Die Fachsprache des Stierkampfs


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

29 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung

II. Hintergrundinformationen zum Stierkampf

III. Aufbau einer corrida de toros und die Verwendung
der Fachsprache des Stierkampfes

IV. Allgemeines zur Fachsprache
1. Definition
2. Die spanischen Fachsprachen
3. Horizontale und vertikale Schichtung
4. Bedeutung der Fachsprachen
5. Formale Kennzeichen von Fachsprachen
a) Textebene
b) Satz und Syntagma
c) Lexikon

V. Kennzeichen der Fachsprache des Stierkampfes
1. Allgemeines
2. Textebene
3. Satz und Syntagma
4. Lexikon

VI. Vertikale Schichtung der Fachsprache des
Stierkampfes

VII. Fazit

Anhang 1: Zeitungsartikel aus ABC

Anhang 2: Auszug aus Real Decreto 145/96, Titulo VI,
Del desarrollo de la lidia

Anhang 3: Beispiele für die Ebenen B bis E nach dem
Modell der vertikalen Schichtung nach
L. Hoffmann

Bibliographie

I. Einleitung

Im Folgenden werde ich die Kennzeichen der Fachsprache des Stierkampfes analysieren. Dazu will ich zunächst in einem kurzen Teil einige Hintergrundinformationen zum Stierkampf geben, um einen Einblick in die Materie zu gewährleisten. Danach werde ich am Aufbau einer corrida de toros erste Beispiele aufzeigen. Im Anschluss werde ich in einem allgemeinen Teil auf Fachsprache im Generellen näher behandeln. Es folgt die eigentliche Untersuchung der Fachsprache des Stierkampfes, wobei ich auf die Bereiche Textebene, Satz und Syntagma und Lexikon eingehen werde. Den Abschluss bildet die vertikale Schichtung der Fachsprache des Stierkampfes.

Für die folgende Untersuchung war als Ausgangstext der Aufsatz „Französisch: Fachsprachen“ von Wolfgang Pöckl im Lexikon der Romanistischen Linguistik, Band V,1: Französisch, sehr informativ. Für den allgemeinen Teil stützte ich mich außerdem auf Werke von Lothar Hoffmann, Hans-Rüdiger Fluck, Heinz Ischreyt und Dieter Möhn/Roland Pelka. Informationen über die spanischen Fachsprachen fand ich im Aufsatz „Die spanischen Fachsprachen im 20. Jahrhundert und ihre Erforschung: eine Übersicht“ von R. Arntz und J.C. Arranz aus dem Werk Fachsprachen Languages for Special Purposes – Ein internationales Handbuch zur Fachsprachenforschung und Terminologie-wissenschaft, 2. Halbband, herausgegeben von L. Hoffmann, H. Kalverkämper und H.E. Wiegand und im Aufsatz „Spanisch: Fachsprachen“ von Christian Schmitt im Lexikon der Romanistischen Linguistik, Bd. VI,1: Spanisch. Für den spezifischen Teil über die Fachsprache des Stierkampfes sind keine Werke vorhanden, welche die Situation analysieren und beschreiben. Meine Untersuchung stützte ich demzufolge auf verschiedene Wörterbücher, vor allem auf das Diccionario de Términos Taurinos von Pedro Beltrán, die beiden Wörterbücher von Luis Nieto Manjón sowie auf Textauszüge, anhand derer ich die beobachteten Phänomene belege.

II. Hintergrundinformationen zum Stierkampf

Der Stierkampf gilt als eine der ältesten und zugleich umstrittensten Traditionen Spaniens. In weiten Teilen der Welt wurde der Stier verehrt. So ist der Stierkult auf der griechischen Insel Kreta weithin bekannt[1]. Auch bei den Urvölkern der iberischen Halbinsel erfreute sich der Stier großer Verehrung.

Die ersten beglaubigten Aufzeichnungen über den Stierkampf stammen aus der Resumpta Historial de España von Francisco de Cepeda über das Jahr 1100[2]. Die Könige organisierten in der Folgezeit Stierkämpfe, um wichtiger Anlässe zu gedenken oder ihre Gäste zu unterhalten. Nach der Reconquista breitete sich der Stierkampf in ganz Spanien aus[3]. Nun konnten auch Herrscher wie Isabella von Kastilien, die keine Anhänger waren, die corrida nicht mehr verbieten, denn sie waren bereits zu tief in der Gesellschaft verwurzelt. Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, als man mit dem Bau der ersten Stierkampfarenen begann, wurden die Kämpfe auf öffentlichen Plätzen und Märkten abgehalten und das Publikum sah von den Balkonen der umliegenden Häuser zu[4]. Unter der Herrschaft von Phillip II. verbot Pabst Pius V. die corrida. Doch das Volk ignorierte das päpstliche Verbot und Pabst Gregor VIII. musste das Dekret widerrufen[5].

Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden erste Abhandlungen über Tauromachie. Nun zog sich langsam der Adel aus der Arena zurück und der Stierkampf wurde ausschließlich Angelegenheit des Volkes. Weil die Begeisterung dafür immer mehr wuchs, ließ Ferdinand VII. im Jahre 1830 in Sevilla die „Hochschule der Tauromachie“ errichten. Seitdem sich das Volk mit der corrida de toros beschäftigte, entstanden immer mehr Abhandlungen und Lehrbücher. Es wurden besondere Weideplätze, so genannte ganaderías, angelegt und auch die Art und Weise des Stierkampfes veränderte sich zu diesem Zeitpunkt. Während bei den Gefechten zuvor der Stier ausschließlich vom Pferd aus bekämpft wurde, unterschied man ab jetzt zwischen toreros zu Fuß und picadores zu Pferde. Fortan haben die picadores nur noch eine untergeordnete Bedeutung und dienen dazu, den Stier für den matador vorzubereiten.[6] Diese neue Kampfart, die von Francisco Romero aus Ronda zu Beginn des 18. Jahrhunderts zum ersten Mal eingeführt wurde, entwickelte sich in der Folgezeit zu einem methodischen Kampfspiel, bei dem der Stier nach bestimmten Regeln gehetzt und getötet wird.[7]

III. Aufbau einer corrida de toros und die Verwendung der Fachsprache des Stierkampfes

Man kann jede corrida de toros in drei so genannte suertes einteilen, die suerte de varas, die suerte de banderillas und die suerte de matar[8]. Darunter versteht man die drei „Akte“ des Kampfes. Im ersten „Akt“ wird der Stier vom Pferd herab mit einer Lanze, der vara, gestochen, um ihn für den weiteren Kampf in Form zu bringen.[9] In der suerte de banderillas werden dem heranstürmenden Stier jeweils dreimal zwei banderillas eingeheftet, ebenfalls mit dem Ziel, ihn für den weiteren Kampf anzustacheln.[10] Zum Abschluss einer corrida de torros folgt die suerte de matar, also der Teil, in dem der Stier schließlich vom matador getötet wird.[11]

Zu Beginn der corrida de torros, wenn der Präsident der Stierkampfarena von der cuadrilla, der Mannschaft des matador[12], begrüßt wurde, zerstreuen sich die toreros in der arena, dem Ort, an dem der Kampf tatsächlich stattfindet[13], und die picadores stellen sich mit ihren Pferden auf. Picadores sind diejenigen, welche in der ersten suerte den Stier mit der vara in den Rücken und Nacken stechen[14]. Die vara ist eine ungefähr vier Meter lange Lanze mit kurzer Spitze und einem Ballen dahinter, der das zu tiefe Eindringen verhindern soll, damit der Stier nicht gleich getötet wird[15]. Der Stier stürzt dann aus dem toril, dem Zwinger, in dem er seit 24 Stunden vor Beginn der corrida gefangen gehalten wird[16], in die arena und der Kampf beginnt. Wenn der Stier genügend varas empfangen hat, ertönt ein Signal und die picadores verlassen die arena.

Es beginnt der zweite „Akt“. Die banderillos, die Akteure der zweiten suerte, lassen den Stier bis zum Augenblick des humillar, also dem Zeitpunkt, zu dem der Stier den Kopf zum Angriff senkt[17], herankommen, um ihm dann jeweils zwei banderillas einzuheften. Banderillas sind bunt geschmückte Stäbe, an welchen unten ein Widerhaken befestigt ist, damit sie aus dem Stiernacken nicht herausrutschen können[18]. Nachdem der Stier dreimal die banderillas empfangen hat, ertönt erneut ein Signal, welches den letzten Teil, die suerte de matar, einläutet.

