Angesichts des sich verändernden Gesellschaftsbildes, was zunehmend multikultureller und multireligiöser wird, ist für Christen eine Auseinandersetzung mit anderen Religionen unumgänglich geworden. Dabei spielen vor allem Muslime eine große Rolle, die nach den Christen die zweitgrößte Religionsgruppe in Deutschland darstellt. Im Integrationsprozess gehören Aufeinandertreffen aber auch Konfrontationen zum täglichen Leben dazu. Daher kann man getrost schon von einem Zwang zum Dialog auf kultureller und religiöser Ebene sprechen. Vor allem der Islam ist dabei nicht mehr als eine weit entfernte Größe einzuordnen, sondern spielt im täglichen Miteinander eine gewichtige Rolle.
Aufgrund der genannten Entwicklungen ist das Ziel der vorliegenden Arbeit nun die Untersuchung dieses interreligiösen Dialogs. Die Fragestellung muss dabei lauten, welche Chancen und Möglichkeiten, aber auch welche Grenzen und Risiken er für beide Seiten bereithält. Um diese zu beleuchten, müssen zunächst Voraussetzungen deutlich gemacht und Wege der Annäherung beschrieben werden. Dies beginnt schon beim eigenen Selbst- und Fremdverständnis der Dialogpartner. Dabei müssen vorhandene Ressentiments, die oft aus der jahrhundertelangen, konfliktreichen Historie der beiden großen Weltreligionen entstammen, abgebaut werden.
Weiterhin müssen dann offizielle Positionen auf beiden Seiten untersucht und geprüft werden, um so die Grundsteine für den Dialog zu legen. Daraufhin sollte man zunächst auf die Schnittmenge zwischen Christentum und Islam schauen, aber auch signifikante Unterschiede wahrnehmen, um so Chancen und Grenzen besser auszuloten zu können.
Bei der Untersuchung dieser Fragestellung fällt vor allem ins Auge, dass zwischen Muslimen und Christen schon aufgrund der monotheistischen Tradition und der gemeinsamen abrahameischen Abstammung zahlreiche Verbindungslinien bestehen. Somit ist die Grundlage für den Dialog bereits gelegt. Jedoch müssen auch einige scheinbar unüberbrückbare Differenzen betrachtet werden, die manchen Dialogversuch ungeheuer erschweren können. Insgesamt kann dennoch festgehalten werden, dass die Anzahl der Chancen und Gemeinsamkeiten die der Risiken und Unterschiede klar übertrifft.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Steine auf dem Weg zum Dialog:
Christliche Ressentiments gegenüber dem Islam und muslimische Vorurteile gegenüber dem Christentum
III. Was ist Islam? Plurale Islamverständnisse in Geschichte und
Gegenwart als Horizont für den kulturellen und religiösen Dialog
IV. Offizielle Grundhaltungen zum Dialog:
Kirchliche Positionen und Begegnungsfelder mit dem Islam
V. Vorbedingungen als Grundlage für den Dialog
VI. Sackgassen des Dialogs:
Über den Umgang mit scheinbar unüberbrückbaren Differenzen
VII. Fruchtbarer Boden für den Dialog:
Betonung der Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte
VIII. Abschließende Zusammenfassung der Ergebnisse
Literaturverzeichnis
Anhang (Thesenpapiere des Referates vom 08.06.2005)
I. Einleitung
Angesichts des sich verändernden Gesellschaftsbildes, was zunehmend multikultureller und multireligiöser wird, ist für Christen eine Auseinandersetzung mit anderen Religionen unumgänglich geworden. Dabei spielen vor allem Muslime eine große Rolle, die nach den Christen die zweitgrößte Religionsgruppe in Deutschland darstellt. Im Integrationsprozess gehören Aufeinandertreffen aber auch Konfrontationen zum täglichen Leben dazu. Daher kann man getrost schon von einem Zwang zum Dialog auf kultureller und religiöser Ebene sprechen. Vor allem der Islam ist dabei nicht mehr als eine weit entfernte Größe einzuordnen, sondern spielt im täglichen Miteinander eine gewichtige Rolle.
