Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis v
Tabellenverzeichnis vi
Abkürzungsverzeichnis vii
Symbolverzeichnis viii
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage und Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise
2 Standortplanung als betriebliche Planungsaufgabe
2.1 Aufgaben und Ziele
2.2 Ebenen der Standortplanung
2.3 Regionale Standortplanung und -entwicklung
2.3.1 Charakteristika regionale Standortplanung
2.3.2 Relevanz der regionale Standortentwicklung
2.4 Modelle der Standortplanung
3 Multikriterielle Entscheidungsunterstützung
3.1 Grundlagen der Entscheidungstheorie
3.2 Multi-Criteria Decision Making
3.2.1 Multi-Attribute Decision Making
3.2.2 Multi-Objective Decision Making
3.3 Vergleich und Bewertung
4 Verfahren und Modelle des Multi-Objective Decision Making
4.1 Verfahren mit a posteriori Information
4.2 Verfahren mit a priori Information
4.2.1 Nutzen-Modelle
4.2.2 Verfahren mit Anspruchsniveau
4.2.3 Zielprogrammierung
4.2.4 Maximierung des minimalen Zielerreichungsgrades
4.3 Verfahren mit progressiver Information
4.3.1 Verfahren von Geoffrion, Dyer und Feinberg
4.3.2 Verfahren von Zionts-Wallenius
4.3.3 STEM-Verfahren
4.3.4 Ansatz von Korhonen
4.3.5 Methode von Steuer
5 Evaluierung eines geeigneten Multi-Objective Decision Making Ansatz
5.1 Identifikation eines geeigneten Verfahrens
5.2 Methodenbeschreibung - gewichtete Zielprogrammierung
5.3 Die gewichtete Zielprogrammierung als konzeptionelles Modell
5.4 Grenzen, Potentiale und Handlungsempfehlungen
5.4.1 Potentiale
5.4.2 Grenzen und Handlungsempfehlungen
6 Zusammenfassung und Ausblick
6.1 Zusammenfassung
6.2 Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
2.1 Standorttypologisierung
2.2 Mindmap - regionale Standortfaktoren
2.3 Modelle der Standortplanung
3.1 Grundmodell der Entscheidungsfällung
3.2 Typischer Entscheidungsprozess des MCDM
3.3 MCDM Klassifikation
3.4 Methodik des Multi-Objective Decision Making
5.1 Darstellung der Abstände bei der Zielprogrammierung
5.2 Ablaufdiagramm - gewichtete Zielprogrammierung
Tabellenverzeichnis
3.1 Qualität der Informationen (MADM)
3.2 Klassifikation von MODM-Verfahren
3.3 Vergleich MADM und MODM
5.1 Standortausprägungen (Fallbeispiel)
5.2 Transportkosten, Jahresbedarf, max. Produktionsmenge und Investitionskosten (Fallbeispiel)
5.3 Gewichtungsfaktor der Abweichungen (Fallbeispiel)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Zu Beginn wird die Ausgangslage und die Problemstellung der regionalen Standortplanung und -entwicklung im regionalen Kontext erläutert. Dabei wird auf die Relevanz vom Multi-Criteria Decision Making (MCDM) eingegangen. Im Anschluss wird die Zielsetzung und die Vorgehensweise zur Evaluation eines geeigneten Verfahrens skizziert.
1.1 Ausgangslage und Problemstellung
Anhaltende Megatrends wie beispielsweise Globalisierung und Urbanisierung verändern räumliche Strukturen und führen zu einer fortschreitenden Entwicklung von Metropolregionen. Die Hauptaufgabe von Unternehmen ist, bei der regionalen Standortplanung einen geeigneten Standort auszuwählen, um den größten nachhaltigen Unternehmenserfolg in der Region zu erreichen. Im Laufe der Zeit verändern sich Anforderungen und Alternativen auf Seiten der kommunalen Standortentwicklung, aber auch auf Seiten der Unternehmen, sodass es zunehmend schwerer wird einen optimalen Standort zu lokalisieren. Außerdem können Unternehmen nach eigenen Anforderungen Standorte selbst entwickeln. Die Unternehmen stehen damit vor der Herausforderung optimale Maßnahmenbündel zu definieren und ausgewählte Standorte zu allozieren.
