Wie Frauen der Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert wird. Handlungsoptionen für Unternehmen


Textbook, 2019

113 Pages


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf als Herausforderung für Unternehmen

2 Arbeitswelt und Familie
2.1 Gesellschaftliche Relevanz
2.2 Erwerbstätigkeit von Frauen
2.3 Elternzeiten

3 Organisationales Commitment
3.1 Mitarbeiterbindung
3.2 Konzept des Commitment
3.3 Drei-Komponenten-Modell nach Meyer und Allen

4 Instrumente einer familienfreundlichen Personalpolitik
4.1 Familienbewusste Arbeitszeitmodelle
4.2 Familienbewusste Arbeitsorganisation
4.3 Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung

5 Empirische Analyse zum Wiedereinstieg von Frauen
5.1 Erhebungsmethodik
5.2 Online-Untersuchung
5.3 Auswertungsmethodik

6 Ergebnisdarstellung und Auswertungen
6.1 Soziodemografische Daten
6.2 Determinanten des Wiedereinstiegs
6.3 Arbeitgeber als Einflussfaktor
6.4 Familie als Einflussfaktor

7 Fazit

Anlage

Fragebogen

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Abstract

Die vorliegende Bachelorarbeit beschäftigt sich mit dem Wiedereinstieg von Frauen nach der Familiengründung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den unternehmerischen Handlungsoptionen zur Förderung der Rückkehr in den Beruf. Die Maßnahmen werden auf Basis empirischer Ergebnisse diskutiert. Zu Beginn wird die gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz der Thematik aufgegriffen. Es wird der Frage nachgegangen, wie die Arbeitswelt aktuell in Bezug auf die Erwerbstätigkeit von Frauen und in Kontext der Elternzeiten aufgestellt ist. Zudem werden vorhandene Förderungsinstrumente des Gesetzgebers vorgestellt. Im Anschluss daran wird das theoretische Konstrukt der Mitarbeiterbindung[1] erarbeitet. Im speziellen befasst sich diese Arbeit mit dem Modell des organisationalen Commitment. Dieses wird durch das Drei-Komponenten-Modell nach Meyer und Allen vertieft. Die Fragestellung wird zum Schluss im empirischen Teil der Arbeit auf Basis deskriptiver Statistik aufgearbeitet. Im abschließenden Teil der vorliegenden Arbeit wird deutlich, dass vor allem noch kinderlose Frauen gerne frühzeitig in den Beruf zurückkehren möchten, wenn entsprechende Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben sind.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Erwerbstätigenquote der 20- bis 64-jährigen Deutschland (in %)

Abbildung 2: Erwerbstätigenquote der 20- bis 64-jähringen EU (in%)

Abbildung 3: Frauen-Erwerbstätigenquote 2015 in Europa

Abbildung 4: Die wichtigsten Mitarbeiterbindungsmaßnahmen

Abbildung 5: Unternehmenszielerreichung durch Mitarbeiterbindung

Abbildung 6: Einflüsse und Resultate des Commitment

Abbildung 7: Einflussfaktoren der drei Komponenten des OC

Abbildung 8: Gründe für Teilzeit nach dem Geschlecht

Abbildung 9: Arten des Job-Sharing

Abbildung 10: Betriebliche Kindertagesstätten in Deutschland bis 2017

Abbildung 11: Kita-Höchstsätze in ausgewählten deutschen Städten

Abbildung 12: Teilnehmerkreis

Abbildung 13: Punktdiagramm – Altersverteilung von 1953 bis 2000

Abbildung 14: Verteilung höchster Bildungsabschluss

Abbildung 15: Verteilung der Kinderplanung

Abbildung 16: Durchschnittliches Alter mit und ohne Kinderwunsch

Abbildung 17: Unterschied zeitliche Rückkehr: Kinder und kein Kinderwunsch / Keine Kinder und ein Kinderwunsch

Abbildung 18: Unterschied Arbeitsstunden Rückkehr: Kinder und kein Kinderwunsch / Keine Kinder und ein Kinderwunsch

Abbildung 19: Einflussfaktoren des Wiedereinstiegs

Abbildung 20: Top 3 Einflussfaktoren des Wiedereinstiegs

Abbildung 21 Wechselbereitschaft zu einem anderen Arbeitgeber

Abbildung 22: Zeitliche Rückkehr in Bezug auf die Kinderzahl

Abbildung 23: Hauptverdiener / Familieneinkommen

Abbildung 24: Einflussfaktor Einkommen / zu Hause bleiben

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Erwerbsbeteiligung in Deutschland im Dezember 2017

Tabelle 2: Anspruch auf Elterngeld und ElterngeldPlus

Tabelle 3: Berechnung und Höhe des Elterngeld(Plus)

Tabelle 4: Monatliche Grenzen des Elterngeldes

Tabelle 5: Verteilung berufliche Tätigkeit

Tabelle 6: Verteilung Elternzeit/Mutterschutz

Tabelle 7: Verteilung Anzahl der Kinder Soll – Frauen ohne Kinder

Tabelle 8: Verteilung Anzahl der Kinder – Ist

Tabelle 9: Verteilung Anzahl der Kinder – Soll

Tabelle 10: Verteilung Anzahl der Kinder

Tabelle 11: Verteilung der zeitlichen Rückkehr / Frauen mit Kinderwunsch

Tabelle 12: Verteilung der Arbeitszeit nach der Rückkehr

Tabelle 13: Auswertung Likert-Skala / Ausbildung

Tabelle 14: Auswertung Likert-Skala / Studium

Tabelle 15: Verbreitung Arbeitgeber-Angebote

1 Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf als Herausforderung für Unternehmen

“Young women in OECD countries generally obtain more years of schooling than young men, but women are less likely than men to engage in paid work. Gaps widen with age, as motherhood typically has marked negative effects on gender pay gaps and career advancement” (OECD, 2017, S. 17).

Die Zahl der erwerbstätigen Frauen nimmt stetig zu. Ihre Erwerbsbiografie ist allerdings oftmals durch Unterbrechungen gekennzeichnet. Wie von der OECD einleitend beschrieben, kann dies in vielen Fällen auf familiäre Ursachen zurückgeführt werden, oft spielen Kindererziehungszeiten und die Vereinbarkeit mit dem Beruf eine Rolle. Dabei werden qualifizierte Frauen in der Wirtschaft dringend benötigt. Vor allem der demografische Wandel wirkt sich auf die Verknappung von qualifizierten Fach- und Führungskräften aus (vgl. Borghardt, 2012, S. 75). In der Vergangenheit rückte verstärkt die Frage in den Mittelpunkt, wie der Wiedereinstieg von Frauen zu einem früheren Zeitpunkt gelingen kann, bestenfalls auch über eine Teilzeitbeschäftigung hinaus. Frauen sind nicht nur in Bezug auf den Fachkräftemangel eine relevante Größe, auch ökonomische und soziale Faktoren machen den Wiedereinstieg zu einem gesellschaftlichen Thema. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die damit einhergehenden Bedürfnisse der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind regelmäßig Gegenstand der Forschung.

Nach aktuellem Forschungsstand werden die Auswirkungen von Maßnahmen zur Förderung des Wiedereinstieges noch unterschätzt (vgl. Nabergoj, 2016, S. 352; BMFSF, 2013 S. 43; Weingarz, 2013, S. 2). Dabei liegt der Nutzen nicht nur auf der Seite der Arbeitnehmer, eine familienfreundliche Personalpolitik wirkt sich auch positiv auf das organisationale Commitment aus (vgl. Fineman, 2003, S. 120 – 130; Shin/Taylor/Seo, 2012, S. 727). Die Reduzierung von Fehlzeiten, die Steigerung der Leistungsbereitschaft, sowie die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen und die Identifikation mit diesem können beeinflusst werden. Gleichermaßen können Such- und Einarbeitungskosten für neues Personal eingedämmt werden (vgl. Gerlach/Schneider/Juncke, 2009, S. 275 f.).

