Den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ erhält eine Schule, welche sich dazu verpflichtet, Teil eines Projektes zu sein, das sich gegen alle Ideologien einer Ungleichwertigkeit wendet. Diese Institution geht damit eine Selbstverpflichtung ein, aktiv gegen jegliche Form der Diskriminierung, Mobbing und Gewalt einzutreten.
Stellt man sich nun dieses Aushängeschild an einem gut renommierten Gymnasium vor, würde man nie davon ausgehen, dass der Alltag an dieser Schule ironischerweise in einzelnen Fällen anders praktiziert wird.
„Ich habe gestern mit deiner Mama ein einleuchtendes Gespräch geführt und ich habe nun ein besseres Bild über deine schulische Situation. Ich verstehe nun, wieso deine Aufsätze nicht gut gestaltet sind und zu schlechten Noten führen. Meiner Meinung nach musst du sofort aufhören zuhause EURE Sprache zu sprechen. Versuche nur Deutsch zu reden, das hilft nicht nur dir, sondern auch deiner Mutter! Wird deine Deutschnote nicht besser, solltest du die Schule wechseln!“ (Zitat meiner eigenen Deutschlehrerin, Gymnasium, 7. Klasse im Jahre 2007)
Welches Recht der Welt hatte diese Lehrerin sich genommen, so ein Urteil über ihre Schülerin, mich, zu fällen? Erstens ist dies nicht nur verletzend, sondern auch gleichzeitig abstempelnd und vorurteilbehaftet. Darüber hinaus nimmt sie sich das Recht darüber zu urteilen, wie die Situation zuhause ist, welche Sprache meinen Wortschatz dominiert und wieso ich nie bessere Noten erhalten werde, als andere Klassenkameraden, die ihrer Meinung nach nur Deutsch sprechen. Im gleichen Atemzug erlaubt sie sich, meine Fähigkeit der Mehrsprachigkeit allgemein, aber auch aufgrund der Sprache, die hier Russisch ist, als Nachteil einzustufen – so scheint es mir heute. Meines Erachtens hätte die weltherrschende Sprache Englisch nicht zu so einer Aussage geführt. Den prophezeiten Schulwechsel lasse ich im Moment aus und vor.
Dieses real stattgefundene Beispiel zeigt, dass „ethnische Vorurteile [...] von Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft gegenüber migrierten Minderheiten vorgebracht [werden]“ (vgl. Lüddecke, 2007, S.10). An dieser Stelle sollte man sich jedoch bewusstmachen, dass die Schule als Erziehungs- und Bildungseinrichtung den Auftrag hat, Vorurteilsbildungen entgegenzuwirken und sie nicht zu bestärken. Doch was bedeutet der Begriff „ethnisches Vorurteil“ im Detail?
Inhaltsverzeichnis
- Ethnisch vorurteilbehaftete Pädagogen vernichten mögliche erfolgreiche Bildungskarrieren bilingualer Migrantenkinder – Kann man ethnische Vorurteile wirklich nachweisen?
- Einleitung
- Ethnische Vorurteile in der Schule
- Definition des Begriffs „ethnisches Vorurteil“
- Ethnische Vorurteile in der Schule: Einzelfall oder weitverbreitet?
- Empirische Untersuchungen zur Wahrnehmung von Unterschieden in der Klasse
- Die Rolle der Schule als Ort der Chancengleichheit
- Diskussion
- Die Konstruktion von Ungleichheit in der Schule
- Institutionelle Karrieren und die Rolle von Lehrkräften
- Die Bedeutung der Mehrsprachigkeit und der sprachlich-kulturellen Biografie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay befasst sich mit der Problematik ethnischer Vorurteile im Bildungssystem und untersucht, ob und wie ethnische Vorurteile von Pädagogen die Bildungskarrieren von bilingualen Migrantenkindern beeinflussen können. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der Auswirkungen von ethnischen Vorurteilen auf die Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder und darauf, wie diese Vorurteile möglicherweise zu einer Benachteiligung im Bildungsprozess führen können.