Die Literatur behandelt hauptsächlich globale Entscheidungsprobleme, die meist auf der Basis von weniger quantitativen Standortfaktoren getroffen werden. Jedoch sind qualitative Standortfaktoren gleichermaßen relevant und sollten bei der Entscheidung einbezogen werden. Das MCDM berücksichtigt quantitative und qualitative Faktoren simultan und kann somit für die Entscheidungsfindung herangezogen werden. Sofern der Betrachtungshorizont auf der regionalen Standortplanung und -entwicklung liegt, werden die dynamischen Herausforderungen häufig vernachlässigt.
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise
Ziel dieser Arbeit ist die Standortplanung in die betriebliche Planungsaufgabe einzuordnen und im Anschluss Charakteristika und Anforderungen im Kontext der regionalen Standortplanung zu identifizieren.
Außerdem werden bestehende MCDM-Ansätze gegenübergestellt und insbesondere Multi-Objective Decision Making (MODM) Ansätze für die regionale Standortplanung untersucht. Nachdem ein Ansatz alloziert wurde, wird mithilfe einer Fallstudie ein mathematisches Modell zur Evaluation des gewählten Ansatzes erstellt.
Die Erkenntnisse dienen der Identifikation möglicher Potentiale, Grenzen und Handlungsempfehlungen im Kontext der regionalen Standortplanung und -entwicklung. Einführend wird die Standortplanung in die betriebliche Planungsaufgabe eingeordnet und Aufgaben sowie daraus resultierende Ziele identifiziert. Außerdem werden die verschiedenen Ebenen der Standortplanung skizziert. Anschließend wird die Standortplanung im regionalen Kontext betrachtet, sodass Charakteristika regionaler Standortplanung und deren Anforderungen an alle beteiligten Interessensgruppen sowie die Relevanz der regionalen Standortentwicklung, dem Leser nähergebracht. Das Kapitel der Standortplanung als betriebliche Planungsaufgabe wird mit einer Übersicht der verwendeten Modelle der Standortplanung abgeschlossen.
Nach einer ausführlichen Literaturrecherche liefern die Grundlagen der Entscheidungstheorie die Einführung in die multikriterielle Entscheidungsunterstützung. Zudem werden die Grundprinzipien des MCDM, des MADM und des MODM kurz vorgestellt sowie gegenübergestellt, um wesentliche Merkmale herauszuarbeiten.
Im Anschluss werden relevante Verfahren und Modelle des MODM für die regionale Standortplanung, welche in der Literatur behandelt werden, nach Art und Qualität der Informationen klassifiziert und übersichtlich präsentiert.
Mithilfe der vorgestellten Verfahren und den Anforderungen, die an eine regionale Standortplanung und -entwicklung zu stellen sind, wird eine geeignete Methode vorgestellt. Die beschriebene Methode wird anhand eines fiktiven Fallbeispiels evaluiert, damit ein konzeptionelles Modell zur Identifikation von Grenzen, Potentialen und Handlungsempfehlungen das Kernstück der Arbeit bildet.
Eine Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse und ein kurzer Ausblick auf weitere Forschungsfragen schließen die Arbeit ab.
2 Standortplanung als betriebliche Planungsaufgabe
Zu Beginn wird in Kapitel 2.1 die Standortplanung in die verschiedenen Planungsaufgaben eines Unternehmens eingeordnet. Dabei wird zwischen globaler und regionaler Standortplanung unterschieden. Außerdem wird die Relevanz regionaler Standortplanung sowie regionaler Standortentwicklungen aufgezeigt und charakterisiert. Es werden explizite Standortfaktoren im regionalen Kontext dargelegt. Abschließend werden wesentliche Modelle der Standortplanung erläutert, umso die Herausforderungen der regionalen Standortplanung resümierend aufzuzeigen.
