Employer Branding als Erfolgsfaktor. Handlungsempfehlungen für den Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke


Textbook, 2019

130 Pages


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Aufbau

2 Arbeitsmarktsituation und Generationenwandel
2.1 Demographischer Wandel
2.2 Fachkräftemangel
2.3 Wertewandel
2.4 Grundlagen der Generation Y

3 Theoretische Grundlagen Employer Branding
3.1 Definition und Erklärung
3.2 Employer Branding vs Corporate Branding
3.3 Employer Branding vs Personalmarketing
3.4 Bedeutung Employer Branding
3.5 Funktionen einer Arbeitgebermarke
3.6 Wirkungsbereiche
3.7 Arbeitgeberpositionierung – Strategie

4 Maßnahmen Employer Branding
4.1 Externe Maßnahmen
4.2 Interne Maßnahmen

5 Marktforschung – Empirische Untersuchung
5.1 Fragestellung
5.2 Forschungshypothesen
5.3 Untersuchungsmethode
5.4 Fragebogengestaltung
5.5 Durchführung
5.6 Auswertung und Interpretation

6 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang
Anhang 1: Vorwort und Fragebogen
Anhang 2: Auswertung der Umfrage

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

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Impressum:

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung Deutschland 20-67 Jahre

Abbildung 2: Durchschnittliche Vakanzzeit Deutschland

Abbildung 3: Branding-Disziplinen in Deutschland

Abbildung 4: Funktionen und Wirkungsbereiche einer Arbeitgebermarke

Abbildung 5: Wirkungsbereiche einer Arbeitgebermarke

Abbildung 6: Prozess zum Aufbau einer Employer Brand

Abbildung 7: Facebook-Nutzer Deutschland im Jahr 2018

Abbildung 8: Active Sourcing Trends 2017

Abbildung 9: Nutzung und Beeinflussung von Arbeitgeberbewertungsportalen

Abbildung 10: kununu-Profil Daimler AG

Abbildung 11: Handlungsfelder des internen Employer Branding

Abbildung 12: Emotionale Bindung 2018

Abbildung 13: Bedarf von Home-Office

Abbildung 14: Altersgruppen (n=526)

Abbildung 15: Informationsbeschaffung über Stellenausschreibungen

Abbildung 16: Allgemeine Informationsbeschaffung über Unternehmen

Abbildung 17: Nutzung von Arbeitgeberbewertungsportalen (n=526)

Abbildung 18: Wichtige Kriterien bei der Arbeitgeberwahl

Abbildung 19: Betriebliche Gesundheitsförderung

Abbildung 20: Kinderbetreuung

Abbildung 21: Home-Office

Abbildung 22: Flexible Arbeitszeiten

Abbildung 23: Firmenwagen

Abbildung 24: Gutes Image

Abbildung 25: Starker Einsatz für soziale Zwecke

Abbildung 26: Jobsicherheit

Abbildung 27: Aufstiegschancen

Abbildung 28: Einfluss einer Stellenausschreibung (n=526)

Abbildung 29: Freunde, Familie berichten positiv über den Arbeitgeber

Abbildung 30: Der erste Eindruck im Vorstellungsgespräch

Abbildung 31: Der Arbeitgeber ist auf Arbeitgeberbewertungsportalen gut bewertet

Abbildung 32: Active Sourcing - XING (n=526)

Abbildung 33: Regelmäßige Feedbackgespräche

Abbildung 34: Wertschätzung von Kollegen

Abbildung 35: Kollegiales Umfeld

Abbildung 36: Moderne Arbeitsräume

Abbildung 37: Unternehmenskultur n=526

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Geschlechterverteilung

1 Einleitung

Bis zum Jahr 2060 wird die Bevölkerungszahl in Deutschland von über 82 Millionen Menschen (2018) auf 76 Millionen Menschen sinken, sofern die Berechnungen des Statistischen Bundsamtes eintreffen sollten. Hierbei ist zu betonen, dass durch Änderungen, zum Beispiel der Geburtenrate oder ein besserer Zugang von Fachkräften aus dem Ausland andere Zahlen eintreffen können. Die Bevölkerungsschicht der 20 bis 67 Jährigen soll trotz Zuwanderungen um circa 23% schrumpfen, welche den Hauptteil der erwerbsfähigen Personen in Deutschland ausmacht (Statistisches Bundesamt, 2017, S. 45). Die Geburtenrate in Deutschland ist zu gering und gleichzeitig leben Menschen immer länger, was eine alternde Gesellschaft zur Folge hat. Daraus ergibt sich die Problematik, dass Nachwuchskräfte in Deutschland sowie ausgebildete Fachkräfte aufgrund der demografischen Entwicklung einen immer größeren Mangel darstellen (Barsch & Trachsel, 2018, S. 2-3).

Bereits im Jahr 1997 wurde der Begriff ´War for Talents´ von Stephen Hawking in einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company verwendet. Zu dieser Zeit bestand bereits ein Mangel an qualifizierten Fachkräften, der sich seitdem immer weiter verschärfte. War for Talents bezeichnet die stets zunehmende Schwierigkeit von Unternehmen, passendes und qualifiziertes Personal zu finden und im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern für sich zu gewinnen (Morgan, 2017, S. 26-27). Dabei findet insbesondere ein Kampf um die sogenannten ´High Potentials´, beziehungsweise besten Nachwuchskräfte, statt (Church & Conger, 2018, S. 1). Der Arbeitsmarkt entwickelt sich immer mehr vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt und die Machtverhältnisse verschieben sich zugunsten der Arbeitnehmer. Diese Aspekte verdeutlichen, dass qualifizierte Arbeitskräfte die bedeutendste, jedoch gleichzeitig auch die seltensten Ressourcen für den Unternehmenserfolg sind (Wilton, 2016, S. 145-146).

Diese Entwicklung ist vor allem bei den MINT-Berufen in Bereichen der Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und Technik problematisch. Trotz Bemühungen des Staates in Bildung zu investieren, sind in den MINT-Berufen laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) 337.900 Stellen (Oktober, 2018) aufgrund fehlender Fachkräfte unbesetzt. Unternehmen sind gezwungen, sich dieser Herausforderung zu stellen, um wettbewerbsfähig und langfristig erfolgreich zu sein (Pankow, 2018).

Eine weitere zentrale Herausforderung steht in Zusammenhang mit der ´Generation Y´, der jüngeren Arbeitnehmergeneration, die großen Einfluss auf den Arbeits­markt hat. Bereits im Jahr 2020 sollen 50% aller Arbeitnehmer weltweit der Generation Y angehören (William, 2015, S. 78). Diese Arbeitsgesellschaft wird den Arbeitsmarkt mittel- bis langfristig gestalten und dominieren. Die Generation Y unterscheidet sich jedoch maßgeblich von den anderen Generationen, welche bisher die Unternehmenswelt geprägt haben (Reis & Braga, 2016, 104).

Somit stoßen die Arbeitgeber auf Arbeitskräfte mit veränderten Präferenzen sowie Erwartungen an den Arbeitsplatz und erleben eine Verschiebung der wesentlichen Werte der Mitarbeiter (Järvinen & Saari & Ojala, 2017, S. 2-3). Die Unternehmen müssen den Ansprüchen der Generation Y, die bei der Arbeitgeberauswahl besonders kritisch ist, gerecht werden, um im War for Talents bestehen zu können. Kurz gefasst ist die Generation Y in einer Gesellschaft mit hohem Lebensstandard und Individualismus aufgewachsen und stellt vergleichsweise hohe Anforderungen an ihren aktuellen oder zukünftigen Arbeitgeber (Runge & Ternes, 2016, S. 3).

In Anbetracht dieser Herausforderungen hat die relativ neue Disziplin ´Employer Branding´ stark an Bedeutung gewonnen und nimmt ein zentrales Thema dieser Masterarbeit ein. Aus diesem Grund müssen sich Unternehmen eine eigene Arbeitgebermarke aufbauen. Durch strategische Maßnahmen des Employer Branding können Unternehmen intern als auch extern eine eigene Arbeitgeberpositionierung und Image erarbeiten, sich damit als Arbeitgeber erster Wahl (employer of choice) qualifizieren sowie die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig verbessern und den Kampf im War for Talents für sich entscheiden (Klein & Stoffel und Schmidt, 2017, S. 91-95).

Doch gerade beim Employer Branding sind trotz der Bedeutsamkeit erhebliche Defizite auf Unternehmensseite ersichtlich. Laut der aktuellen Studie ´Recruiting Trends 2018´ der Universitäten Bamberg, Erlangen-Nürnberg und des Karriereportals Monster geben sich die 1000 Top Unternehmen Deutschlands die Schulnote 4+ im Bereich Employer Branding (Monster, 2019).

