Gentrifizierung des Viertels Jungbusch in Mannheim. Ein Gewinn für die Stadt?


Trabajo Escrito, 2019

18 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Gentrifizierung
2.1 Definition
2.2 Erklärungsansätze

3. Mannheim
3.1 Struktur und geschichtlicher Hintergrund
3.2 Räumliche Verortung Jungbusch
3.3 Gentrifizierung des Jungbuschs

4. Fazit

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Unsere Welt ist stetig im Wandel und das spiegelt sich stark in der Entwicklung unserer Städte wider. In den letzten Jahrzehnten trat der Begriff Gentrifizierung, auch bekannt als Gentrification, in Bezug auf die Entwicklung der Großstädte auch in Deutschland vermehrt auf.

Wenn man sich Bücher oder Artikel zum Thema Gentrifizierung durchliest wird meist schon beim Titel klar, dass die Meinungen gespalten sind. Die einen reden größtenteils von positiven Auswirkungen, andere deutlich von negativen, wieder andere sehen ein nötiges Zusammenspiel von beidem in dem Prozess der Gentrifizierung, ohne welches eine Weiterentwicklung nicht stattfinden kann. Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sind in diesem Diskurs stark involviert.

Diese Arbeit befasst sich speziell mit dem Thema Gentrifizierung des Jungbuschs und der Frage, ob dieser Entwicklungsprozess positiv oder negativ für die Stadt Mannheim ist.

In der vorliegenden Ausarbeitung wir zunächst das Konzept der Gentrifizierung erklärt und veranschaulicht, um was es sich genau bei diesem Begriff handelt. Weiter werden ein paar der vielen verschiedenen Erklärungsansätze für dieses Phänomen betrachtet, die in den letzten Jahrzehnten von einigen Soziologinnen und Soziologen und Geographinnen und Geographen ausgearbeitet wurden. Ein kurzer Einblick in die Struktur und Geschichte Mannheims, sowie in die räumliche Verortung des Jungbuschs ist gegeben, der Hintergrundinformationen für das zu betrachtende Viertel bietet. Anschließend wird die momentane Situation im Jungbusch geschildert und aufgezeigt, inwieweit Gentrifizierung hier schon fortgeschritten ist, woran dies festgestellt werden kann, was die Auswirkungen auf die Stadt sind und es werden Lösungsansätze betrachtet, die in den letzten Jahren von einigen Politikern vorgeschlagen wurden, um negativen Folgen entgegenzuwirken. Zum Schluss wird auf die Leitfrage eingegangen, ob die Gentrifizierung des Jungbuschs nun ein Gewinn für die Stadt Mannheim ist oder nicht.

2. Gentrifizierung

2.1 Definition

Laut WISCHMANN (2015, S. 78) wurde das Thema „Gentrifizierung“ – oft auch „Gentrification“ – in den letzten ca. 30 Jahren zu einem der wichtigsten und meist diskutierten Konzepte in der Stadtforschung (HALL 2001, S. 108; HELBRECHT 1996, S. 1; WISCHMANN 2015, S. 78).

Jede Stadt ist aufgeteilt in verschiedene Viertel, die sich in ihrer Funktion, Aussehen und sozialen Strukturen unterscheiden. Durch den Fortschritt in der Technik, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft befinden sich unter anderem auch Städte und ihre Stadtviertel in einem stetigen Wandel (JENNERICH 2015, S.44).

Der Begriff Gentrifizierung beschreibt einen speziellen Wandel, in dem ein Wohngebiet, das zuletzt von Arbeitern bewohnt wurde, am Ende des Prozesses einen starken Zuzug von Bewohnern/innen aus der oberen Mittelklasse erfährt. In diesem Prozess kommt es nicht nur zu einer sozialen Aufwertung, sondern auch zu einer baulichen Aufwertung der Wohnviertel, durch Sanierungen und Renovierungen an Gebäuden, Wohnumfeld- und Infrastrukturverbesserungen, zu einer funktionalen Aufwertung, aufgrund neuer Geschäfte, Dienstleistungen und qualitativer, sowie quantitativer Angebotserweiterung und schließlich auch zu einer symbolischen Aufwertung, da die aufgewerteten Gebiete eine hohe Akzeptanz bei Bewohnern/innen und Besuchern/innen finden. In den frühen 1990er Jahren wurde dieser Wandel als Zeichen für den Aufbruch von Städten in das Dienstleistungs- und Informationszeitalter gesehen (HEINEBERG 2014, S. 20, 141; HELBRECHT 1996, S. 2; LATOCHA / SCHIPPER 2018, S. 54; JENNERICH 2016, S.46; KOHL 2013, S. 43; SCHNEIDER / SPELLERBERG 1999, S.87; WISCHMANN 2015, S. 78).

