Die Bündische Jugend in der Weimarer Republik. Auswirkungen der politischen Rahmenbedingungen auf Entstehung und Überzeugungen


Dossier / Travail, 2014

17 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2 . Historischer Kontext
2.1 Politische Rahmenbedingungen
2.2 Jugendliche in der Weimarer Republik

3 . Die Bündische Jugend
3.1 Entstehung und Struktur
3.2 Grundüberzeugungen der bündischen Jugendbewegung
3.2.1 Selbstverständnis und ideologische Überzeugungen
3.2.2 Politische Überzeugungen
3.3 Auswertung

4 . Fazit

Quellenverzeichnis

1 . Einleitung

Jeder Mensch durchläuft während seines Lebens die Phase der Jugend und jeder Erwachsene, egal welchem Jahrgang er angehört, hat bestimmte Ereignisse, die seine Jugend geprägt haben. Schon seit einigen Jahren kann in der westlichen Gesellschaft festgestellt werden, dass sich diese Übergangsphase von Kindesalter zum Erwachsenenleben verändert. Die 16. Shell Jugendstudie aus dem Jahr 2010 stellt zum Beispiel dar, dass das politische Interesse der Jugendlichen in Deutschland nach einer Phase des Desinteresses wieder zunimmt. Weiterhin analysierte die Studie das Internetverhalten Jugendlicher, mit dem Ergebnis, dass Jugendliche immer vernetzter und auch mobil erreichbar werden.1 Die Autoren Oliver Leistert und Theo Röhle gehen sogar soweit, dass sie die heutige Jugend in ihrem 2011 erschienen Werk als die „Generation Facebook“ bezeichnen.

Betrachtet man die Jugendgenerationen nun im historischen Kontext des 20. Jahrhunderts, so lässt sich feststellen, dass sich in jedem Abschnitt deutscher Geschichte eine andere Jugendbewegung herauskristallisiert und das gesellschaftliche Bild geprägt hat. Populäre Beispiele sind die Wandervögel, die Hitlerjugend oder die Studentenbewegung der 1960er Jahre.

Diese Ausarbeitung befasst sich folglich mit der Bündischen Jugend in der Weimarer Republik. Viel mehr steht dabei die Frage im Vordergrund, ob und inwiefern die politischen Rahmenbedingungen der Nachkriegszeit und der Weimarer Republik sich auf die Entstehung der Bündischen Jugend und ihrer Grundüberzeugungen ausgewirkt haben.

Zunächst wird der historische Kontext dargestellt. Dabei werden die politischen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die Gesamtbevölkerung skizziert. Es folgt eine Betrachtung der Situation der Jugendlichen in der Weimarer Republik. Das zweite Kapitel bildet den Schwerpunkt und setzt sich mit der Entstehung und Struktur sowie den ideologischen und politischen Grundüberzeugungen dieser Jugendbewegung auseinander. Im Anschluss findet eine Auswertung, die die formulierte Fragestellung beantworten soll, statt. Die Ausarbeitung schließt mit einem Fazit, das die zentralen Erkenntnisse beleuchtet.

2. Historischer Kontext

Im folgenden Kapitel wird der historische Kontext der Weimarer Republik sowie dessen Auswirkungen auf die damalige Jugendgeneration näher beleuchtet. Dabei werden zunächst die politischen Rahmenbedingungen dieses Abschnitts deutscher Geschichte dargestellt. Weiterhin gilt es, diese politischen Einflussfaktoren auf die Jugend zu beziehen und deren Auswirkungen zu erläutern.

2.1 Politische Rahmenbedingungen

Die Epoche der Weimarer Republik stellt Faulenbach als eine Phase des Wandels sowie politischer Instabilität dar, die großen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung nahm. Der zuvor verlorene Erste Weltkrieg im Jahr 1918 und die anschließende Revolution stellen seiner Meinung nach eine Zäsur deutscher Geschichte dar. Die Weimarer Republik sei jedoch aufgrund ihres späteren Scheiterns, nicht nur als Übergangsphase zum Nationalsozialismus zu betrachten. Vielmehr sei sie von eigenem Gewicht geprägt gewesen, da sie aus politischer und industrieller Sicht einen „Modernisierungs- und Veränderungsschub“2 brachte. Auch aus kultureller Perspektive konnten die, durch die demokratische Verfassung hervorgerufenen, Freiheiten eine Veränderung von Werten und Normen herbeiführen.3 Diese werden im späteren Verlauf dieser Ausarbeitung detaillierter besprochen.

