Managerial Discretion und strategisches Entscheidungsverhalten


Thèse de Master, 2019

68 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffliche Grundlagen
2.1 Modell der „Managerial Discretion“
2.1.1 Determinante „Task Environment“
2.1.2 Determinante „Internal Organization“
2.1.3 Determinante „Managerial Characteristics“
2.2 Begriff des „Strategic Behavior“

3 Theoretische Erklärungsansätze zum Zusammenhang von „Managerial Discretion“
und „Strategic Behavior“
3.1 „Population Ecology“
3.2 „Strategic-Choice-Theory”
3.3 „Institution-Based View“
3.4 „Agency-Theory“
3.5 „Upper-Echelons-Theory“

4 Ausgewählte empirische Ergebnisse zum Zusammenhang von „Managerial
Discretion“ und „Strategic Behavior“
4.1 Methodisches Vorgehen
4.2 Zusammenhang von „Task-Environment-Discretion“ und „Strategic Behavior“
4.3 Zusammenhang von „Internal-Organization-Discretion“ und „Strategic Behavior“
4.4 Zusammenhang von „Managerial-Characteristics-Discretion“ und „Strategic
Behavior“
4.5 Zusammenfassung der Auswirkungen von „Managerial Discretion“ auf das „Strategic Behavior“

5 Managementimplikationen

6 Grenzen der Arbeit und zukünftige Forschung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Allgemeines Forschungsmodell zum Zusammenhang von „Managerial Discretion“ und "Strategic Behavior"

Abb. 2: Determinanten der "Managerial Discretion"

Abb. 3: Institutionen, Organisationen und strategische Entscheidungen

Abb. 4: Das Modell der "Agency-Theory"

Abb. 5: Strategisches Entscheidungsverhalten unter der Bedingung der beschränkten Ratio- nalität

Abb. 6: Zusammenhang von "Managerial Discretion" und "Strategic Behavior"

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Empirische Studien dieser Masterarbeit kategorisiert

Tab. 2: Einfluss von ,Industry-Discretion" auflndustrie-Exporte

Tab. 3: Einfluss der internen Kontrolliiberzeugung auf das CEO und TMT-Verhalten

1 Einleitung

Unter welchen Umständen und inwiefern beeinflussen Manager1 die strategischen Entschei- dungen eines Unternehmens? Die Rolle von Führungskräften und ihr expliziter Einfluss auf die Entscheidungen, die Kultur, die Strategie und den Erfolg von Unternehmen stehen seit Jahrzehnten im Fokus verschiedenster Management-Schulen und Management–Forscher (Bowman & Helfat, 2001: 1; Phillips, Berman, Elms, & Johnson-Cramer, 2010: 176). Hier- bei stellt sich allerdings zunächst die Frage, zu welchem Grad Manager in ihren strategischen Entscheidungen überhaupt frei wählen können oder ob die äußeren Umweltfaktoren und die internen Organisationsstrukturen des Unternehmens die Strategie eines Unternehmens nicht maßgeblich vorbestimmen und diktieren (Phillips et al., 2010: 176)?

Der wissenschaftliche Diskurs zwischen Determinismus und strategischer Wahlfreiheit scheint in diesem Zusammenhang seit Jahrzehnten anzuhalten und zwei konkurrierende the- oretische Ansichten generiert zu haben (Rond & Thietart, 2007: 535): Im Zuge dieses Dis- kurses entwickelten Hambrick und Finkelstein 1987 erstmals das Konzept der „Managerial Discretion“, um die deterministischen und voluntaristischen Perspektiven zu integrieren (Hambrick & Finkelstein, 1987: 369–406). Hambrick und Finkelstein bezeichnen den Be- griff der „Managerial Discretion“ hierbei als den Handlungsspielraum des Managers, der sich auf Grund verschiedener Einflussfaktoren ergibt (Hambrick & Finkelstein, 1987: 379). Der Grad der „Managerial Discretion“ leitet sich hierbei von den drei Kategorien des Auf- gabenumfelds, der internen Organisation und den individuellen Charakteristika des Mana- gers ab (Finkelstein & Peteraf, 2007: 237). Die Autoren verstehen ihr Konzept bewusst als Brücke zwischen den deterministischen Faktoren einerseits und den freien Entscheidungen des Managers andererseits (Phillips et al., 2010: 177–178). Da der Handlungsspielraum des Managers ein Ergebnis verschiedenster Einflussfaktoren ist, kann dieser groß, aber eben auch gering sein (Hambrick & Finkelstein, 1987: 379). Jede Determinante kann die „Mana- gerial Discretion“ also entweder erhöhen oder verringern (Finkelstein & Peteraf, 2007: 237).

Im Rahmen dieser Masterarbeit soll nun untersucht werden, wie sich ein hoher oder ein ge- ringer Grad der „Managerial Discretion“ auf das strategische Entscheidungsverhalten eines Unternehmens auswirkt. Hierbei liegt dieser Masterarbeit folgendes allgemeines For- schungsmodell zu Grunde:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Allgemeines Forschungsmodell zum Zusammenhang von „Managerial Discretion“ und „Strategic Be- havior“ (eigene Grafik)