Das Ziel dieser Arbeit ist es, zu analysieren, welche Faktoren und Maßnahmen den Wiedereinstieg positiv beeinflussen. Es wird eruiert, wann Frauen zurück in den Beruf kehren möchten, und in welchem Umfang. Auf Basis empirischer Ergebnisse wird sowohl auf soziodemografische als auch auf familiäre Aspekte eingegangen. In diesem Zusammenhang werden Handlungsoptionen für Unternehmen erarbeitet, welche den Wiedereinstieg fördern.

Zunächst wird in Kapitel zwei die aktuelle Situation am deutschen und europäischen Arbeitsmarkt betrachtet. Es wird die Erwerbstätigkeit von Frauen und deren Entwicklung im Laufe der Zeit analysiert. Zudem wird auf die Förderinstrumente des Gesetzgebers eingegangen. Ergänzend erfolgt die Begriffsbestimmung der Termini Elterngeld und Elternzeiten.

Das dritte Kapitel befasst sich mit der Theorie der Mitarbeiterbindung. Grundlegende Erkenntnisse werden aufgearbeitet. Vertiefend wird das Modell des organisationalen Commitment, welches im Rahmen der Arbeit von Bedeutung ist, thematisiert. Daraus werden im nachfolgenden Kapitel Maßnahmen für eine familienfreundliche Arbeitsorganisation abgeleitet. Diese Art der Personalpolitik zeigt Möglichkeiten auf, das organisationale Commitment zu beeinflussen.

Der methodische Aufbau und die Auswertungsmethodik der durchgeführten empirischen Untersuchung werden im Anschluss aufgezeigt. Das Erhebungsinstrument der Befragung und das Vorgehen werden beschrieben. Daran schließt sich die Analyse der Daten an. Diese erfolgt im sechsten Kapitel mithilfe deskriptiver Statistik. Die gewonnenen Erkenntnisse werden ausgewertet und implementiert. Dabei werden vornehmlich Grafiken und Tabellen zur Veranschaulichung und zur unterstützenden Erläuterung herangezogen.

Im siebten Kapitel wird die Analyse in einem Fazit zusammengefasst. Unter Einbeziehung der Fragestellung und der aufgearbeiteten Forschungsergebnisse werden Erkenntnisse geschaffen. Es werden konkrete Lösungsansätze für Unternehmen erarbeitet, die in der Praxis potenziell anwendbar sind.

2 Arbeitswelt und Familie

2.1 Gesellschaftliche Relevanz

Die Zahl der Personen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, wird sich in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Jahr 2030 von 44 Millionen auf ca. 42 Millionen herabsenken (vgl. Schwuchow/Gutmann, 2015, S. 259). Diese Veränderung stellt die Gesellschaft, wie auch Unternehmen, vor neue Herausforderungen. Eine der zentralen Fragestellungen des demografischen Wandels ist die Sicherung der Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt. Um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Politik und Arbeitgeber sich auf die Situation am Arbeitsmarkt und die Bedürfnisse der Arbeitnehmer einlassen (vgl. Schwuchow/Gutmann, 2015, S. 258 f.; Burnes, 2011, S. 445 f). Hierbei spielen nicht nur Mitarbeiter mit einer mehrjährigen Betriebszugehörigkeit eine Rolle, sondern auch potentielle Mitarbeiter. Die Gewinnung von neuen und gut ausgebildeten jungen Mitarbeitern ist ein wichtiger Teil der Personalplanung. Der große Personalbedarf bedingt allerdings, dass Arbeitgeber am Arbeitsmarkt herausstechen müssen, um bei der Vielzahl an guten Job-Angeboten und interessanten Unternehmen von Bewerbern wahrgenommen zu werden. Das Talent-Management spielt dabei zusehends eine größere Rolle (vgl. Walk/Schinnenburg/Handy, 2013, S. 251). Nur wer kontinuierlich junges Personal für sich gewinnen kann, sichert seine Personalorganisation gegen den demografischen Wandel ab (vgl. Weingarz, 2013, S. 1).

Eine weitere Möglichkeit dem ansteigenden Fachkräftemangel entgegen zu treten, ist die Bindung von Mitarbeitern an das Unternehmen. Dadurch kann ein kontinuierlicher Wettbewerbsvorteil generiert werden. Eine langfristige Personalplanung ist die Grundlage für den Erfolg des Unternehmens, strategisch angelegt befasst sie sich auch mit der Zusammensetzung der Belegschaft. Damit wird erreicht, dass Motive und Bedürfnisse der Mitarbeiter besser eingeschätzt werden können. In Berufen mit akademischem Hintergrund hat sich beispielsweise der Anteil von Frauen seit den 1990er Jahren um knapp 10 Prozent erhöht (vgl. Crößmann/Günther/Mar- der-Puch, 2017, S. 10). Es gibt immer mehr hochqualifizierte Arbeitnehmerinnen, was für Gesellschaft und Unternehmen von Bedeutung ist. Wenn es um den Erhalt von Fachkräften geht, sollte auch gezielt auf den weiblichen Teil der Belegschaft eingegangen werden. Um „die Gestaltung der organisationalen und arbeitspolitischen Rahmenbedingungen“ (Klaffke, 2014, S. 20) an die Gegebenheiten des Arbeitsmarktes anzupassen, müssen Veränderungsprozesse eingeleitet werden. Beim Umdenken und bei der organisatorischen Umgestaltung sollte darauf eigegangen werden, dass, wie einleitend beschrieben, immer mehr junge Frauen studieren. Frauen sind ein wichtiger Erfolgsfaktor im Unternehmen, haben jedoch vielfach andere Anforderungen an einen Arbeitsplatz als ihre männlichen Kollegen (vgl. Crößmann/Günther/Marder-Puch, 2017, S. 12). Insbesondere Mütter ziehen sich oft aus dem Berufsleben zurück, kehren häufig nur in Teilzeit oder erst Jahre nach der Familiengründung wieder in die Erwerbstätigkeit zurück. Dies ist für die deutsche Wirtschaft nicht optimal, da qualifizierte Frauen für die Fachkräftesicherung benötigt werden. Gesellschaft und Unternehmen sollten also der Frage nachgehen, wie es gelingen kann weibliche Fachkräfte an ihr Unternehmen zu binden.

Die Altersarmut ist ein weiterer bedeutender Punkt der gesellschaftlichen Relevanz des Themas. Der Personenkreis, der in Zukunft nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben eine finanzielle Unterstützung von Seiten des Staates benötigt, wird deutlich größer werden (vgl. Lewicki/Wigger, 2013, S. 462). Die Staatsausgaben zur Unterstützung von Rentnern werden also langfristig steigen. Der Generationenvertrag besagt, dass die Arbeitnehmer von heute die Rentner von morgen finanziell tragen. Gibt es immer mehr Rentner und sinkt gleichzeitig der Teil derjenigen, die in die Rentenkasse einzahlen, so ist der Steuerzahler erneut gefragt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Zahl der Rentner steigt, denen die gesetzliche Rente nicht ausreicht (vgl. Nguyen/Romeike, 2013, S. 337). Es gibt zwar Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge, im Mittelpunkt der Altersvorsorge steht aber die gesetzliche Rentenversicherung. Zur Berechnung der späteren Rente aus der Deutschen Rentenversicherung (DRV) wird eine Rentenformel herangezogen. Ein wichtiger Baustein dieser Formel sind die sogenannten Entgeltpunkte. Nur wenn eine ausreichende Anzahl an Entgeltpunkten vorhanden ist, kann ein Rentenanspruch generiert werden. Ein hoher Anspruch aus der DRV kann ggf. eine Vermeidung von Altersarmut bedeuten. Damit Entgeltpunkte gesammelt werden können, ist eine durchgängige Erwerbsbiografie von großer Bedeutung:

„Fehlende Erwerbszeiten bedingt durch Arbeitslosigkeit, Kindererziehung, Pflege von Angehörigen und langen Ausbildungszeiten führen zu einer niedrigen Zahl von Entgeltpunkten und diese zu niedrigen Altersrenten“ (Lewicki/Wigger, 2013, S.465).