Aufgrund der genannten Entwicklungen ist das Ziel der vorliegenden Arbeit nun die Untersuchung dieses interreligiösen Dialogs. Die Fragestellung muss dabei lauten, welche Chancen und Möglichkeiten, aber auch welche Grenzen und Risiken er für beide Seiten bereithält. Um diese zu beleuchten, müssen zunächst Voraussetzungen deutlich gemacht und Wege der Annäherung beschrieben werden. Dies beginnt schon beim eigenen Selbst- und Fremdverständnis der Dialogpartner. Dabei müssen vorhandene Ressentiments, die oft aus der jahrhundertelangen, konfliktreichen Historie der beiden großen Weltreligionen entstammen, abgebaut werden.
Weiterhin müssen dann offizielle Positionen auf beiden Seiten untersucht und geprüft werden, um so die Grundsteine für den Dialog zu legen. Daraufhin sollte man zunächst auf die Schnittmenge zwischen Christentum und Islam schauen, aber auch signifikante Unterschiede wahrnehmen, um so Chancen und Grenzen besser auszuloten zu können.
Bei der Untersuchung dieser Fragestellung fällt vor allem ins Auge, dass zwischen Muslimen und Christen schon aufgrund der monotheistischen Tradition und der gemeinsamen abrahameischen Abstammung zahlreiche Verbindungslinien bestehen. Somit ist die Grundlage für den Dialog bereits gelegt. Jedoch müssen auch einige scheinbar unüberbrückbare Differenzen betrachtet werden, die manchen Dialogversuch ungeheuer erschweren können. Insgesamt kann dennoch festgehalten werden, dass die Anzahl der Chancen und Gemeinsamkeiten die der Risiken und Unterschiede klar übertrifft.
II. Steine auf dem Weg zum Dialog: Christliche Ressentiments gegenüber dem Islam und muslimische Vorurteile gegenüber dem Christentum
In der gegenseitigen Annäherung der beiden Religionen bestimmen zunächst einmal Vorurteile und Verblendungen das Bild, welches sich über Jahrhunderte zusammengesetzt und stetig erweitert hat. Als beiden Religionsgruppen noch nicht nebeneinander bzw. miteinander lebten, bauten sich Wahrnehmungen vom Gegenüber auf, die mit der Realität meist wenig oder gar nichts gemein hatten. Im Vergleich kann man die Vorstellungen zwischen Amerikanern und Europäern bis ins letzte Jahrhundert sehen. Obwohl sich beide Kulturen kaum näher gekommen waren, existierten von der Entdeckung Amerikas an Phantombilder, die beide Seiten stark prägten. Man glaubte, über den anderen Bescheid zu wissen, doch hatte es in Wirklichkeit noch keine tatsächliche Begegnung gegeben.