Der matador bringt zunächst vor der Präsidentenloge den brindis dar, „eine Art Toast, bei welchem [er] den Tod des Stieres irgendeiner angesehenen Persönlichkeit des Ortes oder des Landes, zumeist aber einer schönen Frau“[19] widmet. Dann empfängt er seine Kampfgeräte, die so genannten trastos, die aus muleta und estoque bestehen[20]. Die muleta ist ein an einem Stab befestigtes rotes Locktuch und der estoque ein 85 bis 90 Zentimeter langer, sehr dünner, aber starker Stoßdegen[21]. Der matador führt einige pases, also Kampffiguren, aus, um seine Geschicklichkeit unter Beweis zu stellen und um den Stier in die posición cuadrada zu bringen, eine Position, bei welcher der Stier mit geschlossenen Vorder- und Hinterfüßen steht. Diese ist nötig, damit der estoque in eine bestimmte Stelle des Stiernackens (morillo) eingeführt werden kann, ohne auf einen Knochen zu stoßen[22]. Wenn der Stier durch dieses Vorgehen, die estocada, zwar zu Fall gebracht, aber nicht getötet wurde, tritt der puntillero in Erscheinung und versetzt ihm mit der puntilla, einem spitzen, scharfen Dolch[23], den tötenden Stoß.

IV. Allgemeines zur Fachsprache

1. Definition

Der Terminus Fachsprache ist auch heute noch nicht allgemein gültig definiert. Fachsprache wird aber als Subsystem der Gemeinsprache betrachtet.[24] In der Literatur stehen sich verschiedene Definitionen gegenüber, von denen ich zwei kurz erwähnen möchte.

Claus Gnutzmann definiert Fachsprache als

das Mittel einer optimalen Verständigung über ein Fachgebiet unter Fachleuten; sie ist gekennzeichnet durch einen spezifischen Fachwortschatz und spezielle Normen für die Auswahl, Verwendung und Frequenz gemeinsprachlicher lexikalischer und grammatikalischer Mittel; sie existiert nicht als selbständige Erscheinungsform der Sprache, sondern wird in Fachtexten aktualisiert, die außer der fachsprachlichen Schicht immer gemeinsprachliche Elemente enthalten.[25]

Nach Lothar Hoffmann ist Fachsprache definiert als

die Gesamtheit alles sprachlichen Mittel, die in einem fachlich begrenzbaren Kommunikationsbereich verwendet werden, um die Verständigung zwischen den in diesem Bereich tätigen Menschen zu gewährleisten.[26]

Auch er weißt durch „die Gesamtheit aller sprachlichen Mittel“ ebenso wie Gnutzmann darauf hin, dass als Merkmale einer Fachsprache keineswegs nur lexikalische Mittel, sondern auch phonetische, morphologische und syntaktische zu verstehen sind. Mit Kommunikationsbereich meint Hoffmann den Ausschnitt der gesellschaftlichen Wirklichkeit, in dem die Fachsprache angewandt wird.

In beiden Definitionen wird deutlich, dass zwar der Fachwortschatz ein wesentlicher und sicher auch der auffälligste Bestandteil der Fachsprache ist, die Bedeutung der Fachwörter aber nicht überschätzt werden darf. Als Aufgabe der Fachsprache kann zusammenfassend die Bereitstellung eines Zeichenvorrats zur Verständigung über bestimmte Sachbereiche, die möglichst präzise und ökonomisch erfolgen soll, verstanden werden.[27]

2. Die spanischen Fachsprachen

Entscheidendes Bestimmungskriterium für die Situation der spanischen Fachsprachen ist die Größe und Heterogenität des spanischen Sprachraums. Die gewaltige Ausdehnung führt unweigerlich zu zentrifugalen Tendenzen, welche die Einheitlichkeit in Frage stellen. Zusätzlich kommen historische Gründe hinzu, die dazu beitragen, dass die Fachsprachen ihrer Aufgabe, eine einheitliche Verständigung zu gewährleisten, nicht vollkommen gerecht werden. Die 1713 gegründete Real Academia Española trug mit ihrer puristischen Haltung nach dem Motto „ limpia, fija y da esplendor“ dazu bei, dass die Entwicklung vor allem wissenschaftlicher und technischer Fachsprachen gebremst wurde. Die Folge ist, dass viele dieser Fachsprachen heute ausgesprochen wortarm und abstrakt sind und die Fachleute daher auf Entlehnungen aus anderen Sprachen zurückgreifen müssen.[28]

Die problematische Situation wird vom derzeitigen Forschungsstand widergespiegelt. Es gibt erst wenige Arbeiten, welche die spanischen Fachsprachen bzw. einzelne Aspekte beschreiben.