2.1 Aufgaben und Ziele
Planung ist ein systematisch-methodischer Prozess der Erkenntnisse bzw. Lösungen von Zukunftsproblemen darlegt.1 Daher kann die Planung als eine der Grundmauern jedes Unternehmens bezeichnet werden. Betriebliche Planungsaufgaben lassen sich in drei unterschiedliche Entscheidungsebenen aufteilen.
Die strategische Planungsaufgabe befasst sich mit der Ausrichtung eines Unternehmens wie beispielsweise das Netzwerkdesign oder der strategischen Wettbewerbspositionierung. Es werden langfristige Entscheidungen getroffen.
Die taktische Planungsaufgabe beinhaltet die mittelfristige Planung von Unternehmen wie beispielsweise die Bedarfs- und Produktionsprogrammplanung.
Zur operativen Planungsaufgabe gehört die kurzfristige Planung wie unter anderem die Transportplanung.
Die Standortplanung lässt sich auf der strategischen Entscheidungsebene als strategisches Instrument einordnen. Der Planungshorizont beträgt dabei mehr als 5 Jahre. Ziel der Standortplanung ist, eine geeignete Standortstruktur zu finden, die betriebsinterne (produktionsbedingte) und externe (marktbedingte) Anforderungen
langfristig zur Sicherung des wirtschaftlichen Erfolgs des Unternehmens kombiniert. Zur optimalen Standortauswahl zählen weitere Aspekte wie langfristige Markt- und Unternehmensentwicklungen, Unternehmensstrategien und externe Umweltdaten. Auch die Motive für Standortentscheidungen können unterschiedlicher Natur sein. Grundsätzlich wird zwischen den unternehmensinternen Motiven, den Maktmotiven und den politischen Motiven unterschieden.
Ergänzend kann eine Unterscheidung zwischen volkswirtschaftlicher Standortplanung, betrieblicher Standortplanung und innerbetrieblicher Standortplanung vorgenommen werden.2 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird die betriebliche Standortplanung näher thematisiert.
2.2 Ebenen der Standortplanung
Die Betrachtungsebene spielt bei der Standortplanung eine entscheidende Rolle. Es wird dabei zwischen global und regional unterschieden. Bei der globalen Standortplanung werden differierende Erfolgsfaktoren, Interdependenzen, Wertschöpfungsketten und Standortfaktoren als bei der regionalen Standortplanung betrachtet. Beispielsweise kann bei der globalen Standortplanung der Fokus auf der Kostenminimierung liegen. Standorte werden ins Ausland verlagert, weil die Lohnkosten für Mitarbeiter im Vergleich zu inländischen Lohnkosten deutlich geringer ausfallen. Zudem führen Steuer- und Handelserleichterungen zu einer heterogenen Betrachtungsweise.
Bei der regionalen Standortplanung besteht die Herausforderung darin, weniger quantifizierbare Faktoren wie z.B. kommunale Einflussfaktoren oder Attraktivität für Mitarbeiter zu berücksichtigen. Da die Relevanz von Umweltaspekte immer bedeutsamer wird ist die Distribution ein zu berücksichtigender Aspekt.3
Die regionale und globale Standortplanung weisen zwar Gemeinsamkeiten auf, allerdings sollte das Problem zur Auswahl eines geeigneten Standortes auf das gegebene regionale oder globale Entscheidungsproblem angepasst werden.
Da in der Literatur vorrangig die globale Standortplanung thematisiert wird, besteht ein zusätzlicher Forschungsbedarf bei der Betrachtung der regionalen Ebene.4
2.3 Regionale Standortplanung und -entwicklung
Ein Großteil der bestehenden Standortentscheidungsmodelle ist auf eine kosten-minimierende globale Standortauswahl ausgelegt. Für eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit sollte auch auf die regionale Nähe zu Netzwerkpartnern geachtet werden. Dieser Trend ist bei deutschen Unternehmen ansteigend.5 Im Folgenden werden die verschiedenen Charakteristika und Anforderungen der regionalen Standortplanung sowie die Möglichkeit der regionalen Standortentwicklung untersucht.