Um die Fragestellung dieser Masterthesis zielführend zu beantworten, gliedert sich diese Arbeit wie folgt: Nach diesem einführenden Kapitel soll in Kapitel 2 das Konzept der „Ma- nagerial Discretion“ als zentrales Modell dieser Arbeit näher erläutert werden. Wie im all- gemeinen Forschungsmodell (Abb. 1) dargestellt, wird der Begriff der „Managerial Discre- tion“ hierfür zunächst in die drei Kategorien „Task-Environment-Discretion“, „Internal-Or- ganization-Discretion“ und „Managerial-Characteristics-Discretion“ zerlegt. Dies dient dazu, die drei Quellen der „Managerial Discretion“ separiert herzuleiten, näher zu erläutern und deren expliziten Einfluss auf das strategische Entscheidungsverhalten eines Unterneh- mens in einem späteren Teil dieser Arbeit feststellen zu können. Im Zuge dieses zweiten Kapitels wird des Weiteren eine Arbeitsdefinition des Begriffs des „Strategic Behaviors“ dargelegt. Das dritte Kapitel bildet die theoretische Grundlage dieser Masterarbeit: Hierbei dienen die Theorien der „Population Ecology“ (Hannan & Freeman, 1977: 929–964) sowie der „Strategic-Choice“ (Andrews, 1971; Chandler, 2001) als Grundlage des Konzepts der „Managerial Discretion“, da dies die beiden konkurrierenden Organisationstheorien sind, die durch das Modell der „Managerial Discretion“ von Hambrick und Finkelstein integriert wer- den (Wangrow, Schepker, & Barker, 2015: 100). Um theoretische Erklärungsansätze dafür zu finden, wie sich der hohe oder geringe Handlungsspielraum eines Managers auf die stra- tegischen Entscheidungen eines Unternehmens auswirkt, werden die „Upper-Echelons-The- ory“ (Hambrick & Mason, 1984: 193–206), die „Agency-Theory“ (Fama & Jensen, 1983: 301–326) sowie der „Institution-Based View“ (IBV) (Peng, Sun, Pinkham, & Chen, 2009: 63–81) betrachtet. Da alle drei Theorien davon ausgehen, dass strategische Entscheidungen teilweise durch die Betrachtung der Charaktereigenschaften oder interner und externer Kräfte, die auf einen „Chief-Executive-Officer“ (CEO) wirken, antizipiert werden können, werden diese Theorien als angemessene Erklärungsgrundlage für den Wirkungszusammen- hang von „Managerial Discretion“ bzw. der drei Wirkungskategorien und dem strategischem Entscheidungsverhalten von Unternehmen gesehen (ebd.). Das vierte Kapitel dieser Arbeit stellt anschließend ausgewählte Studien vor, die den theoretisch hergeleiteten Wirkungszu- sammenhang von „Managerial Discretion“ auf das strategische Entscheidungsverhalten von Unternehmen empirisch überprüfen. Die Studien werden hierbei ebenfalls in die drei Kate- gorien „Task-Environment-Discretion“, „Internal-Organization-Discretion“ und „Manage- rial-Characteristics-Discretion“ unterteilt, um den Einfluss jeder Wirkungsebene der „Ma- nagerial Discretion“ getrennt zu beleuchten und die Arbeitshypothesen separiert zu überprü- fen. Die einzelnen Ergebnisse jeder Kategorie werden in Kapitel 4.5 zusammengefasst, um möglicherweise einen allgemeingültigen empirischen Zusammenhang von „Managerial Discretion“ und dem strategischem Entscheidungsverhalten darzulegen. Das fünfte Kapitel versucht die Theorie sowie die Empirie zu integrieren und auf Grundlage der erlangten For- schungsergebnisse mögliche Praxishinweise im Sinne des „Evidence-Based-Managements“ abzuleiten. Das sechste und letzte Kapitel fasst die Ergebnisse dieser Arbeit kurz zusammen, benennt die Grenzen dieser Arbeit und formuliert zukünftige Felder der Forschung in Bezug auf „Managerial Discretion“ und das strategische Entscheidungsverhalten von Unterneh- men.

2 Begriffliche Grundlagen

In diesem Kapitel sollen ein allgemeines Verständnis für das Modell der „Managerial Discretion“ sowie die grundlegenden Arbeitsdefinitionen der Forschungsvariablen dieser Masterarbeit geschaffen werden. Hierzu wird in Kapitel 2.1 zunächst die unabhängige Vari- able des vorliegenden Forschungsmodells, nämlich das Konzept der „Managerial Discre- tion“, erläutert. Die Autoren Hambrick und Finkelstein unterscheiden grundsätzlich in drei übergeordnete Kategorien, die den Handlungsspielraum eines Managers gestalten und aus denen sich der Grad der „Managerial Discretion“ ableiten lässt. Diese Kategorien lauten wie folgt (Hambrick & Finkelstein, 1987: 369–406):

- Die Aufgabenumwelt des Unternehmens (Task Environment)
- Die interne Organisation des Unternehmens (Internal Organization)
- Die persönlichen Eigenschaften des Managers (Managerial Characteristics)

Diese drei Einflussgrößen sollen in Kapitel 2.1.1, 2.1.2 und 2.1.3 jeweils erläutert werden, um die entsprechenden Wirkungszusammenhänge jeder Kategorie auf den allgemeinen Handlungsspielraum des Managers – und damit die „Managerial Discretion“ - zu verstehen sowie im späteren Teil dieser Arbeit nachvollziehen zu können, welche Konsequenzen ein- zelne, beschränkende Faktoren des Managers auf das strategische Entscheidungsverhalten von Organisationen haben.

Kapitel 2.2 definiert abschließend den Begriff des „Strategic Behavior“, die abhängige Va- riable des vorliegenden Forschungsmodells und nennt vor allem die in den hier verwendeten Studien gängigen Messmethoden - und größen des „Strategic Behaviors“. Der Begriff des „Strategic Behavior“ kennt verschiedenste Messgrößen, wie z.B. die Innovativität, die Risi- koaffinität oder neue Markteintritte, die je nach Studie betrachtet werden (Wangrow et al., 2015: 113–114). Um eine gewisse Vergleichbarkeit innerhalb dieser Arbeit zu gewährleis- ten, sollen die hier verwendeten Messgrößen im Rahmen von Kapitel 2.2 zielführend von irrelevanten Größen abgegrenzt werden.