1.1 Zielsetzung

In der vorliegenden Masterarbeit werden neben den theoretischen Grundlagen des Employer Branding spezielle Maßnahmen und für die ABC Firma ausgerichtete Handlungsansätze im Rahmen des internen und externen Employer Branding erstellt. Dabei sollen insbesondere die Generation Y und deren Ansprüche berücksichtigt werden. Die Ausführung ist je nach Maßnahme möglicherweise generationenübergreifend verwendbar, jedoch wird aufgrund des Umfangs dieser Arbeit kein zusätzliches Augenmerk auf die anderen Generationen der Arbeitsgesellschaft gelegt. Es soll lediglich eine kurze Beschreibung der Generation Babyboomer und Generation X erfolgen, um eine verständliche Basis für die Generation Y zu erschaffen. Diese Einschränkung ist laut Literatur sinnvoll, da die Generation Y den bedeutendsten Teil der zukünftigen Arbeitsgesellschafft einnimmt.

Ziel dieser Arbeit ist es, durch die vorhandene Literatur und einer empirischen Untersuchung festzustellen, ob bei der Firma ABC Firma Handlungsbedarf in Bezug auf das Thema Employer Branding besteht. Es soll herausgearbeitet werden, durch welche Maßnahmen das Unternehmen sich eine eigene Arbeitgebermarke aufbauen kann, um sich als attraktiver Arbeitgeber auf dem Markt zu positionieren. Falls Handlungsbedarf besteht, soll durch diese Arbeit den Verantwortlichen der ABC Firma die besonderen Vorteile und die große Relevanz des Themas Employer Branding deutlich werden, sodass dieses aktiv im Unternehmen eingeführt wird.

Im Rahmen dieser Arbeit ergeben sich somit folgende Forschungsfragen:

- Ist Employer Branding ein notwendiges und effektives Instrument, um sich den Herausforderungen des Fachkräftemangels und demografischen Wandels stellen zu können?
- Welche grundsätzlichen Anforderungen stellt die Generation Y an ihren (potentiellen) Arbeitgeber und welche Maßnahmen sollten Unternehmen ergreifen, um die Generation Y für das Unternehmen zu gewinnen und an sich zu binden?

1.2 Aufbau

Nachdem die allgemeine Relevanz und Zielsetzung des Themas beschrieben ist, sind darauffolgend die Ausgangssituation und die Problemstellung des Unternehmens ABC Firma darzustellen, um eine grundlegende Basis für die Arbeit zu schaffen. In Kapitel 3 sollen die Arbeitsmarktsituation mit den Megatrends Demografischer Wandel, Fachkräftemangel und Wertewandel analysiert werden, wobei auch die verschiedenen Generationen auf dem Arbeitsmarkt und deren Merkmale beschrieben werden.

In Kapitel 4 werden theoretische Grundlagen des Employer Branding herausgearbeitet und im darauffolgenden Kapitel 5, die internen und externen Maßnahmen des Employer Branding dargelegt, die laut Literatur sinnvoll sind. In Kapitel 6 wird eine empirische Untersuchung durchgeführt. Anhand einer Online-Umfrage wird die Generation Y zu verschiedenen Bereichen des Employer Branding und der Arbeitgeberattraktivität befragt. Grundsätzlich werden nur Teilnehmerinnen und Teilnehmer berücksichtigt, welche den Jahrgängen 1980-2000 (Generation Y) angehören. Ziel ist, mindestens 500 vollständig ausgefüllte Fragebogen der Zielgruppe zu sammeln, damit eine ausreichende Datengrundlage für die anschließende Auswertung und Interpretation vorliegt.

Auf Basis der Literatur und der Untersuchungsergebnisse wird schließlich eine Handlungsempfehlung für das Unternehmen ABC Firma herausgearbeitet, bevor die abschließende Schlussbetrachtung ausgearbeitet wird.

2 Arbeitsmarktsituation und Generationenwandel

Da sich innerhalb der deutschen Gesellschaft tiefgreifende Veränderungen in Bezug auf den demografischen Wandel, den Fachkräftemangel und auch den Wertewandel entwickeln, sollen im Folgenden diese ´Megatrends analysiert werden.

2.1 Demographischer Wandel

Der Begriff ´demographischer Wandel´ findet in Literatur zunehmende Bedeutung und wird von Medien häufig verwendet. Das Wort ´Demographie´ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet wörtlich übersetzt ´das Volk beschreiben´. Durch Kennziffern und Zahlen wird beschrieben, wie sich die Bevölkerung strukturell und nummerisch verändert (Loos, 2017, S. 3-4).

Hierbei sind vor allem zwei gravierende Veränderungen bemerkbar. Zum einen ist ein Rückgang der Geburtenrate und zum anderen ein Anstieg der Lebenserwartung feststellbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung Deutschland 20-67 Jahre

(Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Statistisches Bundesamt, 2017, S.9)

Das statistische Bundesamt veröffentlichte seine 13. Bevölkerungsvorausberechnung und stellt die Ergebnisse für die demografische Entwicklung in Deutschland bis zum Jahre 2060 vor.

Die Bevölkerungsentwicklung Deutschlands ist in Abbildung 1 dargestellt. Die X-Achse zeigt die Jahreszahl, während die Y-Achse die Bevölkerungsgröße abbildet (Angabe in Millionen). Dabei ist zum einen die gesamte Bevölkerung Deutschlands durch die dunkelblaue Linie ersichtlich. Zum anderen wird die Altersgruppe der 20 - 67 Jährigen, welche den hauptsächlichen Anteil der Erwerbstätigen bildet, durch die graue Linie aufgezeigt. Die Abbildung zeigt, dass laut Berechnung der gesamte Bevölkerungsstand von über 81 Millionen (2015) auf voraussichtlich 73 Millionen (2060) sinken wird. Dies hat drastische Folgen auf die Erwerbstätigenschicht der 20 - 67 Jährigen, welche von über 51 Millionen (2015) auf circa 36 Millionen (2060) schrumpfen wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass die durchschnittliche Geburtenrate bei 1,4 Kindern je Frau liegt. Zudem steigt die Lebenserwartung aufgrund der besseren medizinischen Versorgung sowie dem steigenden Lebensstandard. Die Lebenserwartung der Frauen soll um sechs Jahre steigen, die der Männer sieben Jahre. Die Folge davon ist eine alternde Gesellschaft. Alle Berechnungsvarianten des statistischen Bundesamtes kamen zu dem Ergebnis, dass trotz Zuwanderungen ein sehr starker Bevölkerungsrückgang in Deutschland bis zum Jahre 2060 auftreten wird. Die Anzahl der Neugeborenen unterliegt der Anzahl der Verstorbenen immer stärker (Statistisches Bundesamt, 2017).

Somit sind auf dem Arbeitsmarkt immer weniger Arbeitskräfte verfügbar und der Kampf um die qualifizierten Mitarbeiter wird sich verschärfen (War for Talents). Dadurch bringt der demografische Wandel langfristig schwerwiegende gesellschaftliche und wirtschaftliche Konsequenzen mit sich, sofern keine wirkungsvollen Gegenmaßnahmen ergriffen werden (McKinsey, 2015). Eine bedeutsame Folgeerscheinung des demographischen Wandels ist der Fachkräftemangel, der in den kommenden Jahrzehnten strategische Handlungsmaßnahmen auf Unternehmensseite unabdingbar macht (Weinert, 2018, S. 4-6). Daher wird im nächsten Kapitel der Fachkräftemangel in Deutschland analysiert.

2.2 Fachkräftemangel

Der Mangel an qualifizierten Fachkräften schädigt die deutsche Wirtschaft laut einer Studie der Beratungsgesellschaft Korn Ferry stärker als erwartet. Demnach wird damit gerechnet, dass 4,9 Millionen Arbeitskräfte bis zum Jahr 2030 fehlen, wobei mit Einnahmeausfällen von 525 Milliarden Euro gerechnet wird. Das entspricht 14% der aktuellen Wirtschaftskraft. Deutschland zeichnet sich als ´Exportweltmeister´ sowie durch seine Stärken in Technologie und Innovation aus. Hier sind Arbeitskräfte in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – auch genannt MINT – für die deutschen Unternehmen unverzichtbar (Handelsblatt, 2018).

Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) betont, dass bei den MINT-Berufen ein Mangel in Deutschland herrscht, welcher sich durch den beschriebenen demografischen Wandel stetig verschärfen wird. Im Jahr 2010 stuften 16% der Unternehmen den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko ein. Mittlerweile sehen 60% der Arbeitgeber eine Gefahr für ihre Geschäftsentwicklung. Besonders in Süddeutschland verschlechtert sich die Situation (Bundesagentur für Arbeit, 2018a).

