Zu: Jean-Jacques Rousseau - "Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen"


Dossier / Travail, 2004

16 Pages, Note: 2,3


Extrait


Inhalt

1. Einleitung

2. Vergesellschaftung und Austritt aus dem Naturzustand
2.1 Erste Formen von Zivilisation
2.2 Ende des Naturzustands
2.3 Arbeitsteilung als endgültiger Schritt in die Abhängigkeit

3. Die drei Stufen der Ungleichheit
3.1. Die erste Form der Ungleichheit: Reichtum
3.1.1 Die Entwicklung von Eigentum und Entfremdung des Menschen von sich selbst
3.1.2 Verlust der individuellen Freiheit als Folge der Vergesellschaftung
3.1.3 Errichtung einer von Ungleichheit geprägten Gesellschaftsordnung
3.2 Die zweite Form der Ungleichheit: Macht
3.2.1 Das ‘établissement politique’ als Betrug der Reichen an den Armen
3.2.2 Errichtung von Magistratsämtern
3.3 Die dritte Form der Ungleichheit: Herrschaft
3.3.1 Bildung eines Herrschaftssystems in Erbfolge
3.3.2 Festigung der Willkürherrschaft durch Verbreitung von Ungleichheit im Volk

4. Eintritt in den negativen Naturzustand

5. Kritik an der Gesellschaft und dem absolutistischen Herrschaftssystem des französischen Königreichs und Aufruf zu Revolution
5.1 Gesellschaftskritik anhand idealisierter Darstellung des ’Wilden’.
5.2 Versteckte Kritik am französischen Königshaus
5.3 Aufforderung zur Revolution

1. Einleitung

Bereits in der Einleitung seiner “Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen” rückt Jean-Jacques Rousseau das zentrale Objekt seines Werks in den Vordergrund: den Menschen und seine Entwicklung vom Naturzustand zur Zivilisation1.

Im ersten Teil seiner fiktiv-anthropologischen Darstellung versucht der Genfer Philosoph darzulegen, wie der Mensch im Naturzustand gelebt haben soll. Der zweite Teil, auf den sich diese Arbeit bezieht, geht auf die Auswirkungen der Vergesellschaftung des Menschen, die Entwicklung des Eigentumsbegriffs und die daraus resultierende Ungleichheit ein. Denn “für [Rousseau] ist derjenige, der als erster gesagt hat: «Ceci est à moi», der wahre Erfinder der Gesellschaft.“2

Diese Hausarbeit soll anhand von Rousseaus Zweitem Diskurs belegen, wie die Errichtung einer von Ungleichheit geprägten Gesellschaft durch die Zerstörung der natürlichen Ordnung vonstatten gegangen sein soll und in welche Stufen sie sich unterteilen lässt. Außerdem wird beleuchtet, inwiefern man seine Thesen als indirekten Angriff auf das Herrschaftssystem des absolutistischen Frankreichs und einen Aufruf zum Umsturz werten kann.

2. Vergesellschaftung und Austritt aus dem Naturzustand

2.1 Erste Formen von Zivilisation

Nach Rousseau zeichnet sich der ursprüngliche Zustand des Menschen vor allem durch völlige Autarkie und Gleichgültigkeit gegenüber seinen Artgenossen aus. Allein um seine Erhaltung bemüht, kümmere sich der natürliche Mensch lediglich um die Beschaffung von Nahrung und die Befriedigung seines Fortpflanzungstriebs. Diese “Begierde” sei jedoch “bar jeder Empfindung des Herzens” und ein “rein animalischer Akt“3. Später habe es dann zwar bereits Zusammenschlüsse zwischen Menschen gegeben, allerdings nur, aus “Liebe zum Wohlbefinden”, d.h., wenn ein “[gemeinsames] Interesse ihn auf die Hilfe seiner Mitmenschen zählen lassen konnte”4. Außerdem seien diese Vereinigungen von Unverbindlichkeit geprägt gewesen. Wenn an diesem Punkt der Entwicklung des menschlichen Wesens Konflikte auftraten, seien diese zwar unter anderem auch mit “offener Gewalt”1ausgetragen, jedoch ohne größere Folgen, “denn die Voraussicht galt ihnen nichts (...) sie dachten nicht einmal an den folgenden Tag”2.

Mit der Entwicklung erster sprachlicher Strukturen, die sich allerdings noch in dem Artikulationsrahmen von Tieren befunden hätten, seien nun schnellere Fortschritte einher gegangen. Die allmähliche Ausprägung handwerklicher Fähigkeiten und somit des Hausbaus habe die Entstehung von Familien, also erster sozialer Strukturen, bewirkt und eine erste Art von Eigentum eingeführt3.

