Leseprobe
Inhalt
A) Einleitung
B) Abgrenzung Mitbewerber - Yerbraucher - so n_stigLer Marktteilnehmer
I) Analyse.derRechtsprechung
II) Kritik
C) Eurpparechtliche_Grundlagen
D) Schutzzwecke.desUWG
E) Schutzregimei der spnstigen Marktteilnehmer“
I) Materiell-rechtlicher Schutz
1) Aggressive geschäftliche Handlungen
(a) Anzapfen
(b) Drittverantwortlichkeit
2) Irreführung
(a) Tatbestand
(b) Irreführende.ygrgleichende.Werbung
(c) IlI?fMbrungdurch.Unterlassen
3) Unzumutbare Belästigung
4) Rechtsbruch
5) Sonstige Fallgruppen
(a) Abwerben.yon.Mitarbeitern
(b) Ausschlussvom Wettbewerb
(c) Geschäftsschädigende.Äuß.erungen
II) Rechtsfolgen
1) Abwehransprüche
2) Schadensersatz
3) Abschöpfungsanspruch
F) Fazit
Die Bedeutung der verwendeten Abkürzungen ergibt sich aus:
Duden, Rechtschreibung, und
Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 8. Auflage, Berlin 2015.
Literaturverzeichnis
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Der „sonstige Marktteilnehmer“ - eine Chimäre?
A) Einleitung
Der „sonstige Marktteilnehmer wurde im Zuge der UWG-Reform 20041 mit in die Schutzzweckbestimmung des § 1 UWGaufgenommen und wird heute auch in den §§ 2, 3 a, 4a, 5 und 7 UWG explizit erwähnt. In der Literatur wird er trotzdem meist nur am Rande behandelt. Oft wird er schlicht in die Nähe des Verbrauchers gerückt, ohne sich eingehend mit seinen Interessen auseinanderzusetzen.2 Dass der sonstige Marktteilnehmer anders als ein Verbraucher unternehmerisch tätig wird und möglicherweise geschäftliche Interessen verfolgt, wird weitestgehend vernachlässigt.3
Ob dies gerechtfertigt ist, soll Gegenstand dieser Untersuchung sein. Es stellt sich damit die Forschungsfrage, ob der sonstige Marktteilnehmer eine eigene Daseinsberechtigung besitzt oder neben dem Mitbewerber- und Verbraucherschutz eine nur untergeordnete, wenn nicht gar zu vernachlässigende Rolle spielt und nur als Chimäre existiert. Ferner wird die Frage nach der Rechtsstellung des sonstigen Marktteilnehmers aufgeworfen und ob das Konstrukt des sonstigen Marktteilnehmers den europarechtlichen Vorgaben sowie den Schutzzwecken des UWG genügen kann.
Diese Untersuchung soll zunächst klären, wer überhaupt von dem Begriff des sonstigen Marktteilnehmers umfasst ist, und grundlegende europarechtliche Vorgaben beleuchten. Anschließend folgt eine kritische Auseinandersetzung mit dem Schutzzweck des sonstigen Marktteilnehmers. Die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse sollen dann dem Schutzregime des sonstigen Marktteilnehmers gegenübergestellt werden. Soweit erforderlich, werden Alternativen zur derzeitigen Gesetzeslage vorgeschlagen.
B) Abgrenzung Mitbewerber - Verbraucher - sonstiger Marktteilnehmer
Für die nachfolgende Untersuchung ist es zunächst wichtig zu verstehen, wer vom Begriff des „sonstigen“ Marktteilnehmers erfasst ist. Sonstige Marktteilnehmer sind - wie sich aus § 2 I Nr. 2 UWG ergibt - Anbieter oder Nachfrager von Waren, die weder Mitbewerber noch Verbraucher sind.4 Daher sind diese zunächstjeweils voneinander abzugrenzen.