Im Vergleich zu anderen OECD-Ländern[2] hat Deutschland das größte Rentengefälle zwischen den Geschlechtern (vgl. Grubb, 2017, S. 2). Um also gerade Frauen dabei zu unterstützen, ihre Erwerbstätigkeit auch während der Kindererziehungszeiten aufrecht zu erhalten, bedarf es verschiedenster personalpolitischer Instrumente. Ebenso wichtig ist die Unterstützung durch Politik bzw. Gesetzgeber. Nicht nur eine komplette Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wirkt sich negativ auf die Berechnung der gesetzlichen Rentenansprüche aus. Ein weiterer Grund, warum Frauen eher von Altersarmut betroffen sind als Männer, ist der höhere Anteil von Frauen in Teilzeit[3] (vgl. Crößmann/Mischke, 2017, S. 6). Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehen Frauen oft einer Teilzeitarbeit oder einer geringfügigen Beschäftigung[4] nach und haben dadurch, bei gleichem Alter und gleicher Qualifikation, oft ein geringeres Einkommen. Ein Indikator für diese Problematik ist der Gender Pay Gap. Diese Begrifflichkeit beschreibt ins Deutsche übersetzt den Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern. Dabei wird der Unterschied des durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgeltes abhängig Beschäftigter (vgl. Klenner, 2016, S. 5) ermittelt und europaweit verglichen. Die Europäische Kommission nutzt diese Zahlen um Un-/Gleichheiten beim Verdienst der Geschlechter auszudrücken. Zudem wird im europäischen Vergleich auch die bereinigte Form der Lohnlücke verwendet, die ermittelt, dass immer noch weniger Frauen in Führungsriegen durchringen (vgl. OECD, 2017, S. 17). Bei dieser Berechnung wird angegeben, wie hoch der Gender Pay Gap ausfällt, wenn die Geschlechter am Arbeitsmarkt identische Merkmale aufweisen. Zu den Merkmalskriterien zählt beispielsweise der Beruf oder die Ausübung einer Führungstätigkeit.

Im Jahr 2016 lag der unbereinigte Gap bei rund 21 %, ein Jahr zuvor bei 23 %. Frauen verdienten demzufolge im deutschlandweiten Vergleich also brutto rund ein Fünftel weniger als Männer. Bereinigt liegt die Lohnlücke bei ca. 7 % (vgl. Klenner, 2016, S. 6; Crößmann/Günther/Marder-Puch, 2017, S. 12). Das Einkommen beeinflusst das Leben unumgänglich. Beispielsweise ist die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben stark von der Einkommenssituation geprägt. Dies hat nicht nur Auswirkungen zu Zeiten der Erwerbstätigkeit, sondern auch in der Rentenbezugsphase. Eine Erwerbstätigkeit ist sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber und den Staat von Bedeutung.

2.2 Erwerbstätigkeit von Frauen

Eines der wichtigsten Kriterien für eine solide Wirtschaft und eine stabile Arbeitsmarktlage, ist die Erwerbstätigenquote. Trotz der vergangenen und zum Teil noch anhaltenden Wirtschaftskrise in Europa und der Europäischen Union (EU) kann Deutschland eine steigende Erwerbstätigkeit verbuchen. Dies ist insbesondere auf die konjunkturelle Situation im Land zurückzuführen, die im Vergleich zu anderen EU-Staaten[5] hervorsticht. Hinzu kommen die steigende Anzahl erwerbstätiger Frauen und die hohe berufliche Aktivität von Arbeitnehmern am Ende ihrer Erwerbslaufbahn. Die Quote gibt nicht nur Auskunft über die wirtschaftliche Lage des Landes, sie ist vielmehr auch eine Kennzahl für die Situation der privaten Haushalte. Durch eine Erwerbstätigkeit kann der Lebensunterhalt erwirtschaftet werden und eine aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wird möglich (vgl. Crößmann/Mischke, 2017, S. 4).

Der in der EU verwendete Begriff der Erwerbstätigkeit richtet sich nach dem Labour-Force-Konzept, welches durch die International Labour Organization (ILO) konzipiert wurde. Das Konzept bietet die Möglichkeit der internationalen Vergleichbarkeit der Erwerbstätigkeit. Die Definition der ILO ist in vielen Ländern Standard und wird auch von Organisationen, wie beispielsweise der OECD, verwendet. In Deutschland erfasst das statistische Bundesamt die Erwerbstätigkeit mittels des ILO-Konzepts. Zur Berechnung der Anzahl der Erwerbstätigen werden nach dem Labour-Force-Konzept Arbeitnehmer, Selbstständige und Angehörige, welche in einem Familienbetrieb mithelfen, berücksichtigt (vgl. Crößmann/Günther/Marder-Puch, 2017, S. 22). Die Grundvoraussetzung für die Zuschreibung in diesen Personenkreis ist ein Mindestalter von 15 Jahren und eine entgeltliche Tätigkeit mit einer Dauer von mindestens einer Stunde, in der zur Bewertung herangezogenen Woche. Das Höchstalter wurde auf 74 Jahre festgelegt. Die Stichprobenberechnung erfolgt auf Basis der Datenerhebung des Mikrozensus[6] (vgl. Bersheim/Oschmiansky, 2014, S. 2). Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht zusätzlich ihre eigene Erhebung zur Erwerbstätigkeit nach einer internen Rechnung, welche vom Konzept des ILO abweicht. Die Ergebnisse gehen auf die aktuell erfassten Zahlen der Bundesagentur zurück, welche sozialversicherungspflichtige Beschäftigte als Ausgangspunkt heranzieht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Erwerbsbeteiligung in Deutschland im Dezember 2017

Quelle: In Anlehnung an Statistisches Bundesamt, 2017 a

Es ergibt sich somit eine doppelte Auswertung (vgl. Tabelle 1) mit unterschiedlichen Ergebnissen, um eine nationale und eine internationale Vergleichbarkeit zu ermöglichen (vgl. Bersheim/Oschmiansky, 2014, S. 3). In dieser Arbeit wird zur besseren Darstellung der Erwerbstätigenquote das Labour-Force-Konzept der ILO verwendet.

2.2.1 Status quo in Deutschland

„Knapp 70 % aller Frauen in Deutschland sind derzeit erwerbstätig – diese Quote liegt gut 10 Prozentpunkte über dem OECD-Durchschnitt, jedoch weiterhin 8 Prozentpunkte unter der von Männern“ (Grupp, 2017, S.1).

Die Zahl jener Frauen, die in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachgehen nimmt konstant zu. Jedoch sagt eine Erwerbsbeteiligung, insbesondere die von Frauen mit Kindern, noch nichts darüber aus, wie viele Wochenarbeitsstunden auf die Frauen entfallen. Zudem stellt sich die Frage, ob eine ausgeglichene Integration am Arbeitsmarkt vorliegt. Wie bereits einleitend erwähnt, dringen nach Erkenntnissen der OECD beispielswiese weniger Frauen in Führungsriegen durch. In den meisten Ländern sind Frauen in Führungspositionen immer noch stark unterrepräsentiert. Dies zeigt sich vor allem im Vergleich dazu, wie viele Frauen prozentual erwerbstätig sind (vgl. OEDC, 2017, S. 17; Rost, 2010, S. 315). Selbständige sind zu zwei Dritteln männlich, die Mehrheit der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ebenso. Teilzeitstellen und Minijobs[7] entfallen hingegen meist auf Frauen (vgl. Bundesagentur für Arbeit, 2016, S. 4). Wie in der folgenden Abbildung dargestellt, ist die Differenz der Erwerbstätigenquote von Frauen, im Vergleich zu Männern, in den vergangenen Jahren zurückgegangen.

