Für den Biografen Karl Corino hat Robert Musil mit „Der Mann ohne Eigenschaften“ den bedeutendsten deutschsprachigen Roman des zwanzigsten Jahrhunderts verfasst. Für den deutschen Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki hingegen ist Musil ein „gescheiterter Autor“ dessen Sprache wenig anschaulich sei. Wenn auch Kritiker unterschiedlicher Ansicht über die schriftstellerische Bedeutung Musils sind, so ist „Der Mann ohne Eigenschaften“ in anderer Hinsicht wichtig: Der Roman beschreibt in seinem Österreichbezug eine mentale Landkarte, deren Nutzen ein besonderer ist, kann sich die Lektüre des Buches, im Besonderen Kapitel 8 „Kakanien“, als anschauliche Referenz für die Suche nach österreichischer Identität erweisen. Trotz eines ironisch-differenzierenden Impetus hat das Werk die Habsburger Monarchie als Hintergrund, und wenngleich er diese nicht in ihrer tatsächlichen historischen Substanz beschreiben will, schafft Musil das Seelenbild einer geordneten und wohl funktionierenden Welt, wie sie bei Entstehen des Romans in den 1930er Jahren nicht ferner hätte sein können. Im Folgenden soll auf Musils Schilderungen dieser Welt näher eingegangen werden und die Frage beantwortet werden, welchen Wert diese ironische Beschreibung „Kakaniens“ für die österreichische Identität heute haben kann.
Inhaltsverzeichnis
- Kafkas „Kakanien“
- „Kakanien“ und österreichische Identität
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit Robert Musils Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ und untersucht, inwiefern das Werk eine Reflektion österreichischer Identität im frühen 20. Jahrhundert darstellt. Die Arbeit fokussiert auf die Darstellung Österreichs als „Kakanien“ in Kapitel 8 des Romans und analysiert die ironische Beschreibung der österreichisch-ungarischen Monarchie im Kontext der Suche nach einer österreichischen Identität.
- Die Darstellung der österreichisch-ungarischen Monarchie als Welt der Ordnung und Langsamkeit im Kontrast zur modernen Welt
- Die Ironie in Musils Beschreibung der österreichischen Gesellschaft und ihre Bedeutung für die österreichische Identität
- Die Suche nach einer österreichischen Identität nach dem Zerfall der Habsburger Monarchie
- Die Rezeption des Habsburgermythos und die Idealisierung der Monarchie in der österreichischen Nachkriegszeit
Zusammenfassung der Kapitel
Kafkas „Kakanien“
Im achten Kapitel von „Der Mann ohne Eigenschaften“ zeichnet Musil ein ironisches Bild der österreichisch-ungarischen Monarchie. Er kontrastiert die Langsamkeit und Ordnung „Kakaniens“ mit der Hektik und Modernität einer „überamerikanischen Stadt“. Musil stellt die österreichische Monarchie als Gegenpol zur modernen Welt dar, als eine Welt, die den Menschen in Tradition und Gewohnheit verankert, anstatt sie in die Hektik des Fortschritts zu stürzen.
Die ironische Übertreibung, derer sich Musil bedient, unterstreicht die Gegensätzlichkeit beider Welten. Obwohl er die Langsamkeit „Kakaniens“ als positiv darstellt, zeigt er auch die Widersprüche und inneren Konflikte des Habsburgerreichs auf, wie die Spannung zwischen Konservatismus und Liberalismus oder die nationalistischen Spannungen innerhalb des Vielvölkerstaates.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter der Seminararbeit sind „Der Mann ohne Eigenschaften“, „Kakanien“, österreichische Identität, Habsburger Monarchie, Ironie, Moderne, Tradition, Nationalismus, Vielvölkerstaat.
- Quote paper
- Stefan Meingast (Author), 2004, "Der Mann ohne Eigenschaften" von Robert Musil. Reflektion einer österreichischen Identität?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49670