Ursachen von Frauenarmut


Referat (Ausarbeitung), 2006

20 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Industrialisierung - 1.Weltkrieg
2.1. Gründe für Frauenarmut
2.2. Die Versorgungsehe
2.3. Der weibliche Arbeitsmarkt
2.4. Entrechtung von Frauen
2.5. Folgen der Armut
2.5.1. Obdachlosigkeit
2.5.2. Säuglings- und Müttersterblichkeit

3. Der 1.Weltkrieg 1914 –1918
3.1. Die Versorgungsehe
3.2. Der weibliche Arbeitsmarkt
3.3. Mutterschutz

4. Weimarer Republik
4.1. Frauenarbeitsmarkt
4.2. Fehlende Alterssicherung

5. Nationalsozialismus
5.1. Der weibliche Arbeitsmarkt
5.2. Nationalsozialistische Frauenideologie
5.3. Entrechtung von Frauen

6. Nachkriegszeit
6.1. Der weibliche Arbeitsmarkt
6.2. Ungleichbehandlung von Frauen

7. Wirtschaftswunder

8. Ab 1970
8.1. Verbesserungen
8.2. Benachteiligungen

9. Fazit

10. Literaturverzeichnis

11. Anhang

1.Einleitung

In Anlehnung an das Seminar „Armut in Hannover“ beschäftige ich mich in diesem Referat mit den Ursachen weiblicher Armut. Ich arbeite einen historischen Vergleich und Überblick heraus, um speziell Frauenarmut zu fokussieren.

Ich möchte herausfinden, wie und wodurch Frauenarmut entstanden ist, wie sie sich entwickelt hat und inwiefern sich diese Entwicklung auf die heutige Situation auswirkt.

Dabei beginne ich in der Zeit der Industrialisierung, weil in dieser Epoche einschneidende gesellschaftliche Veränderungen stattfanden, die auch die Situation von Frauen in besonderem Maße beeinflussten. Die Bearbeitung weiter zurückliegender Epochen würde den Rahmen dieses Referates sprengen.

Danach bearbeite ich die Zeit des 1.Weltkrieges, bis hin zur Weimarer Republik, um die Veränderungen in dieser Zeit aufzuzeigen.

Es folgt die Zeit des Nationalsozialismus, dort möchte ich darstellen, in welcher Weise alle Errungenschaften der vorangegangenen Epochen wieder abgebaut wurden und weshalb Frauenarmut dadurch wieder stärker strukturell ermöglicht wurde. Abschließend widme ich mich der Nachkriegszeit bis hin in die 70er Jahre, um die Verbesserungen und Benachteiligungen darzustellen.

Ich beende die Arbeit mit einem Fazit, in dem ich die eingangs gestellten Fragen beantworte.

Im Anhang präsentiere ich eine Tabelle, die den Unterschied zwischen den Geschlechtern anhand einer Rententabelle dokumentiert.

2. Industrialisierung - 1.Weltkrieg

Zwischen 1810 und 1840 hatte die Verdoppelung der deutschen Bevölkerung zu Landflucht, Besitz- und Arbeitslosigkeit geführt. Die Industrialisierung verursachte weitere Arbeitslosigkeit, Niedrigstlöhne und unmenschliche Arbeitsbedingungen. Wochenarbeits-zeiten von 70 - 80 Stunden waren normal, Minimallöhne machten eine Mitarbeit von Frauen und Kindern nötig. Arbeitsschutz fehlte und führte häufig zu Unfällen, unhygienische Arbeitsbedingungen und Überforderung förderten schwere Erkrankungen bis hin zum Tod. Traditionelle Fürsorgestrukturen und Armenpflege waren überfordert, zumal durch Koalitionsverbot und Sozialistengesetze, Selbsthilfe und Arbeitskampf des Proletariats verhindert wurde. Ab 1883 wurden erstmals Sozialversicherungen geschaffen, die nur eine Elite der Arbeiterklasse schützte. Frauen und Angehörige waren davon ausgeschlossen und armenpflegeabhängig. Erhalt von Armenpflege war altersabhängig, hatte keine rechtliche Grundlage und war an die Anmeldung in einem Ortsarmenverband gebunden. Das System bot keine Chance, der Armut zu entwachsen, sondern verschärfte den Zustand durch Entrechtung, Ausbeutung und Diskriminierung. (vgl. Köppen, S.13)