In Bezug auf den Fachkräftemangel können Berufe in drei verschiedene Kategorien – je nach Anforderungsniveau – eingeteilt werden. Als Fachkräfte zählen Erwerbstätige, die eine Berufsausbildung abgeschlossen haben und komplexere Aufgaben bewältigen. Spezialisten haben einen Meistertitel erworben oder ein kurzes Studium auf Bachelorniveau abgeschlossen. Als Experten gelten Berufstätige, die mindestens ein vierjähriges Studium absolvierten haben, was heute einem Masterabschluss gleichgesetzt ist (Bundesagentur für Arbeit, 2018b).

Die folgende Abbildung zeigt die Dauer, wie lange eine Stelle in den angezeigten Jahren vakant blieb, bis sie von einer neuen Arbeitskraft besetzt wurde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Durchschnittliche Vakanzzeit Deutschland

(Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bundesagentur für Arbeit, 2018, S. 6)

Die Abbildung verdeutlicht, dass Unternehmen seit 2010 immer größere Schwierigkeiten haben, offene Stellen mit geeigneten Mitarbeitern zu besetzen. Unabhängig vom Berufsfeld und Anforderungsniveau war eine ausgeschriebene Stelle im Jahr 2010 durchschnittlich 57 Tage vakant. Im Laufe der Jahre erhöhte sich die Dauer konstant. Im Jahr 2018 hat sich die durchschnittliche Besetzungsdauer der offenen Stelle auf 107 Tage erhöht und sich somit im Vergleich zum Jahr 2010 fast verdoppelt (Bundesagentur für Arbeit, 2018, S. 6-7).

Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen haben erhebliche Schwierigkeiten, Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen und diese nicht an große Unternehmen mit einer starken Arbeitgebermarke zu verlieren. Um im War for Talents langfristig konkurrenzfähig zu sein, muss ein Unternehmen attraktiv für die Arbeitnehmer erscheinen und vor allem der anspruchsvollen Arbeitsgesellschaft, der Generation Y, gerecht werden (Kanning, 2017, S. 7-8).

2.3 Wertewandel

Die Generation Y löst einen Wertewandel aus, wofür sich Unternehmen stark verändern sollten, um deren Ansprüchen zu genügen.

Um ein grundlegendes Verständnis für die Generation Y zu schaffen, bedarf es vorerst einer kurzen Beschreibung des Begriffs Wertewandel. Individualismus und Wertewandel sind große Herausforderungen für nahezu alle Unternehmen. In der Literatur lassen sich vielfältige Erklärungen von ´Werte´ ausfindig machen. Grundsätzlich sind Werte bestimmte Ziele, welche erstrebenswert und situationsübergreifend sind. Somit beeinflussen diese Verhalten und Lebensweisen der Menschen, welche nach bestimmten Werten leben und auch handeln (Olesch, 2016, S. 31).

Ein Wertewandel findet somit statt, wenn die grundsätzlichen Werte innerhalb einer Gesellschaft durch neue Werte ersetzt werden. Grundsätzlich entsteht ein Wertewandel, wenn ein altes Wertesystem einer Gesellschaft oder Generation durch ein neues Wertesystem abgelöst wird (Gembries & Theuke und Heinemann, 2018, S. 13)

Sobald eine grundsätzliche Veränderung in den Werten festzustellen ist, werden die Auswirkungen dieser Änderung auf den Arbeitsmarkt projiziert. Denn Änderungen auf gesellschaftlicher Ebene verändern ebenso die Wirtschaft, worauf Unternehmen reagieren sollten, um die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter zu verstehen und diese langfristig an das Unternehmen zu binden (REFA, 2016, S. 75). Besonders die Generation Y stellt eine anspruchsvolle Generation im Arbeitsleben dar (Shaw & McPhail und Ressia, 2018, S. 313). Dementsprechend sind im nächsten Kapitel die Grundlagen der Generation Y sowie die vorhergehenden Generationen – Generation Babyboomer und Generation X – mit ihren Merkmalen und Eigenschaften zu bestimmen.

2.4 Grundlagen der Generation Y

Aktuell finden sich vier verschiedene Generationen auf dem Arbeitsmarkt. Diese lassen sich hinsichtlich verschiedener Merkmale differenzieren. Es ist jedoch zu betonen, dass sich jede Arbeitskraft individuell entwickeln kann. Keine Person erfüllt exakt und vollumfänglich die Charakteristika einer Generation. Dennoch sind klare Unterschiede und Merkmale der Generationen feststellbar und somit lassen sich verschiedene Generationen in der Unternehmenspraxis mit bestimmten Eigenschaften einteilen (Betz, 2018, S. 7).

In der Literatur sind ambivalente Definitionen des Begriffs ´Generation´ zu finden. Eine umfassende Definition kann folgendermaßen lauten: „Das Konzept der Generation dient dazu, Akteure (Individuen und soziale Gruppierungen) hinsichtlich ihrer sozial-zeitlichen Positionierung in einer Bevölkerung, einer Gesellschaft, einem Staat, einer sozialen Organisation oder einer Familie zu charakterisieren und ihnen Facetten ihrer sozialen Identität zuzuschreiben. Diese zeigen sich darin, dass sich Akteure in ihrem Denken, Fühlen, Wollen und Tun an sozialen Perspektiven orientieren, für die entweder der Geburtsjahrgang, das Alter oder die bisherige Dauer der Mitgliedschaft in der jeweiligen Sozietät oder die Interpretation historischer Ereignisse von Belang sind“ (Augustine, 2018, S. 66).

Im Folgenden werden die drei Generationen, welche hauptsächlich auf dem Arbeitsmarkt vertreten sind, mit ihren Merkmalen beschrieben. Dazu gehören die Generation Babyboomer, die Generation X und die Generation Y. Die Zielgruppe Generation Y wird detailliert beschrieben, da diese den größten Einfluss auf den zukünftigen Arbeitsmarkt einnimmt.

2.4.1 Generation Babyboomer

Die Generation Babyboomer als Begriff hat ihre ersten Ursprünge in den USA und entspricht dort den geburtenstarken Jahrgängen nach dem zweiten Weltkrieg. In Deutschland erfolgte dieser Boom später und somit wird die Generation Babyboomer in die Jahrgänge von 1955 – 1969 eingeteilt. Die grundsätzlichen Merkmale der Babyboomer entstanden vor allem aufgrund dessen, dass diese von den Traditionalisten großgezogen wurden (DeVaney, 2015, S. 11-12).

Die Traditionalisten kennzeichnen sich durch Disziplin, Gehorsam sowie Respekt vor Altruismus und Autorität. Diese mussten aufgrund des Weltkrieges meist eine schlimme Jugend durchleben. Die Babyboomer hingegen sind in den Nachkriegsjahren größtenteils mit Optimismus, Stabilität und mehr Wohlstand aufgewachsen. Inmitten des Konjunkturaufschwungs verzeichnete das Jahr 1964 über 1,3 Millionen Neugeborene. Das ist in der Historie Deutschlands die höchste Zahl an Lebendgeborenen (Scholz, 2015).

Durch das Wirtschaftswunder und die neue Bildungspolitik eröffneten sich für die Babyboomer unerwartete Möglichkeiten und Chancen.

Die Schulen, Universitäten und der Arbeitsmarkt füllten sich und der Großteil verfolgte hohe Karriereziele. In dieser Generation hat Arbeit und Karriereorientierung den höchsten Stellenwert, wodurch maßgeblich der Begriff ´Workaholic´ geprägt wurde (Mangeldsdorf, 2015, S. 14-15).

Aufgrund der Altersstruktur der Babyboomer gehen diese ab dem Jahr 2032 in Rente. In weniger als 20 Jahren sind nahezu alle Personen dieser Generation im Ruhestand. Allein diese Tatsache bedeutet 7,5 Millionen mehr Personen in Ruhestand und 8,5 Millionen weniger erwerbsfähige Menschen in Deutschland. Somit dominieren die Generation X und die Generation Y zukünftig den Arbeitsmarkt, welche nachfolgend beschrieben werden (Lietzmann, 2016).

2.4.2 Generation X

Die Geburtenjahrgänge 1965 – 1980 entsprechen in etwa der Generation X und werden auch als Generation Golf oder als die Sorglosen bezeichnet. Auch hier sind in der Literatur kleine Unterschiede in der Eingrenzung der Jahrgänge feststellbar. Der Begriff Generation X leitet sich aus dem Roman (1991) – ´Generation X – Geschichten für eine immer schneller werdende Kultur´ ab – welcher von Roman von Coupland verfasst wurde (Eberhard, 2016, S. 40-41). Mitglieder der Generation X kennzeichnen sich durch Werte wie Wohlstand, Sicherheit und Karriere. Sie zeichnet sich ebenso durch Fleiß, starke Unabhängigkeit und technologisches Fachwissen aus (Hennessey, 2018, S. 18).