Langsam seien nun “Muße” und “Bequemlichkeit” und in Folge “Verweichlichung” als “erstes Joch“ der Menschheit über diese gekommen4. Rousseau sieht die Gefahr der neu gewonnenen Annehmlichkeiten des Lebens vor allem darin, dass “ihr Verlust viel qualvoller [war], als ihr Besitz wohltuend”5, obwohl sie objektiv betrachtet nicht lebensnotwendig seien.

2.2 Ende des Naturzustands

Mit zunehmender Vergesellschaftung durch die Entstehung lockerer Dorfgemeinschaften habe man nun stärkere emotionale Regungen und “das Gefühl von Vorlieben” entwickelt und zwischenmenschliche Kontakte hätten sich intensiviert, um den Menschen in die nach Rousseau “beständigste” und “glücklichste” Epoche zu führen6:

“So lange sie sich nur Arbeiten zuwandten, die einer allein ausführen konnte, und nur solchen handwerklichen Künsten, die nicht das Zusammenwirken mehrerer Hände nötig machten, lebten sie so frei, gesund, gut und glücklich, wie sie es ihrer Natur nach nur sein konnten, und genossen untereinander weiterhin die Wonnen eines unabhängigen Umgangs miteinander.”7

Das Ende des Naturzustandes habe sich hier jedoch bereits angebahnt, da das Leben in Gemeinschaft unweigerlich erstmals Wertvorstellungen in den menschlichen Geist injiziert habe. Plötzlich habe “das öffentliche Ansehen (...) einen Wert [erhalten]. (...) Aus (...) ersten Bevorzugungen erwuchsen einerseits die Eitelkeit und die Verachtung, andererseits die Scham und der Neid”1.

Racheakte und Bestrafungen seien erstmals vorgekommen und belägen, dass “die dem reinen Naturzustand entsprechende Güte nicht mehr diejenige sein konnte, die der entstehenden Gesellschaft angemessen war”2. Das ursprüngliche “natürliche Mitleid”3, mit dem Rousseau sein Konstrukt menschlichen Geistes im Naturzustand ausstattet, sei hier zwar noch vorhanden gewesen, habe jedoch “bereits einige Veränderungen erlitten”4.

2.3 Arbeitsteilung als endgültiger Schritt in die Abhängigkeit

Den endgültigen Austritt aus dem Naturzustand siedelt der Autor in der Bearbeitung von Metall und dem Ackerbau an. Bezug nehmend auf die Eingeborenen in der Neuen Welt, die er zivilisatorisch im Endstadium des Naturzustandes sieht, versucht er, seine These zu untermauern:

“So war auch beides den Wilden Amerikas unbekannt, die daher stets Wilde geblieben sind; die anderen Völker scheinen selbst dann Barbaren geblieben zu sein, wenn sie nur eine dieser Künste oder die andere ausgeübt haben; und vielleicht einer der Gründe dafür, daß Europa, wenn auch nicht früher, so doch zumindest besser und beständiger zivilisiert ist als die anderen Weltteile, liegt darin, daß es zugleich der reichste an Eisen und der fruchtbarste an Getreide ist”5

Die Entdeckung von Metall und seinen Verwendungsmöglichkeiten sei, so Rousseau, der Grund gewesen, warum sich die Menschen erstmals in eine unumkehrbare Abhängigkeit von einander begeben hätten. Denn “sobald Menschen benötigt wurden, um das Eisen zu gießen und zu schmieden, wurden andere Menschen nötig, um jene zu ernähren”6Die Schmiedewaren seien schnell als Mittel zur Vermehrung des agrarischen Ertrags entdeckt worden - in der jungen Zivilisation sei es dadurch unumgänglich geworden mit einander zu leben und sich zu arrangieren.

3. Die drei Stufen der Ungleichheit

3.1. Die erste Form der Ungleichheit: Reichtum

3.1.1 Die Entwicklung von Eigentum und Entfremdung des Menschen von sich selbst

Mit der systematischen Bebauung von Boden zum Zweck der Nahrungsproduktion sei nun, so Rousseau, ein Zustand eingetreten, in dem erstmals der Begriff von Eigentum - zuerst in Bezug auf Grundbesitz - entstanden sei, weil “die Arbeit dem Bauern ein Recht auf Ertrag des Feldes gibt [und] (...) folglich auch das Recht auf den Boden”1.

Rousseau vertritt die These vom Recht des Stärkeren als einzige dem Naturzustand inne wohnende Ungleichheit. Die naturgegebenen Unterschiede bezeichnet er jedoch als eher gering, bzw. unerheblich, da die Bedürfnisse des Urmenschen sich auf das Lebensnotwendige beschränkt und seine Anpassungsfähigkeit ihm fast immer ermöglicht hätte, sich auf die Natur einzustellen. So habe er in seiner gewohnten Umgebung selbstständig überleben können2.

