Sprecher bedeutet und wie es mit ihrer Identitätsbildung in Verbindung steht.

Das Ziel der Arbeit ist es aufzuzeigen warum und auf welche Weise das Andalusische Teil der Identität ihrer Sprecher ist und weshalb dies eine Bereicherung für sie darstellt.

2. Einführung und Festlegung der Terminologie

„Andaluz“ oder „español meridional“ ist eine sprachliche Varietät, die im Süden der Iberischen Halbinsel gesprochen wird. Das Gebiet erstreckt sich von der östlichen Mittelmeerküste Almerias bis zum „río Guadiana“, der dort die Grenze zwischen Spanien und Portugal bildet. Andalusien ist mit 87.268km² Fläche die größte Region Spaniens, die auch die meisten Einwohner zählt. (vgl. Mondéjar 2001: 121)

Um über das Andalusische sprechen zu können, muss zunächst definiert werden als was es eigentlich bezeichnet werden kann, denn bereits hier gehen die Meinungen sowohl der Sprachwissenschaftler als auch der Sprecher auseinander. Handelt es sich nun um eine Varietät, eine Mundart oder einen Dialekt? Kann man im Falle des Letzteren, bei der Vielzahl an unterschiedlichen Sprechweisen innerhalb Andalusiens überhaupt von „einem“ Dialekt sprechen? Zunächst würde ich mich José Mondéjar darin anschließen, dass es in jedem Falle vertretbar ist, vom „Andalusischen“ zu sprechen und das mit folgender Begründung:

Es usual y legítimo llamar andaluz al tipo de español que se habla en Andalucía, por la misma razón que se llama ´español´, ´francés´, ´italiano´, etc. a la lengua de la mayoría y, consecuentemente, de la institución estatal de la realidad geográfica y política llamadas España, Francia o Italia. (Mondéjar 2001: 206)

Mondéjar räumt allerdings ein, dass das Andalusische über keine eigene festgelegte Norm verfügt und deshalb der Eigenname „Andalusisch“ nur zur Unterscheidung vom Spanischen, dem sogenannten “español estándar” gebraucht werden sollte:

Así, pues, hablaremos de „andaluz“ cuando sea concebido como variedad regional del español común; de „hablas andaluzas“ cuando consideremos esta variedad en sí misma, histórica y socialmente distinta en su dominio, particularmente en lo que atañe a las hablas orientales en relación con las occidentales de Andalucía.” (Mondéjar 2001: 207)

Wir sprechen also von verschiedenen andalusischen Mundarten, wenn wir uns auf die regionalen Unterschiede innerhalb der andalusischen Region konzentrieren möchten. Da es sich beim Andalusischen natürlich auch um eine diatopische Varietät handelt, werde ich den Begriff „Dialekt“ ebenfalls verwenden.

2.1. Keine homogene Einheit innerhalb des Andalusischen

Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass das der andalusische Dialekt keine homogene Einheit bildet. Jede Region, jede Stadt, jedes Dorf innerhalb Andalusiens, weist seine sprachlichen Eigenheiten auf und unterscheidet sich vom Nachbardorf. Antonio Narbóna Jiménez schreibt dazu:

“Ni siquiera los dos fenómenos fonéticos tenidos por más característicos presentan homogeneidad alguna. La repartición geográfica de las igualaciones que se conocen como seseo y ceceo y de la distinción entre s y z (esto es, la distinción o no entre casa y caza, casar y cazar, sima y cima) no puede trazarse con precisión, no sólo porque en una misma zona pueden darse las tres posibilidades, o dos de ellas, sino también porque las diferencias internas en la realización del sonido único o de los sonidos diferenciados son más que notables.” (Narbona Jiménez 2008: 15)

Es ist ebenfalls kein leichtes Unterfangen, das Andalusische von den Nachbardialekten abzugrenzen. Bei dem Versuch die Grenze des andalusischen Dialekts festzulegen, wurde festgestellt, „dass es einerseits Übergänge zum Extremeñischen, andererseits zum Murcianischen und im Norden auch zum Kastilischen gibt.“ (Kabatek 2011: 237)

Nach Coseriu können wir zwischen den Primärdialekten, die direkt aus dem Latein entstandenen Sprachformen (Aragonesisch, Kastilisch), den Sekundärdialekten, die durch die Reconquista entstanden sind (Murcianesisch, Andalusisch, Kanarisch) und den Tertiärdialekten, regionale, von Sekundärdialekten abgeleitete Standardformen unterscheiden. Demnach handelt es sich beim andalusischen Spanisch um einen Sekundärdialekt. (vgl. Coseriu 1975)

3. Kurze Entstehungsgeschichte

Die meisten Experten sind sich darin einig, dass mit der Reconquista das Kastilische in den meridionalen Bereich der Iberischen Halbinsel Einzug hält und Andalusien Gestalt annimmt:

“[…] Andalucía empieza a configurarse a lo largo del siglo XIII […] Con Fernando III, cuando se produce el penúltimo salto cualitativo del proceso reconquistador (el definitivo, la toma de Granada, se haría esperar más de dos siglos), llega el castellano a las tierras meridionales de la Península.” (Narbona Jiménez 2003: 89) .