I) Analyse der Rechtsprechung
Der Mitbewerber ist in § 2 I Nr. 3 UWG legaldefiniert. Demnach ist ein Mitbewerberjeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Zentraler Begriff ist das konkrete Wettbewerbsverhältnis, welches grundsätzlich weit ausgelegt wird. Im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes seien nämlich keine hohen Anforderungen zu stellen.5 Abzustellen ist immer auf die konkrete geschäftliche Handlung.6 So wurde ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen einem Blumenhändler und einem Kaffeeröster bejaht, welcher mit dem Slogan „statt Blumen ONKO-Kaffee“ geworben hatte.7 Dieses Beispiel macht ebenso deutlich, dass es noch nicht einmal darauf ankommt, ob die Beteiligten derselben Branche angehören.8 Weiterhin beschränkt sich die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses auch nicht auf das Horizontalverhältnis der Unternehmen: Entscheidend ist vielmehr, ob sie direkt oder indirekt den gleichen Abnehmerkreis ansprechen.9 Ausnahmsweise kann also auch ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Vertikalverhältnis bestehen.
Der BGH fasst diese Grundsätze wie folgt zusammen: Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe jedenfalls dann, wenn die Unternehmen gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzusetzen versuchen.10 Ferner sei es gegeben, wenn die zwischen den Vorteilen, die eine Partei zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung besteht, durch die der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde beeinträchtigt werden kann.11
Somit stellt der BGH einerseits im Anschluss an den EuGH12 auf die Substituierbarkeit der Güter ab, andererseits auch auf eine „gesteigerte Nähebeziehung“, wie sie schon in der Literatur vertreten wurde.13 Während es für die Substituierbarkeit ähnlich wie im Kartellrecht auf den sachlich und räumlich relevanten Markt ankommt14, erscheint das Merkmal einer gesteigerten Nähebeziehung zunächst wenig greifbar. Konkretisiert wird diese Formel dadurch, dass jede beliebige Beeinträchtigung eines anderen Unternehmens für ein konkretes Wettbewerbsverhältnis nicht ausreichen kann. Vielmehr bedarf es eines weiteren verbindenden Elements der Waren oder Dienstleistungen zueinander15, etwa in sachlicher oder funktionaler Hinsicht, welcher sich z.B. aus der Eigenart der Produkte oder der getroffenen Werbemaßnahme ergeben kann.16 Die Nähebeziehung kann sich auch aus gekoppelten Märkten ergeben, etwa bei Fernsehsendern, die ihr Programm durch Werbung finanzieren, und den Anbietern von TV-Werbeblo- ckern.17
E contrario ergibt sich, dass ein sonstiger Marktteilnehmer in Abgrenzung zum Mitbewerber weder Substitute zu den Waren oder Dienstleistungen des anderen Unternehmens anbieten noch sonst eine gesteigerte Nähebeziehung aufweisen darf, die sich in einer sachlichen oder funktionalen Weise niederschlägt. Es ist ausgeschlossen, dass sich ein sonstiger Marktteilnehmer mit dem anderen Unternehmen auf horizontaler Ebene begegnet, denn diese wären aufgrund der Substituierbarkeit der Produkte Mitbewerber. Somit verbleiben nur noch zwei Möglichkeiten: zum einen, dass sich der sonstige Marktteilnehmer mit dem anderen Unternehmen vertikal, also auf der Marktgegenseite als Anbieter oder Nachfrager gegenübersteht - ausgenommen der Fall, dass sich das Produkt an denselben Abnehmerkreis richtet; zum anderen, dass überhaupt keine Beziehung zwischen den Unternehmen besteht.