Diese Kohorte ist in Bezug auf ihren Arbeitsplatz bereits ungebundener und scheut keinen Arbeitsplatzwechsel. Die eigene Weiterentwicklung und Work-Life-Balance (Begriffsbeschreibung - Work-Life-Balance - siehe Kapitel 4.2.4) nehmen bereits einen größeren Stellenwert ein (Jena, Kumari & Pradhan, 2016, S. 16-17).

Das lebenslange Lernen nimmt für die Erreichung der Berufsziele und für die Bewältigung des Berufsalltags eine große Bedeutung ein. Durch ihre fachlichen und persönlichen Eigenschaften ist diese Generation häufig in Führungspositionen vertreten (Urgo, 2017, S. 9-10).

2.4.3 Generation Y: Anspruchsvolle Nachwuchskräfte

Die Generation Y erhält aufgrund ihres Einflusses auf den aktuellen und zukünftigen Arbeitsmarkt ein besonderes Augenmerk. Eine exakte zeitliche Einordnung und Definition der Generation Y ist in der Literatur nicht zu finden. Um jedoch alle wichtigen Quellen nutzen zu können und aussagekräftig zu sein, wird in dieser Arbeit die breitere Definition der Generation Y gewählt: Dieser Kohorte gehören Personen an, welche zwischen den Jahren 1980 und 2000 geboren sind (Moskaliuk, 2016, S. 1).

Für diese Generation ist der Name ´Generation Y´ am bekanntesten, jedoch sind in der Literatur auch weitere Namen zu finden: Millenials, Generation WHY, Generation Next oder auch Net Generation. Diese Gruppe zeichnet sich durch das Fragen und Hinterfragen aus, wofür das ´Y´ steht und im Englischen ´why´ ausgesprochen wird (Pitts, 2016, S.12). Ebenso ist die Bezeichnung ´Digital Natives´ geläufig, die auf den US-amerikanischen Pädagogen Marc Prensky zurückgeht. Prensky wählt diesen Namen, da diese Generation im digitalen Zeitalter aufgewachsen ist und die digitalen Technologien sozusagen als Muttersprache gesprochen werden (Lenka & Naim, 2018, 433-455).

Prägende Ereignisse, welche die Generation Y beeinflussten, sind unter anderem Krisen und Katastrophen wie die Finanz- und Wirtschaftskrise (2007), die Umweltkatastrophe Fukushima (2011), die Tsunamis im indischen Ozean (2004), die Terroranschläge in New York auf das World Trade Center (2001). Weitere prägende Ereignisse sind die Wiedervereinigung Deutschlands mit dem Mauerfall (1989), die zunehmenden Klimadiskussionen, aber vor allem die Innovation und Verbreitung des Internets. Dazu gehören auch die Entstehung sozialer Netzwerke wie Schüler/Studi VZ, Myspace, Xing, Facebook sowie die Verfügbarkeit von Messeneger-Dienste wie WhatsApp. Diese Veränderungen haben Einfluss auf das Verhalten der Generation Y genommen. Sie verbringen ungefähr 25% ihrer Zeit mit dem Konsum von Internetinhalten (Micik & Micudova, 2018, 174).

Um ein grundlegendes Verständnis für die Generation Y zu schaffen und anschließend sinnvolle Maßnahmen des Employer Branding ableiten zu können, ist es erforderlich, gesellschaftliche und persönliche Veränderungen genauer zu analysieren.

2.4.3.1 Gesellschaftliche Veränderungen

Im Nachfolgenden sind bezüglich der gesellschaftlichen Ebene die Veränderungen sowie deren Auswirkungen und Einfluss auf die Generation Y zu beschreiben.

2.4.3.1.1 Globalisierung

Die Generation Y wächst in einer komplexen Arbeitswelt auf, was sich vor allem durch die rapid wachsende Globalisierung mit ihren internationalen Verflechtungen kennzeichnet und dadurch die Gefahr von Überforderung sowie Unsicherheit mit sich bringt (Naim & Lenka, 2018, S. 439).

Die Generation Y sieht mit der Internationalisierung aber vor allem eine Möglichkeit Auslandserfahrung zu sammeln. Immer mehr Unternehmen haben Standorte im Ausland, wobei viele Arbeitskräfte der Generation Y die Möglichkeit einer Auslandstätigkeit nutzen möchten, um internationale Erfahrungen zu sammeln und ihre interkulturelle Kompetenz weiterzuentwickeln (Pfeil, 2017, S. 286). Gleichzeit bringt die Generation Y aber auch Erfahrungen wie Klima- und Umweltzerstörung, mindere Arbeitsbedingungen, Arbeitslosigkeit mit sich. Deshalb achten viele der Berufseinsteiger darauf, dass Unternehmen umweltbewusst handeln oder auch Corporate Social Responsibility Programme umsetzen (Maydl, 2018).

2.4.3.1.2 Digitale Medien und Internet

Die meist einschneidende Veränderung ist die Entwicklung der digitalen Medien und des Internets, welche die Generation Y als erste Generation betrifft und dadurch mit den einhergehenden Technologien aufwächst und diese nutzt (Powers & Valentine, 2015, S. 23).

Somit hat diese Generation einen bedeutenden Vorteil gegenüber älteren Generationen, die sich im höheren Alter die Medienkompetenz und den Umgang mit neuen Technologien mühsam aneignen müssen. Die Generation Y lebt in einer vollständig vernetzten Welt, partizipiert aktiv, stellt eigenes Wissen anderen Nutzern im Internet zur Verfügung und sieht die ständige Erreichbarkeit über Social Media oder Messenger-Dienste, unter anderem Instagram, Facebook, WhatsAPP oder das Videoportal YouTube als selbstverständlich an (Tuczek, 2017, S. 45).

Diese Netzwerke nehmen nicht nur im privaten Bereich, sondern vor allem auch im Unternehmenskontext eine immer bedeutendere Rolle ein (Kultalahti & Viitala, 2015, S. 105). Die junge Generation kann sich ein (Arbeits-) Leben ohne die digitalen Medien nicht vorstellen. Soziale Netzwerke wie Xing, LinkedIn sind für die Generation Y bei der Arbeitsplatzwahl mitentscheidend und werden immer häufiger bei der Jobsuche genutzt (Geffroy, 2017, S. 192-193). Eine Analyse der Möglichkeiten von Social Media bezüglich externer Employer-Branding-Maßnahmen erfolgt in Kapitel 4.

2.4.3.1.3 Konsumverhalten

Die Generation Y zeigt in ihrem Konsumverhalten deutliche Unterschiede zu den vorherigen Generationen und nimmt damit eine Sonderstellung ein. Dies hängt unter anderem mit den nahezu unbegrenzten Wahlmöglichkeiten zusammen, die den Individualismus fördern. Durch den Besitz einer Vielzahl an elektronischen Geräten weist die Generation Y eine hohe technische Kompetenz auf. Diese Kohorte charakterisiert sich im Vergleich zu den anderen Generationen durch eine höhere Kaufkraft und ist zusätzlich stark vom Online-Handel und Marketing beeinflusst. Für die Generation Y-Konsumenten sind Produkte aus den Bereichen Action, Geselligkeit, Reisen, aktuelle Trends und elektronische Medien sehr beliebt. Die Generation Y legt ebenso Wert auf Produkte, die das eigene Image und den Status verbessern, um Anerkennung zu erhalten (Ordun, 2015, S. 43-44).

2.4.3.2 Persönliche Ebene

Nachfolgend sollen Charaktereigenschaften beschrieben werden, welche zusammenhängend mit den inneren Werten der Generation Y stehen.

2.4.3.2.1 Selbstbewusstsein

Die Generation Y ist eine geburtenschwache Generation. Viele Mitglieder dieser Kohorte sind als Einzelkinder oder mit maximal zwei Geschwistern aufgewachsen. Die Eltern trugen meist mit zwei Gehältern zum Haushaltseinkommen bei und investierten viel in Zukunft und Bildung der Kinder. Somit erhält die Generation Y viel Aufmerksamkeit, Zuwendung, Sinnhaftigkeit und somit ein steigendes Wertgefühl. Daraus leitet sich gleichzeitig eine steigende Erwartungshaltung an Erfolg, Karriere und selbstbestimmtes Leben ab (Tomaz, 2016, S. 169).

