Die Rechtsstellung des sonstigen Marktteilnehmers im UWG. Im Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz und Mitbewerberschutz

Der sonstige Marktteilnehmer – eine Chimäre?


Seminararbeit, 2016

29 Seiten, Note: 11


Leseprobe

Inhalt

A) Einleitung

B) Abgrenzung Mitbewerber - Yerbraucher - so n_stigLer Marktteilnehmer
I) Analyse.derRechtsprechung
II) Kritik

C) Eurpparechtliche_Grundlagen

D) Schutzzwecke.desUWG

E) Schutzregimei der spnstigen Marktteilnehmer“
I) Materiell-rechtlicher Schutz
1) Aggressive geschäftliche Handlungen
(a) Anzapfen
(b) Drittverantwortlichkeit
2) Irreführung
(a) Tatbestand
(b) Irreführende.ygrgleichende.Werbung
(c) IlI?fMbrungdurch.Unterlassen
3) Unzumutbare Belästigung
4) Rechtsbruch
5) Sonstige Fallgruppen
(a) Abwerben.yon.Mitarbeitern
(b) Ausschlussvom Wettbewerb
(c) Geschäftsschädigende.Äuß.erungen
II) Rechtsfolgen
1) Abwehransprüche
2) Schadensersatz
3) Abschöpfungsanspruch

F) Fazit

Die Bedeutung der verwendeten Abkürzungen ergibt sich aus:

Duden, Rechtschreibung, und

Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 8. Auflage, Berlin 2015.

Literaturverzeichnis

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Der „sonstige Marktteilnehmer“ - eine Chimäre?

A) Einleitung

Der „sonstige Marktteilnehmer wurde im Zuge der UWG-Reform 20041 mit in die Schutzzweckbestimmung des § 1 UWGaufgenommen und wird heute auch in den §§ 2, 3 a, 4a, 5 und 7 UWG explizit erwähnt. In der Literatur wird er trotzdem meist nur am Rande behandelt. Oft wird er schlicht in die Nähe des Verbrauchers gerückt, ohne sich ein­gehend mit seinen Interessen auseinanderzusetzen.2 Dass der sonstige Marktteilnehmer anders als ein Verbraucher unternehmerisch tätig wird und möglicherweise geschäftliche Interessen verfolgt, wird wei­testgehend vernachlässigt.3

Ob dies gerechtfertigt ist, soll Gegenstand dieser Untersuchung sein. Es stellt sich damit die Forschungsfrage, ob der sonstige Marktteilneh­mer eine eigene Daseinsberechtigung besitzt oder neben dem Mitbe­werber- und Verbraucherschutz eine nur untergeordnete, wenn nicht gar zu vernachlässigende Rolle spielt und nur als Chimäre existiert. Ferner wird die Frage nach der Rechtsstellung des sonstigen Marktteil­nehmers aufgeworfen und ob das Konstrukt des sonstigen Marktteil­nehmers den europarechtlichen Vorgaben sowie den Schutzzwecken des UWG genügen kann.

Diese Untersuchung soll zunächst klären, wer überhaupt von dem Be­griff des sonstigen Marktteilnehmers umfasst ist, und grundlegende eu­roparechtliche Vorgaben beleuchten. Anschließend folgt eine kritische Auseinandersetzung mit dem Schutzzweck des sonstigen Marktteil­nehmers. Die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse sollen dann dem Schutzregime des sonstigen Marktteilnehmers gegenübergestellt wer­den. Soweit erforderlich, werden Alternativen zur derzeitigen Geset­zeslage vorgeschlagen.

B) Abgrenzung Mitbewerber - Verbraucher - sonstiger Marktteil­nehmer

Für die nachfolgende Untersuchung ist es zunächst wichtig zu verste­hen, wer vom Begriff des „sonstigen“ Marktteilnehmers erfasst ist. Sonstige Marktteilnehmer sind - wie sich aus § 2 I Nr. 2 UWG ergibt - Anbieter oder Nachfrager von Waren, die weder Mitbewerber noch Verbraucher sind.4 Daher sind diese zunächstjeweils voneinander ab­zugrenzen.