Im Jahr 2006 lag der Unterschied bei rund 12,2 %. Im Jahr 2016 konnte die Differenz auf 8,2 % verringert werden. Mit 74,4 % hatte Deutschland 2016 eine der höchsten Frauen-Erwerbstätigenquoten in der EU (vgl. Crößmann/Mischke, 2017, S. 8; Eurostat, 2017 b).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Erwerbstätigenquote der 20- bis 64-jährigen Deutschland (in %)

Quelle: In Anlehnung an Eurostat, 2017 b

Wie eingangs bereits erwähnt, muss der Zuwachs der Frauenbeschäftigung aber detaillierter betrachtet werden. Der Anstieg der erwerbstätigen Frauen in den vergangenen Jahren basiert zum Großteil auf einem Anstieg der Teilzeitbeschäftigung. Nur ein geringer Anteil der Teilzeitbeschäftigten ist männlich. Die Anzahl der Frauen, die in Teilzeit arbeiten ist fast viermal so hoch wie die Zahl der Männer. Im Gegensatz dazu nahm die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen sogar leicht ab. Auch die Zahl der geringfügig Beschäftigten ist weiblich dominiert. Der Frauenanteil liegt hier in etwa bei zwei Dritteln (vgl. Bundesagentur für Arbeit, 2016, S. 9-12).

Im Zuge dieser Betrachtung muss außerdem erwähnt werden, dass ein Großteil der Frauen in einem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis Kinder erzieht. Die Teilzeitbeschäftigungsquote ist daher insbesondere bei Müttern hoch. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) weist im Kontext der einleitend zitierten OECD-Studie drauf hin, dass Länder mit einem besseren Kinderbetreuungsangebot eine andere Verteilung der Beschäftigung erzielen. Der zeitliche Umfang der Beschäftigung ist hier zwischen den Geschlechtern ausgeglichener (vgl. BMFSFJ, 2017, S. 1).

Des Weiteren gibt es nach wie vor einen Unterschied bei der Erwerbstätigkeit von Frauen in Ost- und Westdeutschland. Eine Untersuchung[8] der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass die Erwerbstätigkeit seit der Wiedervereinigung in beiden Teilen Deutschlands gestiegen ist. In den ostdeutschen Bundesländern sind seit 1996 aber prozentual gesehen wesentlich mehr Frauen erwerbstätig als im Westen (vgl. Bertelsmann Stiftung, 2015, S. 1 f.). Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass eine Rückkehr in den Beruf dort früher gelingt. Damit ist gemeint, dass 76 % der Mütter bereits wieder arbeiten, wenn ihr Kind das Vorschulalter[9] erreicht. Westdeutsche Mütter erreichen diese Prozentzahl erst mit dem Grundschulalter der Kinder (vgl. BMFSFJ, 2015 a, S. 11). Auch bei der Bezahlung gibt es Ungleichheiten zwischen Ost und West. Der Gender Pay Gap ist in der Bundesrepublik seit 2002 nahezu konstant. Er fällt jedoch zwischen den Bundesländern sehr unterschiedlich aus. Im Jahr 2015 ergab sich ein kumulierter Gender Pay Gap in Deutschland von 15 % (23 % in West- und 8 % in Ostdeutschland (vgl. bpb, 2017, S. 2).

2.2.2 Status quo in Europa

Im Jahr 2016 erreichte die Erwerbstätigenquote innerhalb der EU mit 71,1 % den höchsten je gemessenen Stand. Hierbei handelt es sich allerdings um einen Durchschnittswert mit zum Teil erheblichen Unterschieden. Zudem muss auch hier nochmals eine detaillierte Betrachtung der Erwerbstätigkeit nach dem Geschlecht erfolgen. In der EU, wie auch zuvor für Deutschland beschrieben, hat sich der Abstand zwischen den Geschlechtern verringert (vgl. Abbildung 2).

In vielen Ländern hängt dies mit der steigenden Erwerbstätigkeit von Frauen zusammen. Beispielhaft können hier Länder wie etwa Spanien oder die Niederlande erwähnt werden (vgl. Eurostat, 2017 a, S. 1). Trotz der steigenden Gesamterwerbstätigkeit und auch einer Steigerung bei der Frauenerwerbstätigkeit lag die Differenz zwischen den Geschlechtern 2016 bei 11,6 % innerhalb der EU und damit rund 2,6 % höher als in Deutschland.

Es gilt einen gezielten Blick auf die Mitgliedsländer der EU zu werfen, da es, wie in der Abbildung 3 verdeutlicht, enorme Unterschiede bei der Erwerbstätigkeit gibt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Erwerbstätigenquote der 20- bis 64-jähringen EU (in%)

Quelle: In Anlehnung an Eurostat, 2017 b

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Frauen-Erwerbstätigenquote 2015 in Europa

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2016, S. 8

Der historische Hintergrund und der Umgang mit traditionellen Rollenbildern wirken sich in diesem Falle aus (vgl. Oechsler, 2011, S. 35). Ein Großteil der skandinavischen Länder weist eine sehr hohe Beschäftigung von 70 % und mehr auf. Länder wie Deutschland, Frankreich, oder beispielsweise das Vereinigte Königreich liegen mit einer Erwerbstätigenquote von 60 % bis 70 % im Mittelfeld. Eine weniger hohe Erwerbstätigenquote hat beispielsweise Italien und Länder in den süd-/östlichen EU-Mitgliedsstaaten.

Ein Aspekt der Erwerbstätigkeit ist der erwähnte Gender Pay Gap. Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen ist nicht nur in Deutschland ein Thema, sondern auch auf europäischer Ebene. Im Jahr 2015[10] verdienten Frauen in der EU kumuliert im Schnitt 16,3 % weniger als Männer. Die Höhe des Gaps schwankt dabei von Land zu Land. Die größte Lohnungerechtigkeit erfahren Frauen in Estland, Tschechien, Österreich und Deutschland. Ein Gap von nur knapp 5,5% besteht dahingegen in Italien und Luxemburg (vgl. bpb, 2017, S. 1-3).

Ein weiterer Aspekt der Erwerbstätigkeit ist die Beschäftigung in Teilzeit. Spitzenreiter waren hier im Jahr 2015 die Niederlande mit 76,9 %, Österreich mit 46,8 % und Deutschland mit 46,6 %. Die Zunahme der Teilzeitbeschäftigung ist ein europaweiter Trend - sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Frauen sind dabei dennoch deutlich stärker repräsentiert als Männer. Durchschnittlich arbeiten auf europäischer Ebene 31,2 % der Frauen in Teilzeit und 8,9 % der Männer. Diese Tatsache begründet auch, dass Frauen im Schnitt pro Woche sechs Stunden weniger arbeiten als Männer. Dies ist unter anderem auf die Übernahme von Aufgaben und Pflichten im privaten Umfeld und in der Familie zurückzuführen. Die Balance von familiären Belastungen und dem Beruf ist also ein wichtiger Einflussfaktor (vgl. Patrick/Stephens/Weinstein, 2016, S. 367). Frauen arbeiten im Schnitt 22 Stunden in der Woche unbezahlt – rund zehn Stunden mehr als Männer (vgl. bpb, 2017, S.3 f.).

Vor allem Kinder beeinflussen die weibliche Erwerbstätigenquote. Wenn man Frauen in der EU zwischen 25 und 49 Jahren betrachtet, kommt es zu markanten Unterschieden in der Erwerbstätigkeit. Etwa 68 % der Frauen mit Kindern waren im Jahr 2013 berufstätig. Dem gegenüber steht eine Erwerbstätigenquote von 77 % bei Frauen ohne Kinder (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017 c, S.1).