Als einflussreiche Beispiele politischer Instabilität führt Sturm den Versailler Vertrag sowie mehrere Putschversuche an. Durch den, am 10. Januar in Kraft getretenen, Versailler Vertrag musste Deutschland etwa 13 Prozent seines Staatsgebiets und zehn Prozent der Bevölkerung abgeben. Folglich kam es dem Autor zufolge durch die Gebietsabtretungen zur örtlichen Diskriminierung der Deutschen, zum Beispiel in Polen, wo sie vorher unter preußisch-deutscher Herrschaft gelebt hatten. Es wurden ebenfalls Ströme von deutschen Flüchtlingen und Ausgewiesenen verzeichnet, die zusätzlich für gesellschaftliche Instabilität sorgten. Zudem stellte der Vertrag einen wirtschaftlichen Rückschlag dar, weil Deutschland somit 50 Prozent der Eisenerzversorgung und 25 Prozent der Steinkohleförderung verlor, was für die verbleibende Bevölkerung einen erheblichen Mehraufwand und zusätzliche Belastung bedeutet.4

In Bezug auf die Putschversuche führt Sturm an, dass diese eine politische Polarisierung innerhalb der Bevölkerung herbeiführten. Die Lager des Links- sowie Rechtsradikalismus wuchsen beinahe gleichmäßig, sodass es beiderseits zu Aufständen und Putschversuchen gegen das Regime kam. Durch die Verbreitung der Ideologien beider Gruppen sollte einerseits die Meinung der Gesellschaft gespalten werden. Andererseits wurde das Ziel verfolgt, die Festigung der Demokratie zu verhindern.5

Die kulturelle Blütezeit der Weimarer Republik, auch bekannt als die Goldenen Zwanziger Jahre, fand Sturm zufolge zwischen 1924 und 1929 statt. Durch die Währungsreform und den Dawes-Plan im Jahr 1924 nahmen Produktion, Konsum und Volkseinkommen kontinuierlich zu. Infolgedessen verbreiteten sich die Massenmedien rapide. Amerikanische Einflüsse waren sowohl in der Musik als auch im Film zu verzeichnen und die Vielfalt der Genres stieg. Zudem wurden Lichtspielhäuser, Theater und Literatur immer populärer. Durch dieses Konjunkturhoch konnte die Regierung zunächst wieder das Vertrauen der Bevölkerung zurückerlangen, sodass es in dieser Phase zu einer relativen Stabilisierung kam. Dieses Vertrauen in die regierenden Parteien wurde jedoch durch den Börsencrash und der Wirtschaftskrise im Jahr 1929 komplett zunichte gemacht. Folglich führte die erneut entstandene Polarisierung der Bevölkerung zur Zerstörung der Demokratie.6

2.2 Jugendliche in der Weimarer Republik

Um das Verhältnis der Jugendlichen in der Weimarer Republik verstehen zu können, ist es von besonderer Bedeutung, die zuvor erwähnten historischen Rahmenbedingungen in Betracht zu ziehen. Von Hellfeld zufolge stellen die Folgen des verlorenen Ersten Weltkriegs einen zentralen Faktor für diese Beziehung dar. Durch den Krieg kam es oftmals zur Auflösung der Familien, was die Kinder und Jugendlichen belastete und dadurch prägte. In Bezug auf von Olenhusen spricht von Hellfeld hierbei vom Bruch ‚traditioneller Gefüge frühkindlicher und kindlicher Sozialisation‘.7 Konsequenterweise konnte die Jugendgeneration bedingt durch die Krisen und Instabilitäten der Nachkriegszeit teilweise nur eine mangelnde und wenig gefestigte Identität bilden. Weiterhin führt von Hellfeld an, dass die Suche nach Vorbildern und die Orientierung an den Erwachsenen folgen hinterließ. Durch die politischen Unruhen wurde dem Autor zufolge das Bild vermittelt, dass sich politische Konflikte nicht rational sondern vorrangig mit Gewalt lösen ließen. Derartig vermittelte Einstellungen führten folglich dazu, dass Jugendliche in ihrem Denken deutlich anfälliger für radikale politische Haltungen waren, weil sie dies von klein auf gelernt hatten.8