2.1 Modell der „Managerial Discretion“

Welche internen und externen Faktoren beschränken die freien Handlungen von Managern? Diese Frage beschäftigt seit Mitte der 60er Jahre die Managementforschung (Emery & Trist, 1965: 21). Im Zuge verschiedenster Studien und theoretischer Überlegungen entwickelte sich ein immer komplexeres Konstrukt an relevanten Einflussgrößen, das auf Organisationen und dessen Führungskräfte Einfluss nimmt (Boyd & Gove, 2004: 58). Mit der Zeit entwi- ckelten sich zwei konkurrierende Theorien, die es zum Ziel hatten, diese Einflussfaktoren sowie den Effekt des CEOs zu erklären: Zum einen ist dies die Strömung der „Population Ecology“ und zum anderen die Denkrichtung der „Strategic-Choice-Theory“ (ebd.).

Die „Population Ecology“ geht im Wesentlichen davon aus, dass Unternehmen nicht dazu in der Lage sind, ihre Umwelt zu beeinflussen und auf Grund von interner Trägheit enorme Anpassungsschwierigkeiten an ihre Umwelt haben (Hannan & Freeman, 1977: 929). Der unternehmerische Erfolg oder auch das Überleben einer Organisation hängt demnach davon ab, ob das Unternehmen die richtigen Fähigkeiten zur richtigen Zeit besitzt (Boyd & Gove, 2004: 59). Aus diesen Annahmen resultiert ein quasi-darwinistisches Modell, in dem das Überleben von Unternehmen einer Art natürlichen Selektion gleicht (ebd.). Da der Manager diese deterministischen Einflüsse auf das Unternehmen nicht merklich verändern kann, ge- hen die Anhänger der „Population Ecology“ davon aus, dass Manager im Wesentlichen aus- tauschbar sind, ohne, dass dies einen enormen Einfluss auf das Überleben des Unternehmens und dessen Erfolg hat (Lieberson & O'Connor, 1972: 129).

Dieser Annahme widersprechen die Vertreter der „Strategic-Choice-Theory“ (Andrews, 1971; Chandler, 2001). Die „Strategic-Choice-Theory“ argumentiert, dass der maßgebliche Erfolgsfaktor eines Unternehmens in der bestmöglichen Anpassung an das herrschende Um- feld verankert ist (Kirkland & Chandler, 1962: 158–159). Hierbei geht es vor allem um stra- tegische Entscheidungen, wie z.B. Ressourcen-Allokationen, die Gestaltung der Kapital- struktur oder die Organisationsgestaltung (ebd.). Da das Top-Management diese strategi- schen Entscheidungen größtenteils beschließt und somit den Anpassungsprozess des jewei- ligen Unternehmens maßgeblich gestaltet, sehen die Anhänger der „Strategic-Choice-The- ory“ in der Rolle des CEOs einen wesentlichen Erfolgsfaktor für das Unternehmen (Boyd & Gove, 2004: 59). Sowohl die „Population Ecology“, wie auch die „Strategic-Choice-The- ory“ werden im Kapitel drei dieser Arbeit genauer beleuchtet. Die Zusammenfassung der zentralen Ideen dieser beiden Theorien dient an dieser Stelle nur zum allgemeinen Verständ- nis und der Erläuterung des historischen Hintergrunds des Konzepts der „Managerial Discre- tion“.

Basierend auf diesen beiden konkurrierenden Denkrichtungen der Managementforschung entwickelten sich zwei Modelle, welche zum Ziel hatten, Faktoren zu charakterisieren, die die Handlungen von Managern beschränken. Zum einen handelt es sich hierbei um Dess und Beards „Dimensions of Organizational Task Environments“ (Dess & Beard, 1984: 52–73) und zum anderen um das Konzept der „Managerial Discretion“ von Hambrick und Finkel- stein (Hambrick & Finkelstein, 1987: 369–406). Auch, wenn beide Modelle die gleiche the- oretische Basis haben, unterscheiden sie sich im Wesentlichen in einem Punkt: Dess und Beard sind vor allem an Faktoren interessiert, die beschränkend auf das gesamte Unterneh- men wirken, während Hambrick und Finkelstein verstärkt das Individuum, also den CEO oder das Top-Management-Team (TMT), und deren beschränkende Faktoren beleuchten (Boyd & Gove, 2004: 60). Da es sich bei dem Konzept der “Managerial Discretion” um das für diese Arbeit relevante Konstrukt handelt, wird das Modell der „Dimensions of Organiza- tional Task Environment“ an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt. Es wurde allerdings als sinnvoll erachtet, auch das Konzept der „Dimensions of Organizational Task Environment“ zu erwähnen, da sich sowohl dieses Modell als auch Hambricks und Finkelsteins „Manage- rial Discretion“ auf Grundlage der gleichen Forschungsrichtung entwickelt haben (Boyd & Gove, 2004: 59).

Unter welchen Umständen und wie viel Einfluss haben Top-Manager auf die unternehmeri- schen Entscheidungen und Erfolge (Bowman & Helfat, 2001: 1)? Grundsätzlich ist dies die allgemeine Forschungsfrage, mit der sich auch Hambrick und Finkelstein auseinandergesetzt haben, als sie 1987 das Konzept der „Managerial Discretion“ vorgestellt haben (Hambrick & Abrahamson, 1995: 1427). Da Managementforscher, sowohl aus dem Lager der „Strate- gic-Choice-Theory“, wie auch der „Population Ecology“, festgestellt haben, dass es offen- sichtlich verschiedenste Faktoren gibt, die den Handlungsspielraum des Top-Managements limitieren, haben Hambrick und Finkelstein versucht, diese beschränkenden Faktoren in ei- nem Modell darzustellen und damit die zwei konkurrierenden Ansichten, der beiden Theo- rien, zu integrieren (Boyd & Gove, 2004: 59; Hambrick & Abrahamson, 1995: 1428). Bevor die vorliegende Arbeit sich also damit beschäftigen kann, welche Konsequenzen die „Ma- nagerial Discretion“ für das strategische Entscheidungsverhalten eines Unternehmens hat, müssen zunächst die Einflussfaktoren auf die „Managerial Discretion“ sowie die allgemeine Begrifflichkeit dieses Konzepts geklärt werden.

