Bedingungen für Aushandlungsprozesse in einer postmigrantischen Gesellschaft

Nach Naika Foroutan und weiteren Autoren


Hausarbeit, 2019

15 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung:

2.1. Der Diskurs um die Analyseperspektive „postmigrantisch“:
2.2. Aushandlungsprozesse in einer postmigrantischen Gesellschaft
2.3. Der Kampf um Ressourcen

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

1.Einleitung:

Wenn wir einen Blick in die Geschichte werfen, können wir beobachten, dass Migration schon immer ein integraler Bestandteil jeder Gesellschaft war. Die Ursachen dafür waren bisher größtenteils Krieg, Hungersnot oder auch Vertreibung aus dem jeweiligen Ursprungsland. In dem neuen Land muss der Akteur sich dann der neuen Umwelt anpassen und bestimmte Bedingungen und Erwartungen erfüllen, um mit den Menschen in seiner Umgebung interagieren zu können. Die neue Kultur und die Lebensweise der Einheimischen wirken für den Akteur in einer Migration oftmals neu und befremdlich, weshalb man in dem Kontext auch oft von einer Anpassungsphase spricht.

Ist die Anpassungsphase vorüber, entsteht der Anspruch, sich an gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen. Dies findet dann in einem Aushandlungsprozess statt, bei der unter anderem verschiedene Fraktionen entstehen können. Der Akteur ist in diesem Prozess bemüht an Ressourcen wie Bildung, Prestige oder auch sozialer Vernetzung, in der Verhandlung mit anderen Menschen, zu gelangen. Die Frage ist jedoch, wie der Prozess verläuft und mit welchen Bedingungen und Faktoren er verknüpft ist.

Aus diesem Forschungsinteresse heraus liegt der Fokus dieser Arbeit auf der Untersuchung von Aushandlungsprozessen in einer postmigrantischen Gesellschaft. Dabei wird auf die Arbeiten von Autoren (die sich mit diesem Thema befasst haben) eingegangen, mit speziellem Fokus auf die Arbeiten der Migrationsforscherin Naika Foroutan. Die Basis der Überlegung ist hierbei, Theorien über die Bedingungen der Aushandlungsprozesse von Naika Foroutan darzustellen und diese den Analysen anderer Migrationsforscher gegenüber zu stellen.

Der Begriff „postmigrantisch“ tritt in der Migrationsforschung besonders häufig auf und ist unabdingbar, um sich auf diesem Feld der Forschung zu bewegen. Der Begriff impliziert eine Phase oder einen Zeitraum, die eine Gesellschaft mit Migrationsgeschichte erklären will und fordert gleichzeitig eine neue Perspektive auf die Menschen, deren Vorfahren emigriert sind, um die Aushandlungsprozesse in der Gesellschaft besser nachvollziehen zu können.

Der Begriff dieses Begriffs hängt damit zusammen, dass in der Migrationsforschung die Annahme vertreten wird, dass die früheren Methoden in der Migrationsforschung nicht mehr ausreichen, die gesamte Komplexität einer Gesellschaft, die durch sog. Migranten geprägt ist, ursächlich zu erklären.

2.1. Der Diskurs um die Analyseperspektive „postmigrantisch“:

Eine Gesellschaft, bei der ein Teil der Bevölkerung eine Migrationsgeschichte hinter sich hat, ist und war immer mit einer Veränderung konfrontiert, die für eine Verschiebung innerhalb eines Landes sorgen kann. Um diesen Wandel in ihrer Komplexität beschreiben zu können und ursächlich zu erklären, forderten einige Wissenschaftler dazu auf, die Methodik innerhalb der Migrationsforschung neu zu überdenken. Eine davon war Naika Foroutan.