I) Analyse der Rechtsprechung

Der Mitbewerber ist in § 2 I Nr. 3 UWG legaldefiniert. Demnach ist ein Mitbewerberjeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Un­ternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleis­tungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Zentraler Be­griff ist das konkrete Wettbewerbsverhältnis, welches grundsätzlich weit ausgelegt wird. Im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtli­chen Individualschutzes seien nämlich keine hohen Anforderungen zu stellen.5 Abzustellen ist immer auf die konkrete geschäftliche Hand­lung.6 So wurde ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen einem Blumenhändler und einem Kaffeeröster bejaht, welcher mit dem Slo­gan „statt Blumen ONKO-Kaffee“ geworben hatte.7 Dieses Beispiel macht ebenso deutlich, dass es noch nicht einmal darauf ankommt, ob die Beteiligten derselben Branche angehören.8 Weiterhin beschränkt sich die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses auch nicht auf das Horizontalverhältnis der Unternehmen: Entscheidend ist vielmehr, ob sie direkt oder indirekt den gleichen Abnehmerkreis an­sprechen.9 Ausnahmsweise kann also auch ein konkretes Wettbe­werbsverhältnis im Vertikalverhältnis bestehen.

Der BGH fasst diese Grundsätze wie folgt zusammen: Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe jedenfalls dann, wenn die Unterneh­men gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzusetzen versuchen.10 Ferner sei es gegeben, wenn die zwischen den Vorteilen, die eine Partei zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwir­kung besteht, durch die der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde beeinträchtigt werden kann.11

Somit stellt der BGH einerseits im Anschluss an den EuGH12 auf die Substituierbarkeit der Güter ab, andererseits auch auf eine „gesteigerte Nähebeziehung“, wie sie schon in der Literatur vertreten wurde.13 Während es für die Substituierbarkeit ähnlich wie im Kartellrecht auf den sachlich und räumlich relevanten Markt ankommt14, erscheint das Merkmal einer gesteigerten Nähebeziehung zunächst wenig greifbar. Konkretisiert wird diese Formel dadurch, dass jede beliebige Beein­trächtigung eines anderen Unternehmens für ein konkretes Wettbe­werbsverhältnis nicht ausreichen kann. Vielmehr bedarf es eines wei­teren verbindenden Elements der Waren oder Dienstleistungen zuei­nander15, etwa in sachlicher oder funktionaler Hinsicht, welcher sich z.B. aus der Eigenart der Produkte oder der getroffenen Werbemaß­nahme ergeben kann.16 Die Nähebeziehung kann sich auch aus gekop­pelten Märkten ergeben, etwa bei Fernsehsendern, die ihr Programm durch Werbung finanzieren, und den Anbietern von TV-Werbeblo- ckern.17

E contrario ergibt sich, dass ein sonstiger Marktteilnehmer in Abgren­zung zum Mitbewerber weder Substitute zu den Waren oder Dienst­leistungen des anderen Unternehmens anbieten noch sonst eine gestei­gerte Nähebeziehung aufweisen darf, die sich in einer sachlichen oder funktionalen Weise niederschlägt. Es ist ausgeschlossen, dass sich ein sonstiger Marktteilnehmer mit dem anderen Unternehmen auf horizon­taler Ebene begegnet, denn diese wären aufgrund der Substituierbar­keit der Produkte Mitbewerber. Somit verbleiben nur noch zwei Mög­lichkeiten: zum einen, dass sich der sonstige Marktteilnehmer mit dem anderen Unternehmen vertikal, also auf der Marktgegenseite als An­bieter oder Nachfrager gegenübersteht - ausgenommen der Fall, dass sich das Produkt an denselben Abnehmerkreis richtet; zum anderen, dass überhaupt keine Beziehung zwischen den Unternehmen besteht.

