Was passiert mit Urlaubsansprüchen verstorbener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

Bundesarbeitsgericht und Europäischer Gerichtshof im Vergleich


Hausarbeit, 2019

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Arten von Urlaub
2.1 Urlaub nach BUrlG
2.2 Urlaub nach JArbSchG
2.3 Zusatzurlaub nach SGB IX
2.4 Bildungsurlaub am Beispiel Hessen
2.5 Tariflicher oder einzelvertraglicher Mehrurlaub
2.6 Zusammenfassung

3 Entstehung von Abgeltungsansprüchen
3.1 Bestandteile des Urlaubsanspruch
3.1.1 Einheitstheorie
3.1.2 Freistellungstheorie
3.2 Abgeltung von Urlaubsansprüchen
3.2.1 Grundsatzentscheidung
3.2.2 Aufgabe der Surrogatstheorie

4 Vom Abgeltungsanspruch zur Vererblichkeit
4.1 Reichweite der BAG Entscheidung vom
4.2 Was steckt hinter dem § 7 IV BUrlG und Art. 7 II Arbeits­zeitrichtlinie
4.3 Wechsel von der Freistellungstheorie zur Einheitstheorie
4.4 Vererblichkeitsentscheidung BAG vom

5 Alternativer Weg zur Vererblichkeit

6 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Mit der Entscheidung des EuGH1 wurde jetzt eine Frage entschieden, über die sich Arbeitnehmerinnen sehr selten Gedanken machen. Dabei ging es um den Urlaubsanspruch von verstorbenen Arbeitnehmenden. Das die­se Frage so lange unbeantwortet war, liegt wohl zum einen daran, dass Erbinnen von verstorbenen Familienangehörigen andere Dinge zu erledi­gen haben als sich mit den Urlaubsansprüchen der Verstorbenen zu be­schäftigten und das hier die etwaigen Ausschlussfristen gegen sie laufen. Daher beschäftigt sich die Arbeit mit den unterschiedlichen Arten von Ur­laub, wie eigentlich der Abgeltungsanspruch entsteht, wie es vom Abgel­tungsanspruch zum Vererben kommt. Gleichzeitig hätte es wohl noch einen alternativen Weg gegeben um zur Vererbbarkeit zu kommen.

2 Arten von Urlaub

Für jede*r Arbeitnehmer*in ist es was normales Urlaub zu nehmen. Nur baut sich der Urlaub aus unterschiedliche Anspruchsnormen auf. Daher unterscheidet die Arbeit, die unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen und möchte damit schauen für welche Arten von Urlaub es eine Vererbbarkeit von Urlaub geben kann.

2.1 Urlaub nach BUrIG

Eine der ersten Urlaubsanspruchsgrundlagen ist daher der Anspruch nach dem BUrIG. Nach ständiger Rechtssprechung des BAG2 seit 1982 besteht beim Urlaubsanspruch vom BUrIG, ein Anspruch des Arbeitnehmenden gegen den Arbeitgeber, welchen den durch den Arbeitsvertrag entstande­nen Arbeitspflichten befreit, ohne dass die Arbeitsentgeltpflicht aus dem § 611 BGB davon betroffen ist.3 Dieser Anspruch auf bezahlten Jahresur­laub wird durch Art. 7 I AZRL und dem § 1 BUrIG begründet.4 Das Ver­ständnis über den Inhalt des Urlaubsanspruchs hat große Auswirkungen auf viele urlaubsrechtlichen Bestimmungen, begonnen bei der Entstehung des Anspruchs bis zur Abgeltung.5

Wenn die*der Arbeitnehmer*in bei der Beendigung des Arbeitsverhältnis­ses noch lebt, geht sein Abgeltungsanspruch aus §7 IV BUrlG nach § 1922 I BGB ohne Probleme auf die Erb*innen über.6 Den anderen Fall schaut sich die Arbeit zum späteren Zeitpunkt an.