2.3.1 Charakteristika regionale Standortplanung
Die Hauptaufgabe der regionalen Standortplanung ist, einen optimalen Standort für ein Unternehmen in der Region zu finden, um einen nachhaltigen Unternehmenserfolg zu garantieren. Der Gegenstand reicht von einzelnen Betrieben, Produktionswerken bis hin zu Zentral-, Beschaffungs- oder Auslieferungslagern. Es gibt unterschiedliche Raumstrukturtypen die verschiedene Standortfaktoren aufweisen. In aktuellen Veröffentlichungen wird daher eine Abgrenzung in „Ländliche“, „Suburbane“ und „Urbane“ Räume vorgenommen. Zudem können „Suburbane“ Räume in „Suburban mit Landcharakter“ und „Suburban mit Stadtcharakter“ aufgeteilt werden. Diese Standorttypen werden an der durchschnittlichen Bevölkerungsdichte und der Entfernung zum nächsten urbanen Raum bemessen (Vgl. Abbildung 2.1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Standorttypologisierung6
Jeder dieser Raumstrukturtypen weist andere Charakteristika und andere Potentiale und Risiken von Seiten der Kommunen, aber auch von Seiten der Unternehmen auf. Die Verfügbarkeit von Gewerbe- und Industriefläche ist beispielsweise in urbanen Gebieten limitierter als in ländlichen Regionen. Im Zielkonflikt dazu steht, dass in urbanen Gebieten eine bessere Verkehrsinfrastruktur besteht als im ländlichen Raum. Gleichzeitig könnten bei limitierten Gewerbe- und Industrieflächen höhere Steuern gefordert werden.
Damit eine entsprechende Standortentscheidung getroffen werden kann, sind eine Vielzahl von Standortfaktoren zu berücksichtigen, die in der Regel verschiedene Zielkonflikte enthalten können. Außerdem müssen unternehmensseitige Entwicklungsmaßnahmen sowie kommunalgetriebene Standortentwicklungen berücksichtigt werden.
Einflüsse wie Fabrikeigenschaften, Netzwerkpartner, externe Interessengruppen oder Regionalpolitik sind weitere Faktoren, die nicht zu vernachlässigen sind.
In der Standortentscheidungspraxis wird zunächst die Anzahl potentieller Standortalternativen mithilfe eines K.O.-Kriteriums limitiert. Bei der regionalen Standortplanung ist beispielsweise ein K.O. Kriterium, dass lediglich Standorte in der Region zur Auswahl stehen.7
Ergänzend haben auch kommunale Interessengruppen wie Bürgermeister, Stadtplaner und Wirtschaftsförderer Interesse an der Standortauswahl. Sie wollen die Attraktivität der Region steigern, indem sie die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen unterstützen.
Dennoch haben Unternehmen und Kommunen unterschiedliche Einflüsse auf verschiedenste Standortfaktoren und somit auch deren Entscheidungen. Kommunen haben beispielsweise enormen Einfluss im Bereich der Infrastruktur und der Kommunalpolitik. Unternehmen haben beispielsweise viel Einfluss im Bereich der Mitarbeiter. Die konkurrierenden Ziele dieser beiden Parteien erschweren die Standortauswahl zusätzlich.
Regionale Standortfaktoren können in homogene Gruppen wie Mitarbeiter, Verkehrsinfrastruktur, sonstige Infrastruktur, Netzwerk, Kommunalpolitik und Kosten eingeteilt werden.8
Die Gruppe Mitarbeiter beinhaltet mitarbeiterorientierte Standortfaktoren wie Attraktivität für Arbeitskräfte. Ein attraktiver Arbeitsplatz für einen Arbeitnehmer ist beispielsweise ein guter Ausgleich zwischen „work“ und „life“ (work-life-balance). Die Gruppe Verkehrsinfrastruktur beinhaltet infrastrukturelle Standortfaktoren wie beispielsweise eine gute Anbindung an Autobahnen. Eine gute Verkehrsanbindung an das Autobahnnetz ermöglicht den Arbeitnehmern einen angenehmeren Arbeitsweg als einen durch den Stadtverkehr. Zudem ist die Logistik für Auslieferungen und Zulieferungen einfacher und schneller zu disponieren.