Nach Hambrick und Finkelstein beschreibt der Begriff der „Managerial Discretion“ im All- gemeinen den strategischen Handlungsspielraum des Top-Managements, welcher durch die Einflussfaktoren der Aufgabenumwelt, der internen Organisation des Unternehmens sowie die persönlichen Charakteristika des Managers bedingt wird (Hambrick & Finkelstein, 1987: 371). Ein hohes Maß der „Managerial Discretion“ ergibt sich für den Manager also dann, wenn der persönliche Einfluss auf die strategischen Entscheidungen des Unternehmens kaum durch externe und interne Kräfte begrenzt ist und der CEO aus einer breiten Auswahl von strategischen Handlungsmöglichkeiten wählen kann, um seine eigenen Interessen sowie die Ziele des Unternehmens zu verfolgen (Hambrick & Finkelstein, 1987: 379). Seit das Konzept der „Managerial Discretion“ 1987 publiziert wurde, beschäftigten sich etliche Stu- dien damit, zunächst herauszufinden, welche konkreten Faktoren den Handlungsspielraum des Top-Managements sowohl positiv, wie auch negativ beeinflussen könnten (Wangrow et al., 2015: 100). Dadurch entstand ein komplexes Konstrukt an Einflussfaktoren und Kräften, welches sich in die drei zuvor erwähnten Wirkungskategorien einteilen lässt. Das Modell der Determinanten der „Managerial Discretion“ stellt sich grafisch wie folgt dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Determinanten der „Managerial Discretion“ (Wangrow et al., 2015: 107)

Wie in der Abbildung (Abb. 2) zu sehen ist, haben die drei Kategorien der Aufgabenumwelt, der internen Organisation sowie der Charakteristika des Managers jeweils mehrere unterge- ordnete Determinanten, die theoretisch Einfluss auf den Grad der „Managerial Discretion“ nehmen könnten (Wangrow et al., 2015: 107). Die Begriffe im Fettdruck haben in dieser Darstellung einen empirisch signifikanten Einfluss auf die „Managerial Discretion“; unter- strichene Faktoren wurden empirisch getestet, zeigen aber keinen signifikant messbaren Ein- fluss und kursive Variablen wurden wiederrum bis dato in noch keiner empirischen Studie mit „Managerial Discretion“ als abhängiger Variable untersucht (Wangrow et al., 2015: 107). Der Umstand, dass viele der Variablen noch nicht getestet oder keinen empirisch sig- nifikanten Zusammenhang mit der „Managerial Discretion“ zeigen, liegt vor allem daran, dass die Forschung Schwierigkeiten hat, den Grad der „Managerial Discretion“ konkret zu messen und Studien damit vergleichbar zu machen (ebd.). So verwenden einige Studien den subjektiv wahrgenommenen Handlungsspielraum des Top-Managements als qualitative Messgröße (Carpenter & Golden, 1997: 187–206; Key, 2002: 218–234), wohingegen Hambrick und Abrahamson eine Messskala entworfen haben, mit deren Hilfe mehrere Ana- lysten den Handlungsspielraum des Managements bewerten (Hambrick & Abrahamson, 1995: 1430). Zusammenfassend kann man sagen, dass sich bis dato wenige Studien damit befasst haben, die Einflussfaktoren sowie „Managerial Discretion“ konkret messbar zu ma- chen und empirisch zu prüfen (Wangrow et al., 2015: 106).

Trotz dieser geringen empirischen Basis sollen die drei übergeordneten Kategorien in den folgenden Kapiteln 2.1.1, 2.1.2 und 2.1.3 beleuchtet werden, um herauszufinden, welche Faktoren den Handlungsspielraum des Top-Managements erweitern und welche ihn be- schränken. Des Weiteren müssen die drei Kategorien erläutert werden, um im theoretischen sowie dem empirischen Teil dieser Arbeit nachvollziehen zu können, welchen Einfluss die jeweilige Kategorie auf das „Strategic Behavior“ hat.

2.1.1 Determinante „Task Environment“

Grundsätzlich beschreibt das „Task Environment“ (Aufgabenumwelt) eines Unternehmens die Branche bzw. die Industrie, in dem ein Unternehmen tätig ist und wie es in diesem Um- feld wirtschaftet (Wangrow et al., 2015: 102). Hambrick und Finkelstein unterscheiden in- nerhalb des „Task Environments“ folgende sechs Faktoren, die den Grad der „Managerial Discretion“ im Wesentlichen gestalten (Hambrick & Finkelstein, 1987: 379). Diese lauten wie folgt (Hambrick & Abrahamson, 1995: 1429):

- Produktdifferenzierbarkeit (Product Differentiability)
- Marktwachstum (Market Growth)
- Industriestruktur (Industry Structure)
- Nachfrageunsicherheit (Demand Instability)
- Quasi-rechtliche Beschränkungen (Quasi-legal Constraints)
- Einflussreiche externe Kräfte (Powerful Outside Forces)

Hambricks und Finkelsteins Argumente für den jeweiligen Einfluss dieser sechs Kategorien werden in den nachfolgenden Absätzen kurz zusammengefasst:

So gehen die Autoren davon aus, dass eine Branche mit differenzierbaren Produkten und Dienstleistungen dem Manager mehr Handlungsmöglichkeiten offen lässt, als bspw. in einer Rohstoffindustrie (Hambrick & Abrahamson, 1995: 1429). Bei differenzierbaren Gütern gibt es deutlich mehr Entscheidungsfelder und damit auch eine große Bandbreite an Optio- nen zwischen denen der Manager entscheiden muss und kann (ebd.).

