In den letzten zwanzig Jahren etablierte sich der Begriff der genetischen Diskriminierung in der Soziologie und wurde zu einem Gegenstand immer bedeutsamer kontroverser, wissenschaftlicher Diskussionen im Bereich der Biopolitik, national sowie international. Die Fragestellung, inwiefern Menschen aufgrund ihres Genmaterials durch den Arbeitgeber, die Behörden, die Versicherung oder ihr soziales Umfeld ungleich behandelt werden, ist soziologisch relevant, da sie bisher untersuchte Bereiche der Diskriminierung (Rassismus, Sexismus, et cetera) mit der Dimension der Genetik erweitert. Durch die Erfolge der Genforschung gelingt es bei immer mehr Krankheiten, ihren Ursprung auf bestimmten menschlichen Genen zu lokalisieren.
Dies ermöglicht es, mit Gentests solche genetisch bedingten Krankheiten beim Menschen im Vorfeld festzustellen und so vor dem möglichen Ausbruch der Symptome eine eindeutige Diagnose stellen zu können. Die Ausbreitung von Gentests bietet jedoch nicht nur Chancen. Sie birgt auch die Gefahr von Benachteiligung und Stigmatisierung, denn neben den getesteten Patienten sind auch andere an den Informationen interessiert, die diese Analysen bieten. Gerade im Versicherungsgeschäft spielt das Wissen über die genetische Konstitution der Gesellschaft eine immer größer werdende Rolle.
Die soziologische Fragestellung, mit der sich diese Hausarbeit beschäftigen soll, ist also, inwiefern private Versicherungsunternehmen Menschen aufgrund ihrer genetischen Anlagen benachteiligen und inwieweit hier von legitimer Risikodifferenzierung der Unternehmen gesprochen werden kann. Hierfür wird auf verschiedene Aspekte des Begriffs der genetischen Diskriminierung eingegangen. Zudem befasst sich die Arbeit dann genauer mit genetischer Diskriminierung im privaten Versicherungsbereich. Es wird die Frage gestellt, inwieweit bei den Handlungsweisen privater Versicherungen von legitimer Risikodifferenzierung gesprochen werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Genetische Diskriminierung als Nebenprodukt moderner Genforschung
- Was bedeutet genetische Diskriminierung?
- Genetische Diskriminierung im privaten Versicherungsbereich in Deutschland
- Gesetzliche Grundlage in Deutschland: das Gendiagnostikgesetz als Schutz vor genetischer Diskriminierung?
- Mögliche Auswirkungen und Problemfelder der Nutzung genetischer Informationen durch private Versicherungen auf unternehmerischer und gesellschaftlicher Ebene.
- Interessenskonflikt der privaten Versicherungsunternehmen
- Das Recht auf Unwissenheit
- Geheimnis Gentest
- Fazit: Legitime Risikodifferenzierung oder genetische Diskriminierung?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Herausforderungen der genetischen Diskriminierung im Kontext der modernen Genforschung, insbesondere im privaten Versicherungsbereich in Deutschland. Sie analysiert die rechtlichen Grundlagen, die potenziellen Auswirkungen und ethischen Fragen, die mit der Verwendung genetischer Informationen in der Versicherungsbranche verbunden sind.
- Definition und unterschiedliche Dimensionen von genetischer Diskriminierung
- Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland im Hinblick auf den Schutz vor genetischer Diskriminierung
- Potenzielle Auswirkungen der Nutzung genetischer Informationen durch private Versicherungen
- Ethische Konflikte zwischen dem Interesse der Versicherungsbranche an Risikodifferenzierung und dem Recht auf Unwissenheit
- Bewertung der Legitimität von Risikodifferenzierung im Kontext genetischer Informationen
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Dieses Kapitel stellt den Begriff der genetischen Diskriminierung vor und verdeutlicht seine wachsende Bedeutung in der Biopolitik. Die zunehmende Verfügbarkeit von Gentests und die Möglichkeit, genetisch bedingte Krankheiten im Vorfeld zu erkennen, werfen ethische Fragen hinsichtlich der möglichen Benachteiligung von Menschen auf.
- Kapitel 2: Der Begriff der genetischen Diskriminierung wird in diesem Kapitel umfassend erläutert. Verschiedene Herangehensweisen zur Definition werden vorgestellt und die Unterschiede zwischen genetischer und nicht-genetischer Diskriminierung werden herausgearbeitet. Die historischen Wurzeln des Konzepts der genetischen Diskriminierung werden aufgezeigt, und die Rolle der Anamnese als potenzieller Ausgangspunkt von Benachteiligung wird beleuchtet.
- Kapitel 3: Der Fokus liegt auf der genetischen Diskriminierung im privaten Versicherungsbereich in Deutschland. Das Gendiagnostikgesetz als Schutz vor genetischer Diskriminierung wird analysiert, und die potenziellen Auswirkungen und Problemfelder der Nutzung genetischer Informationen durch private Versicherungen auf unternehmerischer und gesellschaftlicher Ebene werden untersucht.
Schlüsselwörter
Genetische Diskriminierung, Genforschung, Gendiagnostikgesetz, privates Versicherungswesen, Risikodifferenzierung, ethische Konflikte, Recht auf Unwissenheit, Biopolitik.
- Arbeit zitieren
- Annika Bremhorst (Autor:in), 2016, Legitime Risikodifferenzierung oder genetische Diskriminierung. Werden Menschen aufgrund genetischer Merkmale von privaten Versicherungsunternehmen benachteiligt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498255