Die Abgrenzung zum Verbraucher vollzieht sich indessen leicht: § 2 II UWG verweist auf den Verbraucherbegriff in § 13 BGB „entspre­chend“, wobei entsprechend bedeutet, dass der konkrete Anwendungs­bereich und der Schuttzweck des Lauterkeitsrecht Berücksichtigung finden müssen.18 Lauterkeitsrechtlicher Verbraucher ist daher auch un­ter Berücksichtigung von Art. 2 lit. a der UGP-RL jede natürliche Per­son, die weder zu gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Zwe­cken handelt.19

Es ergibt sich somit folgendes Bild: Ein sonstiger Marktteilnehmer ist eine natürliche oder juristische Person, die zu beruflichen oder gewerb­lichen Zwecken Waren oder Dienstleistungen anbietet oder nachfragt und mit dem anderen Unternehmen weder in einem Substitutionswett­bewerb steht noch sonst eine gewisse Nähebeziehung aufweist. Dies können insbesondere Unternehmen sein, die in einem Vertikalverhält­nis zueinanderstehen, ohne denselben Endverbraucherkreis anzuspre­chen, aber auch Kirchen, Vereine oder Körperschaften des öffentlichen Rechts.20

II) Kritik

Dieses Bild stößt vereinzelt auf Kritik. Insbesondere wird die sehr weite Auslegung des Mitbewerbers als „Ausweichmanöver“ bezeich­net.21 Beater schlägt vor, zur Abgrenzung auf die Interessenlage der Marktteilnehmer zu schauen. Während Mitbewerber gegenseitig auf die Verdrängung vom Markt zielten, hätten sonstige Marktteilnehmer gleichgerichtete Interessen und würden daher aufeinander Rücksicht nehmen.22 Ob dies im Einzelfall die Abgrenzung erleichtert, ist dage­gen zweifelhaft. So kritisiert Beater die Werbeblocker-Entscheidung mit dem Hinweis, dass der Anbieter der Werbeblocker ein eigenes In­teresse daran hätte, dass der Femsehwerbemarkt weiter existiere, da er sich ansonsten selbst seiner Geschäftsgrundlage berauben würde.23 Dass der Anbieter den Preis aber so optimal setzen würde, dass der Fernsehmarkt weiter existieren könnte, erscheint nicht realistisch. Fer­ner ist nicht nachvollziehbar, welches Interesse die Anbieter von Fern­sehwerbung daran haben soll, dass ihre Werbesendungen „geblockt“ werden. Der Entwurf Beaters ist mithin nicht weniger normativ und unscharf als der einer gesteigerten Nähebeziehung. Es empfiehlt sich daher, am bewährten Kriterium der gesteigerten Nähebeziehung fest­zuhalten.

Während allerdings die herrschende Meinung zwischen Hersteller und Verkäufer ein konkretes Wettbewerbsverhältnis annimmt24, besteht tatsächlich weder eine aus Sicht des Endverbrauchers verstandene Substituierbarkeit, noch eine negative Wechselwirkung zwischen den Unternehmen.

Denn zum einen wendet sich der Hersteller gerade nicht an den Kun­denkreis des Verkäufers, sondern beschränkt sich auf den Zwischen­händler. Dadurch werden völlig andere Interessen und Bedürfnisse an­gesprochen.25 So kommt es den sonstigen Marktteilnehmern oft auf den Weiterverkauf an, wohingegen der Verbraucher zum eigenen Kon­sum kauft.26 Auch die Aufmachung und Präsentation der Produkte werden sich regelmäßig unterscheiden.

Zum anderen bestehen keine negativen, sondern gerade positive Wech­selwirkungen zwischen dem Absatzerfolg vertikal zueinanderstehen­der Unternehmen, was ein Blick in das Kartellrecht zeigt: Da sich ne­gative externe Effekte internalisieren lassen, werden vertikale Verein­barungen als volkswirtschaftlich weit ungefährlicher betrachtet als Ab­sprachen zwischen Konkurrenten und sind teils gar erwünscht. Jene werden daher unter den Voraussetzungen des Art. 101 III AUEV frei­gestellt.27 Es ist nicht ersichtlich, warum im Lauterkeitsrecht eine an­dere Wertung vorgenommen werden sollte. Es herrscht im vertikalen Verhältnis eine andere Interessenlage als zwischen Mitbewerbern, so- dass nicht von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis gesprochen werden kann.28

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Begriff des sonstigen Marktteilnehmers in dieser Untersuchung mit dem der Rechtsprechung deckt, allerdings mit der Einschränkung, dass er das Vertikalverhältnis ausnahmslos für sich beansprucht.