Doch nun, da die zivilisatorische Entwicklung mit der Errichtung des Eigentums und der Möglichkeit von dessen Anhäufung schon fortgeschritten war, sei die Menschheit in die erste unumkehrbare Stufe der Ungleichheit, der “von reich und arm”3, eingetreten. Der Grund: Die physischen und mentalen Unterschiede hätten sich erstmals auch deutlich gesellschaftlich ausgewirkt:

“Der Stärkere leistete mehr Arbeit, der Geschicktere zog größeren Nutzen aus der seinigen, der Erfindungsreichere erfand Mittel zur Abkürzung der Arbeit, der Bauer benötigte mehr Eisen oder der Schmied mehr Getreide; und obwohl beide gleich viel arbeiteten, verdiente der eine viel, während der andere kaum genug hatte, um davon zu leben (...), und die Unterschiede zwischen den Menschen (...) werden spürbarer, dauerhafter in ihren Auswirkungen, und beginnen im selben Maße, das Schicksal der einzelnen zu beeinflussen.”4

Dieser neuen “Ordnung der Dinge”5schreibt Rousseau die Folge zu, dass das Ansehen in

der Gesellschaft erstmals eine tragende Rolle zu spielen beginnt. Mit der Ausreifung jener Eigenschaften, die den Menschen vom Tier unterscheiden, dem Gedächtnis, dem Vorstellungsvermögen und der Vernunft, habe sich in ihrem Geist nun das Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einem sozialen Rang manifestiert. Dieser könne sich vielseitig ausdrücken, sei es durch Reichtum, Intelligenz oder physische Vorzüge1. Die Entfremdung vom eigentlich Menschlichen, die Rousseau anprangert, gestaltet sich in dem Maße, in welchem man oben genannte Vorzüge nicht besitzt, sie aber vortäuscht, um einen übergeordneten Status zur erreichen oder zu erhalten: “Sein und Scheinen wurden zu zwei völlig verschiedenen Dingen.”2

3.1.2 Verlust der individuellen Freiheit als Folge der Vergesellschaftung

Niemandem sei es mehr möglich gewesen, ohne den anderen zu leben, denn “ist er reich, so benötigt er ihre Dienste, ist er arm, so benötigt er ihre Unterstützung”3. Diese Interdependenz, die das Zusammenleben der vergesellschafteten Menschen prägt, bezeichnet Rousseau als Sklaverei, deren Folge Härte im Umgang mit einander sei. Dazu komme der “Eifer, sein Vermögen im Vergleich mit anderen zu mehren (...)”4- ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich eine Gier entwickelt habe, bei der es nicht allein mehr darum gegangen sei, sein Hab und Gut zu vergrößern, um größere Annehmlichkeiten im Lebensstandard zu genießen, sondern vor allem, um durch mehr Besitz über den anderen Mitgliedern der Gesellschaft zu stehen. “Konkurrenz und Rivalität”5seien somit das “unabtrennbare Gefolge der entstehenden Ungleichheit”6.

Die Fatalität dieser Entwicklung sieht der Autor vor allem in der immer weiteren Ausbreitung des besiedelten Gebiets. Denn sobald jedes Gründstück an ein anderes gegrenzt habe, sei eine Vergrößerung des eigenen Lands nur noch auf Kosten anderer möglich gewesen. Dabei seien die Schwachen nach und nach mittellos geworden und hätten sich dem Zwang unterwerfen müssen, den Starken zu dienen, damit diese sie ernährten, oder kriminell zu werden, um überleben zu können7.

[...]


1Rousseau, S. 31

2vgl. www.raffiniert.ch/

3Rousseau, S. 74

4a.a.O., S. 75

1Rousseau, S. 77

2ebd.

3vgl. a.a.O., S. 78

4vgl. a.a.O., S. 79

5a.a.O., S. 80

6vgl. .a.O., S. 83

7a.a.O., S. 84

2ebd.

1Rousseau, S. 81

2a.a.O., S. 83

3ebd.

4ebd.

5a.a.O., S. 84

6a.a.O., S. 86

4ebd.

1Rousseau, S. 87

2a.a.O., S. 75

3vgl. a.a.O., S. 105

4a.a.O., S. 87

5a.a.O., S. 88

1vgl. Rousseau, S. 88

3a.a.O., S. 89

5ebd.

6ebd.

7vgl. ebd.

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Zu: Jean-Jacques Rousseau - "Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen"
Université
LMU Munich  (Geschwister-Scholl-Institut für Politische Wissenschaft)
Cours
Grundkurs Politische Theorie, 1. Semester
Note
2,3
Auteur
Année
2004
Pages
16
N° de catalogue
V49319
ISBN (ebook)
9783638457996
ISBN (Livre)
9783638888523
Taille d'un fichier
430 KB
Langue
allemand
Mots clés
Jean-Jacques, Rousseau, Abhandlung, Ursprung, Grundlagen, Ungleichheit, Menschen, Grundkurs, Politische, Theorie, Semester
Citation du texte
Marco De Martino (Auteur), 2004, Zu: Jean-Jacques Rousseau - "Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49319

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