Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu untersuchen, zu welchen Devianzen eine mangelnde Beherrschung des schriftlichen Französisch in Bezug auf Akzentsetzung und Interpunktion führt, um anhand der analysierten Normabweichungen Rückschlüsse auf den Alphabetisierungsgrad der Unterschicht im Frankreich des späten neunzehnten Jahrhunderts zu ziehen. Gegenstand der vorliegenden Arbeit, die sich der französischen Alphabetisierung widmet, sind Privatbriefe der französischen Unterschicht des späten neunzehnten Jahrhunderts, deren schriftliche Korrespondenzen als Gefangene in den bagnes der Strafkolonie Guyana zahlreich dokumentiert und archiviert sind.
Ein Blick auf die orthographischen Kenntnisse dieser ungeübten Schreiber, der peu-lettrés, erlaubt eine Einschätzung des Alphabetisierungsgrades zu dieser Zeit. Somit möchte die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Schließung der Forschungslücken im Bereich der Alphabetisierungsforschung mit Fokus auf die Mehrheit der französischen Bevölkerung, die Unterschicht, leisten. Zunächst wird auf die Entstehung der bagnes und das System der französischen Strafkolonien in Guyana sowie auf die Rolle der Schriftlichkeit für die Gefangenen eingegangen. Es folgt eine kurze Vorstellung des Profils der peu-lettrés in Bezug auf Stand, Bildung und geographischer Herkunft. Anschließend wird die Ursache der Diskrepanz zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit der französischen Sprache durch die Darlegung der Geschichte der französischen Orthographie sowie Akzentsetzung und Interpunktion untersucht.
Auf Grundlage dieser historischen Betrachtung erfolgt eine Analyse der besonderen Schwierigkeiten, die die Verwendung einer korrekten Orthographie, Akzentsetzung und Interpunktion vor dem Hintergrund der Besonderheiten bei der Umsetzung der gesprochenen Sprache in die Schriftsprache für die ungeübten Schreiber darstellen. Die anschließende Analyse eines Korpus von 25 devianten Briefen der peu-lettrés aus dem späten neunzehnten Jahrhundert in Hinblick auf spezifische Interpunktionszeichen und die französischen accents zeigt auf, in welchem Maße die Regeln der französischen Akzentsetzung und Interpunktion von den ungeübten Schreibern beherrscht werden und zu welchen Abweichungen von der Norm die fehlenden orthographischen Kenntnisse der Briefverfasser führen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Schriftlichkeit in der Kolonie Guyana
- 2.1 Entstehung der bagnes
- 2.2 Briefverkehr in den bagnes
- 3. Thematik und Forschungsziel des Corpus Historique du Substandard Français
- 4. Profil der peu-lettrés
- 4.1 Stand und Bildung der peu-lettrés
- 4.2 Départements d'origine der peu-lettrés
- 5. Geschichte der Orthographie und Interpunktion des Französischen
- 5.1 Entwicklung der französischen Orthographie
- 5.2 Entwicklung der französischen Interpunktion und Akzentsetzung
- 6. Schwierigkeiten der französischen Orthographie und Interpunktion
- 6.1 Umsetzung des code phonique in den code graphique
- 6.2 Mündlichkeit und Interpunktion
- 7. Systematische Abweichungen in den Briefen der peu-lettrés
- 7.1 Découpage
- 7.1.1 Surdécoupage
- 7.1.2 Agglutination
- 7.1.3 Liaison und apostrophe
- 7.2 Accents und diacritiques
- 7.2.1 Accent grave
- 7.2.2 Accent aigu
- 7.2.3 Accent circonflexe
- 7.2.4 Cédille
- 7.3 Point und virgule
- 7.1 Découpage
- 7.4 Fazit
- 8. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Alphabetisierungsgrad der französischen Unterschicht im späten 19. Jahrhundert anhand von Briefen von Gefangenen in der Strafkolonie Guyana. Das Hauptziel ist es, die Auswirkungen mangelnder Schreibkenntnisse auf die Interpunktion und Akzentsetzung zu analysieren und daraus Rückschlüsse auf den damaligen Alphabetisierungsstand zu ziehen.
- Analyse der orthographischen und interpunktionellen Devianzen in Briefen von "peu-lettrés".
- Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Französischen.
- Rekonstruktion des Alphabetisierungsgrades der französischen Unterschicht im 19. Jahrhundert.
- Einordnung der schriftlichen Korrespondenz in den historischen Kontext der französischen Strafkolonie Guyana.
- Beitrag zur Schließung von Forschungslücken im Bereich der Alphabetisierungsforschung.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der französischen Alphabetisierung im 19. Jahrhundert ein und beschreibt die Diskrepanz zwischen der lautlichen und schriftlichen Form der französischen Sprache. Sie stellt die Briefe von Gefangenen in der Strafkolonie Guyana als Untersuchungsgegenstand vor und erläutert das Ziel der Arbeit: die Analyse von orthographischen und interpunktionellen Devianzen, um Rückschlüsse auf den Alphabetisierungsgrad der französischen Unterschicht zu ziehen. Die Arbeit verspricht einen Beitrag zur Schließung bestehender Forschungslücken.