Märkte die ein schnelles Marktwachstum aufweisen, zeichnen sich durch ein spontanes und ungeplantes Entscheidungsverhalten des Managements sowie durch schwer vorhersehbare Erfolgsfaktoren aus. Durch die Komplexität und die schwere Planbarkeit ergeben sich in diesen schnell wachsenden Branchen für Manager breite Handlungsspielräume und damit eine höhere „Managerial Discretion“ als in gesättigten Märkten (Hambrick & Abrahamson, 1995: 1429). Hambrick und Finkelstein berufen sich hierbei auf eine Studie von Lieberson und O’Connor, die einen Zusammenhang von Industriewachstum und dem Einfluss des Ma- nagers auf die Gewinnmarge des Unternehmens feststellen (Lieberson & O'Connor, 1972: 123–128).

Betrachtet man die Industriestruktur, so attestieren Hambrick und Finkelstein oligopolisti- schen Branchen die geringste „Managerial Discretion“, da sich Manager hier an inoffizielle Normen der oligopolistischen Abmachungen halten müssen (Hambrick & Abrahamson, 1995: 1429). Monopolistische Unternehmen oder solche im vollkommenen Wettbewerb ge- währen ihrem Top-Management vergleichsweise ein höheres Maß an „Managerial Discre- tion“ (ebd.).

Das Vorherrschen von Nachfrageunsicherheit erhöht nach Hambrick und Finkelstein die „Managerial Discretion“, da Manager so mehr Interpretationsspielraum und Entscheidungs- freiheit haben, wenn es um strategische Entscheidungen in den Bereichen der Ressour- cenallokation, der Produktionskapazitäten, der Preissetzung oder der Personalpolitik geht (A.a.O.).

Organisationen, die staatlich stärker reguliert sind oder ihre Ressourcen teilweise vom Staat beziehen, weisen einen geringeren Grad an „Managerial Discretion“ auf, als Unternehmen die in der freien Wirtschaft tätig sind. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass Letztere zu- meist geringere gesetzliche Auflagen haben und damit über einen größeren strategischen Handlungsspielraum verfügen, als bspw. öffentliche Krankenhäuser oder Universitäten (Hambrick & Abrahamson, 1995: 1429).

Unter einflussreichen externen Kräften versteht man vor allem die Macht von großen Liefe- ranten oder Abnehmern des Unternehmens, da diese dem Manager beispielsweise wenig Spielraum bei der Setzung von Einkaufs- bzw. Verkaufspreisen lassen und damit die „Ma- nagerial Discretion“ in relevanten Entscheidungsfeldern verringern (Pfeffer & Salancik, 2003; Porter, 2004).

Grundsätzlich lässt sich also zusammenfassen, dass die Aufgabenumwelt die „Managerial Discretion“ positiv beeinflussen sollte, wenn eine breite Produktdifferenzierung unter den Wettbewerbern, ein wachsender Markt und eine gewisse Nachfrageunsicherheit vorherr- schen (Wangrow et al., 2015: 102). Umgekehrt bedeutet dies, dass die Aufgabenumwelt den Grad der „Managerial Discretion“ verringern müsste, falls es sich um eine stark kon- zentrierte und regulierte Branche handelt, in welcher starke externe Faktoren, wie Lieferan- ten- oder Nachfragemacht, auf das Unternehmen einwirken (Wangrow et al., 2015: 102). Die „Managerial Discretion“ ist also alles in allem besonders hoch, wenn die Aufgabenum- welt einen Raum für Veränderung und strategischen Wandel bietet (Hambrick & Finkelstein, 1987: 379).

Wie in Abb. 2 zu sehen, lassen sich die positiven Einflüsse der Produktdifferenzierbarkeit sowie des Marktwachstums auf die „Managerial Discretion“ auch empirisch bestätigen (Hambrick & Abrahamson, 1995: 1429; Hambrick, Finkelstein, Cho, & Jackson, 2004: 337– 342). Der Umstand, dass es hierbei nur zwei Studien gibt, die den Einfluss von Faktoren der Aufgabenumwelt untersucht haben und zu einem Ergebnis kommen, liegt, wie in Kapitel 2.1 bereits erwähnt, daran, dass alle dieser sechs Determinanten gemeinsam wirken und somit den Grad der „Managerial Discretion“ kollektiv beeinflussen (ebd.). Den Wissenschaftlern ist es kaum möglich, nur einen einzelnen Faktor zu untersuchen und dabei die ceteris paribus (c.p.) Annahme zu treffen (Hambrick & Abrahamson, 1995: 1430).

2.1.2 Determinante „Internal Organization“

Ein hoher Grad der „Internal-Organization-Discretion“ beschreibt im Allgemeinen die Fä- higkeit des Unternehmens eine Bandbreite von strategischen Entscheidungen des Manage- ments problemlos umsetzen zu können (Hambrick & Finkelstein, 1987: 379). Dies bedeutet, dass das Unternehmen in seiner strategischen Neuorientierung sowie dem Umsetzen von Management-Entscheidungen weitestgehend flexibel ist und verändernde Umwelteinflüsse agil bewältigen kann (ebd.).

Die Determinante der „Internal Organization“ (internen Organisation) gestaltet den Grad der „Managerial Discretion“ hierbei vor allem durch Kräfte wie die organisationale Trägheit, die Ressourcenverfügbarkeit sowie durch einflussreiche interne Stakeholder (Cannella, Fin- kelstein, & Hambrick, 2008: 27). Wie auch im vorigen Kapitel, sollen diese Determinanten kurz erläutert werden, um ihren theoretischen Einfluss auf den Grad der „Managerial Discre- tion“ herzuleiten und nachzuvollziehen.