C) Europarechtliche Grundlagen

Die Europäische Kommission ist der Auffassung, dass divergierende Wettbewerbsgesetze ein schwerwiegendes Hindernis für den grenz­überschreitenden Handel seien. Sie verfolgt daher seit dem Inkrafttre­ten des EWG-Vertrages 1958 mit der Angleichung der Wettbewerbs­gesetze die Verwirklichung des Binnenmarktprojektes.29 Das heutige UWG wird maßgeblich durch die UGP-RL 2005/29/EG geprägt, die eine vollständige Harmonisierung des Rechts der unlauteren Ge­schäftspraktiken im Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbrau­cher („B2C“) bewirkt.30 Sie richtet sich allerdings nur an Verbraucher und kann in der Bearbeitung daher weitestgehend außer Acht gelassen werden.31

Daneben steht die WerbeRL 2006/114/EG. Diese bezweckt den Schutz der Gewerbetreibenden im Verhältnis zu anderen Gewerbetreibenden („B2B“) vor irreführender Werbung und legt die Kriterien zulässiger vergleichender Werbung fest.32

Art. 2 I der WerbeRL definiert irreführende Werbung als jede Wer­bung, die ihren Adressaten täuscht oder zu täuschen geeignet ist und dadurch deren wirtschaftliches Verhalten beeinflussen oder einen Mit­bewerber schädigen kann. Art. 3 stellt einen Katalog mit bestimmten Kriterien auf, die bei der Frage, ob eine Werbung irreführend ist, zu berücksichtigen sind. Art. 8 I gewährt den Mitgliedsstaaten die Mög­lichkeit, strengere Regeln zu erlassen, mithin handelt es sich um eine Mindestharmonisierung im Bereich der irreführenden Werbung im Verhältnis B2B. Insoweit enthält die Richtlinie gemäß ErwG 7 ledig­lich objektive Mindestkriterien zur Feststellung, ob eine Werbung ir­reführend ist.33 Art. 4 bestimmt ferner, unter welchen Kriterien ver­gleichende Werbung zulässig ist, welche gemäß Art. 8 I S.2 Vollhar­monisierung bewirkt.34 Welche Mittel zur Bekämpfung der Verstöße einzurichten sind, ist in Art. 5 geregelt.

Weiterhin ist die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunika­tion 2002/58/EG zu erwähnen. Diese regelt in Art. 13 die „unerbetenen

Nachrichten“ im elektronischen Geschäftsverkehr. Bemerkenswert ist, dass die Regelung nicht zwischen Unternehmern und Verbrauchern, sondern natürlichen undjuristischen Personen unterscheidet. Sie dient dem Individualschutz natürlicher und juristischer Personen. Dement­sprechend ist gemäß Art. 13 VI den betroffenen natürlichen undjuris- tischen Personen auch ein individuelles Klagerecht einzuräumen.35

Zu beachten sind auch die Grundfreiheiten, diejedoch in dieser Unter­suchung keine Rolle spielen werden.36 Im Übrigen ist der Begriff des sonstigen Marktteilnehmers europarechtlich nicht geregelt.37

D) Schutzzwecke des UWG

Ausgangspunkt für die Anwendung des UWG im Einzelfall ist der zu­grundeliegende Schutzzweck. Dieser spielt im Rahmen der Unlauter­keitsprüfung eine Rolle, denn als Maßstab der Abwägung können nur die im UWG geschützten Interessen dienen.38 So sind gemäß § 1 UWG die Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteil­nehmer sowie das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb geschützt („Schutzzwecktrias“).

Vielfach wird der Schutzzweck des sonstigen Marktteilnehmers in der Kommentarliteratur nicht näher behandelt, da er vielmehr als Oberbe­griff für die Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger betroffener Ak­teure angesehen wird.39 Konsequent wäre es allerdings, den Schutz des sonstigen Marktteilnehmers als eigenständige Schutzrichtung anzuer­kennen, denn allein der Wortlaut rechtfertigt es, von einem „Schutz- zwecktetraktys“ zu sprechen40. Die Gegenansicht verkennt, dass sich die Interessen von sonstigen Marktteilnehmern weder mit denen der Mitbewerber sowie der Verbraucher sachgerecht erfassen lassen. Sie können diesen zwar ähneln, jedoch wäre es vorschnell, die Interessen der sonstigen Marktteilnehmer mit denen der Verbraucher oder Mitbe­werber gleichzusetzen.41

[...]