Naika Foroutan benutzt hierbei den Begriff postmigrantisch, der in diesem Zusammenhang einen Perspektivwechsel darstellen soll um eine Gesellschaft, die eine Migrationsgeschichte hat, zu erklären. Naika Foroutan definiert es als „eine Analyseperspektive, die sich mit gesellschaftlichen Konflikten, Narrativen, Identitätspolitiken sowie sozialen und politischen Transformationen auseinandersetzt, die nach erfolgter Migration einsetzen, und über die gesellschaftlich etablierte Trennlinie zwischen MigrantenInnen und NichtmigrantenInnen hinaus Gesellschaftsbezüge neu erforscht“ (Hill & Yildiz, 2018, S. 15).

Das „post“ soll nach Naika Foroutan. hier nicht das Ende eines Prozesses bezeichnen, sondern vielmehr als einen „empirischen Zugang für den Moment nach der Migration“ (Hill & Yildiz, 2018, S.16) verwendet werden. Hierbei will sie deutlich machen, dass die Forschung den Fokus auf Prozesse richten sollte, welche nach einer Migration in Gang treten und die Veränderungen bezüglich Narrative und Werte aufzeigen.

Dadurch, dass Menschen in ein neues Land emigrieren, entstehen in der Gesellschaft neue Narrative und es findet eine Verschiebung in der Wertevorstellung der Menschen statt. Vor allem in einem Land, wo die Migration ein Teil ihrer Geschichte ist, wird eine demokratische Gesellschaft geprüft wie es mit den Prinzipien Demokratie, Gleichheit und Freiheit hat. Infolgedessen kommt es schließlich laut Naika Foroutan zu einer Aushandlung um Rechte, Positionen, Repräsentationen und Privilegien. Die alten Narrative werden von den Einheimischen verteidigt und als Ergebnis werden in dem neuen Diskurs Stereotypen, Rassismen oder Ungleichheiten sichtbar, die bisher in der Gesellschaft vorhanden waren (vgl. Brinkmann & Sauer, 2016, S. 249).

Anknüpfend an den vorangegangenen Absatz hebt Naika Foroutan in ihrem Aufsatz „Aushandlungsprozesse in pluralen Gesellschaften“ hervor, dass dieses Modell „vor allem eine Dekonstruktionsleistung erbringen und etablierte Vorannahmen in Frage stellen oder neu reflektieren“ (Hill & Yildiz, 2018, S.19) soll. An derselben Stelle betont sie, dass die Dekonstruktion von Vorannahmen oder Stereotypen sowohl bei Menschen mit Migrationshintergrund als auch bei Etablierten stattfindet (vgl. ebd.).

Dabei ist nicht zu verkennen, dass es zu einem Konflikt zwischen den Einheimischen und den Migranten kommen kann und anschließend ein Prozess von statten geht, der emotional aufgeladen ist. Eine neue Debatte entsteht in der Gesellschaft und dadurch, dass etwas „Fremdes“ auftritt, kann es zu einem Kernthema, sowohl in der Gesellschaft als auch in der Politik, werden. Riem Spielhaus ist der Meinung, dass eine postmigrantische Gesellschaft regelrecht „eine Obsession für Migrations- und Integrationsthemen entwickelt“ (Ratkovic, 2018, S.28) und betont damit, dass die Diskurse sehr kontrovers geführt werden können.

An dieser Stelle führt Naika F oroutan an, dass eine postmigrantische Gesellschaft „geprägt [ist] von einem Dualismus und einer Polarisierung zwischen jenen, die unter Demokratie gleiche Rechte für alle Bürger verstehen und jenen, die mehr Rechte für die eigene Gruppe beanspruchen, die sie vorrangig national oder zum Teil auch völkisch definieren“ (Carius, Welzer & Wilkens, 2016, S.57). Der Dualismus, der hier zu erkennen ist, setzt einen Aushandlungsprozess in Gang, der als Konsequenz neue Allianzen entstehen lassen kann.

Allianzen, die sich für Einwanderung und Migration positionieren, grenzen sich von rechtpopulistischen Gruppierungen oder Migrationsgegnern ab, um ihre Einstellung für Diversität und Vielfalt offen darzulegen. Jedoch macht diese Entwicklung keinen Halt vor antagonistischen Positionen. Plötzlich treten Gruppierungen auf, die rechtpopulistische oder menschenfeindliche Narrative in die Mitte der Gesellschaft hineintragen wollen (vgl. Brinkman & Sauer, 2016, S. 229).