2.3 Elternzeiten

Bevor die Elternzeit, also die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit für die Kindererziehung, in Anspruch genommen werden kann, greift im Falle einer Schwangerschaft das Mutterschutzgesetzt (MuSchG). Das MuSchG beinhaltet alle Rahmenbedingungen, um Frauen kurz vor und nach der Geburt vor Gesundheitsrisiken aufgrund ihres Berufes zu schützen. Zudem entsteht dadurch ein erweiterter Kündigungsschutz. Das MuSchG gilt für alle Mütter, die in einem Arbeitsverhältnis[11] stehen (vgl. BMFSFJ, 2017 b). Werdende Mütter können sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin in Mutterschutz gehen, müssen dies aber nicht (vgl. MuSchG §3 Abs. 2). In den acht bis zwölf Wochen nach der Geburt des Kindes herrscht jedoch ein absolutes Beschäftigungsverbot (vgl. MuSchG §6 Abs. 1).

Mit der Elternzeit kann die Erwerbstätigkeit der Eltern vorrübergehend unterbrochen werden. Hinzu kommt auch hier ein erweiterter Kündigungsschutz während dieser Phase, da das Arbeitsverhältnis lediglich ruht. Die Tür zum Arbeitsmarkt wird also nicht gänzlich geschlossen. Dies ist einer der Hauptgründe für die gesetzlichen Novellierungen der vergangenen Jahre. Eltern haben die Möglichkeit die Elternzeit während der ersten drei Jahre des Kindes in Anspruch zu nehmen (vgl. BMFSFJ, 2015 b, S.1). Die Elternzeit ist zudem grundsätzlich unabhängig vom Elterngeld. Im nun folgenden Teil der Arbeit werden der aktuelle gesetzliche Stand, Einflüsse der Novellierungen und Gestaltungsformen von Elterngeld und -zeit erarbeitet.

2.3.1 Gesetzliche und politische Einflüsse

Im Januar 2007 wurde das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)) in Deutschland eingeführt. Die bis dato bestehenden Regelungen wurden nicht nur abgelöst, sondern größtenteils reformiert (vgl. Peukert, 2015, S. 11). Das BEEG beinhaltet drei wesentliche thematische Schwerpunkte:

1. Elternzeit
2. Elterngeld
3. Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Ein Grund für die Erlassung des Gesetzes am 05. Dezember 2006 war unter anderem die niedrige Geburtenrate mit umgerechnet 1,33 Kindern pro Frau. Hinzu kam eine im Vergleich zu Männern niedrigere Beschäftigungsquote der Frauen Anfang der 2000er Jahre. Im Jahr der Gesetzgebung lag die Frauenbeschäftigungsquote bei 59,6 %. Ein weiterer Grund für die Einführung des BEEG war der spätere Einritt in das Berufsleben. Aufgrund von (hoch)schulischer Bildung beginnen Erwerbsbiografien heute oftmals erst in einem höheren Alter. Zudem nimmt das Qualifikationsniveau, gerade von Frauen, zu. Im Vergleich zu anderen Ländern, beispielsweise den skandinavischen Ländern, den Niederlanden oder der Schweiz, gelang die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland nicht optimal. Das BEEG soll Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Kindererziehungszeiten verkürzen, Einkommenseinschränkungen verringern und die Entscheidung für eine Familiengründung positiv beeinflussen (vgl. BMFSFJ, 2008, S. 6).

Das Vorgängermodell, das Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG), war eine Fürsorgeleistung, die eine Bedürftigkeit voraussetzte. Das BEEG hingegen ist eine finanzielle Unterstützung für Familien in den ersten Lebensmonaten des Kindes. Die Höhe der Lohnersatzleistung steht in Abhängigkeit zum vorherigen Einkommen. Das BEEG bringt somit einen finanziellen Anreiz für Eltern, für Frauen wie für Männer, mit sich (vgl. Peukert, 2015, S. 11 f.).

2.3.1.1 Elternzeit

Die Elternzeit zählt in Deutschland zu den wichtigsten Optionen für eine Vereinbarkeit von Familienleben und Beruf (vgl. Rohwer, 2011, S. 11). Jedes Elternteil kann, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, 36 Monate Elternzeit in Anspruch nehmen. Die Reformen im Jahr 2015 sorgen dafür, dass die Elternzeit in Abschnitte eingeteilt werden kann. Von den 36 Monaten können 24 Monate auch zwischen dem dritten und dem achten Lebensjahr des Kindes genommen werden. Die Fristen des gesetzlichen Mutterschutzes werden auf die Gesamtdauer der Elternzeit angerechnet. Der Mutterschutz führt nicht zu einer Verlängerung der Elternzeit. Optimal ist es daher, wenn sich die Elternzeit an den gesetzlichen Mutterschutz anschließt (vgl. BMFSFJ, 2017 c, S. 78 - 81).

Durch eine veränderte Regulatorik ist es seit dem Jahr 2015 leichter, einer Teilzeitbeschäftigung zusätzlich zur Elternzeit nachzugehen. Dies ist in Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Bezuges zur Arbeitswelt ein großer Vorteil. Bis zu 30 Wochenstunden sind gesetzlich zulässig (vgl. BMFSFJ, 2015 b, S. 2 f.). Außerdem bieten manche Arbeitgeber ihren Mitarbeitern während der Elternzeit auch die Möglichkeit der Tele-/Heimarbeit an. Des Weiteren nutzen manche Unternehmen während dieser Phase sogenannte Kontakterhaltungsangebote. Elternteile in Elternzeit werden beispielsweise postalisch über Änderungen im Unternehmen informiert oder zu Firmenveranstaltungen und –feiern eingeladen (vgl. Schnieder, 2013, S. 57). In manchen Organisationen besteht die Möglichkeit, dass Arbeitnehmer in Elternzeit als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung agieren. Dies ist eine weitere Option, die Zugehörigkeit zum Betrieb, auch während der eigentlichen Abwesenheit, zu festigen und den Bezug zur Arbeitswelt aufrecht zu erhalten (vgl. Jung, 2008, S. 644).

Auswertungen zur Nutzung der Elternzeit zeigten, dass die meisten Eltern die Zeit nicht gemeinsam in Anspruch nehmen, sondern unabhängig voneinander in Elternzeit gehen (vgl. Mühling, 2013, S. 44). Zudem kann festgehalten werden, dass die Erwerbsquote bei Frauen, deren Partner Elternzeit in Anspruch nehmen, höher ausfällt. Schätzungen zufolge liegt die Erwerbsquote bei einer Vaterbeteiligung bei rund 36 %. Sie ist somit doppelt so hoch wie ohne die Beteiligung des Partners (vgl. Mühling, 2013, S. 40; BMFSFJ, 2017 c, S. 78 f.).

2.3.1.2 Elterngeld

Das Elterngeld wurde im Jahr 2007 mittels des BEEG eingeführt und im Jahr 2015 ausgebaut. Mit dem Gesetz zur Einführung des ElterngeldPlus mit Partnerschaftsbonus gibt es für Eltern von Kindern, die ab dem 1. Juli 2015 geboren wurden, noch mehr Flexibilität bei der Gestaltung des Elterngeldes (vgl. BMFSFJ, 2017c, S. 7). Das Elterngeld soll jungen Eltern in den ersten Lebensmonaten des Kindes die Möglichkeit bieten, ohne finanzielle Sorgen für die Familie da zu sein. Nach der Phase des Elterngeldes soll der Wiedereinstieg in den Beruf in Verbindung mit Kinderbetreuungsangeboten gelingen. Dazu wurde im Jahr 2013 ein rechtlicher Betreuungsplatzanspruch eingeführt. Seitdem gibt es für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr ein Anrecht auf Betreuung (vgl. Bundesregierung, 2013).

Das Elterngeld ist eine der am häufigsten in Anspruch genommenen staatlichen Leistungen. Nach Schätzungen des BMFSFJ kennen 90 % der Deutschen das Elterngeld (vgl. BMFSFJ, 2017c, S. 3). Die Einführung des Elterngeldes vor rund zehn Jahren bewirkte, dass die Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kindern unter einem Jahr stark gesunken ist. Dies kann auf die hohen finanziellen Leistungen des Elterngeldes zurückgeführt werden (vgl. Mühling, 2013, S. 14).