2.2 Urlaub nach JArbSchG

Da auch junge Menschen, die sich gerade in der Ausbildung befinden, ster­ben können, sollte man auch hier einen Blick darauf werfen, ob auch deren Urlaubsanspruch vererbbar ist. Die Vorschrift § 19 JArbSchG enthält Er­gänzungen und Änderungen der allgemein geltenden Vorschriften des BUr­lG. Es betrifft im Wesentlichen die Länge des Urlaubs.7 Da nach dem § 19 IV JArbSchG der § 7 IV BUrlG anzuwenden ist, gelten im Bereich des JArbSchG die gleichen Regeln, wie im BUrlG. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses der Urlaub ganz oder teilweise nicht genommen werden, muss dieser abgegolten werden.8

2.3 Zusatzurlaub nach SGB IX

Einen besonderen Urlaubsanspruch haben Menschen mit Behinderung nach § 208 SGB IX. Der Anspruch entsteht mit der Eigenschaft als schwerbehin­derter Mensch. Für gleichgestellte Menschen ist die Anspruch nicht durch­setzbar, da die in § 151 III SGB IX ausdrücklich ausgenommen sind.9 Dieser Anspruch ist ein ergänzender Anspruch zum BUrlG oder JArbSchG und ist an den Regelungen des BUrlG geknüpft.10 Er knüpft also nicht an den Mindesturlaub an, soweit dieser Erholungsurlaub durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder einzelvertraglichen Regelungen länger ist.11 Die Möglichkeit, diesen Zusatzurlaub abzugelten besteht nur, wenn er we­gen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gewährt werden kann12 und eine vorherige Geltendmachung ist dafür nicht erforderlich.13 Daraus ergibt sich, dass bei dem Zusatzurlaub nach § 208 SGB IX die gleichen Regelungen gelten wie beim BUrlG.

2.4 Bildungsurlaub am Beispiel Hessen

Da es in jedem Bundesland von Deutschland mit der Ausnahme von Bayern und Sachsen für Arbeitnehmerinnen eine besondere Art von Urlaub, für die berufliche und politische Weiterbildung, gibt, muss auch hier geschaut werden, ob dieser Anspruch abgegolten werden kann.

Es ist jedoch erstaunenswert, dass es ein Übereinkommen14 der interna­tionalen Arbeitsorganisation zum bezahlten Bildungsurlaub gibt, welches auch Deutschland am 30. November 1976 ratifiziert15 hat und es trotzdem noch zwei Bundesländer gibt, in denen es keine Regelung zum bezahlten Bildung gibt.

Warum gerade das Beispiel Hessen, weil dies eins der Bundesländer ist, welchen diesen Urlaubsanspruch Bildungsurlaub nennt und nicht Bildungs­freistellung. Einen anderen Grund gibt es nicht.

Der Bildungsurlaub soll der Arbeitnehmer*innenweiterbildung dienen. Hier­bei hat der Bund mit seiner Kompetenz nur das ILO-Übereinkommen ra­tifiziert.16

Was jedoch im Zusammenhang mit der Arbeit auffällt, ist das hier im hessischem Bildungsurlaubsgesetz (BildUrlG) im § 5 IX BildUrlG eine Ab­geltung nicht stattfindet.17 Somit kann dieser Urlaubsanspruch nicht in Entgelt umgewandelt werden, was bedeutet das hier nicht die Regelungen aus dem BUrlG gelten. Somit kann dieser Bildungsurlaubsanspruch nicht abgegolten werden.

2.5 Tariflicher oder einzelvertraglicher Mehrurlaub

Bei einzelvertraglichen18 oder tariflichen19 Mehrurlaub hat das BAG fest­gestellt, dass dieser frei geregelt werden kann. Daher kommt es hier allein auf die Formulierung an. Wenn beispielsweise nichts weiteres geregelt ist, wird angenommen, dass hier auch die Regelungen aus dem BUrlG gelten sollen.20

2.6 Zusammenfassung

Somit lässt sich sagen, dass der Urlaubsanspruch aus der BUrlG, dem JArb- SchG und der Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach SGB IX unter den Bestimmungen des BUrlG in dieser Hinsicht abgeltungsfähig sind. Für gleichgestellte Menschen nach dem SGB IX gibt es keinen Zu­satzurlaub.