Shermin Langhoff versteht unter dem Begriff „postmigrantische Perspektive“ „einen gemeinsamen Raum der Diversität jenseits von Herkunft“ beschreibt. Dies ist deshalb für unseren Kontext interessant, weil sie dafür plädiert, die Klassifizierung von „migrantisch“ und „einheimisch“ aufzuheben um unter anderem ein neues Gesellschaftsnarrativ zu entwickeln, dass mit der Realität in einer Migrationsgesellschaft einhergeht. Der Fokus dieser Gesellschaftsbeschreibung soll laut Shermin Langhoff auf die kritische Auseinandersetzung zu den bisher zugewiesenen Positionen der Einheimischen und den Migranten gerichtet werden und neue Narrative erzeugen, wenn es um die Analyse eines Landes geht, die eine Migrationsgeschichte besitzt (vgl. Hill & Yildiz, 2018, S 19 f.).

Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass Diversität in einer Migrationsgesellschaft existent ist und wenn die Migrationsforschung sich mit diesem Thema befasst, darüber nicht hinwegkommt, sich dem Begriff „Diversität“ zu widmen. Trotz Versuche, mit dem Begriff in der Migrationsforschung weniger zu arbeiten, ist Römhild zufolge an dem Begriff festzuhalten, da Diversität empirisch beobachtbar ist. Nur soll der Begriff neu reflektiert und reformiert werden (vgl. Nieswand & Drotbohm, 2014, S.255 f.).

Als Konsequenz möchte sie diesen methodischen Ansatz „zugunsten einer postmigrantischen Ausrichtung, die Migration und ihre Folgen zum Normalfall der Gesellschaft und zur Querschnittsperspektive sozial- und kulturwissenschaftlicher Analyse“ etablieren (Nieswand & Drotbohm, 2014, S. 256) damit die Migrationsforschung „viel stärker für praktizierte Diversität jenseits ethnischer „Communities“, und damit für ethnisch offene soziale Formen und entsprechende Konzepte […] interessieren“ (ebd. S. 260).

Ferner kritisiert Erol Yildiz die Methodik des Differenzdenkens in der Migrationsforschung und plädiert für einen stärkeren Fokus auf die Lebensbedingungen, Strategien und Wege der Individuen damit die Forschung die Komplexität der Sachlage entgegenkommen kann (vgl. Blank, Gögercin, Sauer & Schramkowski, 2018, S.54). Um dann deutlich zu machen, dass wir es mit den „Nachkommen ehemaliger „Gastarbeiter_innen“, die sogenannte Zweite und Dritte Generation“ (ebd.) zu tun haben und nicht mehr mit Zuwanderern. Die Analyseperspektive muss sich laut Erol Yildiz ändern und weist im gleichen Augenblick ausdrücklich darauf hin, dass die Migrationsforschung von den Herkunftskategorien abrücken muss. Das Resultat seiner Analyseperspektive entspricht dann im Anschluss seiner Definition von „postmigrantisch“. Für ihn bedeutet postmigrantisch „eine Generation, die sich in unterschiedlichen Zwischen räumen bewegt und daraus ihre Biographien und Lebensstrategien entwickelt“ (ebd. S.53).

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Bedingungen für Aushandlungsprozesse in einer postmigrantischen Gesellschaft
Untertitel
Nach Naika Foroutan und weiteren Autoren
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
2,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
15
Katalognummer
V497441
ISBN (eBook)
9783346009449
ISBN (Buch)
9783346009456
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bedingungen, aushandlungsprozesse, gesellschaft, nach, naika, foroutan, autoren
Arbeit zitieren
Ismail Ekinci (Autor:in), 2019, Bedingungen für Aushandlungsprozesse in einer postmigrantischen Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497441

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