[...]


[1] Vgl. „Ursprünge und Geschichte des Stierkampfs“, im Internet:
<http://www.red2000.com/spain/toros/2index.html>, Abruf: 07.08.2003.

[2] Vgl. Wilhelm Kolbe, Studie über den Einfluß der «corridas de toros» auf die spanische
Umgangsprache, Hamburg 1929, S. 9.

[3] Vgl. Mario Carrión, „The Spanish Fiesta Brava: Historical Perspective and Definition“, im
Internet: <http://coloquio.com/toros/bullhist.html>, Abruf: 07.08.2003.

[4] Vgl. Kolbe, S. 9.

[5] Vgl. http://coloquio.com/toros/bullhist.html.

[6] Vgl. Kolbe, S. 9,10.

[7] Vgl. Kolbe, S. 60.

[8] Vgl. Kolbe, S. 89.

[9] Vgl. Luis Nieto Manjón, Diccionario ilustrado de términos taurinos, Colección la Tauromaquia
4, Madrid 21987, S. 432.

[10] Vgl. Nieto Manjón, 1987, S. 76.

[11] Vgl. Nieto Manjón, 1987, S. 285.

[12] Vgl. Pedro Beltrán, Diccionario de Términos Taurinos, Madrid 1996, S. 86.

[13] Vgl. Luis Nieto Manjón, Diccionario Espasa Términos Taurinos, Madrid 41996, S. 394.

[14] Vgl. Marceliano Ortiz Blasco, Diccionario de la Tauromaquia, Madrid 1995, S. 585.

[15] Vgl. Kolbe, S. 77

[16] Vgl. Kolbe, S. 56

[17] Vgl. Beltrán, S. 132.

[18] Vgl. Kolbe, S. 77.

[19] Vgl. Kolbe, S. 90.

[20] Vgl. Beltrán, S. 745 und 64.

[21] Vgl. Kolbe, S. 78.

[22] Vgl .Kolbe, S. 91.

[23] Vgl. Beltrán, S. 618.

[24] Vgl. Ernesto Zierer, „Algunas consideraciones acerca de una tecnolectología comparada –
desde el punto de vista del idioma español”, in: José Rodríguez Richart/Gisela
Thome/Wolfram Wilss (Hrsg.), Fachsprachenforschung und –lehre Schwerpunkt Spanisch,
Tübinger Beiträge zur Linguistik, Bd. 177, Tübingen 1982, S. 88.

[25] Claus Gnutzmann, „Fachsprachen und Jargon“, in: Claus Gnutzmann/John Turner (Hrsg.),
Fachsprachen und ihre Anwendung, Tübinger Beiträge zur Linguistik, Bd. 144, Tübingen
1980, S. 49.

[26] Lothar Hoffmann, Kommunikationsmittel Fachsprache – Eine Einführung, Forum für
Fachsprachen-Forschung, Bd.1, Tübingen 21985, S. 53.

[27] Vgl. Hans-Rüdiger Fluck, Fachsprachen – Einführung und Bibliographie, München 21980, S.
12.

[28] Vgl. Reiner Arntz/Julio César Arranz, „Die spanischen Fachsprachen im 20. Jahrhundert und
ihre Erforschung: eine Übersicht“, in: L. Hoffmann/H. Kalverkämper/H.E. Wiegand (Hrsg.),
Fachsprachen Languages for Special Purposes – Ein internationales Handbuch zur
Fachsprachenforschung und Terminologiewissenschaft
, 2. Halbband, Handbücher zur
Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Bd. 14.2, New York 1999, S. 1514.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Die Fachsprache des Stierkampfs
Hochschule
Universität Passau
Veranstaltung
Hauptseminar Fach- und Sondersprachen des Spanischen
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
29
Katalognummer
V49443
ISBN (eBook)
9783638458962
Dateigröße
748 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fachsprache, Stierkampfs, Hauptseminar, Fach-, Sondersprachen, Spanischen
Arbeit zitieren
Karolin Rammling (Autor:in), 2003, Die Fachsprache des Stierkampfs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49443

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