Die Gruppe sonstige Infrastruktur besteht aus anderen infrastrukturellen Standortfaktoren, die in erster Linie nichts mit dem Verkehr zu tun haben. Ein Beispiel dafür ist die Marktgröße einer ausgewählten Branche in dieser Region. Die Errichtung einer Produktionsstätte oder eines Ersatzteillagers der Schiffsproduktion wäre in Regionen am Meer oder in der Nähe von großen Flüssen wünschenswert.
Bei der Gruppe der Netzwerke liegt der Fokus auf der räumlichen Nähe zu Netzwerkpartnern wie Kunden und Zulieferern. Sofern eine geringere Distanz zwischen Netzwerkpartnern zurückgelegt werden muss, können logistische Einsparungen als Potential angesehen werden.
Eine weitere Gruppe ist die Kommunalpolitik in der Region. Falls ein kommunalpolitisches Ziel die Gewinnung von mehr heterogenen Wirtschaftsunternehmen in der Region ist, können Gewerbe- und Industrieflächen subventioniert angeboten werden. Subventionen können den Zuwachs an Unternehmen in der Region weiter fördern. Einer der wichtigsten Standortfaktoren besteht aus der Gruppe der Kosten. Die Kostenplanung steht auf Seiten der Unternehmen als auch auf Seiten der Kommunen an primärer Stelle. Umso geringer die Steuern in einer Region sind, desto attraktiver wird diese Region für Unternehmen. Allerdings achten die Kommunen darauf, dass ihr Haushalt in einem akzeptablen Bereich bleibt.9
Alles in allem besteht die Anforderung darin eine Vielzahl von Standortfaktoren zu priorisieren und gegenüberzustellen, damit ein bestmöglicher Standort individuell evaluiert werden kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2: Mindmap - regionale Standortfaktoren10
2.3.2 Relevanz der regionale Standortentwicklung
Neben der klassischen Standortplanung besitzen Unternehmen zusätzlich die Möglichkeit Standorte nach eigenen Anforderungen zu entwickeln. Gleichzeitig finden kommunale Standortentwicklungen statt.
Hier ist zu beachten, dass Unternehmen und Kommunen nicht immer die gleichen Ziele verfolgen. Unternehmen bevorzugen beispielsweise die Entwicklung eines Standortes mit einem möglichst geringem Lohnniveau, hohe Verfügbarkeit von Fachkräften und einer geringen Distanz zu Kunden.
Die Präferenzen der Kommunen liegen vorzugsweise bei einem angemessenen Lohnniveau, einem attraktiven Arbeitsplatz für Arbeitnehmer und einer Vielfalt unterschiedlicher Unternehmen zur Steigerung der Heterogenität in der Region. Das übergeordnete Ziel der Kommunen ist die Attraktivität in der Region kontinuierlich zu steigern und Standorte zu entwickeln, die sowohl für Unternehmen als auch für Arbeitnehmer (bzw. für die Öffentlichkeit) interessant sind.11
Sollte eine Kommune beispielsweise Bedarf an Ersatzteilläger für die Automobilproduktion besitzen, da in der Region einige Produktionsstätten ansässig sind, ist die gemeinsame Entwicklung eines Standortes, mit einem Ersatzteilehersteller, eine relevante Alternative.
Ein wichtiger Bestandteil der regionale Standortplanung ist daher die Identifikation von potentiellen, nicht bestehenden, Standorten. Mithilfe von Befragungen einzelner Kommunen können Standorte analysiert werden, die unter Umständen als optimal zu bewerten sind. Zudem ist ein permanenter Informationsaustausch zwischen Unternehmen und Kommunen notwendig, um gegenseitig weitere Potentiale zu nutzen oder Risiken zu minimieren.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die regionale Standortentwicklung ein signifikanter Bestandteil der regionalen Standortplanung ist. Die Alternativen der Standortentwicklung müssen bei einer multikriteriellen Standortanalyse mit einbezogen werden, damit für alle Beteiligten ein Optimum erreicht werden kann.