Basiselterngeld: Das Basiselterngeld kann in den ersten 14 Monaten nach der Geburt in Anspruch genommen werden. Diese Leistung erhalten Eltern, wenn sie ihr Kind selbst betreuen. Wenn Mütter und Väter aufgrund der Betreuung nicht oder nicht voll erwerbstätig sein können, steht ihnen eine finanzielle Unterstützung zu (vgl. BMFSFJ, 2017 c, S. 7). Jedes Elternteil kann zwischen zwei und zwölf Monate Elterngeld beanspruchen. Wenn beide Teile das Elterngeld nutzen möchten, gibt es zwei zusätzliche Monate, die sogenannten Partnermonate.

ElterngeldPlus: Mit dem ElterngeldPlus wurde die Kombination aus Elternzeit und einer Teilzeittätigkeit ermöglicht. Eltern können hierbei länger Elterngeld beanspruchen. Bei bis zu 30 Wochenarbeitsstunden in Teilzeit werden aus einem Elterngeldmonat zwei ElterngeldPlus-Monate (vgl. BMFSFJ, 2017 c, S. 3). Die Elterngeldphase kann also auch über die ersten 14 Monate nach der Geburt des Kindes hinaus genutzt werden.

Partnerschaftsbonus: Diese Förderung dient der partnerschaftlichen Teilung von beruflichen und familiären Aufgaben. Der Bonus soll Eltern[12] dazu bewegen, zeitgleich ihre Wochenarbeitsstunden gemeinsam zu reduzieren. Im Mittelpunkt steht hier nicht nur die Gleichberechtigung der beiden Elternteile in ihrer Rolle als Arbeitnehmer und als Familienmitglieder, sondern vor allem auch die gemeinschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Partnerschaftsbonus gilt für vier zusammenhängende Monate, wenn beide Eltern 25 bis 30 Stunden in der Woche arbeiten. Dann kann jedes Elternteil für vier weitere Monate das ElterngeldPlus nutzen (vgl. BMFSFJ, 2017 c, S. 3 f.).

Anspruch und Berechnung des Elterngeldes: Die Höhe der Elterngelder (Basis und Plus) richtet sich nach dem Verdienst der Eltern. Zur Ausgangsbetrachtung wird das zu versteuernde Einkommen aus dem vorherigen Kalenderjahr herangezogen. Liegen die Elternteile über den Grenzen (vgl. Abbildung 2), verfällt der Anspruch auf Elterngeld.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Anspruch auf Elterngeld und ElterngeldPlus

Quelle: In Anlehnung an BMFSFJ, 2017 c, S. 9

Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach dem Nettoeinkommen des betreuenden Elternteils vor der Geburt, da dieses nach der Geburt entfällt. Das Elterngeld ist somit als eine Art Ersatzeinkommen anzusehen. Das maßgebliche Nettoeinkommen vor der Geburt wird, wie in der folgenden Tabelle veranschaulicht, prozentual ersetzt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Berechnung und Höhe des Elterngeld(Plus)

Quelle: In Anlehnung an BMFSFJ, 2017 c, S. 14

Liegt das Nettoeinkommen unter 1.000 EUR, so steigt der Prozentsatz[13] in kleinen Schritten bis auf 100 %. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Je geringer das Einkommen des betreuenden Elternteils vorher war, desto höher ist das Ersatzeinkommen. Für Elternteile ohne Einkommen ist das Elterngeld auf maximal 150 EUR (Basiselterngeld) oder 300 EUR (ElterngeldPlus) begrenzt[14]. Für die zuvor genannten monatlichen Nettoeinkommen vor der Geburt des Kindes gelten folgende Grenzen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Monatliche Grenzen des Elterngeldes

Quelle: In Anlehnung an BMFSFJ, 2017 c, S. 15

2.3.2 Kulturelle und wirtschaftliche Einflüsse

Kind und Karriere zu vereinbaren, galt lange Zeit als undenkbar. Wer sich für eine der beiden Optionen entschieden hatte, musste die zweite Option hintenanstellen. Gerade Frauen mussten oft eine schwerwiegende Entscheidung treffen und eine der beiden Optionen wählen. Auch Rahmenbedingungen, wie eine fehlende flächendeckende Kinderbetreuung oder einem Mangel an Angeboten mit flexiblen Arbeitszeiten, führten dazu, dass Frauen sich zwischen Kind und Karriere entscheiden mussten. Nicht nur aufgrund des Wunsches von Frauen, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhalten, wurde der Gesetzgeber aktiv.

Auch Männer möchten vermehrt Verantwortung übernehmen und Zeit für die Familie haben. Die letzten Reformen des BEEG zielten entsprechend auch auf die Rolle der Väter ab. Die klassischen Rollenbilder werden immer mehr von einer partnerschaftlichen Denkweise abgelöst. Das ILO beschreibt diese Veränderung als eine der wichtigsten des 21. Jahrhunderts, die es zu beachten gilt. Vor allem die Tatsache, dass eine aktive Vaterschaft gelebt wird ist ein entscheidender Faktor (vgl. Addati/Gilchrist/Cassirer, 2014, S. 7). Mittlerweile nimmt jeder dritte Vater Elternzeit in Anspruch. Dies ist unter anderem dem positiven Einfluss des Elterngeldes geschuldet, stellt aber auch eine gesellschaftliche Tendenz dar.

Aus dem aktuellen „Väterreport 2016“ der Bundesregierung geht hervor, dass sich 70 % der Männer mehr an der Erziehung und Betreuung der Kinder beteiligen möchten. Die Ergebnisse zeigten ebenso, dass gerade junge Familien eine gleichberechtige Einstellung aufweisen. Eine partnerschaftliche Aufteilung von Beruf und Familie wünschen sich rund 60 % der Eltern mit Kindern unter drei Jahren. Tatsächlich teilen sich aber nur etwa 14 % der Familien die Aufgaben gleichberechtigt. Für das Scheitern der Umsetzung gibt es diverse Gründe: Zwar geben 82 % der Bevölkerung an, dass sie es gut fänden, wenn Väter ihre Arbeitszeit reduzieren oder sich eine Auszeit nehmen würden, dennoch ergreift nur ein Bruchteil diese Chance. In etwa jeder fünfte Vater gibt an, Angst vor beruflichen Nachteilen zu haben (vgl. Juncke/Braukmann/Heime, 2016, S. 6). Vor allem in der Unternehmenskultur scheint ein Umdenken relevant zu sein (vgl. Wilkins/Dyer, 1988, S. 522 – 531; Brown/Chervany/Reinicke, 2007, S. 91 – 96). Politik und Arbeitgeber gelten hier als Vorbilder für einen Wandel der Denkweise der Bevölkerung bzw. der Belegschaft. Der Bund entwickelt seine Leistungen (Elternzeit, Elterngeld o.ä.) kontinuierlich weiter und versucht so, auch einen Einfluss auf Unternehmen auszuüben. Solche Maßnahmen greifen allerdings nur, wenn der Bedarf seitens der Unternehmen erkannt wird.

Wie bereits eingangs erwähnt, nimmt das Qualifikationsniveau von Frauen seit den 90er Jahren zu. Im Jahr 1990 waren 36,6 % der Hochschulabsolventen weiblich – zehn Jahre später bereits 44,8 %. Mittlerweile schließen mehr Frauen als Männer ein Studium ab. Im Jahr 2014 lag der Anteil weiblicher Hochschulabsolventen bei 54,4 % (vgl. Wippermann, 2015, S. 16).