„Eine Frau, welche in Folge Trunksucht ihres Mannes mittellos bettelt, um ihre unmündigen Kinder zu ernähren, hierbei mehrfach betroffen und demgemäss bestraft wird, wird schließlich auf längere Zeit ins Armenhaus gebracht, während ihre Kinder der öffentlichen Fürsorge oder privaten Mildtätigkeit anheimfallen.“ (zit. Soziale Praxis, 1895/96, in Köppen, S.9) Der 1890, aus öffentlicher Armenpflege und privater Wohlfahrt, gewachsene Deutsche Verein für Armenpflege und Wohltätigkeit ignorierte Frauenarmut und legte Schwerpunkte u.a. auf Zwangsmaßnahmen gegen Arbeitsfähige, Landstreicherei, Trunksucht oder die Zweckmäßigkeit der Kolonien für Arbeitslose. (vgl. Köppen, S.16) Erst ab 1897 wurden Frauenbelange thematisiert:

1897 Fürsorge für Wöchnerinnen, 1899 Kranken- und Hauspflege auf dem Lande, 1901 Hauspflege, 1898 Zufluchtstätten für weibliche Personen, 1903 Volks- und Krankenküchen, 1905 Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, 1908 Mutterschutz (vgl. Köppen, S.18).

Die Ignoranz gegenüber weiblicher Armut resultierte u.a. aus der männlichen Dominanz innerhalb des Deutschen Vereins, bis 1908 durften auf den Versammlungen nur zwei weibliche Rednerinnen ihre Anliegen vortragen. (vgl. Köppen, S.19)

2.1.Gründe für Frauenarmut

1886 lag der weibliche Anteil von dauerhaft unterstützten Personen durch die Armenpflege bei 76,71%,während bei den vorrübergehend Unterstützten nur 37,49% weiblich waren. (vgl. Köppen, S.21) Im Gegensatz zur männlichen Bevölkerung mussten meistens ältere Frauen unterstützt werden. 93,66% der unterstützten Frauen waren alleinstehend, insgesamt

- 61,63% aller unterstützten Frauen waren Witwen
- 22,95% aller unterstützten Frauen waren ledig
- 4,77% aller unterstützten Frauen waren eheverlassen
- 2,82% aller unterstützten Frauen waren getrennt lebend
- 1,49% aller unterstützten Frauen waren geschieden (vgl. Köppen, S.22)

Ohne Versorgungsehe waren Frauen von extremer Armut bedroht. Das Rechtssystem und mangelnde Sicherung verschärften die Situation.

2.2.Die Versorgungsehe

Die Ehe war für Frauen fast immer die einzige Existenzgrundlage. Frauenlöhne waren minimal, Frauen wurden bevorzugt als Hilfskräfte eingesetzt, Ausbildungen oder Studium wurden verboten oder als unwichtig erachtet und politisches Engagement wurde per Gesetz verhindert. Die männlich beherrschte Gesellschaft hatte Frauen fast jede Möglichkeit zur Teilhabe und Selbstbestimmung entzogen, übernahm aber keine Verantwortung, wenn ein Ehemann seine Frau verließ oder starb. Als erste Sicherung entstanden 1897 Witwenrenten (1897 Reichsbeamtenwitwenrente,1911 Angestelltenwitwenrente,1912 Arbeiterwitwen-rente), die aber nur bei Invalidität ab 70 Jahren gezahlt wurde. (vgl. Köppen, S.26/27) Witwenrenten betrugen pro Tag 23-28 Pfennig, Armenfürsorge ca. 65 Pfennig pro Tag. Witwen mit sechs oder zehn Kindern erhielten nur Unterstützung zur Höchstgrenze bis fünf Kinder.(vgl. Schwerin, 1894, S.87 in Köppen, S.26) Kinder wurden daher oft abgelehnt und als Belastung gesehen: „Ich bin wirklich zum Unglück geboren. Während andere gar keine Kinder haben, oder gleich wieder durch den Tod von ihnen befreit werden, bin ich dazu verdammt, das Menschenmöglichste in Kummer und Sorgen zu ertragen...“ (zit. Deutsche Arbeiterfrau in Salomon, 2000, S.76) Die Selbstmordrate von Witwen war doppelt so hoch wie die verheirateter Frauen. Noch schwieriger war die Situation für ledige Mütter, die bei Schwangerschaft, Arbeitsstelle und Wohnraum verloren, weshalb viele als „gefallene Mädchen“ im Armenhaus landeten. Väter unehelicher Kinder galten nach dem Gesetz weiterhin als kinderlos und mussten keinerlei Unterhalt zahlen. Uneheliche Kinder waren nicht erbberechtigt.