Weiteren ideellen Schaden, den der verlorene Krieg an der Bevölkerung hinterlassen hatte, stellt Giesecke vor. Ihm zufolge fühlten sich fast alle Bevölkerungsgruppen vom Staat betrogen. Aus der Sicht der Soldaten war die fehlende Anerkennung, ebenfalls finanziell betrachtet, für den Kampf im Krieg unter anderem ausschlaggebend für die Ablehnung der Demokratie. Weiterhin fiel es ihnen laut Giesecke schwer, in der Heimat Fuß zu fassen und die gemachten Erfahrungen von der Kriegsfront zu verarbeiten. Dies führte dazu, dass militärisches Denken stets präsent war, da sich für viele die „wahre und echte Demokratie“9 in den Schützengräben abgespielt habe. Dies steigerte zudem die Ablehnung gegenüber dem demokratischen System, welche durch die Erziehung im Elternhaus an die Jugendlichen weitergegeben wurde.10

Ferner führt Giesecke an, dass ein Widerspruch zwischen den Vorstellungen der Bürger hinsichtlich der Frage, was Demokratie wirkliche bedeute, entstand. Die Regierung versuchte den Demokratiegedanken innerhalb der Bevölkerung zu verbreiten, da es allerdings zu diesem Zeitpunkt in der deutschen Geschichte keinerlei Tradition für demokratische Werte und Normen gegeben hatte, war es laut Giesecke nicht möglich, die gespaltenen Meinungen zu vereinheitlichen. Dies hatte oftmals zur Folge, dass es subjektiv für demokratisch erklärte Konzepte, die jedoch objektiv antidemokratisch waren, gab. Ein wirtschaftlicher Ständestaat, in dem einzelne Schichten privilegiert werden, ist nach Giesecke ein Beispiel für eine derartige Fehlinterpretation. In Bezug auf die Jugend beschreibt Giesecke die Vielzahl an Interpretationsvariationen des Demokratiebegriffs als „ideologische[s] Warenlager ohne jede Orientierung“.11 Mit anderen Worten lässt sich sagen, dass es verschiedenste Konzepte gab, die an sich demokratisch waren. Die Bevölkerung wusste jedoch aufgrund der fehlenden Erfahrung mit Demokratie nicht, wie diese Konzepte umgesetzt werden konnten.12

Die prekäre Situation wurde laut Giesecke dadurch verstärkt, dass die Republik, auch aufgrund der widersprüchlichen Vorstellungen, weniger Identifikationsmöglichkeiten bot als das Kaiserreich. Die Menschen sehnten sich in der Nachkriegszeit nach einer „Volksgemeinschaft“13, die über Parteizugehörigkeit und Interessensgruppen hinausging. Aus diesem Grund nahm die Identifizierung mit Organisationen und verschiedensten gesellschaftlichen Bewegungen zu. Giesecke stellt dar, dass diese „Sehnsucht nach Gesellschaft“14 von den Erwachsenen auf die Jugendlichen übertragen worden sei. Die Jugendgeneration wurde einerseits als Hoffnungsträger bezeichnet, da man ihr das Potenzial zuschrieb, die gewünschte Volksgemeinschaft herzustellen. Zudem kam es durch die geburtenstarken Jahrgänge vor und während des Krieges zu einer demographischen Veränderung, sodass die Jugendlichen einen Großteil der Gesellschaft bildeten. Durch den allgemeinen Wunsch nach Gemeinschaft schlossen sich auch sie zu Gruppierungen zusammen.

[...]


1 Vgl. 16. Zusammenfassung Shell Jugendstudie 2010, S. 3f

2 Faulenbach 2003, S. 2

3 Vgl. ebd., S. 2

4 Vgl. Sturm 2003, S. 18f

5 Vgl. ebd., S. 20ff

6 Vgl. ebd., S. 44ff

7 Von Olenhusen nach von Hellfeld 1987, S. 27

8 Vgl. Von Hellfeld 1987, S. 27

9 Giesecke 1981, S. 82

10 Vgl. ebd., S. 81f

11 Giesecke 1981, S. 84

12 Vgl. ebd., S. 83f

13 Ebd., S. 84

14 Ebd., S. 84

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Die Bündische Jugend in der Weimarer Republik. Auswirkungen der politischen Rahmenbedingungen auf Entstehung und Überzeugungen
Université
Helmut Schmidt University - University of the Federal Armed Forces Hamburg
Note
1,3
Auteur
Année
2014
Pages
17
N° de catalogue
V498329
ISBN (ebook)
9783346015389
ISBN (Livre)
9783346015396
Langue
allemand
Mots clés
bündische jugend, sozialisation, erziehung, jugend, jugendbewegung, weimarer republik
Citation du texte
Andreas Kühltau (Auteur), 2014, Die Bündische Jugend in der Weimarer Republik. Auswirkungen der politischen Rahmenbedingungen auf Entstehung und Überzeugungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498329

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