2. Schriftlichkeit in der Kolonie Guyana: Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehung und das Funktionieren der französischen Strafkolonien in Guyana ("bagnes"). Es beschreibt die historischen Hintergründe der Deportation und die Rolle der Schriftlichkeit im Leben der Gefangenen. Der Fokus liegt auf dem Briefverkehr als wichtige Kommunikationsform innerhalb und außerhalb der Kolonie. Die Briefe, die in den Archiven überliefert sind, werden als wertvolle Quelle zur Untersuchung des Alphabetisierungsgrades vorgestellt. Es wird die Unterscheidung zwischen formellen und privaten Briefen erläutert, und die Bedeutung der privaten Briefe als Einblick in die Schreibkompetenzen der "peu-lettrés" hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Alphabetisierung, Frankreich, 19. Jahrhundert, Strafkolonie Guyana, "bagnes", "peu-lettrés", Interpunktion, Orthographie, Akzentsetzung, Normabweichungen, Schriftlichkeit, Mündlichkeit, soziale Ungleichheit, Sprachgeschichte.
Häufig gestellte Fragen zum Corpus Historique du Substandard Français
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht den Alphabetisierungsgrad der französischen Unterschicht im späten 19. Jahrhundert anhand von Briefen von Gefangenen in der Strafkolonie Guyana. Der Fokus liegt auf der Analyse orthographischer und interpunktioneller Abweichungen, um Rückschlüsse auf den damaligen Alphabetisierungsstand zu ziehen.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Hauptquelle dieser Arbeit besteht aus Briefen von Gefangenen ("peu-lettrés") in der französischen Strafkolonie Guyana ("bagnes"). Diese Briefe bieten einen Einblick in die Schreibkompetenzen der damaligen Unterschicht und ermöglichen die Analyse von Normabweichungen in Orthographie und Interpunktion.
Was ist das Ziel der Untersuchung?
Das Hauptziel ist die Analyse der Auswirkungen mangelnder Schreibkenntnisse auf die Interpunktion und Akzentsetzung in den Briefen der "peu-lettrés". Die Arbeit möchte den Zusammenhang zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit untersuchen und den Alphabetisierungsgrad der französischen Unterschicht im 19. Jahrhundert rekonstruieren. Sie soll zudem einen Beitrag zur Schließung bestehender Forschungslücken leisten.
Welche Aspekte der Schriftlichkeit werden analysiert?
Die Analyse konzentriert sich auf systematische Abweichungen in den Briefen, einschließlich des Textaufbaus (Découpage, Surdécoupage, Agglutination, Liaison und Apostroph), der Verwendung von Akzenten und diakritischen Zeichen (Accent grave, aigu, circonflexe, Cédiclle) sowie der Anwendung von Punkt und Semikolon.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in acht Kapitel: Einleitung, Schriftlichkeit in der Kolonie Guyana (inkl. Entstehung der Bagnes und Briefverkehr), Thematik und Forschungsziel, Profil der Peu-lettrés (inkl. Stand, Bildung und Herkunftsregionen), Geschichte der französischen Orthographie und Interpunktion, Schwierigkeiten der französischen Orthographie und Interpunktion, systematische Abweichungen in den Briefen der Peu-lettrés und Schlussbetrachtung. Jedes Kapitel bietet detaillierte Analysen und Erkenntnisse.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Alphabetisierung, Frankreich, 19. Jahrhundert, Strafkolonie Guyana, "bagnes", "peu-lettrés", Interpunktion, Orthographie, Akzentsetzung, Normabweichungen, Schriftlichkeit, Mündlichkeit, soziale Ungleichheit, Sprachgeschichte.
Welche Bedeutung hat die Untersuchung des Briefverkehrs?
Der Briefverkehr der Gefangenen in den "bagnes" stellt eine einzigartige Quelle dar, um den Alphabetisierungsgrad der französischen Unterschicht zu untersuchen. Die privaten Briefe geben einen authentischen Einblick in die Schreibkompetenzen dieser Gruppe und ermöglichen eine detaillierte Analyse der sprachlichen Besonderheiten.
Welche Forschungslücke schließt diese Arbeit?
Diese Arbeit trägt zur Schließung von Forschungslücken im Bereich der Alphabetisierungsforschung bei, indem sie den Alphabetisierungsgrad der französischen Unterschicht im 19. Jahrhundert anhand bisher kaum untersuchter Quellen – der Briefe von Gefangenen in Guyana – analysiert.
- Citar trabajo
- Sophie Barwich (Autor), 2019, Alphabetisierung im Frankreich des späten 19. Jahrhunderts. Eine Analyse der Devianzen in Briefen Gefangener der Strafkolonie Guyana, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496915