Gleichzeitig lässt sich sagen, dass der Bildungsurlaub hier am Beispiel von Hessen nicht abgeltungsfähig ist und dass der einzelvertagliche sowie der tarifliche Mehrurlaub davon abhängig ist, ob die Bestimmungen des BUrlG gelten und somit abgeltungsfähig sind oder ob hier eigene Bestimmungen getroffen wurden, die ihn nicht abgeltungsfähig machen.

Daher wird im folgenden nur noch von dem Urlaub gesprochen, der abgel­tungsfähig ist.

3 Entstehung von Abgeltungsansprüchen

3.1 Bestandteile des Urlaubsanspruch

Der Urlaubsanspruch soll ein Rückgriff auf ungeschriebene Regeln des Ar­beitsrechts wie Fürsorgepflicht und Gewohnheitsrecht abzulehnen sein.21 Der Urlaubsanspruch ist als schuldrechtlicher Anspruch zu sehen, bei dem ergänzend allgemeines Schuldrecht.22 Darüber hinausgehend gibt es neh­men dem ILO-Übereinkommen Nr. 132 zum bezahlten Jahresurlaub noch den Art. 7 RL 2003 / 88 / EG.

[...]


1 EuGH, Urteil vom 6. November 2018, C-569/16 - C-570/16, EU:C:2018:871.

2 z.B. BAG, Urteil vom 24. März 2009, NZA 2009, 538; 20. September 2011, NZA 2012, 326.

3 Gallner: 2019 - §1 BUrIG, Rn. 7.

4 Gallner: 2019 - §1 BUrIG, Rn. 7.

5 Gallner: 2019 - §1 BUrlG, Rn. 8.

6 Gallner: 2019 - §1 BUrlG, Rn. 81.

7 Schlachter: 2019 - § 19 JArbSchG, Rn. 1.

8 Lakies: 2018 - § 19 JArbSchG, Rn. 20.

9 Dette: 2017 - § 125 SGB IX a.F., Rn. 1.

10 Dette: 2017 - § 125 SGB IX a.F., Rn. 2.

11 BAG, Urteil vom 24. Oktober 2006, 9 AZR 669/05, NZA 2007, 330.

12 Dette: 2017 - § 125 SGB IX a.F., Rn. 5.

13 BAG, Urteil vom 25. Juni 1996, 9 AZR 182/95, NZA 1996, 1153.

14 Internationale Arbeitsorganisation: 1974 - Übereinkommen 140.

15 Internationale Arbeitsorganisation: 2019 - Ratifications of ILO conventions.

16 MÜLLER-GlÖGE: 2015 - BGB § 611 Vertragstypische Pflichten, Rn. 970.

17 Hessischer LANDTAG: 28.07.1998 - Hessisches Gesetz über den Anspruch.

18 BAG, Urteil vom 4.5.2010, 9 AZR 183/09, NZA 2010, 1011.

19 BAG, Urteil vom 12.4.2011, 9 AZR 80/10, NZA 2011, 1050.

20 JaC0BSEN: § 27 Erholungsurlaub, Rn. 31.

21 BAG, Urteil vom 8.3.1984, 6 AZR 600/82, NZA 1984, 197.

22 Holthaus: 2017 - BUrlG, Rn. 2.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Was passiert mit Urlaubsansprüchen verstorbener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?
Untertitel
Bundesarbeitsgericht und Europäischer Gerichtshof im Vergleich
Hochschule
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
14
Katalognummer
V494547
ISBN (eBook)
9783346003423
ISBN (Buch)
9783346003430
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Arbeitsrecht, BAG, EuGH, Tod, Urlaub, Tarifvertrag, Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, JArbSchG, BUrlG, SGB IX, Bildungsurlaub, Mehrurlaub, Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Erbe, Vererben, Abgeltung, Anspruch, EU, Deutschland, Angehörige, Ausschlussfrist, sterben, Betriebsrat, Beschäftigten, Erbmasse, Vermögen
Arbeit zitieren
Sven Mattheß (Autor:in), 2019, Was passiert mit Urlaubsansprüchen verstorbener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/494547

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