Daraus resultieren Karrierewünsche und das Bedürfnis einer beruflichen Selbstverwirklichung. Vor allem Elternzeiten und der Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf sind hierbei von großem wirtschaftlichem Interesse für Arbeitnehmer. Einerseits da eine Rückkehr in den Beruf das Familieneinkommen beeinflusst, andererseits, da eine konstante Erwerbsbiografie auch während der Familiengründung bessere Karriereperspektiven mit sich bringt. Noch immer gilt eine Vollzeiterwerbstätigkeit als Voraussetzung für eine Karriere. Dennoch ist die Rückkehr, wenn auch nur in Teilzeit, essentiell um die Verbindungen zum Arbeitsmarkt aufrecht zu erhalten (vgl. Weingarz, 2013, S. 2). Die Dauer der Elternzeit hat einen signifikanten Einfluss auf die Aufstiegsmöglichkeiten und die beruflichen Ambitionen des betreuenden Elternteils:

„Je länger die Erwerbsunterbrechung andauert, desto negativer fallen die beruflichen Folgen aus“( Wiese, 2005, S. 118).

Aber auch für die Arbeitgeber spielen Elternzeiten und der Wiedereinstieg eine Rolle. Durch einen progressiven Umgang mit dem Thema Elternzeit wird automatisch eine Fachkräftesicherung betrieben. Unternehmen können es sich zukünftig nicht mehr leisten, die Bedürfnisse von Eltern zu ignorieren, denn die Zufriedenheit der Mitarbeiter, gerade im globalen Spannungsfeld der Fachkräftesicherung, bedeutet im Umkehrschluss Wachstum und eine Wettbewerbsfähigkeit für Unternehmen.

Eine kurze Elternzeit, die Bindung an das Unternehmen während der Elternzeit und eine frühzeitige Rückkehr (beispielsweise anfänglich in Teilzeit) reduzieren für Unternehmen die Kosten. Das Humankapital kann gesichert werden und Kosten für Recruiting und Einarbeitung von neuem Personal werden eingespart (vgl. Gerlach/Schneider/Juncke, 2009, S. 275 - 277). Zudem steckt im Arbeitszeitvolumen von Frauen großes Potenzial, wie die Bundesagentur für Arbeit in dem Strategiepapier „Perspektive 2025: Fachkräfte für Deutschland“ aufzeigt. Die Bundesagentur geht dort von einem ungenutzten Potenzial von 0,7 bis 2,1 Millionen weiblichen Vollzeiterwerbstätigen aus (vgl. Bundesagentur für Arbeit, 2011, S. 34). Durch eine partnerschaftlich ausgelegte Elternzeit gelingt eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Rückkehrmöglichkeiten auch über die klassische Teilzeit hinaus, bieten Chancen für Familien als auch für Unternehmen.

3 Organisationales Commitment

Das Ausscheiden eines Mitarbeiters hat zur Folge, dass nach einem adäquaten Ersatz gesucht werden muss. Dies verursacht Rekrutierungskosten. Des Weiteren muss ein Nachfolger eingearbeitet werden. Bis die Produktivität des Vorgängers erreicht wird, können Monate vergehen, was zu Kosten im Unternehmen führt. Außerdem gehen dem Unternehmen Erfahrungen, Netzwerke und Wissen verloren (vgl. Tödtmann, 2017, S. 2).

Beschäftigt man sich mit dem Thema Wiedereinstieg in den Beruf, so stößt man in der Literatur unumgänglich auf das Thema Mitarbeiterbindung. Gelingt es Unternehmen ihre Mitarbeiter auch während bzw. nach der Elternzeit an den Arbeitsplatz zu binden, so lassen sich die oben aufgeführten Kosten verringern oder weitestgehend vermeiden. Ein gelungener Wiedereinstig ist ein Indikator für Mitarbeiterzufriedenheit und eine Möglichkeit, Mitarbeiter an ein Unternehmen zu binden (vgl. Jäger, 2006, S. 21).

Im dritten Kapitel wird die theoretische Grundlage der Fragestellung erarbeitet, wieso und wie Unternehmen den Wiedereinstieg fördern können. Auf dieser Basis werden im weiteren Teil der Arbeit mögliche familienfreundliche Maßnahmen hergeleitet, die den Wiedereinstieg fördern. Diese personalpolitischen Maßnahmen stehen in Zusammenhang mit der Mitarbeiterzufriedenheit und der Mitarbeiterbindung. Um abschließend im empirischen Teil der Arbeit Handlungsempfehlungen ableiten zu können, werden nun die Mitarbeiterzufriedenheit und die daraus resultierende Bindung aufgearbeitet. Daraus abgeleitet wird das Modell des Commitment betrachtet.

Eine Studie über Einflussfaktoren der Mitarbeiterbindung zeigte, welche Maßnahmen besonders einflussstark sind (vgl. Abbildung 4). Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben wurde dabei mit 49 % als eine der relevantesten Maßnahmen angesehen. Das Institut für Beschäftigung und Employability befragte für die Studie im Jahr 2016 im Auftrag der Hays AG 591 Führungskräfte aus dem deutschsprachigen Raum zu Maßnahmen der Mitarbeiterbindung (vgl. Hays, 2017, S. 28). Dabei standen nicht nur die Vereinbarkeit im Mittelpunkt, sondern auch Maßnahmen, die die Organisation des Berufs- und Familienalltags erleichtern, beispielsweise das mobile Arbeiten (31 %) oder flexible Arbeitszeiten (45 %).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Die wichtigsten Mitarbeiterbindungsmaßnahmen

Quelle: In Anlehnung an Hays, 2017, S. 28

Das Thema Mitarbeiterzufriedenheit in Bezug auf die Mitarbeiterbindung gewinnt für Personalverantwortliche demzufolge zunehmend an Bedeutung. Dabei ist in der Literatur bis dato noch keine einheitliche Begriffsdefinition für die Mitarbeiterbindung zu finden. Beschäftigt man sich mit dem Thema, so tauchen diverse Begrifflichkeiten auf, die in diesem Kontext verwendet werden können. Diese Termini sind unter anderem Loyalität, Identifikation und Personalerhaltung. Daneben fallen auch vermehrt die beiden englischen Begriffsbezeichnungen Attraction (Anziehung) und Commitment (Bindung) (vgl. Belsch, 2015, S. 28). Hinter dem sehr gebräuchlichen Begriff des Commitment steht die Identifikation und somit im Umkehrschluss auch die Bindung einer Person an eine Organisation. Daher ist auch vom organisationalen Commitment (OC) die Rede:

„Commitment is a force that binds an individual to a course of action that is of relevance to a particular target“ (Meyer/Herscovitch, 2001, S. 301).

3.1 Mitarbeiterbindung

Um die Mitarbeiterbindung durch die genannten Synonyme (Loyalität, Identifikation und Personalerhaltung) definieren zu können, muss der grundlegende Effekt der Mitarbeiterbindung veranschaulicht werden. Hiermit ist gemeint, dass ein Mitarbeiter sich nicht nur vertraglich an ein Unternehmen gebunden fühlt, sondern auch aus anderen Beweggründen heraus. Die Bindung des Mitarbeiters ist hier als ein weitaus komplexeres Konstrukt anzusehen.

Die Bindung an das Unternehmen wird dabei vom Mitarbeiter gleichzeitig als Gebundenheit und Verbundenheit wahrgenommen (vgl. vom Hofe, 2005, S. 8). Für ein Unternehmen bedeutet dies, dass Maßnahmen die sich auf die Ge- und Verbundenheit auswirken, Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung darstellen. Diese sollen bewirken, dass ein Mitarbeiter im Unternehmen bleibt und seine vertragliche wie auch emotionale Beziehung gefestigt wird (vgl. Jäger, 2006, S. 21). Die Mitarbeiterbindung ist zudem ein Prozess mit stetigen und wiederkehrenden Maßnahmen, die sich auf die Mitarbeiterzufriedenheit auswirken. Es handelt sich hierbei um einen zweiseitigen Prozess. Dieser wird zwar vom Unternehmen durch Maßnahmenbündel gesteuert, muss aber vom Mitarbeiter auch angenommen werden (vgl. Loffing/Loffing, 2010, S. 5). Dies bedeutet, dass Mitarbeiter auch von sich aus im Unternehmen verweilen wollen. Vertragliche Gebundenheit bedeutet nicht automatisch, dass der Mitarbeiter emotional an das Unternehmen gebunden ist (vgl. Gallup 2017, S. 2). Damit die Bindung von Mitarbeitern an ein Unternehmen gelingt, gilt es eine Vielzahl an unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu erfüllen, wie in der zuvor dargestellten Abbildung 4 aufgezeigt (vgl. Hays, 2017, S. 28; Loffing/ Loffing, 2010, S. 5).