Gemäß einer Studie des Zukunftsinstituts Signium International glauben 40 Prozent der männlichen Befragten, dass sie zukünftig ein Unternehmen führen werden, was von Kritikern schon als Selbstüberschätzung betrachtet wird (Zukunfts­institut, 2014). Diese Kohorte erwartet, dass sich ihr ´hoher Wert´ auch sofort auszahlt und hat somit hohe Vergütungsansprüche. Die Arbeit sollte Flexibilität und Freude bieten, sowie individuelle Bedürfnisse erfüllen, da ansonsten ein anderer Arbeitgeber gesucht wird, der ihnen eine größere Wertschätzung entgegenbringt. Insgesamt ist die Generation Y sowohl unter ideellen als auch monetären Gesichtspunkten eine anspruchsvolle Personengruppe (Schulenburg, 2016, S. 16).

2.4.3.2.2 Orientierungslosigkeit

Ein weiteres Merkmal der Generation Y ist die Orientierungslosigkeit. Dieser Kohorte ist im Vergleich zu vorherigen Generationen eine Vielzahl an Wahlmöglichkeiten in wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und bildungspolitischen Entwicklungen geboten (Scholz & Grotefend, 2019, S. 62). Somit bestehen unzählige Angebote für die berufliche, aber auch private Zukunft der Generation Y. Auf der einen Seite eröffnen diese Optionen viele Chancen, den Lebensweg individuell zu bestimmen, andererseits ist mit dieser Angebotsvielfalt bei vielen Personen Orientierungslosigkeit verbunden, was Freunde, Familie aber auch Unternehmen zu spüren bekommen (Cunningham, 2016, S. 375).

2.4.3.2.3 Sicherheitsbedürfnis

Zum Thema Sicherheitsbedürfnis der Generation Y ergeben sich in der Literatur unterschiedliche Meinungen. Beispielsweise beschreiben Autoren wie Moskaliuk, dass Personen der Generation Y ein geringeres Sicherheitsbedürfnis haben. Den Mitgliedern sei bewusst, dass ihr Arbeitsplatz nicht mehr für ihr gesamtes Berufsleben garantiert ist (2016, S. 2). Die Absolventenstudie des Kienbaum Instituts ISM für Leadership & Transformation zeigt, dass Absolventen und Arbeitskräfte Unternehmen mit einer hohen Arbeitsplatzsicherheit bevorzugen. Bevorzugt wird ein wohnortnaher Beruf mit guter Zukunftsperspektive, der eine solide Lebensgrundlage bietet (Kölsch, 2017).

2.4.3.2.4 Weiterentwicklung

Die persönliche Weiterentwicklung nimmt bei der Generation Y einen großen Stellenwert ein. Workshops, Kurse oder Schulungen wirken sich positive auf das Ansehen und die Beliebtheit des Unternehmens aus und können daher bei der Arbeitgeberwahl ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein (Zuurendonk, 2018). Der Generation Y ist die Wichtigkeit von Bildung bewusst und sie wurden in diesem Bereich von ihren Eltern stark gefördert. Daher strebt diese Generation auch im Berufsleben eine stetige Weiterentwicklung an, wobei auch von lebenslangem Lernen gesprochen wird (Laird & Harvey und Lancaster, 2015, S. 96-97).

Weiterbildungsangebote im Unternehmen sind somit kein ´nice to have’, sondern eine absolute Grundvoraussetzung. Die steigende Komplexität der Arbeitswelt begünstigt zudem die persönlichen Weiterentwicklungsbestrebungen der Generation Y. Demnach zeigt die Millenial Survey Studie, dass 72% der Angestellten ´bis 35 Jahre´ sich im Beruf weiterbilden und weiterentwickeln möchten (Deloitte, 2017a).

2.4.3.2.5 Flexibilität und Work-Life Balance

In der Literatur ist der Begriff Work-Life-Balance in Zusammenhang mit der Generation Y sehr häufig zu finden. Für die Generation Y ist das Verhältnis beziehungsweise Ausgeglichenheit zwischen Arbeits- und Privatleben – auch genannt Work-Life-Balance – wichtig für das Wohlbefinden im Unternehmen (Horvath & Juhasz und Bencsik, 2016, S. 94).

Die vorherigen Generationen hatten eine klare Abgrenzung zwischen Geschäfts- und Privatleben, während der Mann für das Einkommen und die Frau für Kinder und Haushalt zuständig war. Eine strikte Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben sehen die Millenials als nicht erforderlich und aufgrund der modernen Kommunikationstechnologien und Internet mit den resultierenden Möglichkeiten als nicht notwendig an. Darüber hinaus möchten immer mehr Frauen die Möglichkeit ergreifen, Familie und Karriere zu vereinbaren (Möltgen, 2017).

Hierbei zeigt auch die Millenial Survey Studie von Deloitte, dass sich Flexibilität mit einer ausgeprägten Work-Life Balance sich positive auswirke. Demnach geben von über 8000 Teilnehmer der Millenials an, dass sich dies positiv auf das Engagement (81%), Motivation (78%), Zufriedenheit (81%) und Produktivität (75%) auswirke (Deloitte, 2017b).

Die grundlegenden Eigenschaften der Generation Y und die Megatrends wie demografischer Wandel, Fachkräftemangel oder den Wertewandel aus Unternehmenssicht zu kennen und zu versuchen mit Einzelmaßnahmen entgegen zu wirken, ist bei weitem nicht ausreichend. Um als Arbeitgeber attraktiv zu erscheinen und langfristig erfolgreich zu sein, bedarf es eines aktiven und langfristig durchgeführten Employer Branding (Taylor, 2018, S. 204). Bevor Maßnahmen des Employer Branding analysiert werden, sind im nächsten Kapitel vorerst die theoretischen Grundlagen zu bestimmen.

3 Theoretische Grundlagen Employer Branding

Das folgende Kapitel befasst sich mit den theoretischen Grundlagen des Employer Branding. Hierbei werden zentrale Begriffe definiert und eine Abgrenzung zu themenverwandten Bereichen vorgenommen. Daraufhin werden die Funktionen einer Arbeitgebermarke sowie deren Wirkungsbereiche analysiert.

3.1 Definition und Erklärung

Im Jahr 1996 ist der Begriff Employer Branding durch den wegweisenden Fachbeitrag ´The Employer Brand´ im ´Journal of Brand Management´ von Tim Ambler und Simon Barrow erstmals öffentlich in Erscheinung getreten. Jedoch fand das Thema Employer Branding erst zehn Jahre später Einzug in die Unternehmenspraxis. Employer Branding bedeutet in das deutsche übersetzt ´Arbeitgebermarkenbildung´ (Ahmad & Daud, 2016, S. 691).

Der Begriff Marke wird in der Literatur von vielen Autoren wie folgt definiert: „Eine Marke ist ein in der Psyche des Konsumenten und sonstiger Bezugsgruppe fest verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung“ (Meffert & Burmann und Koers, 2002, S. 6).

Im Allgemeinen befasst sich Employer Branding mit sämtlichen Maßnahmen, welche Unternehmen umsetzen können, um sich als attraktiver Arbeitgeber für die bestehenden und potentiellen Mitarbeiter darzustellen. Dabei ist zu betonen, dass Employer Branding immer externe, aber auch parallel interne Handlungsfelder abdeckt (Do & Irawanto und Safitri, 2017, S. 30).

Das heißt, es ist aus Unternehmenssicht wichtig, sich ein einzigartiges Unternehmensimage aufzubauen und dauerhaft zu pflegen. Dadurch ergibt sich für Unternehmen die Möglichkeit, die Wahrnehmung durch Employer Branding positiv zu beeinflussen. Dies kann im War for Talents den entscheidenden Unterschied machen, um die High Potentials für den eigenen Betrieb zu gewinnen (Mihalcea, 2017, S. 290).

Es gibt zahlreiche Erklärungen und Definitionen des Begriffs Employer Branding. Die in der Literatur am häufigsten genutzte Definition ist von der Deutschen Employer Branding Akademie (DEBA) und lautet wie folgt: „Employer Branding ist die identitätsbasierte, intern wie extern wirksame Entwicklung und Positionierung eines Unternehmens als glaubwürdiger und attraktiver Arbeitgeber. Kern des Employer Branding ist immer eine die Unternehmensmarke spezifizierende oder adaptierende Arbeitgebermarkenstrategie. Entwicklung, Umsetzung und Messung dieser Strategie zielen unmittelbar auf die nachhaltige Optimierung von Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterbindung, Leistungsbereitschaft und Unternehmenskultur sowie die Verbesserung des Unternehmensimages. Mittelbar steigert Employer Branding außerdem Geschäftsergebnis sowie Markenwert“ (Kriegler, 2018, S. 23).

