Vor Beginn der Ausführungen über den Genuswechsel im Französischen erscheint es sinnvoll, die beiden Termini des natürlichen Geschlechts,le sexe,und des grammatischen Geschlechts, le genre,zu definieren. Beim natürlichen Geschlecht handelt es sich um die Kategorisierung von Inhalten der realen Welt nach ihrem tatsächlichen, natürlichen Geschlecht (lateinischsexus).Das grammatische Geschlecht (lateinischgenus)stellt dagegen ein rein grammatikalisches Phänomen dar, das zur Klassifikation aller Substantive dient. Beim Blick auf die Entwicklung des Konzeptes des Genus stellt man fest, dass man in frühindogermanischen Sprachen scheinbar zwischen zwei Genera unterschied: eines für Lebewesen und eines für Dinge. Im Lateinischen finden sich neben dem Neutrum, das nunmehr die Dinge bezeichnet, zwei weitere Genera, das Maskulinum und das Femininum, welche männliche und weibliche Lebewesen, sowie Dinge bezeichnen, die auf symbolische Art und Weise als solche angesehen werden. Das Französische kennt mit dem Maskulinum und dem Femininum nur noch zwei Genera. Dabei besteht für die Lebewesen, und hierbei vor allem für Begriffe, die den Menschen bezeichnen, eine bedeutungsvolle Beziehung zwischen grammatischem und natürlichem Geschlecht. Anders gesagt: das Genus scheint in der Natur begründet zu sein. Genus und Numerus werden heute im Französischen durch Determinanten angegeben. So ist zu erkennen, dass es sich bei dem maskulinen Substantivle locataireum einen Mann handelt, während la locataire nur ein weiblicher Mensch sein kann. In Einzelfällen wird diese Beziehung zwischen genre und sexe jedoch gestört, etwa bei den militärischen Begriffenla recrue, la vigie oder la sentinelle, die dem Genus nach feminin sind, in Realität aber zumeist Männer bezeichnen. Im Gegenzug benennen Substantive wie le mannequin, le laideron, le tendronoderle bas-bleu Frauen. Die Beziehung zwischen grammatischem und natürlichem Geschlecht bei den Objekten ist dagegen nicht semantisch geprägt, da im Französischen ja kein neutrales Genus mehr existiert. Hier erfüllt das grammatische Geschlecht also eine ausschließlich grammatische Rolle und scheint völlig willkürlich zu sein. Brunot bringt es auf den Punkt: Assurément la notion de genre, appliquée aux choses qui n’ont pas de sexe, ne peut être qu’arbitraire. So unterscheidet sich das Genus der beiden Zitrusfrüchte une orange und un citron ohne semantische Motivation.
Inhaltsverzeichnis
- Natürliches und grammatisches Geschlecht
- Die Kategorien des Genuswechsels im Französischen
- Genuswechsel vor dem 16. Jahrhundert
- Entwicklungen im Vulgärlatein als Voraussetzung für den Genuswechsel
- Das lateinische Neutrum im Französischen
- Genuswechsel lateinischer Maskulina im Französischen
- Genuswechsel lateinischer Feminina im Französischen
- Genuswechsel ab dem 16. Jahrhundert
- Das 16. Jahrhundert
- Entwicklungen ab dem 17. Jahrhundert
- Soziolinguistische Genusvariation
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Genuswechsel im Französischen, wobei der Fokus auf die historischen Entwicklungen des grammatischen Geschlechts liegt. Es werden sowohl die traditionellen, etymologisch bedingten Genuswechsel als auch die semantisch motivierten Änderungen betrachtet.
- Die Unterscheidung zwischen natürlichem und grammatischem Geschlecht
- Die Bedeutung der Tradition und der Analogie für den Genuswechsel
- Der Einfluss des Vulgärlateins auf die Genusentwicklung im Französischen
- Die Rolle des 16. Jahrhunderts in der Entwicklung des grammatischen Geschlechts
- Die Bedeutung der soziolinguistischen Faktoren für Genusvariation
Zusammenfassung der Kapitel
Natürliches und grammatisches Geschlecht
Dieses Kapitel definiert die Begriffe "natürliches Geschlecht" (le sexe) und "grammatisches Geschlecht" (le genre) und untersucht die Beziehung zwischen den beiden Begriffen. Es wird darauf hingewiesen, dass die Beziehung zwischen natürlichem und grammatischem Geschlecht bei Lebewesen, insbesondere bei Begriffen, die den Menschen bezeichnen, besonders relevant ist.
Die Kategorien des Genuswechsels im Französischen
Dieses Kapitel erläutert die verschiedenen Kategorien des Genuswechsels im Französischen und stellt die beiden treibenden Kräfte hinter diesen Veränderungen vor: die Tradition und die Analogie. Die Tradition zielt darauf ab, das etymologisch korrekte Genus zu bewahren, während die Analogie auf formale oder semantische Ähnlichkeiten zwischen Wörtern basiert.
Genuswechsel vor dem 16. Jahrhundert
Dieses Kapitel untersucht die Genuswechsel, die bereits beim Übergang vom Lateinischen ins Romanische stattgefunden haben. Es werden die Veränderungen im Vulgärlatein und deren Folgen für die Genusentwicklung im Französischen dargestellt.
Genuswechsel ab dem 16. Jahrhundert
Dieses Kapitel befasst sich mit den Genuswechseln, die ab dem 16. Jahrhundert im Französischen stattfanden. Es werden die Entwicklungen im 16. Jahrhundert sowie die Veränderungen ab dem 17. Jahrhundert behandelt.
Schlüsselwörter
Genuswechsel, grammatisches Geschlecht, natürliches Geschlecht, Vulgärlatein, Tradition, Analogie, formale Analogie, semantische Analogie, französischer Wortschatz, Sprachgeschichte.
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- Christian Werner (Autor), 2005, Genuswechsel im Französischen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49456