Zwischen Muslimen und Christen bestehen auch noch eine große Anzahl solcher Vorstellungen, die es auf dem Weg zum Dialog hin abzubauen gilt. Befragt man beispielsweise Muslime über Jesus und den christlichen Glauben, so wünschen sie keine Belehrung, da sie – nach ihrer Ansicht – im Koran die wahre Bestimmung Jesu sowie dessen Botschaft und Werke genau kennen. Oft gibt es auch Konfrontationen mit dem christlichen Gottesbild. Viele Muslime sind der Ansicht, dass man bei Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiligem-Geist nicht mehr von einer monotheistischen Religion sprechen könne. Außerdem kommt auf katholischer Seite die Verehrung von Maria als der Mutter Gottes und zahlreicher Heiliger dazu, die Irritationen hervorrufen.[1]
Ein weiteres Vorurteil bildet die fehlende Ganzheitlichkeit im christlichen Glauben. Für die Muslime ist die Trennung von Religiösem und Weltlichem nicht nachvollziehbar; deshalb verurteilen sie häufig den moralischen Zustand des Menschen in der christlich geprägten, westlichen Welt. Der Materialismusgedanke, das unsittliche Handeln vieler Frauen und die zahlreichen Arten von Suchterkrankungen werden scharf verurteilt: „Die Ursache derartiger Zustände findet man im Fehlen eines einheitlichen, göttlichen Gesetzes.“[2]
Auf der anderen Seite erschweren auch Vorurteile und Einseitigkeiten über den Islam den Dialog zwischen den Religionen. Viele Christen sehen den Islam aufgrund seiner nachchristlichen Entstehung nicht als vollwertige Religion, sondern bezeichnen ihn als eine Annäherung an das Christentum.[3] Weiterhin glauben einige, dass der Islam es nur auf eine radikale Ausbreitung abgesehen habe und somit eine Bedrohung für die ganze Welt darstelle, in der dann ein islamisches Reich entstehen könnte. Die aktuelle Entwicklung von Terror und Gewalt im Namen des Islam trägt ebenso dazu bei, dass diese Ressentiments wieder Zuspruch finden und neu aufgelegt werden.
Solange es solche negativen Beispiele gibt und diese von vernünftigen und klar denkenden Gläubigen auf beiden Seiten nicht aus der Welt geräumt werden, besteht eine dauerhafte Gegenbewegung zum Dialog zwischen Christen und Muslimen. Alle müssen daran mitarbeiten, solche Steine aus dem Weg zu räumen, um den Weg frei für Diskussion und Gespräche zu machen.
III. Was ist Islam? Plurale Islamverständnisse in Geschichte und Gegenwart als Horizont für den kulturellen und religiösen Dialog
Bevor ich mich mit pluralen Islamverständnissen der Gegenwart auseinander setze, möchte ich einen kurzen historischen Abriss aufgreifen, der das Islambild im Wandel der Zeit vorstellt.[4] Dies ist deshalb für die späteren Betrachtungen interessant und bedeutsam, weil wir die Wurzeln heutiger Perzeptionen dieser Religion in früheren Jahrhunderten wieder finden. Oft sind sie im Laufe der Zeit stark verändert worden, teilweise sind es aber dieselben Grundmuster geblieben.
Am Beginn des Mittelalters wurde der Islam als eine politische Bedrohung für das Abendland gesehen, weil religiöse und politische Verständnisse vermischt wurden. Im weiteren Verlauf des Mittelalters konzentrierte man sich in Europa mehr auf den Islam als Religion. Unbedingt wollten Christen aus Europa die Muslime zum christlichen Glauben bekehren und dabei das Heilige Land von den Arabern befreien, was schließlich in die Kreuzzüge mündete. Im späten Mittelalter, als sich Europa zunehmend dezentralisiert hatte und politische Nationalstaaten hervorgebracht hatte, überwog erneut die politische Dimension des Islam, vor der sich die europäischen Großmächte fürchteten. In der Reformationszeit machte auch Luther gegen die Muslime mobil, zumal die Türken 1529 bis kurz vor Wien vorgedrungen waren. Nach der Aufklärung dann, aus der im 19. Jahrhundert die Islamwissenschaft entstand, setzte man sich zunehmend theologisch mit dem Phänomen Islam auseinander und auf zahlreichen Reisen kamen europäische Missionare in Kontakt mit den Muslimen. Die geistigen Strömungen der europäischen Aufklärung waren nicht bis in die muslimische Welt vorgerückt.