Eine weitere Definition lautet: „Eine Employer Brand (Arbeitgebermarke) ist das in den Köpfen der potentiellen, aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter fest verankerte, unverwechselbare Vorstellungsbild von einem Unternehmen als Arbeitgeber“ (Stotz & Wedel, 2014, S. 6).

Da beim Employer Branding jedenfalls auch die englische Literatur zu berücksichtigen ist, lautet die offizielle Definition wie folgt: „The use of a branding strategy to influence the way present and potential employees view the employing organisation. The aim is to develop a coherent employer or employment brand, comprising a package of financial, economic, psychological, and symbolic elements that in combination improve the ability to recruit and retain staff“ (Heery & Noon, 2008, S. 277).

Die umfangreichst genannte Definition ist von der Deutschen Employer Branding Akademie (DEBA) und deshalb Bezugspunkt in dieser Arbeit. Im Folgenden ist Employer Branding von verwandten Branding-Disziplinen abzugrenzen.

3.2 Employer Branding vs Corporate Branding

Im weiteren Verlauf werden Employer Branding und Corporate Branding voneinander abgegrenzt. Die Arbeitgebermarke ist ein Teil der Unternehmensmarke und es handelt sich dabei nicht um eine ´andere´ Marke. Die Unternehmensmarke (Corporate Brand) verfolgt das Ziel, allen Bezugsgruppen ein einheitliches Bild des Unternehmens zu vermitteln (Balmer, 2017, S. 175).

Dazu gehören Absatzmärkte (Endkunden und Absatzmittler), Meinungsmärkte (Politik, öffentliche Medien), Finanzmärkte und Arbeitsmärkte (potentielle Arbeitskräfte, Angestellte und Führungskräfte) (Kriegler, 2018, S. 23).

Abbildung 3 zeigt, dass Employer Branding ein Teilgebiet des Firmenbranding ist. Beide Branding-Disziplinen verfolgen das übergeordnete Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und den Unternehmenswert zu steigern. Employer Branding spezifiziert und ergänzt das Corporate Branding, wobei die Employer Brand zeigt, wie sich das Unternehmen von anderen Wettbewerbern differenziert. Dabei werden unter anderem Maßnahmen aus dem Marketing, vor allem der Markenbildung, angewandt. Employer Branding nimmt einen viel größeren und direkten Einfluss auf die Arbeitskräfte im Unternehmen ein. Es fördert, dass die Mitarbeiter sich wohl fühlen und stärkt deren Bindung und Motivation. Dadurch kreiert sich das Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal und positioniert sich positiv gegenüber den Mitbewerbern, um sich als Employer of Choice durchzusetzen (Wilbers, 2018, S. 2-3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Branding-Disziplinen in Deutschland

(Eigene Darstellung, in Anlehnung an Kriegler, 2018, S. 25)

Employer Branding unterscheidet sich ebenso von ´Internal Branding´ und ´Leadership Branding´, den internen Branding-Disziplinen.

„Während Internal und Leadership Branding sämtliche intern relevanten Themen des Unternehmens und seiner Marke unter einen Hut bringen wollen – zum Beispiel Vision, Leitbild, Unternehmenswerte […] – wirkt Employer Branding wie ein inhaltliches Brennglas für die Aspekte, die für das Erleben des Unternehmens als Arbeitgeber relevant sind. Und genau das sind die Themen, die einen Mitarbeiter am meisten berühren und bewegen, wie die Praxis zeigt“ (Kriegler, 2018, S. 26).

3.3 Employer Branding vs Personalmarketing

Häufig sind in der Literatur ähnliche Erklärungen von Employer Branding und Personalmarketing zu finden, obwohl sich diese fundamental unterscheiden. Employer Branding geht weit über das Personalmarketing hinaus. Der Aufbau einer Arbeitgebermarke behandelt deutlich mehr Handlungsfelder als das Personalmarketing. Personalmarketing ist hauptsächlich ein Aufgabenbereich der Personalführung (Benen, 2018).

Inhaltlich geht es darum, potentielle Mitarbeiter und Arbeitskräfte für das Unternehmen zu finden, begeistern und zu binden. Somit betrachtet das Personalmarketing potentielle Arbeitskräfte als Kunden und ist stark auf den Beschaffungsmarkt orientiert und somit nur ein Teil des Employer Branding. Die Aufgabenbereiche zum Aufbau einer Employer Brand, stellt sich weitaus komplexer dar. Employer Branding ist vor allem ein langfristiger Prozess der Organisation- und Identitätsentwicklung. Dadurch können weitreichend positive Auswirkungen erreicht werden, welche alleine durch das Personalmarketing nicht erreicht werden können. Beim Employer Branding steht im Vordergrund, intern als auch extern als glaubwürdiger sowie attraktiver Arbeitgeber dazustehen. Employer Branding stellt somit einen höheren Wert dar, als Rekrutierungs- und Bindungsbedarf (Selan, 2018).

3.4 Bedeutung Employer Branding

Employer Branding hat die letzten Jahre stark an Bedeutung gewonnen. Eine Studie der LinkedIn Corporation, welche in elf Ländern durchgeführt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass über 70% der Personalvorstände Employer Branding als wichtigste Aufgabe für ihr Unternehmen sehen (Kremmel & Walter, 2016, S. 4).

Des Weiteren sind 92% der Experten der Meinung, dass die Bedeutung des Employer Branding weiter steigt. Bei den befragten Mittelstandsunternehmen gaben 40% an, eine Employer Brand definiert zu haben und bei weiteren 30% der Unternehmen ist eine Planung vorgesehen. Darüber hinaus hat sich herausgestellt, dass Unternehmen mehr Ressourcen in das eigene Employer-Brand-Management bereitstellen. Dabei geben 40% bis zu 200.000€ pro Jahr für Employer Branding aus, wobei 76% der Firmen auch in interne Ressourcen mit eigenem Know-how investieren. Bei circa 36% der Unternehmen ist ein festes Team für das Employer Branding zuständig (Fischer & Nelke, 2018, S. 16-18).

Analysiert man eine frühere Studie von Esch aus dem Jahr 2014, gaben ebenso 80% der Befragten Arbeitgeber an, dass sie eine Employer Branding Strategie als sehr wichtig einschätzen. Jedoch setzen nur 37% eine Employer Branding Strategie auch tatsächlich um. Dies zeigt eindeutig die große Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. Verantwortliche verpassen aufgrund des Tagesgeschäfts und der damit einhergehenden knapp bemessenen Zeit den Einstieg dieser Thematik. Betriebe, welche das Thema Employer Branding ignorieren, werden aufgrund des Fachkräftemangels, demografischen Wandels und den Ansprüchen der Generation Y ernsthafte Konsequenzen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit ertragen müssen (Esch, 2014).

3.5 Funktionen einer Arbeitgebermarke

Die Umsetzung von Employer-Branding-Maßnahmen hat positive Auswirkungen auf verschiedene Unternehmensbereiche. Diese sind unter anderem anhand der Funktionen einer Arbeitgebermarke feststellbar. Wie in folgender Abbildung zu sehen ist, leiten sich aus den Funktionen fünf Wirkungsbereiche ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Funktionen und Wirkungsbereiche einer Arbeitgebermarke

(Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bany, 2011, S. 31)

Eine Arbeitgebermarke erfüllt sowohl für die Arbeitgeberseite als auch für die Arbeitnehmerseite gewisse Funktionen, wobei diese im Idealfall im Einklang miteinander sind und somit eine Win-Win-Situation für beide Parteien entsteht (Koporcic & Nyström und Törnross, 2018, S. 75). Im Folgenden werden die in Abbildung 4: Funktionen und Wirkungsbereiche einer Arbeitgebermarke

(Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bany, 2011, S. 31) genannten Funktionen aus Arbeitnehmersicht genauer erläutert.

3.5.1 Arbeitnehmersicht

3.5.1.1 Orientierung

Wie bereits in Kapitel 3 beschrieben, ist die Generation Y eine orientierungslose Generation. Das Finden des idealen Arbeitgebers, gestaltet sich bei dem vielfältigen Angebot oft schwierig. Aufgrund der Informationsflut erscheint der Arbeitsmarkt intransparent. Dafür ist eine Arbeitgebermarke wichtig. Eine einzigartige und starke Employer Brand bietet Orientierungshilfe, indem sie den potentiellen Arbeitnehmern Schlüsselbotschaften liefert (Naundorf, 2016, S. 24). Dadurch vereinfacht sich die Entscheidung für ein Unternehmen erheblich. Der Bewerber erhält Informationen über Werte und Kultur des Unternehmens und kann aufgrund dessen bewerten, inwieweit er sich mit dem potentiellen Arbeitgeber identifizieren kann (Pudimat, 2017).