Kosten, die durch Fluktuation entstehen, sind für Unternehmen ermittelbar. Aber gerade der Wegfall von Leistungs- und Wissensträgern ist in Zahlen nicht leicht aufzuzeigen. Die Bindung von Know-how ist essentiell, um Wettbewerbsvorteile zu generieren. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist die Mitarbeiterbindung mittlerweile eine der Hauptaufgaben der Personalverantwortlichen (vgl. Bruhn, 2010, S. 231). Im Kontext der bereits erläuterten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte (vgl. Kapitel 2) gewinnt die Mitarbeiterbindung nochmals an Bedeutung. Unternehmen, die sich zukunftsorientiert ausrichten möchten und personell nachhaltig strukturiert sein wollen, kommen um diese personalwirtschaftliche Thematik nicht herum (vgl. Loffing/Loffing, 2010, S. 8).

Wie in Zusammenhang mit dem organisationalen Commitment erwähnt, wird die Mitarbeiterbindung in der Literatur unterschiedlich definiert. Um den Begriff abschließend für diese Arbeit festzulegen, wird die Definition der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGfP) herangezogen, welche die bereits beschriebenen Merkmale zusammenfasst. Die DGfP definiert die Mitarbeiterbindung als einen Prozess, der unter Zuhilfenahme von Anreizen versucht, Mitarbeiter für ein Unternehmen zu gewinnen, um sie schließlich im Unternehmen zu halten. Dabei geht die DGfP davon aus, dass sich die Maßnahmen an qualifizierte Mitarbeiter richten, die Leistung erbringen und dem Unternehmen gegenüber loyal sind (vgl. Armutat, 2004, S. 33 f.). Dies verdeutlicht erneut, dass die Mitarbeiterbindung auf die Beziehung der Mitarbeiter zum Unternehmen abzielt.

Investitionen in Bindungsmaßnahmen sollten dort getätigt werden, wo sie Anklang finden. Dazu muss ein Unternehmen die Zusammensetzung der Belegschaft kennen (vgl. Loffing/Loffing, 2010, S. 7 f.). Ein kontinuierlicher Austausch mit der Belegschaft ist dabei eine Kernaufgabe des Unternehmens. Dadurch kann im Dialog mit den Mitarbeitern analysiert werden, welcher Maßnahmen es bedarf (vgl. Kapitel 2.1). Personalbindungsstrategien sind mittel- bis langfristig angelegt. Sie orientieren sich zudem an den Unternehmenszielen. Um die Wahrscheinlichkeit des Verbleibs der Mitarbeiter im Unternehmen kontinuierlich zu erhöhen bzw. zu stabilisieren, ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter essentiell (vgl. Bruhn, 2010, S. 231 f.).

3.1.1 Mitarbeiterzufriedenheit

Zur generellen Zufriedenheit von Mitarbeitern tragen diverse Faktoren bei. Zufriedenheit kann im Beruf- wie auch im Privatleben erlangt werden. Das bedeutet, dass verschiedene Lebensbereiche separat betrachtet werden müssen. Die einzelnen Bereiche können sich gegenseitig stark prägen. Besteht beispielsweise eine hohe Unzufriedenheit im Beruf, so kann sich dies auch auf das Privatleben auswirken. Dabei kann der Mitarbeiter mit der Arbeitstätigkeit unzufrieden sein oder mit den Rahmenbedingungen, die das Unternehmen ihm bietet. Auch kann der Mitarbeiter zwar mit der Tätigkeit und dem Unternehmen zufrieden sein, aber beispielsweise mit einem bestimmten Vorgehen des Unternehmens nicht. Dies zeigt noch einmal, wie komplex es ist, die Zufriedenheit und die Befriedigung von Mitarbeitern zu beschreiben.

Alle genannten Bereiche, inkl. des Privatlebens, können sich dabei gegenseitig tangieren. In Bezug auf den Wiedereinstieg in den Beruf kann es z.B. sein, dass die Tätigkeit, das Unternehmen und alle Rahmenbedingungen (beruflich wie privat) für den Mitarbeiter zufriedenstellend sind, aber der Arbeitgeber keine Fördermöglichkeiten zur Vereinbarkeit bietet, was die sonst positive Grundstimmung ggf. in Unzufriedenheit umschwenken lässt (vgl. von Rosenstiel, 2014, S. 90).

[...]


[1] Personenbezeichnungen wie Arbeitnehmer, Mitarbeiter und Teilnehmer stehen gleichermaßen für weibliche wie männliche Personen.

[2] Zu den OECD-Ländern gehören: Australien, Belgien, Chile, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Israel, Italien, Japan, Kanada, Korea, Lettland, Luxemburg, Mexiko, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten (vgl. OECD, 2018).

[3] Teilzeitbeschäftigt ist, wer eine regelmäßige Wochenarbeitszeit hat, die kürzer ist als die eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers (vgl. §2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)). Vollzeit entspricht einer Arbeitszeit von acht Stunden an Werktagen (vgl. §3 Abs. 1 ArbZG).

[4] Eine geringfügige Beschäftigung hat ein maximales Arbeitsentgelt von 450 EUR pro Monat (vgl. Bundesagentur für Arbeit, 2016, S.1).

[5] EU-Staaten: Belgien, Malta, Bulgarien, Niederlande, Dänemark, Österreich, Deutschland, Polen, Estland, Portugal, Finnland, Rumänien, Frankreich, Slowakei, Griechenland, Slowenien, Irland, Spanien, Italien Schweden, Kroatien Tschechische Republik, Lettland, Ungarn, Litauen, Vereinigtes Königreich, Luxemburg, Zypern (Europäische Union, 2017).

[6] Der Mikrozensus Ist eine repräsentative Befragung von privaten Haushalten stellvertretend für die Bevölkerung mit ca. 830 000 Personen in knapp 370 000 Haushalten. (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017 b).

[7] Ein Minijob entspricht einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis mit einem max. Arbeitsentgelt von 450 EUR (vgl. Bundesagentur für Arbeit, 2016, S.1).

[8] Die Ergebnisse stammen aus dem "Wegweiser Kommune" (vgl. Bertelsmann, 2015, S. 2).

[9] Vorschulalter: 3-6 Jahre; Grundschulalter: 6-10 Jahre (vgl. BMFSFJ, 2015 a, S. 11).

[10] Der Gender Pay Gap betrug 2015 in Deutschland 23 % (bpb, 2017, S.1).

[11] auch Heimarbeiterinnen, Hausangestellte, geringfügig Beschäftige, Studentinnen und weibliche Auszubildende (vgl. BMFSFJ, 2017 b).

[12] Dies gilt auch für getrenntlebende Eltern und Alleinerziehende (vgl. BMFSFJ, 2017 c, S. 3 f.).

[13] Pro 2 Euro um 0,1 Prozentpunkte (vgl. BMFSFJ, 2017 c, S. 14).

[14] Sonderregelungen für Mehrlingsgeburten/Geschwisterkinder (vgl. BMFSFJ, 2017 c, S. 15).

Excerpt out of 113 pages

Details

Title
Wie Frauen der Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert wird. Handlungsoptionen für Unternehmen
Author
Year
2019
Pages
113
Catalog Number
V497455
ISBN (eBook)
9783964871091
ISBN (Book)
9783964871107
Language
German
Keywords
Wiedereinstieg in den Beruf, Frauen, Familie, Wiedereinstieg, Commitment, Gleichstellung, Work-Life-Balance, Homeoffice, Berufsleben
Quote paper
Nele Lena Metzler (Author), 2019, Wie Frauen der Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert wird. Handlungsoptionen für Unternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497455

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