- Ethnische Vorurteile im Bildungssystem
- Auswirkungen von ethnischen Vorurteilen auf die Bildungskarrieren von Migrantenkindern
- Die Rolle von Pädagogen in der Prävention und Bekämpfung von ethnischen Vorurteilen
- Die Bedeutung der Mehrsprachigkeit und der sprachlich-kulturellen Biografie für Migrantenkinder
- Empirische Studien zur Wahrnehmung von Unterschieden in der Klasse und zur Konstruktion von Ungleichheit in der Schule
Zusammenfassung der Kapitel
- Das Essay beginnt mit einer persönlichen Anekdote, die die Problematik ethnischer Vorurteile im Bildungssystem veranschaulicht. Die Autorin schildert eine Erfahrung aus ihrer Schulzeit, in der ihre Deutschlehrerin ihr aufgrund ihrer Mehrsprachigkeit unterstellte, dass ihre schulischen Leistungen schlecht seien und sie die Schule wechseln sollte. Diese Situation verdeutlicht, wie ethnische Vorurteile die Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten von Migrantenkindern beeinflussen können.
- Es wird eine Definition des Begriffs „ethnisches Vorurteil“ nach Allport präsentiert, um die Problematik zu definieren und zu analysieren.
- Es wird untersucht, ob die in der Anekdote beschriebene Situation ein Einzelfall oder ein weitverbreitetes Phänomen ist. Es wird argumentiert, dass ethnische Vorurteile in allen Altersstufen in Deutschland verbreitet sind und auch Lehrerinnen und Lehrer nicht davon ausgenommen sind.
- Der Essay beleuchtet empirische Untersuchungen, die sich mit der Wahrnehmung von Unterschieden in der Klasse und den Einstellungen von Lehrkräften gegenüber Kindern mit Migrationshintergrund befassen. Diese Studien zeigen, dass es tatsächlich stereotype und vorurteilsbehaftete Sichtweisen von Lehrkräften auf Schüler*innen mit Migrationshintergrund gibt.
- Es wird die Rolle der Schule als Ort der Chancengleichheit diskutiert. Es wird argumentiert, dass die Schule zwar den Auftrag hat, Vorurteilsbildungen entgegenzuwirken, in der Realität jedoch die Ursachen für mangelnden Erfolg von Migrantenkindern oft auf die Familie und die Kultur der Kinder zurückgeführt werden, anstatt die institutionellen Rahmenbedingungen zu hinterfragen.
- Es wird eine These von Gomolla/Radtke präsentiert, die besagt, dass die Ungleichheit zwischen deutschen Schülern*innen und migrierten Schülern*innen nicht auf die Eigenschaften der Kinder zurückzuführen ist, sondern in der Institution Schule selbst erzeugt wird. Die Autorin argumentiert, dass die Institution Schule und die Entscheidungen der Lehrkräfte einen großen Einfluss auf den Bildungsweg und die Karriere eines Kindes haben können.
- Es wird die Bedeutung der Mehrsprachigkeit und der sprachlich-kulturellen Biografie für Migrantenkinder betont. Die Autorin argumentiert, dass die Förderung der Mehrsprachigkeit und die Anerkennung der kulturellen Vielfalt essentiell sind für die Bildungserfolge von Migrantenkindern.
Schlüsselwörter
Ethnische Vorurteile, Bildungssystem, Migrantenkinder, Mehrsprachigkeit, sprachlich-kulturelle Biografie, Chancengleichheit, empirische Studien, Stereotype, Institution Schule, Lehrerrolle, Bildungsbenachteiligung, individuelle Förderung.
- Citation du texte
- Jessica Haas (Auteur), 2019, Ethnisch vorurteilbehaftete Pädagogen und ihr Einfluss auf die Bildungskarrieren bilingualer Migrantenkinder. Kann man ethnische Vorurteile wirklich nachweisen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/494664