3.5.1.2 Vertrauen

Eine starke Arbeitgebermarke baut neben der Orientierung auch eine Vertrauensbasis auf. Eine durch Employer Branding geprägte Arbeitgebermarke unterstützt die Arbeitgeberqualität umfänglich. Potentielle Arbeitskräfte vertrauen den Aussagen und Botschaften der Unternehmen. Entsprechen die Botschaften der Realität, wirkt dies authentisch und vertrauenswürdig, sodass ein Bindungsprozess stattfindet. Insgesamt unterstützt das Employer Branding die Vertrauensbildung von Arbeitnehmern und minimiert das Risiko sich für den falschen Arbeitgeber zu entscheiden (Weinrich, 2015, S. 21).

3.5.1.3 Identifikation

Kennzeichnet sich ein Unternehmen als starke Arbeitgebermarke, hat dieses es weniger nötig Arbeitskräfte mit hohen Gehältern oder Dienstwägen zu locken. Häufig entscheiden sich Bewerber für das bevorzugte Unternehmen, auch wenn es ein niedrigeres Gehalt als die Wettbewerber bietet. Grund hierfür ist die Identifikation mit dem gewählten Arbeitgeber. Identifizierte Arbeitskräfte bilden die Basis für den Unternehmenserfolg (Avello & Gavilan und Lores, 2015, S. 42).

Grundlage für die Identifikation ist die Kenntnis über die Werte, Unternehmenskultur und Markenpersönlichkeit des Betriebes und die Übereinstimmung mit den eigenen Vorstellungen. Immer weniger Mitarbeiter möchten für ein Unternehmen arbeiten, das die eigenen Werte nicht vertritt. Der Begriff ´Brand – clone´ bezeichnet den Extremfall, wenn eine Arbeitskraft ihre eigenen Werte hinter die Werte des Unternehmens stellt oder sogar aufgibt. Diese Bezeichnung ist meist auf Mitarbei­ter mit geringem Selbstwertgefühl zurückzuführen (Brucker & Gaißer und Linxweiler, 2015, S. 477).

Eine Employer Brand liefert ein Identifikationsangebot, welches die Arbeitgeberidentität beschreibt, spürbar und erlebbar macht. Die Arbeitgebermarke wirkt somit selektiv für potentielle Arbeitskräfte und bindend für die aktuelle Belegschaft (Kriegler, 2018, S. 121).

3.5.2 Arbeitgebersicht

Im Folgenden werden die Funktionen einer Employer Brand, die in Abbildung 4 ersichtlich sind, aus Arbeitgebersicht erläutert.

3.5.2.1 Präferenzbildung

Eines der bedeutendsten Ziele des Employer Branding ist die Erreichung einer starken Präferenzbildung. Dies führt dazu, bei potentiellen und bestehenden Arbeitskräften sich als Employer of Choice zu entwickeln. Mit der Durchführung von effektiven Employer-Branding-Maßnahmen erreicht das Unternehmen eine positive Wahrnehmung und baut systematisch eine Employer Brand auf. Hierbei ist zu betonen, dass durch eine geschickte Positionierung des Betriebes schon lange vor der Jobsuche positive Berührungspunkte mit dem potentiellen Arbeitnehmer entstehen. Möglichen Maßnahmen hierzu werden in Kapitel 5 ausführlich analysiert. In diesem Zusammenhang ist nochmals hervorzuheben, dass die nach außen kommunizierten Versprechen auch intern eingehalten werden müssen, um Mitarbeiter zu binden. Nur dadurch wirkt das Unternehmen authentisch, sowohl intern als auch extern. Werden diese kommunizierten Versprechen eingehalten, wirkt dies wie ein positiver Multiplikator (Strotz & Klein, 2014, S. 28-29)

3.5.2.2 Differenzierung

Ein wichtiges Erfolgskriterium beim Employer Branding ist die positive Abgrenzung von Wettbewerbern. Die Differenzierung ist eine grundlegende Funktion, um sich als Employer of Choice zu etablieren (Drury, 2017, S. 30).

Dabei impliziert die Präferenzbildung automatisch die Aufgabe der Differenzierung einer Employer Brand und sichert, beziehungsweise optimiert die Wettbewerbsposition. Das übergeordnete Ziel ist die Erreichung einer Monopolstellung für das Unternehmen in den Köpfen der Arbeitskräfte zu erreichen. Dies ist vor allem deshalb wichtig, da viele Unternehmen sich auf den ersten Blick kaum differenzieren und so die Chance verpassen, eine einzige Arbeitgebermarke zu kreieren und sich von der Konkurrenz abzuheben (Schmidt & Klein und Stoffel, 2017, S. 12).

3.5.2.3 Emotionalisierung

Nur ein geringer Prozentsatz der Arbeitskräfte in Deutschland fühlt sich dem Arbeitgeber emotional gebunden. Die renommierteste Studie Deutschlands für Arbeitsplatzqualität (Engagement Index Deutschland) vom Gallup Institut zeigt, dass im Jahr 2018 71% nur gering an das Unternehmen gebunden sind.

Weitere 14% besitzen keinerlei emotionale Bindung, was auch mit ´innerlich gekündigt´ bezeichnet wird. Mangelnde emotionale Bindung des Mitarbeiters hat ein geringes Engagement und mangelnde Motivation zur Folge. Die jährliche Studie von Gallup zeigt, dass Führungskräfte handeln müssen und Maßnahmen des Employer Branding immer mehr an Bedeutung gewinnen, um langfristig erfolgreich zu sein. Eine starke Arbeitgebermarke hat höchste Priorität, um die High Potentials für sich zu gewinnen und emotional zu binden (Gallup, 2018).

Alleine über harte Faktoren wie Gewinne oder Verkaufszahlen ist es unmöglich, eine Arbeitgebermarke aufzubauen. Diese Faktoren nehmen zwar Einfluss auf rationale Entscheidungen, erreichen aber nicht, dass sich Arbeitskräfte emotional für einen Arbeitgeber entscheiden. Erfolgreiche Arbeitgeber positionieren sich deshalb mit Hilfe emotionaler Benefits des Unternehmens (siehe Kapitel 6.6.3). Dadurch erreichen sie, dass Bewerber auch Nachteile, zum Beispiel niedrigere Gehälter, in Kauf nehmen (Kriegler, 2018, S. 121-122).

3.6 Wirkungsbereiche

Employer Branding schafft wichtige Wettbewerbsvorteile und wirkt sich positiv auf fünf Bereiche aus, die miteinander in Wechselwirkung stehen. Die Deutsche Employer Branding Akademie sieht es als wissenschaftlich belegt, dass Employer Branding die Arbeitgeberattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit steigert. Die Deutschen Employer Branding Akademie definiert fünf Wirkungsbereiche, die in Abbildung 5 zu sehen sind und nachfolgend definiert werden. Dazu gehören Mitarbeitergewinnung, Leistung und Ergebnis, Unternehmenskultur, Unternehmensmarke (Unternehmensimage) und Mitarbeiterbindung (DEBA, 2018).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Wirkungsbereiche einer Arbeitgebermarke

(Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an DEBA, 2018)

3.6.1 Mitarbeitergewinnung

Employer Branding wirkt sich positiv auf die Gewinnung von Mitarbeitern und Rekrutierung aus. Die Herausforderung der erfolgreichen Mitarbeiterrekrutierung besteht darin, Bewerber zu finden, welche dem Unternehmen tatsächlich langfristig weiterhelfen. Eine starke Arbeitgebermarke fungiert als ein Filter. Ungeeignete Kandidaten bewerben sich nicht, wobei die Bewerberzielgruppe angezogen wird. Dadurch minimieren sich der Personalbeschaffungsaufwand sowie das Risiko von Fehlbesetzungen (Ullah & Witt, 2018, S. 47-48).

Wie bereits in Kapitel 4.5.1 festgestellt, schafft eine Arbeitgebermarke einen Vertrauensbonus. Daraus resultiert, dass die umworbene Zielgruppe das Unternehmen positiv wahrnimmt und bereits im Kopf als potentiellen Arbeitgeber gespeichert hat. Ziel ist nicht die Erhöhung der Bewerberanzahl, sondern die Verbesserung der Bewerberqualität. Die Strategie des Employer Branding sieht Bewerber vor, die sowohl fachlich als auch persönlich zum Betrieb passen (Bochek, 2018).