2.3.Der weibliche Arbeitsmarkt

Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die Frauen der unbezahlten, reproduktiven Hausarbeit zuordnete war auch in Lohnpolitik und in Gesetzgebung verankert. Frauen wurden grundsätzlich als „Zuverdienerinnen“ betrachtet, die den Männerlohn lediglich ergänzten. Sie erhielten für gleiche Arbeit die Hälfte oder ein Drittel des Männerlohnes. Alleinstehende wurde von dieser Regelung nicht ausgenommen, obwohl 1895 78,5% aller arbeitendenden Frauen alleinstehend und oft auch Familienernährerrinnen waren. (vgl. Köppen, S.50/51) Durch diese Vorgehensweise wurde männliche Dominanz gesichert und dem Arbeitsmarkt eine billige und flexibel einsetzbare „Reservearmee“ verschafft, die nach Bedarf eingesetzt oder entlassen werden konnte. Da grundsätzlich davon ausgegangen wurde, dass Frauen heiraten würden, erhielten sie nur in den seltensten Fällen eine Ausbildung in frauenspezifischen, unterbezahlten Berufen, die als Vorbereitung auf die Ehe angesehen wurden. Sie wurden primär als Hilfsarbeiterinnen oder angelernte Kräfte eingesetzt (1895):

- 45,16% aller arbeitenden Frauen waren in der Landwirtschaft beschäftigt
- 24,82% aller arbeitenden Frauen waren häusliche Dienstboten
- 18,7% aller arbeitenden Frauen waren in der Industrie beschäftigt
- 6,9% aller arbeitenden Frauen waren im Handel beschäftigt
- 4,42% aller arbeitenden Frauen übten verschiedene Lohnarbeit aus

Landarbeiterinnen und Dienstboten hatten kein Recht auf Rentenversicherung, Frauen wurden in der Versicherung weder erfasst noch berücksichtigt. (vgl. Köppen, S.53)

2.4.Entrechtung von Frauen

Durch fast vollständige Entrechtung war es Frauen unmöglich, ihre Situation zu verändern. Berufliche Perspektiven bestanden selten, da die meisten Berufe für Frauen geschlossen waren und ein Frauenstudium verboten war. Politisches Engagement und politische Teilhabe waren unmöglich, da Frauen kein Wahlrecht besaßen und u.a. durch das preußische Vereinsgesetz an ein Versammlungsverbot gebunden waren. Im privaten Bereich hatten Ehemänner Verfügungsgewalt über das Familieneinkommen, ein Recht auf Erfüllung ehelicher Pflichten, ein Züchtigungsrecht usw.(vgl. Salomon, 2000, S.72)

2.5.Folgen der Armut

2.5.1.Obdachlosigkeit

Durch niedrige Frauenlöhne, hohe Kinderzahl und Mietwucher waren speziell Frauen von Obdachlosigkeit bedroht. (vgl. Köppen, S.29) Die großen Städte waren überfüllt und Familien in engsten Wohnverhältnissen mussten Schlafgänger aufnehmen, um zusätzliches Einkommen zu schaffen. (Berlin 1872: 67.000 Schlafgänger) So schliefen oft eine ganze Familie und ein Fremder in einem Zimmer, wobei sich mehrere Menschen im Wechsel ein Bett teilten, denn der Schlafrhythmus wurde den Arbeitsschichten angepasst. 1872 hatte Berlin 60.000 überbevölkerte Wohnungen:

„Amtlicherweise wurde ein Zimmer nur dann als überfüllt angesehen ,wenn für 6 oder mehr Personen nur ein heizbares Zimmer bzw. für 11 oder mehr Personen 2 heizbare Zimmer vorhanden waren.“( zit. Tennstedt/ Sachße, S.459 )

Trotzdem waren Frauen in der Regel nur kurzfristig obdachlos, da viele sich aus ihrer Not heraus prostituierten. Das wird in historischen Berliner Gerichtsurteilen (1894) deutlich, wonach wegen Bettelei 8622 Männer und 130 Frauen, wegen Obdachlosigkeit 2771 Männer und 151 Frauen, aber wegen Sittendelikten 12.559 Frauen, jedoch keine Männer verurteilt wurden.(vgl. Köppen, S.31/32) Andere Frauen suchten zeitlich begrenzte Aufnahme in Asylen oder gingen auf Wanderschaft, wo sie geringste Löhne erhielten, oft sexuell ausgebeutet und mangels Wohnsitz nicht von der Armenpflege versorgt wurden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Ursachen von Frauenarmut
Hochschule
Hochschule Hannover
Note
2
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V49514
ISBN (eBook)
9783638459556
ISBN (Buch)
9783638931977
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ursachen, Frauenarmut
Arbeit zitieren
Anja Schumacher Antonijevic (Autor:in), 2006, Ursachen von Frauenarmut, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49514

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