Die Trägheit einer Organisation (Inertial Forces) wird hierbei vor allem durch Aspekte wie das Alter des Unternehmens, dessen Größe und dessen Unternehmenskultur bestimmt (Han- nan & Freeman, 1984: 163). So argumentieren Hannan und Freeman, dass alte Unternehmen eine höhere Trägheit aufweisen als junge Organisationen und somit dem quasi-darwinisti- schen Wandel ihrer Umwelt nicht gewachsen sind (Hannan & Freeman, 1984: 151). Empi- rische Studien zeigen, dass Firmen mit einer hohen organisationalen Trägheit ihre Kernfä- higkeiten langsamer verändern als sich ihre Aufgabenumwelt verändert, was wiederrum ein Indiz dafür sein könnte, dass das Unternehmen nicht mehr anpassungsfähig genug ist und sein wirtschaftliches Überleben in Gefahr ist (Hannan & Freeman, 1984: 163; Kelly & Am- burgey, 1991: 603–608). Die starren Strukturen, Hierarchien und Systeme von älteren Un- ternehmen haben zur Folge, dass der CEO in seinen Versuchen einen notwendigen strategi- schen Veränderungs- und Anpassungsprozess der Organisation voran zu treiben stark behin- dert wird und somit einen geringeren Grad der „Managerial Discretion“ innehat, als das bei jüngeren oder kleineren Unternehmen der Fall wäre (Quinn & Cameron, 1983: 48–49).

Einflussreiche interne Stakeholder (Powerful Inside Forces), die an der Erhaltung des Status Quo interessiert sind, können prinzipiell gegen jegliche Veränderungsvorschläge des CEOs Widerstand leisten und in Folge dessen die „Managerial Discretion“ maßgeblich verringern (Burke, Lake, & Paine, 2009: 174–225; Pfeffer & Salancik, 2003). Oftmals fürchten ein- flussreiche Stakeholder um ihre bis dato starke Machtposition im Unternehmen, falls sich die Strukturen und die Strategie der Organisation durch den neuen Kurs des CEOs verändern sollten (Boeker, 1997: 156; Quigley & Hambrick, 2012: 838). Deshalb präferieren einfluss- reiche interne Stakeholder es oftmals, den Status Quo beizubehalten, um ihre gegenwärtige Machtposition zu sichern und damit eigenen Interessen nachgehen zu können (ebd.). Um diese Interessen umzusetzen, können dem CEO seitens der internen Stakeholder bspw. In- formationen vorenthalten oder abweichend dargestellt werden (Hannan & Freeman, 1977: 931).

Die Ressourcenverfügbarkeit (Resource Availability) sowie die Kapitalintensität eines Un- ternehmens sind ebenfalls wichtige Determinanten der „Internal-Organization-Discretion“ und können den Handlungsspielraum des Managers maßgeblich mitgestalten (Wangrow et al., 2015: 103). So stellen Hannan und Freeman fest, dass ein hohes Maß an investiertem Kapital, eine besondere Ausstattung sowie spezialisierte Fachkräfte nicht problemlos auf neue Aufgaben und Funktionen übertragbar sind (Hannan & Freeman, 1977: 931). Umso höher diese Kapital- und Ressourcenbindungen mit der gegenwärtigen Strategie, den Pro- dukten und den Prozessen verknüpft sind, desto höher wären die entstehenden „sunk costs“ für das Unternehmen. Dies führt dazu, dass es auf Grund dieser Restriktionen nur mühsam zu strategischen Neuorientierungen kommt (Hambrick & Macmillan, 1985: 529; Hannan & Freeman, 1977: 931). Wie in Abb. 2 zu sehen ist, lässt sich der negative Zusammenhang zwischen der Kapitalintensität und dem Grad der „Managerial Discretion“ auch empirisch belegen (Hambrick & Abrahamson, 1995: 1435). Der CEO kann also nur im Rahmen dieser Bedingungen führen und strategische Entscheidungen treffen, was seinen Handlungsspiel- raum entscheidend beschränkt (Hannan & Freeman, 1977: 932–933). Firmen, die wiederrum mit ausreichender finanzieller, personalpolitischer und strategischer Flexibilität ausgestattet sind, ermöglichen es ihrem Top-Management unter Umständen breiter zu denken und die entsprechenden strategischen Entscheidungen auch umsetzen zu können (Miner, 2005: 61). Moderne Global-Player, wie Google, Tesla oder Amazon, verfügen über ein relativ hohes Maß an frei verfügbaren Ressourcen sowie Kapital und können sich unteranderem deshalb strategisch so rasant weiterentwickeln, fortan neue Geschäftsfelder erschließen und moderne Pioniere der Tech-Branche sein. Trotz dieser Verfügbarkeit an Ressourcen, müssen sich aber auch einflussreiche CEOs, wie Sundar Pichai, Elon Musk und Jeff Bezos, mit bürokratischen und strukturellen Beschränkungen ihrer Organisationen konfrontiert sehen, die sie in ihrem Handlungsspielraum beschränken (Wangrow et al., 2015: 103). Wie auch für das „Task- Environment“, lässt sich für die Determinante der „Internal-Organization“ feststellen, dass es schwierig ist, einzelne Faktoren isoliert zu betrachten und damit empirisch zu prüfen. Alle in diesem Kapitel erwähnten Einflussfaktoren wirken gemeinsam und zeigen die Komplexi- tät der „Internal-Organization-Discretion“ (ebd.).

2.1.3 Determinante „Managerial Characteristics“

Die Determinante der „Managerial Characteristics“ beschreibt im Wesentlichen die psycho- logischen und demographischen Eigenschaften des CEOs und in welchem Verhältnis diese zum Unternehmen stehen (Cannella et al., 2008: 27). Diese individuellen Charakteristika ermöglichen es dem Manager, verschiedene, vielseitige und neue Strategien zu entwickeln, die zum aktuellen Umfeld seines Unternehmens passen und damit den unternehmerischen Erfolg sichern (Hambrick & Mason, 1984: 196). Gegenteilig limitieren gewisse Charakter- eigenschaften die Fähigkeit passende Strategien zu finden und wirken sich somit negativ auf den verfügbaren Handlungsspielraum und damit die „Managerial Discretion“ des CEOs aus (Hambrick & Mason, 1984: 196).