Die Abgrenzung zum Verbraucher vollzieht sich indessen leicht: § 2 II UWG verweist auf den Verbraucherbegriff in § 13 BGB „entsprechend“, wobei entsprechend bedeutet, dass der konkrete Anwendungsbereich und der Schuttzweck des Lauterkeitsrecht Berücksichtigung finden müssen.18 Lauterkeitsrechtlicher Verbraucher ist daher auch unter Berücksichtigung von Art. 2 lit. a der UGP-RL jede natürliche Person, die weder zu gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Zwecken handelt.19
Es ergibt sich somit folgendes Bild: Ein sonstiger Marktteilnehmer ist eine natürliche oder juristische Person, die zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken Waren oder Dienstleistungen anbietet oder nachfragt und mit dem anderen Unternehmen weder in einem Substitutionswettbewerb steht noch sonst eine gewisse Nähebeziehung aufweist. Dies können insbesondere Unternehmen sein, die in einem Vertikalverhältnis zueinanderstehen, ohne denselben Endverbraucherkreis anzusprechen, aber auch Kirchen, Vereine oder Körperschaften des öffentlichen Rechts.20
II) Kritik
Dieses Bild stößt vereinzelt auf Kritik. Insbesondere wird die sehr weite Auslegung des Mitbewerbers als „Ausweichmanöver“ bezeichnet.21 Beater schlägt vor, zur Abgrenzung auf die Interessenlage der Marktteilnehmer zu schauen. Während Mitbewerber gegenseitig auf die Verdrängung vom Markt zielten, hätten sonstige Marktteilnehmer gleichgerichtete Interessen und würden daher aufeinander Rücksicht nehmen.22 Ob dies im Einzelfall die Abgrenzung erleichtert, ist dagegen zweifelhaft. So kritisiert Beater die Werbeblocker-Entscheidung mit dem Hinweis, dass der Anbieter der Werbeblocker ein eigenes Interesse daran hätte, dass der Femsehwerbemarkt weiter existiere, da er sich ansonsten selbst seiner Geschäftsgrundlage berauben würde.23 Dass der Anbieter den Preis aber so optimal setzen würde, dass der Fernsehmarkt weiter existieren könnte, erscheint nicht realistisch. Ferner ist nicht nachvollziehbar, welches Interesse die Anbieter von Fernsehwerbung daran haben soll, dass ihre Werbesendungen „geblockt“ werden. Der Entwurf Beaters ist mithin nicht weniger normativ und unscharf als der einer gesteigerten Nähebeziehung. Es empfiehlt sich daher, am bewährten Kriterium der gesteigerten Nähebeziehung festzuhalten.
Während allerdings die herrschende Meinung zwischen Hersteller und Verkäufer ein konkretes Wettbewerbsverhältnis annimmt24, besteht tatsächlich weder eine aus Sicht des Endverbrauchers verstandene Substituierbarkeit, noch eine negative Wechselwirkung zwischen den Unternehmen.
Denn zum einen wendet sich der Hersteller gerade nicht an den Kundenkreis des Verkäufers, sondern beschränkt sich auf den Zwischenhändler. Dadurch werden völlig andere Interessen und Bedürfnisse angesprochen.25 So kommt es den sonstigen Marktteilnehmern oft auf den Weiterverkauf an, wohingegen der Verbraucher zum eigenen Konsum kauft.26 Auch die Aufmachung und Präsentation der Produkte werden sich regelmäßig unterscheiden.
Zum anderen bestehen keine negativen, sondern gerade positive Wechselwirkungen zwischen dem Absatzerfolg vertikal zueinanderstehender Unternehmen, was ein Blick in das Kartellrecht zeigt: Da sich negative externe Effekte internalisieren lassen, werden vertikale Vereinbarungen als volkswirtschaftlich weit ungefährlicher betrachtet als Absprachen zwischen Konkurrenten und sind teils gar erwünscht. Jene werden daher unter den Voraussetzungen des Art. 101 III AUEV freigestellt.27 Es ist nicht ersichtlich, warum im Lauterkeitsrecht eine andere Wertung vorgenommen werden sollte. Es herrscht im vertikalen Verhältnis eine andere Interessenlage als zwischen Mitbewerbern, so- dass nicht von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis gesprochen werden kann.28
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Begriff des sonstigen Marktteilnehmers in dieser Untersuchung mit dem der Rechtsprechung deckt, allerdings mit der Einschränkung, dass er das Vertikalverhältnis ausnahmslos für sich beansprucht.