1 BT-Drs. 15/1487.

2 So z.B. Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 1 Rn. 14.

3 Umfangreiche Ausführungen nur von Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2161ff.

4 Sosnitza, in: Ohly/ders., UWG, § 2 Rn. 50.

5 BGH v. 24.6.2004, Az. I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 878 - Werbeblocker.

6 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 2 Rn. 98.

7 BGH v. 12.01.1972, Az.IZR60/70, GRUR 1972, 553 - Statt Blumen Onko-Kaffee.

8 Bähr, in: MüKo-UWG, Bd. 1,§2 Rn. 249.

9 BGH v. 19.05.2011, Az.IZR 147/09, GRUR 2012, 74, 76fRn. 20.

10 BGH v. 10.04.2014, Az. I ZR 43/13, WRP 2014, 1307, 1309 Rn. 30 - nickelfrei.

11 BGH a.a.O. (Fn. 10), Rn. 32ff.

12 EuGH v. 19.4.2007, C-381/05 - De Landtsheer Emmanuel SA/Comite Interprofession- nel du 'Ein de Champagne, Veuve Clicquot Ponsardin, ECLI:EU:C:2007:230, Rn. 27ff.

13 Dreyer, GRUR 2008, 123, 126.

14 Dazu ausführlich Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 2 Rn. 108a ff.

15 Büscher, GRUR 2016, 113, 115.

16 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 2 Rn. 109a.

17 BGH v. 24.6.2004, Az. I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 878f- Werbeblocker.

18 Sosnitza, in: Ohly/ders., UWG, § 2 Rn. 104.

19 Bähr, inMüKo-UWGBd. 1, §2Rn. 345.

20 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 2 Rn. 89.

21 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2177.

22 Beater, WRP 2009, 768, 778.

23 Beater, WRP 2009, 768, 774.

24 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 2 Rn. 102; Sosnitza, in: Ohly/ders., UWG, § 2 Rn. 61; Keller, in: Harte/Henning, UWG, § 2 Rn. 138.

25 BGH v. 05.02.2004, Az. I ZR 171/01, BGHZ 158, 26, 35f - Genealogie der Düfte.

26 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2174.

27 Vogel, in: Loewenheim, Meessen, Riesenkampff, Kartellrecht, GFVO A Rn.l.

28 So auch Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 1684.

29 Zur Geschichte Emmerich, § 1 Rn. 22ff.

30 Ohly, in: ders./Sosnitza, UWG, Einf C Rn. 45.

31 Heermann, WRP 2006, 8, 9.

32 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, Einl 3.41.

33 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, Einl 3.42.

34 Ohly, in: ders./Sosnitza, UWG, Einf C Rn. 34.

35 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, Einl Rn. 3.54.

36 Dazu Ohly, in: ders./Sosnitza, UWG, Einf C Rn. 9ff.

37 Bähr, in: MüKo-UWG, Bd. 1, UWG, § 2 Rn. 206.

38 Podszun, in: Harte /Henning, UWG, § 1 Rn. 92.

39 So z.B. Fezer, UWG Bd. 1,2 C Rn. 6; Sosnitza, in: MüKo-UWG Bd. 1, § 1 Rn. 10.

40 Göckler, WRP 2016, 434, 437 verwendet den Begriff „Schutzzweckvierklang“.

41 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2169.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Die Rechtsstellung des sonstigen Marktteilnehmers im UWG. Im Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz und Mitbewerberschutz
Untertitel
Der sonstige Marktteilnehmer – eine Chimäre?
Hochschule
Universität Bayreuth
Veranstaltung
Oberseminar im Schwerpunktbereich „Geistiges Eigentum und Wettbewerb“
Note
11
Autor
Jahr
2016
Seiten
29
Katalognummer
V496768
ISBN (eBook)
9783346012814
ISBN (Buch)
9783346012821
Sprache
Deutsch
Schlagworte
UWG, Sonstiger Marktteilnehmer, Wettbewerbsrecht, Lauterkeitsrecht, Wettbewerb, Unfair Competition Law, Competition, Law, Recht, Jura
Arbeit zitieren
Konrad Schäfer (Autor:in), 2016, Die Rechtsstellung des sonstigen Marktteilnehmers im UWG. Im Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz und Mitbewerberschutz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496768

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