Bekannt wurde Andalusien in Spanien und Europa ab dem XIX. Jahrhundert (vgl. Mondéjar 2001) . José Mondéjar führt dazu als Beispiel Zitate eines Buches von Fernán Caballero (1796-1877) an:

El carácter andaluz, con sus tipos y costumbres originales, en que se refleja todavía algo del tinte caballeresco de la edad media; que conserva no pocos recuerdos de la dominación de los árabes, ha sido objeto de constante estudio para nacionales y extranjeros […].

Die mehrheitliche Meinung der Sprachwissenschaftler besteht also darin, dass das Andalusische eindeutig mit der Reconquista, aus dem Kastilischen entstanden ist. Rafael Cano Aguilar argumentiert, dass das bekannteste phonetische Merkmal, der „Seseo/Ceceo“, das beste Beispiel für den Beginn der Unterscheidung zwischen Kastilisch und Andalusisch (circa ab dem XV. Jahrhundert), darstellt. Hierzu führt er aus:

Aquí [en Andalucía] no solo se acompañó a Castilla en la igualación de sonidos sordos y sonoros, sino que se fue más allá al perder la distinción entre dentales y alveolares: eses y cetas perdieron así las bases para su diferenciación en buena parte de la región. (Cano Aguilar 2013: 33)

[…] no podemos precisar dónde estuvo el foco inicial, si es que hubo solo uno, pero lo que sí está claro es que el triunfo de este cambio lingüístico se debió a que desde muy pronto fue incorporado como rasgo urbano del habla de Sevilla, y esta cabeza de la Fonterea, de Andalucía, lo prestigió y lo expandió dentro de su área de influencia. No de toda: al alto Guadalquivir (Jaén) el cambio llegó con mucha menos fuerza; además, allí la vinculación eclesiástica a Toledo, y humana a la Mancha, hizo que la distinción de eses y cetas al modo castellano se mantuviera con fuerza. Tampoco los territorios del viejo reino granadino repoblados desde fuera de Andalucía (el Este de Granada, la mayor parte de Almería) aceptaron el fenómeno sevillano. La división de Andalucía entre la que distingue y la que confunde estos sonidos es, pues, muy antigua, viene ya desde los orígenes mismos del fenómeno [del ceceo/seseo]. (Cano Aguilar 2013: 33)

4. Linguistische Merkmale

4.1. Phonetische Merkmale

Im folgenden Abschnitt möchte ich die markantesten sprachlichen Merkmale des Andalusischen zusammenfassen. Wie bereits erwähnt, sind nicht alle Phänomene in jeder Region Andalusiens gleich präsent und gleich stark ausgeprägt.

[…] hablar andaluz o en andaluz no es otra cosa que hablar español con ciertos rasgos fonéticos peculiares, casi ninguno de ellos exclusivo.” “En Andalucía, no estamos ante una norma, en ninguno de los sentidos, sino ante un conjunto de ellas, entrecruzadas, que no rebasan el ámbito de la actuación hablada, sin pasar a la escritura, y con notables diferencias internas, no sólo geográficas, sino también estratificacionales o socioculturales, lo que hace que fuerzas convergentes y divergentes actúen continuamente de un modo tenso y dinámico.” (Narbona Jiménez 2008: 14)

a) Angleichung der Laute /s/ und /ɵ/ zwischen Vokalen oder am Wortanfang: Seseo und Ceceo:

Der sogenannte Seseo ist ein Merkmal, bei dem die Konsonanten s und z auf die gleiche Weise als scharfes s artikuliert werden. Im Hochspanischen wird im Unterschied dazu das z als interdentales /ɵ/ realisiert. Beim Ceceo hingegen werden alle Konsonanten s als interdentales z (/ɵ/) ausgesprochen.

Beispiel Ceceo: “Las cosas deben decirse con cencillez.” Beispiel Seseo: “Las cosas deben desirse con sensillez.” (Cantero García 2010: 52)

Der Ceceo ist besonders in Cádiz (außer der Hauptstadt), dem größeren Teil der Region von Málaga, Teilen von Huelva, Teilen von Granada sowie bestimmten Gebieten von Almeria festzustellen. Im Gegensatz dazu finden wir den Seseo häufiger in Andévalo, in Sevilla und in einigen Teilen von Cordoba.

[...]

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Details

Titel
Das Andalusische. Warum ist es Teil der Identität seiner Sprecher?
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Romanistik)
Veranstaltung
Varietäten der spanischen Sprache
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
15
Katalognummer
V492602
ISBN (eBook)
9783668985063
ISBN (Buch)
9783668985070
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Andalusisch Dialekt Varietät Identität Romanistik Dialektologie Andalusien Sprache
Arbeit zitieren
Nurunissa Dyck (Autor:in), 2018, Das Andalusische. Warum ist es Teil der Identität seiner Sprecher?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/492602

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