Nach diesen kurzen geschichtlichen Blitzlichtern komme ich nun auf gegenwärtige Verständnisse des Islams. Um sich mit ihm als Dialogpartner auseinanderzusetzen, muss ein Islamverständnis herausgestellt werden, das mehr sieht als eine ‚Religion des Feuers und des Schwertes’. Damit der Weg frei gemacht werden kann für eine Annäherung und eine theologische Diskussion, muss zunächst ein Vorwissen über die Hintergründe und das Selbstverständnis des Gegenübers herausgearbeitet werden. Angelika Hartmann versucht in ihrem Artikel[5], dieser Forderung nachzukommen und in einer systematischen Bearbeitung Voraussetzungen für den kulturellen und religiösen Dialog zu schaffen. Ich möchte einige ihrer Thesen aufgreifen, diese kritisch beleuchten und somit ein Islamverständnis erarbeiten, dass für den interreligiösen Dialog von Nutzen sein kann.
Lesen wir zunächst einige Zahlen und Fakten, die uns eine Übersicht über unsere Dialogpartner verschaffen: Als zweitgrößte und jüngste Weltreligion der Welt sind dem Islam in Deutschland ca. 3,5 Millionen Anhänger zugeordnet. Damit rangieren die Muslime nach den Christen als zweitstärkste Glaubensgemeinschaft in der Bundesrepublik. Weltweit zählen sich rund eine Milliarde Menschen zur islamischen Religion.
Das erste und wichtigste Faktum auf dem Weg zum besseren und differenzierteren Islamverständnis ist die Erkenntnis der fehlenden Einheitlichkeit. Es existieren im Gegensatz zum Christentum keine formale Hierarchie und „kein autoritatives, alle Gläubigen bindendes Lehramt“.[6] Vielmehr haben wir es mit einer Vielfalt und Vielzahl muslimischer Gruppen zu tun, die der Glaube an Allah eint. Deshalb ist es schwierig überhaupt von einem ‚Islam’ zu reden. Beim Gebrauch dieses Begriffs muss diese fehlende Einheit stets bedacht werden.
Als Folge dieser breiten Streuung geht Hartmann davon aus, dass Flexibilität, Meinungsvielfalt und der Ruf nach Reformen im Zentrum der islamischen Welt stehen. Spreche man vom Islam, so müsse man immer die große Heterogenität der Interessenslagen in muslimischen Ländern mit bedenken, denn schließlich herrschen in Ländern mit muslimischer Herrschaft unterschiedliche politische Zustände; in einigen Ländern wie beispielsweise der europanahen Türkei haben sich bereits Demokratien etabliert, in anderen Ländern wie zum Beispiel im Iran finden wir noch die Gleichsetzung von staatlichen und religiösen Gesetzen in einem Gottesstaat. Somit begegnen uns im Dialog Gesprächspartner, die signifikante Differenzen in ihrer Herkunft und ihrem Kulturkreis aufweisen. Ist dies einem Christen unbekannt, sobald er in Kommunikation mit einem Muslim tritt, wird er schwer eine gemeinsame Ebene mit ihm finden können.
[...]
[1] Vgl. Raeder, Siegfried: Der Islam und das Christentum. Eine historische und theologische Einführung. Neukirchen-Vluyn 2001, S. 201.
[2] Ebd., S. 202.
[3] Vgl. Ebd., S. 204.
[4] Vgl. dazu: Raeder, Siegfried: Der Islam und das Christentum. Eine historische und theologische Einführung. Neukirchen-Vluyn 2001, S.167-200.
[5] Vgl. Hartmann, Angelika.: Plurale Islamverständnisse als Herausforderung für den kulturellen und religiösen Dialog, in: Schreijäck, T.: Religionsdialog im Kulturwandel. Interkulturelle und interreligiöse Kommunikations- und Handlungskompetenzen auf dem Weg in die Weltgesellschaft. Münster – New York u.a. 2003, S.69-90.
[6] Ebd., S.70.
- Arbeit zitieren
- Tobias Kollmann (Autor:in), 2005, Muslime und Christen - Chancen und Grenzen eines interreligiösen Dialogs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49371
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