Betrachtet man demnach CEOs mit unterschiedlichen „Managerial Characteristics“ in der gleichen Aufgabenumwelt und der gleichen internen Organisation, so ließe sich schlussfol- gern, dass jeder dieser CEOs dennoch einen unterschiedlichen Grad der "Managerial Discre- tion“ innehat (Child, 1997: 51). Ist ein Unternehmen bspw. in einer Branche tätig, die aktuell einen gewissen Trend oder Wandel durchlebt, so könnte man davon ausgehen, dass ein jun- ger, gut gebildeter CEO in diesem Szenario über einen größeren Handlungsspielraum – und damit höheren Grad der „Managerial Discretion“ – verfügt, als ein älterer Manager mit schlechterer Bildung (Child, 1997: 51). Dieser Umstand leitet sich aus folgenden charakter- lichen Eigenschaften von Managern ab (Wangrow et al., 2015: 107):

- Toleranz gegenüber Ungewissheit (Tolerance for Ambiguity)
- Kontrollüberzeugung (Locus of Control)
- Fähigkeit mit kognitiver Komplexität umzugehen (Cognitive Complexity)
- Anspruchsniveau (Aspiration Level)
- Machtbasis (Powerbase)
- Verbundenheit zum Status Quo (Commitment to the status quo) (CSQ)

Wenn man diese charakterlichen Eigenschaften von Managern betrachtet, ist vor allem fest- zustellen, dass es sich hierbei, im Gegensatz zu den Einflussfaktoren der Aufgabenumwelt und der internen Organisation, nicht um externe Faktoren handelt, die auf den CEO einwir- ken (Hambrick & Finkelstein, 1987: 374). Vielmehr handelt es sich hierbei um charakterli- che Eigenschaften und Fähigkeiten, die es dem Manager erlauben, passende Handlungsmög- lichkeiten zu generieren, wahrzunehmen und auszuführen (ebd.). So kann ein CEO mit einer hohen Toleranz gegenüber Ungewissheit, einer ausgeprägten kognitiven Fähigkeit bei kom- plexen Problemstellungen und einem hohen Anspruchsniveau vermutlich mehrere und ef- fektivere strategische Optionen formulieren als ein CEO mit geringerem Vermögen in diesen Persönlichkeitsattributen (Cannella et al., 2008: 33). Effektive und erfolgreiche CEOs ge- stalten somit ihren Handlungsspielraum durch ihre charakterlichen Eigenschaften und Fä- higkeiten selbst wesentlich mit und finden in einem gegebenen Umfeld damit Lösungen, die andere CEOs unter Umständen nicht wahrnehmen würden (ebd.).

Um den Faktor der Kontrollüberzeugung zu untersuchen, erfordert es an dieser Stelle zu- nächst eine kurze Erläuterung der Begrifflichkeit. Bei dem Begriff der Kontrollüberzeugung handelt es sich um ein psychologisches Konstrukt, dass von dem Psychologen Julian B. Rot- ter 1966 eingeführt wurde (Rotter, 1966: 1–28). Die Kontrollüberzeugung beschreibt in der Psychologie demnach das Ausmaß, mit dem eine Person eintretende Ereignisse mit dem ei- genen Verhalten erklärt, sich also selbst für Geschehnisse verantwortlich macht und wahr- nimmt (Rotter, 1966: 1). Hierbei wird zwischen internaler und externaler Kontrolle (internal vs. external Locus of Control) unterschieden (ebd.). Internale Kontrollüberzeugung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein Subjekt ein positives oder negatives Ereignis dem eige- nen vorhergegangenen Verhalten zuschreibt (A.a.O.). Eine externale Kontrollüberzeugung liegt wiederum vor, wenn die Person ein Geschehnis völlig unabhängig vom eigenen Ver- halten wahrnimmt (Rotter, 1966: 1). Die Person geht in letzterem Fall also z.B. davon aus, dass ein Ereignis eingetreten ist, weil externe Faktoren, wie der Einfluss anderer Menschen oder auch Glück und Schicksal den Ausgang einer Situation im Wesentlichen geprägt haben (ebd.). Hierbei ist vor allem zu erwähnen, dass es bei dem Begriff der Kontrollüberzeugung irrelevant ist, ob es einen faktischen, realen Einfluss der Person auf das Ereignis gab. Es wird also nur die subjektiv wahrgenommene Kontrolle über den Ausgang eines Szenarios gemes- sen (Rotter, 1966: 9–16). Bezieht man die Determinante der Kontrollüberzeugung nun auf die verantwortungsvolle Rolle des CEOs, so wäre bspw. anzunehmen, dass Manager in der Regel davon ausgehen, dass der Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens wesentlich aus ihren persönlichen strategischen Entscheidungen resultieren – sie also eine internale Kon- trollüberzeugung haben (Miller, Kets de, & Toulouse, 1982: 238–239). Carpenter und Gol- den verknüpfen diese These mit der „Managerial Discretion“ und stellen, wie in Abb. 2 zu sehen ist, empirisch fest, dass CEOs mit einer eher internalen Kontrollüberzeugung auch ihren Handlungsspielraum und damit ihre „Managerial Discretion“ höher wahrnehmen, als solche CEOs, die eher eine externale Kontrollüberzeugung haben (Carpenter & Golden, 1997: 187; Hambrick & Finkelstein, 1987: 387).