C) Europarechtliche Grundlagen
Die Europäische Kommission ist der Auffassung, dass divergierende Wettbewerbsgesetze ein schwerwiegendes Hindernis für den grenzüberschreitenden Handel seien. Sie verfolgt daher seit dem Inkrafttreten des EWG-Vertrages 1958 mit der Angleichung der Wettbewerbsgesetze die Verwirklichung des Binnenmarktprojektes.29 Das heutige UWG wird maßgeblich durch die UGP-RL 2005/29/EG geprägt, die eine vollständige Harmonisierung des Rechts der unlauteren Geschäftspraktiken im Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher („B2C“) bewirkt.30 Sie richtet sich allerdings nur an Verbraucher und kann in der Bearbeitung daher weitestgehend außer Acht gelassen werden.31
Daneben steht die WerbeRL 2006/114/EG. Diese bezweckt den Schutz der Gewerbetreibenden im Verhältnis zu anderen Gewerbetreibenden („B2B“) vor irreführender Werbung und legt die Kriterien zulässiger vergleichender Werbung fest.32
Art. 2 I der WerbeRL definiert irreführende Werbung als jede Werbung, die ihren Adressaten täuscht oder zu täuschen geeignet ist und dadurch deren wirtschaftliches Verhalten beeinflussen oder einen Mitbewerber schädigen kann. Art. 3 stellt einen Katalog mit bestimmten Kriterien auf, die bei der Frage, ob eine Werbung irreführend ist, zu berücksichtigen sind. Art. 8 I gewährt den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, strengere Regeln zu erlassen, mithin handelt es sich um eine Mindestharmonisierung im Bereich der irreführenden Werbung im Verhältnis B2B. Insoweit enthält die Richtlinie gemäß ErwG 7 lediglich objektive Mindestkriterien zur Feststellung, ob eine Werbung irreführend ist.33 Art. 4 bestimmt ferner, unter welchen Kriterien vergleichende Werbung zulässig ist, welche gemäß Art. 8 I S.2 Vollharmonisierung bewirkt.34 Welche Mittel zur Bekämpfung der Verstöße einzurichten sind, ist in Art. 5 geregelt.
Weiterhin ist die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation 2002/58/EG zu erwähnen. Diese regelt in Art. 13 die „unerbetenen
Nachrichten“ im elektronischen Geschäftsverkehr. Bemerkenswert ist, dass die Regelung nicht zwischen Unternehmern und Verbrauchern, sondern natürlichen undjuristischen Personen unterscheidet. Sie dient dem Individualschutz natürlicher und juristischer Personen. Dementsprechend ist gemäß Art. 13 VI den betroffenen natürlichen undjuris- tischen Personen auch ein individuelles Klagerecht einzuräumen.35
Zu beachten sind auch die Grundfreiheiten, diejedoch in dieser Untersuchung keine Rolle spielen werden.36 Im Übrigen ist der Begriff des sonstigen Marktteilnehmers europarechtlich nicht geregelt.37
D) Schutzzwecke des UWG
Ausgangspunkt für die Anwendung des UWG im Einzelfall ist der zugrundeliegende Schutzzweck. Dieser spielt im Rahmen der Unlauterkeitsprüfung eine Rolle, denn als Maßstab der Abwägung können nur die im UWG geschützten Interessen dienen.38 So sind gemäß § 1 UWG die Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb geschützt („Schutzzwecktrias“).