2.4 Modelle der Standortplanung
Da die Standortplanung eine der am wichtigsten Unternehmensaufgaben ist, gibt es viele unterschiedliche Modelle zur Evaluation eines geeigneten Standortes, die zahlreiche Kriterien berücksichtigen. Im Operations Research (OR) gibt es eine Vielzahl von Ansätzen zur Lösung des Standortproblems.
Zunächst können deskriptive und normative Ansätze der Standorttheorie unterschieden werden. Bei den deskriptiven Ansätzen werden subjektive Anforderungen an potentielle Standorte gestellt, die die Standorte möglichst umfassend erfüllen sollen. Vorherrschende Standortfaktoren sind beispielsweise Infrastrukturanbindung, geographische Lage und Grundstücksbedingungen.
Die normativen Ansätze teilen sich in qualitative und quantitative Verfahren auf. Die qualitativen Verfahren erfassen nicht bzw. nur bedingt quantifizierbare und nichtmonetäre Kriterien. (z.B. Nutzwertanalyse oder Standort-Portfolio-Matrix)
Die quantitativen Verfahren erfassen die benötigten quantifizierbaren Kriterien.12 (siehe Abbildung 2.3)
Allerdings gibt es keine allgemeingültigen Verfahren zur Auswahl des optimalen Standortes. MCDM-Ansätze, welche den mathematischen Optimierungsverfahren zuzuordnen sind, werden zunehmend relevant um sämtliche Standortfaktoren, Restriktionen oder andere Vorgaben, wie beispielsweise die Begrenzung der Standortauswahl in der Region, zu berücksichtigen. Außerdem müssen bei jedem Entscheidungsprozess die individuellen Charakteristika der Unternehmung identifiziert und zugeordnet werden.
Wesentliche Charakteristika eines Optimierungsproblems in der Standortplanung sind:
- Art des Unternehmen (Branche)
- Art der Produkte (Dienstleistungen, Produktion, ...)
- Planungshorizont (einperiodisch vs. mehrperiodisch)
- Zielsetzung (Einfachzielsetzung vs. Mehrfachzielsetzung)
- Budgetrestriktionen
MCDM-Ansätze teilen sich in MADM-Ansätze, in entscheidungstechnologische Ansätze und in MODM-Ansätze auf. Diese Ansätze unterscheiden sich in der Menge des Lösungsraumes. Bei MADM-Verfahren wird in einem diskreten Lösungsraum das Problem durch die Auswahl einer Handlungsalternative gelöst. Bei MODM-Verfahren wird in einem stetigen Lösungsraum das Problem durch Berechnungen von Alternativen gelöst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.3: Modelle der Standortplanung13
Zusammenfassend besteht die Relevanz der Lösung des Problems zur regionalen Standortplanung und -entwicklung darin, alle essentiellen Informationen zu identifizieren, zu analysieren, zu interpretieren und auszuwerten. Es ist wichtig sämtliche Standortfaktoren aus der Sicht aller Interessengruppen (Unternehmen, Kommune, Staat usw.) wahrzunehmen und zu begutachten. Da es eine Vielzahl von Modellen, Methoden und Verfahren gibt, die zur Lösung des Problems herangezogen werden können, besteht eine weitere Herausforderung darin, dass am besten geeignete Modell zu evaluieren, bzw. es unter Umständen individuell auf die gegebene Situation anzupassen. Der Fokus besteht darin, möglichst viele Aspekte wie möglich mit einzubeziehen.