3.6.2 Mitarbeiterbindung

Neben der Mitarbeitergewinnung ist es von hoher Bedeutung, die Arbeitskräfte langfristig zu binden. Die Suche und Einarbeitung neuer Mitarbeiter ist mit erheblichen Kosten verbunden. Eine starke Arbeitgebermarke dient der nachhaltigen Mitarbeiterbindung und nimmt aufgrund des Fachkräftemangels immer größere Bedeutung ein. Die Arbeitgebermarke wirkt nicht nur nach außen, sondern auch Unternehmensintern (Kriegler, 2018, S. 25). Dies führt zu einer hohen Identifikation und Markenloyalität. Im Rahmen des Employer Branding bedeutet dies, die engagierten, motivierten und leistungsstarken Mitarbeiter durch positive Anreize (siehe Kapitel 5.6.3) an das Unternehmen zu binden. Dadurch wird auch in schwierigen Unternehmenszeiten die Abwanderung von Leistungsträgern vorgebeugt (Biswas & Suar, 2016, S. 59).

3.6.3 Leistung und Ergebnis

Employer Branding nimmt auch einen großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit beziehungsweise Performance der Mitarbeiter. Durch die Identifikation mit dem Unternehmen ist die Ausübung des Berufes mehr als nur ein Job (Kashyap & Rangnekar, 2016, S. 65). Im Endeffekt minimiert sich der Führungsaufwand, während die Qualität der Arbeitsergebnisse steigt. Die freiwillige Mitverantwortung der Mitarbeiter wird gesteigert und Leistung erfolgt aus intrinsischer Motivation. Daraus resultiert wiederum ein direkter positiver Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des Betriebes (Cascio, 2014, S. 121-122).

3.6.4 Unternehmenskultur

Ein weiterer Bereich, auf den sich Employer Branding positiv auswirkt, ist die Unternehmenskultur. Die Unternehmenskultur gibt bestimmte Werte und Normen vor und ist für die Arbeitskräfte somit ein Orientierungspunkt, an dem sie Handlungen und Verhaltensweisen ausrichten. Darüber hinaus dient es als Grundlage für strategische Ziele und Entscheidungen sowie Funktionen eines Unternehmens (Wiener, 2018, S.74).

Werte, Normen, Einstellungen oder Grundannahmen können auch als Tiefenstruktur mit handlungsprägender Ebene für die Mitarbeiter bezeichnet werden, sowie als Oberflächenstruktur, die von Dritten beobachtbar ist (Brecke, 2015, S. 49).

Die Unternehmenskultur nimmt eine zentrale Rolle beim Employer Branding ein, da sie die gelebten Werte, Einstellungen, Denkmuster und Umgangsformen praktisch spürbar macht beziehungsweise nach außen trägt. Unternehmen sollten genauestens darauf achten, welche Unternehmenskultur sie vertreten und nach außen transparent machen, da die Generation Y besondere Ansprüche und Wertevorstellungen mit sich bringen. Führungskräfte müssen sich bewusst sein, dass ihre Verhaltensweisen einen großen Einfluss auf die Unternehmenskultur haben (Kriegler, 2018, S. 122-123).

Die renommierte Studie der Unternehmensberatung Staufen ´Best Strategy 2018´ zeigt, dass die Unternehmenskultur maßgeblich über den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens entscheidet. Hierfür wurden 210 deutsche Firmen befragt, die in ihrem Marktsegment zu den Weltmarkführern gezählt werden. Dabei gaben 75% der Spitzenunternehmen an, dass die Unternehmenskultur der entscheidende Erfolgsfaktor sei. Sie bezeichnen die passende Firmenkultur als ´Rendite-Turbo´. Employer Branding Maßnahmen, welche die Unternehmenskultur positiv beeinflussen sind somit ein entscheidender Treiber für den wirtschaftlichen Erfolg (Staufen, 2018).

3.6.5 Unternehmensmarke

Insgesamt zeigen sich positive Auswirkungen auf die Unternehmensmarke (Corporate Brand), wenn die Arbeitgebermarke authentisch ist, sich eindeutig von der Konkurrenz unterscheidet und Emotionen bei Mitarbeitern und potentiellen Arbeitskräften auslöst. Das Unternehmensimage verbessert sich bei allen genannten Anspruchsgruppen. Gleichzeitig steigern sich der Unternehmenswert und das Ansehen in der Öffentlichkeit (Foley, 2017).

3.7 Arbeitgeberpositionierung – Strategie

Bevor operative Maßnahmen des Employer Branding umgesetzt werden, sollte Unternehmen bewusst sein, dass zuvor eine Strategie erarbeitet und eine eindeutige Arbeitgeberpositionierung festgelegt werden muss. Eine durchdachte Employer Branding Strategie ist Grundlage, um die Potentiale des Employer Branding bestmöglich nutzen zu können.

Employer Branding ist kein Selbstzweck, sondern als wichtiger Teil der gesamten Unternehmensstrategie zu sehen. Dabei sollen nicht nur Funktionen des Marketings, sondern ebenso Kompetenzen der Marken-, Organisations-, sowie Markenentwicklung betrachtet und eingebaut werden (Hesse & Mattmüller, 2015, S. 21-22).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Prozess zum Aufbau einer Employer Brand

(Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an DEBA, 2018)

Wie Abbildung 7 darstellt, ist die Definition einer identitätsbasierten und glaubwürdigen Arbeitgeberpositionierung der Kern einer Employer Branding Strategie. Diverse Studien zeigen, dass Arbeitgebermarken nur durch eine eindeutige Arbeitgeberpositionierung entstehen (Ullah & Witt, 2018, S. 92).

„Eine gute Arbeitgeberpositionierung beantwortet diese Leitfragen:

- Werte: Wofür stehe ich als Arbeitgeber
- Ziele: Wo will ich hin?
- Identität: Was macht mich besonders?
- Kultur: Wer passt zu mir und wer nicht?“ (Kriegler, 2018, S. 161).

In der Praxis erfolgt die Festlegung der Arbeitgeberpositionierung über drei Bausteine (Kriegler, 2018, S. 163):

3.7.1 Employer Brand Positioning Statement

Das Employer Brand Positioning Statement beantwortet vor allem die wichtige Frage, wofür das Unternehmen steht und welche Werte gelebt werden. Es beinhaltet alle Profilthemen und Identitätsmerkmale der Firma und kombiniert diese zu einer passenden, emotional formulierten Aussage.

Diese Botschaft dient als Identifikationsfunktion für alle Arbeits- und Führungskräfte. Die Erarbeitung der Positionierung sollte innerhalb einer Projektgruppe und nicht von Einzelnen erfolgen (Runkel, 2018, S. 83-84).

3.7.2 Unique Employment Proposition (UEP)

Mit der Unique Employment Proposition verdeutlicht ein Unternehmen, was es einzigartig macht. Die UEP ist vergleichbar mit der Unique Selling Proposition aus dem Produktmarketing. Das Unique Employer Proposition zeigt ausschließlich das Profil der Arbeitgeberpositionierung auf, die das Unternehmen in den Bewerbermärkten am meisten von anderen Arbeitgebern unterscheidet. Zielgruppe der Unique Employment Proposition sind primär Personen außerhalb des Unternehmens (Kriegler, 2018, S. 163).

3.7.3 Cultural Fit

Der Cultural Fit beantwortet die Frage, welcher Typus Mitarbeiter in das Unternehmen passt und ist somit ein entscheidender Faktor für erfolgreiche Rekrutierung (Frynas & Mellahi, 2015, S. 197). Demnach sagt der Cultural Fit nicht nur aus, welche Arbeitskräfte fachlich passen, sondern insbesondere auch die persönlichen und kulturellen Voraussetzungen erfüllen, um langfristig erfüllt und produktiv arbeiten zu können. Der Cultural Fit dient deshalb der Bewerberpassung im Recruiting-Prozess und verhindert, dass Fehlbesetzungen vorkommen (Dannhäuser, 2017, S. 19).

[...]

Excerpt out of 130 pages

Details

Title
Employer Branding als Erfolgsfaktor. Handlungsempfehlungen für den Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke
Author
Year
2019
Pages
130
Catalog Number
V498223
ISBN (eBook)
9783960957386
ISBN (Book)
9783960957393
Language
German
Keywords
Employer Branding, Personalmanagement, Arbeitgeberattraktivität, Human Resources, Fachkräftemangel, Demografischer Wandel, Personalmarketing, Recruiting, Social Media, Unternehmenskultur, War of Talents, Work-Life-Balance, Active Sourcing, Generation Y, Generation X, Generation Z, Benefits, Mitarbeiterumfrage, Employer Brand, War for talents
Quote paper
Andreas Mederer (Author), 2019, Employer Branding als Erfolgsfaktor. Handlungsempfehlungen für den Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498223

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