Vielfach wird der Schutzzweck des sonstigen Marktteilnehmers in der Kommentarliteratur nicht näher behandelt, da er vielmehr als Oberbegriff für die Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger betroffener Akteure angesehen wird.39 Konsequent wäre es allerdings, den Schutz des sonstigen Marktteilnehmers als eigenständige Schutzrichtung anzuerkennen, denn allein der Wortlaut rechtfertigt es, von einem „Schutz- zwecktetraktys“ zu sprechen40. Die Gegenansicht verkennt, dass sich die Interessen von sonstigen Marktteilnehmern weder mit denen der Mitbewerber sowie der Verbraucher sachgerecht erfassen lassen. Sie können diesen zwar ähneln, jedoch wäre es vorschnell, die Interessen der sonstigen Marktteilnehmer mit denen der Verbraucher oder Mitbewerber gleichzusetzen.41
[...]
1 BT-Drs. 15/1487.
2 So z.B. Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 1 Rn. 14.
3 Umfangreiche Ausführungen nur von Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2161ff.
4 Sosnitza, in: Ohly/ders., UWG, § 2 Rn. 50.
5 BGH v. 24.6.2004, Az. I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 878 - Werbeblocker.
6 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 2 Rn. 98.
7 BGH v. 12.01.1972, Az.IZR60/70, GRUR 1972, 553 - Statt Blumen Onko-Kaffee.
8 Bähr, in: MüKo-UWG, Bd. 1,§2 Rn. 249.
9 BGH v. 19.05.2011, Az.IZR 147/09, GRUR 2012, 74, 76fRn. 20.
10 BGH v. 10.04.2014, Az. I ZR 43/13, WRP 2014, 1307, 1309 Rn. 30 - nickelfrei.
11 BGH a.a.O. (Fn. 10), Rn. 32ff.
12 EuGH v. 19.4.2007, C-381/05 - De Landtsheer Emmanuel SA/Comite Interprofession- nel du 'Ein de Champagne, Veuve Clicquot Ponsardin, ECLI:EU:C:2007:230, Rn. 27ff.
13 Dreyer, GRUR 2008, 123, 126.
14 Dazu ausführlich Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 2 Rn. 108a ff.
15 Büscher, GRUR 2016, 113, 115.
16 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 2 Rn. 109a.
17 BGH v. 24.6.2004, Az. I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 878f- Werbeblocker.
18 Sosnitza, in: Ohly/ders., UWG, § 2 Rn. 104.
19 Bähr, inMüKo-UWGBd. 1, §2Rn. 345.
20 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 2 Rn. 89.
21 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2177.
22 Beater, WRP 2009, 768, 778.
23 Beater, WRP 2009, 768, 774.
24 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, § 2 Rn. 102; Sosnitza, in: Ohly/ders., UWG, § 2 Rn. 61; Keller, in: Harte/Henning, UWG, § 2 Rn. 138.
25 BGH v. 05.02.2004, Az. I ZR 171/01, BGHZ 158, 26, 35f - Genealogie der Düfte.
26 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2174.
27 Vogel, in: Loewenheim, Meessen, Riesenkampff, Kartellrecht, GFVO A Rn.l.
28 So auch Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 1684.
29 Zur Geschichte Emmerich, § 1 Rn. 22ff.
30 Ohly, in: ders./Sosnitza, UWG, Einf C Rn. 45.
31 Heermann, WRP 2006, 8, 9.
32 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, Einl 3.41.
33 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, Einl 3.42.
34 Ohly, in: ders./Sosnitza, UWG, Einf C Rn. 34.
35 Köhler, in: ders./Bomkamm, UWG, Einl Rn. 3.54.
36 Dazu Ohly, in: ders./Sosnitza, UWG, Einf C Rn. 9ff.
37 Bähr, in: MüKo-UWG, Bd. 1, UWG, § 2 Rn. 206.
38 Podszun, in: Harte /Henning, UWG, § 1 Rn. 92.
39 So z.B. Fezer, UWG Bd. 1,2 C Rn. 6; Sosnitza, in: MüKo-UWG Bd. 1, § 1 Rn. 10.
40 Göckler, WRP 2016, 434, 437 verwendet den Begriff „Schutzzweckvierklang“.
41 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2169.