Gentrifizierung hat somit grobgenommen zwei Dinge zur Folge. Auf der einen Seite wird die Innenstadt wiederbelebt, da es durch die Aufwertung obere soziale Schichten wieder näher in die Innenstadt zieht und dadurch der soziale Status dieser gehoben wird. Doch diesem positiven Aspekt steht der negative Punkt der Verdrängung gegenüber, bei der die sozialen unteren Schichten auf unattraktivere Wohnviertel zurückgreifen müssen, da die Immobilien in den attraktiven Gebieten für sie nicht mehr bezahlbar sind. Bei Gentrifizierung wird, bis auf einige Ausnahmen, meist der Punkt der Verdrängung diskutiert. (JENNERICH 2015, S. 46; LATOCHA / SCHIPPER 2018, S. 54; WISCHMANN 2015, S. 81).

Gentrifizierte Stadtteile finden sich sowohl in West-, als auch in Ostdeutschland, in meist wachsenden und gut entwickelten Großstädten wieder (HEINEBERG 2014, S. 277; WIEGANDT 2012, S. 52).

2.2 Erklärungsansätze

Allen Anfang in diesem Bereich der Stadtforschung machte dabei die britische Soziologin Ruth Glass, die durch ihre Untersuchungen in London 1964 ein neues Muster erkannte, welches eine steigende Nachfrage nach innerstädtischem Wohnen aufzeigte. In dieser Reurbanisierung, also das Zurückziehen in die Städte, beobachtete Glass vor allem Zuzüge der oberen Mittelklasse in eher heruntergekommene Stadtteile in der Nähe des Stadtzentrums. Die Stadtentwicklungsprozesse, die sie an dem Auftreten dieser sozialen Gruppe, des „Gentry“ (engl., Oberklasse), festmachte, wurden seither als „Gentrification“ bezeichnet (engl., Gentrifizierung) (BÄHR / JÜRGENS 2005, S. 47-48; HELBRECHT 1996, S. 2-3; JENNERICH 2015, S.44; WISCHMANN 2015, S. 78).

In den 1970er und 1980er Jahren wurden vorerst ökonomische Erklärungsansätze betrachtet, wodurch kulturellen und sozialen Aspekten der Beteiligten weniger Beachtung geschenkt wurde. Besonders befasst wurde sich mit dem „Rent-Gap-“ und dem „Value-Gap-Ansatz“. Neil Smith argumentiert in seiner Rent-Gap-Theorie, auch genannt Mietlückentheorie, dass Preise für Mietwohnungen ansteigen, wenn sich die bisherigen Miteinnahmen von der Erwartung der Vermietenden höhere Mieteinnahmen zu erzielen unterscheiden. Die Lücke zwischen den momentanen und den erwünschten Einnahmen soll dann durch Mietpreiserhöhungen aufgrund von Investitionen und Sanierungen am Gebäude geschlossen werden. Die Value-Gap-Theorie, auch genannt Wertlückentheorie, von Chris Hamnett und Bill Randolph nimmt die Wertunterschiede bzw. Wertsteigerungen in den Blick, die sich ergeben, wenn man die Summe der Mieteinnahmen eines längeren Zeitraums vom Verkaufswert einer Immobilie abzieht. Besteht eine hohe Nachfrage nach Wohneigentum, besonders bei zahlungskräftigen Einwohnern/innen, kann es sich lohnen eine Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umzuwandeln. Die Rent-Gap-Theorie geht, aufgrund der Investitionen, Sanierungen und Modernisierung durch die Vermietenden, von einer Aufwertung des betroffenen Wohngebiets bzw. Stadtteils aus. Bei der Value-Gap-Theorie spricht man eher von Verdrängung, da die Erwerber der Eigentumswohnung in nur wenigen Fällen die bisherigen Mieter/innen sind (ECKARDT 2018, S. 7; LATOCHA / SCHIPPER 2018, S. 54; WISCHMANN 2015, S. 78-79).