3 Multikriterielle Entscheidungsunterstützung
Das nächste Kapitel beinhaltet eine allgemeine Zusammenfassung der Grundlagen der Entscheidungstheorie. Außerdem werden die verschiedenen MCDM-Ansätze klassifiziert und miteinander verglichen, um der Lösung eines geeigneten Verfahrens zur regionalen Standortplanung näher zu kommen.
3.1 Grundlagen der Entscheidungstheorie
Die grundlegende Frage bei der Entscheidungslogik ist, wie sich ein Mensch in bestimmten Situationen verhalten sollte. In der regionalen Standortplanung und -entwicklung ist analog die Frage: Für welchen regionalen Standort sollte sich ein Entscheidungsträger entscheiden?
In der Entscheidungstheorie trägt der Entscheidungsfäller die Hauptverantwortung. Der Entscheidungsfäller (auch Entscheidungsträger) kann aus einer oder mehreren Personen bestehen, die beispielsweise in einem Gremium zusammengefasst sind.
Des Weiteren wird eine Unterscheidung zwischen beeinflussbaren Faktoren (Aktionen) und nicht beeinflussbaren Faktoren (Zustände) vorgenommen. Das Zusammenwirken von Aktion und Zustand erzeugt ein Ergebnis. Die Wertschätzung dieser Ergebnisse bestimmt den Nutzen der Entscheidung und kann mithilfe der Präferenzfunktion chronologisch geordnet werden. Die Präferenzfunktion beschreibt den Zusammenhang zwischen Nutzen und Ergebnis.14
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.1: Grundmodell der Entscheidungsfällung15
Je nach Art der Information können die Zustände weiter unterschieden werden:
- Entscheidung bei Sicherheit: Es ist sicher, welcher Zustand eintreten wird.
- Entscheidung bei Risiko: Die Eintrittswahrscheinlichkeit der Zustände ist bekannt.
- Entscheidung bei Unsicherheit: Es liegt gar keine Information bereit, welcher Zustand zu erwarten ist.
Um eine geeignete Entscheidung treffen zu können, gibt es Entscheidungsregeln und Entscheidungsprinzipien, die dem Entscheidungsfäller als Hilfe dienen. (z.B. Minmax- Regel, Maximax-Regel, Laplace-Regel, etc.)
Die Lösung der Entscheidungsregeln ist ein konkretes Ergebnis. Hingegen bietet die Lösung der Entscheidungsprinzipien ein Ergebnis, welches in mindestens einem Parameter besser zu bewerten ist als die Alternativen.16
In der folgenden Ausarbeitung wird angenommen, dass die regionale Standortplanung im Kontext der Entscheidung bei Sicherheit einzuordnen ist. Es wird davon ausgegangen, dass sämtliche Informationen, die für die regionale Standortplanung von Relevanz sind, vollständig vorliegen.
[...]
1 Vgl. Wild (1982), S.12 ff.
2 Vgl. Domschke und Drexl (1996), S. 1-5.
3 Vgl. Kinkel (2009), S. 3 ff.
4 Vgl. Badri (1996), S. 1 ff., Lee et al. (1981), S. 1 ff.
5 Vgl. Richter et al. (2014), S. 202.
6 Richter et al. (2015), S. 150.
7 Vgl. Richter et al. (2014), S. 202.
8 Vgl. Kik et al. (2018), S. 506.
9 Vgl. Kik et al. (2018), S. 504 ff., Richter et al. (2015), S. 148 ff.
10 In Anlehnung an: Richter et al. (2015), S. 150., Kik et al. (2018), S. 504., Landua et al. (2017), S. 7 ff.
11 Vgl. Rosenfeld (2006), S. 82 ff.
12 Vgl. Domschke und Drexl (1996), S. 6 ff.
13 In Anlehnung an: Domschke und Drexl (1996) S. 6 ff., Zimmermann und Gutsche (1991) S. 21 ff., Ossadnik (1998), S. 11 ff.
14 Vgl. Zimmermann und Gutsche (1991), S. 2 ff.
15 In Anlehnung an: Zimmermann und Gutsche (1991), S. 3.
16 Vgl. Zimmermann und Gutsche (1991), S. 4-5.