Betrachtet man die Determinanten des CSQ sowie die Machtbasis des CEOs, so beschreiben diese im Kern die Beziehung des Managers zum Unternehmen und stellen eine Art Schnitt- menge von Faktoren der internen Organisation und den charakterlichen Eigenschaften des Managers dar (Wangrow et al., 2015: 103). Es ist davon auszugehen, dass, wenn der CEO ein höheres CSQ aufweist auch die „Managerial Discretion“ sinkt (Hambrick & Mason, 1984: 198). Betrachtet man die Machtbasis eines CEOs, so ist davon auszugehen, dass diese einen positiven Einfluss auf die „Managerial Discretion“ hat, da die Shareholder sowie Sta- keholder des Unternehmens dem CEO auf Grund seines unternehmerischen Verständnisses vertrauen und damit ein breites Maß an Handlungsspielraum eingestehen (Cannella et al., 2008: 33). Ein Hinweis für diesen positiven Zusammenhang von „Managerial Discretion“ und der Machtbasis eines CEO sind die Ergebnisse der empirischen Studie von Carpenter und Golden (Carpenter & Golden, 1997: 197–200): In Situationen in denen CEOs eigentlich über ein geringes Maß an „Managerial Discretion“ verfügen, sich selbst aber ein hohes Maß an Handlungsspielraum attestieren, wird ihr Einfluss bzw. ihre Machtbasis von anderen hö- her beurteilt (Carpenter & Golden, 1997: 199). Nichtsdestotrotz bleibt an dieser Stelle aber zu erwähnen, dass es bis dato sowohl für den CSQ, wie auch für die Machtbasis des CEOs keine signifikanten empirischen Studien gibt, die die „Managerial Discretion“ als abhängige Variable betrachten und einen direkten Zusammenhang messen konnten (Wangrow et al., 2015: 106).

Zusammenfassend kann man sagen, dass die charakterlichen Eigenschaften und Fähigkeiten vor allem Einfluss darauf nehmen, ob der strategische Handlungsbedarf von einem CEO zunächst erkannt und anschließend auch in die Tat umgesetzt wird (Wangrow et al., 2015: 103).

Nachdem die drei Determinanten „Task-Environment“, „Internal Organization“ und „Ma- nagerial Characteristics“ nun näher erläutert wurden, lässt sich zusammenfassen, dass sich der Grad an „Managerial Discretion“ keineswegs aus Zufall ergibt, sondern vielmehr ein Resultat der Einflüsse dieser drei Kategorien ist (Cannella et al., 2008: 27). Nach Hambrick und Finkelstein lässt sich der Handlungsspielraum des Top-Managements im Wesentlichen als Summe der folgenden drei Kräfte darstellen (Hambrick & Finkelstein, 1987: 379):

1. Dem Grad an Veränderung und Vielseitigkeit, der durch die Aufgabenumwelt zugelas- sen wird. („Task-Environment-Discretion“)
2. Dem Grad an Offenheit und Flexibilität für strategische Veränderung innerhalb des Un- ternehmens. („Internal-Organization-Discretion“)
3. Dem Grad an persönlicher Fähigkeit des CEOs bzw. TMTs, verschiedene Handlungsop- tionen für das Unternehmen erkennen und kreieren zu können. („Managerial-Charac- teristics-Discretion“)

2.2 Begriff des „Strategic Behavior“

Nachdem in Kapitel 2.1 die „Managerial Discretion“ als unabhängige Variable dieses For- schungsmodells vorgestellt wurde, soll in diesem Kapitel der Begriff des strategischen Ent- scheidungsverhaltens (Strategic Behavior) und damit die abhängige Variable vorgestellt werden. Das „Strategic Behavior“ meint im Allgemeinen alle strategischen Verhaltenswei- sen, Entscheidungen und Handlungen eines Unternehmens, die darauf abzielen das Wettbe- werbsumfeld, in dem die Organisation tätig ist, zu beeinflussen (Khemani & Shapiro, 1993: 81). Das strategische Entscheidungsverhalten beinhaltet demnach alle kooperativen und nicht-kooperativen Handlungsweisen eines Unternehmens, die darauf abzielen, den Erfolg des Unternehmens zukünftig zu steigern (ebd.). Kooperative Verhaltensweisen erzielen hier- bei sowohl für das Unternehmen sowie den kooperierenden Wettbewerber gemeinsame Ge- winne, während nicht-kooperative Handlungen den eigenen Profit zu Ungunsten des kon- kurrierenden Wettbewerbers erhöhen (Wittmann, 1993: 4436–4448). Beispiele für ein ko- operatives strategisches Entscheidungsverhalten sind das Eingehen von Unternehmensko- operationen, wie eines Joint Ventures oder einer strategischen Allianz (ebd.). Das Kreieren von Markteintrittsbarrieren, Preiskämpfen oder einer Vormachtstellung durch die Erlangung einer besonderen und wertvolle Ressourcenausstattung beschreibt wiederum nicht-kooperatives strategisches Entscheidungsverhalten der Organisation (Barney, 1991: 101; Khemani & Shapiro, 1993: 81).

[...]


1 An dieser Stelle muss bemerkt werden, dass im Verlauf dieser Masterthesis häufig die Begriffe des CEOs, des Managers, des Forschers o.Ä. verwendet werden. Um den Lesefluss innerhalb dieser Arbeit zu gewährleis- ten, wird von einem fortlaufenden Gendering der Berufs- und Rollenbezeichnungen sowie der daraus resultie- renden Personalpronomen abgesehen. Selbstverständlich sind bei den hier getroffenen Formulierungen immer alle Geschlechter (w/m/d) gemeint.

Fin de l'extrait de 68 pages

Résumé des informations

Titre
Managerial Discretion und strategisches Entscheidungsverhalten
Université
Justus-Liebig-University Giessen
Note
2,0
Auteur
Année
2019
Pages
68
N° de catalogue
V497996
ISBN (ebook)
9783346034779
ISBN (Livre)
9783346034786
Langue
allemand
Mots clés
managerial, discretion, entscheidungsverhalten
Citation du texte
Torben Arndt (Auteur), 2019, Managerial Discretion und strategisches Entscheidungsverhalten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497996

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