Soziale und kulturelle Aspekte der zu beobachtenden Stadtentwicklung im Hinblick auf Gentrifizierung wurden dann schließlich in den 1990er Jahren betrachtet. Konzentriert wurde sich nun auf die Nachfrageseite und somit die Motivation der „Gentrifier“, also die für die Gentrifizierung verantwortlich gemachten Akteure/innen. Die Nachfragepräferenzen-Theorie von David Ley in 1996 erklärt, dass die Gentrifier es bevorzugen flexibel und individuell in Altbauwohnungen in der Innenstadt zu wohnen (WISCHMANN 2015, S. 79).

Auch Gruppen die in der damaligen Stadtforschung zum ersten Mal erschienen, als das Wohnen in der Innenstadt wieder attraktiver wurde, wie „Yuppies“ (Young Urban Professionals), „Dinks“ (Double Income No Kids) oder auch „Bobos“ (Bohemian Bourgeousie), weisen Überschneidungen mit den Gentrifiern auf (HEINEBERG 2014, S. 285; HELBRECHT 1996, S. 3; WISCHMANN 2015, S. 79).

Die „Doppelte-Invasions-Sukzessions-Zyklus“- Theorie von Philip Clay im Jahre 1979 prägte einen weiteren Forschungsstrang, der auch zum Teil mit der Lebensstilforschung zusammenarbeitet. Clay beobachtete mehrere amerikanische Städte und entwickelte oben genanntes Vier-Phasen-Modell um darzustellen, in welcher Phase sich eine Nachbarschaft in einem Stadtviertel befindet. Viele Begriffe die Philip Clay einführte werden bis zur heutigen Zeit weiterhin im Zusammenhang mit Gentrifizierung verwendet. Clays Zyklus-Theorie, die von Jens Dangschat 1988 weiterentwickelt wurde, beschreibt den idealtypischen Verlauf der Gentrifizierung. Laut Clay verläuft Gentrifizierung in zwei Verdrängungsprozessen ab: Zuerst werden die Bewohner/innen eines Gebiets von „Pionieren“ verdrängt, die daraufhin selbst von Gentrifiern verdrängt werden. Die verdrängenden Gruppen verfügen dabei über mehr Kapital und Durchsetzungsfähigkeit als die verdrängten Gruppen. Pioniere sind zum Beispiel Studierende, Künstler/innen und Alternative, die sich Wohnungen in einem Stadtteil suchen, in dem die Mietpreise im Vergleich zu anderen Stadtteilen günstiger sind. Durch den Zuzug dieser Pioniere wird eine soziokulturelle alternative Atmosphäre geschaffen, durch die Gentrifier angezogen werden. Da Gentrifier meist aus der oberen Mittelschicht stammen, fordern sie einen höheren Wohnstandard, haben aber auch die finanziellen Mittel um höhere Mietpreise zu bezahlen, wodurch dann auch die Pioniere immer mehr aus dem Wohngebiet verdrängt werden. In diesem Zyklus der Verdrängung kommt es vor allem während des Zuzugs der Gentrifier auch zur Aufwertung der Immobilien durch Sanierungs- und Renovationsarbeiten. Der Begriff Aufwertung ist jedoch subjektiv zu betrachten, da manche schon bei den Veränderungen des Wohngebietes durch die Pioniere eine Verbesserung sehen. Gemeint sind hier alternativkulturelle Verschönerungen wie bepflanzte Balkone oder neue gastronomische, soziale oder kulturelle Nutzen und Funktionen (ECKARDT 2018, S. 5-6; HALL 2001, S. 109; WISCHMANN 2015, S. 79).

Barbara Lang beschrieb 1998 Gentrifizierung im „Drei-Phasen-Modell“. In der ersten Phase ziehen, wie auch schon bei Clays Theorie, Pioniere, also Studierende, Künstler/innen, Auszubildende und auch ethnische Minderheiten in ein Wohnviertel bzw. in einen Stadtteil mit einer innerstädtischen Lage und unsanierten Gebäuden, die von Vernachlässigung gekennzeichnet sind. Durch die niedrigen Mietpreise vor Ort sind diese Gegenden für oben genannte Gruppen ansprechend. Sanierungen, Renovierungen und Modernisierungen werden dann von eben dieser Gruppe eigenständig vorgenommen. Durch diese Investitionen kommt es zu einer Umsozialisierung des Raumes wodurch eine Atmosphäre geschaffen wird, durch die eine andere Klientel angezogen wird. Mit dem Zuzug dieser neuen Gruppe beginnt für Lang die zweite Phase ihres Modells. Die neuen Bewohner unterscheiden sich von den Pionieren insofern, dass sie zwar von der Aufwertung der Stadt angezogen und auch in einer ähnlichen wirtschaftlichen Position sind, aber einer sozialen Mischung ablehnend gegenüberstehen. Gekennzeichnet wird die zweite Phase vor Allem durch Makler, die durch Investitionen in diesem Viertel einen Gewinn für sich sehen und selbst Modernisierungen vornehmen. Weniger risikofreudige Makler und Investoren werden nun auch auf das sanierte und aufgewertete Gebiet aufmerksam und leiten die dritte Phase ein, in der dann nun auch nach Lang die Gentrifier zuziehen. Die vorangeschrittenen Modernisierungs-, Sanierungs- und Renovierungsarbeiten machen das Wohngebiet nun für viele der alten Bewohner und Pioniere kaum bis gar nicht bezahlbar. Lang möchte mit diesem Modell verdeutlichen, dass Gentrifizierung schleichend und langsam vonstatten geht (KOHL 2018, S. 45-48).

Auch JENSEN und SCHIPPER (2018, S. 317), sowie ADAM und STURM (2014, S. 272) sehen Studierende, Künstler/innen und Alternative, die sich in speziellen Vierteln ansiedeln, als Grund für Gentrifizierungsprozesse. In diesen günstigen Wohngebieten kommt es durch diesen Zuzug zu einem Wandel der Atmosphäre, die mehr Leute anzieht, darunter auch junge Familien aus der Mittelschicht (ADAM / STURM 2018, S. 272; JENSEN / SCHIPPER 2018, S. 317).

Gentrifizierung ist eine komplexe Umstrukturierung, die allein mit den Rent-Gap- und Value-Gap-Ansätzen, der Doppelten-Invasions-Sukzessions-Zyklus-Theorie und dem Drei-Phasen-Modell nicht komplett beschrieben werden kann. Auch wenn gerade die letzten beiden Theorien oft in Lehrbüchern vorkommen, können laut WISCHMANN (2015, S. 79) „die modelhaften Akteursgruppen der Pioniere und Gentrifier und ihre zeitliche Sukzession empirisch kaum nachgewiesen werden.“ (HELBRECHT 1996, S. 4-6; WISCHMANN 2015, S. 79).

[...]

Final del extracto de 18 páginas

Detalles

Título
Gentrifizierung des Viertels Jungbusch in Mannheim. Ein Gewinn für die Stadt?
Universidad
University of Koblenz-Landau  (Geographie)
Curso
Deutschland und seine Nachbarn
Calificación
1,3
Autor
Año
2019
Páginas
18
No. de catálogo
V498717
ISBN (Ebook)
9783346020475
ISBN (Libro)
9783346020482
Idioma
Alemán
Palabras clave
Gentrifizierung, Deutschland, Mannheim, Jungbusch, Verdrängung, Politik, Wirtschaft, Bevölkerung, Soziales, Gastarbeiter
Citar trabajo
Saskia Backhaus (Autor), 2019, Gentrifizierung des Viertels Jungbusch in Mannheim. Ein Gewinn für die Stadt?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498717

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