Im Vorliegenden soll die Innenhaftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern bei Rechtsverstößen näher beleuchtet werden. Die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder haften als Organe der Aktiengesellschaft dieser nach §§ 93, 116 AktG. Vor nicht allzu langer Zeit wurde jenen Haftungsnormen noch die praktische Relevanz abgesprochen, die persönliche Inanspruchnahme von Vorstandsmitgliedern wurde als „zu vernachlässigendes Restrisiko“ angesehen.
Allerdings ist spätestens mit dem Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise die Forderung nach Vorstands- bzw. Aufsichtsratshaftung populär geworden. Mittlerweile nehmen Aktiengesellschaften ihre Vorstände immer häufiger auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Große Wellen schlug in diesem Zusammenhang zuletzt auch die drohende Inanspruchnahme von Martin Winterkorn im Zuge des Dieselskandals und auch in Bezug auf die Cum/ex-Geschäfte wird zeitnah die Vorstandsverantwortlichkeit in Rede stehen. In Anbetracht des drohenden Reputationsverlustes, der anfallenden Gerichtskosten und der Höhe der Schadensersatzforderungen verwundert es jedenfalls nicht, dass die betroffenen Gesellschaften mit ihren Geschäftsleitern die außergerichtliche Einigung suchen. Auch deshalb bleiben höchstrichterliche Entscheidungen, gerade zu der Rechtsform der Aktiengesellschaft, rar gesät.
Ziel der Arbeit ist es, diese Innenhaftung näher zu betrachten. Dabei soll insbesondere auf die Business Judgement Rule im Spannungsfeld zur Legalitätspflicht eingegangen werden. Nach einer kurzen Einführung wird die Rechtsprechungsentwicklung anhand der entschiedenen Fallkonstellationen dargestellt und bewertet. Daraufhin sollen die verschieden Literaturauffassungen zu Entscheidungen unter unklarer Rechtslage systematisch aufbereitet, dargestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen werden.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Hintergrund
- I. Haftung nach § 93 AktG
- II. Die Business Judgement Rule
- III. Voraussetzungen der Business Judgement Rule
- IV. Rechtliche Fragen
- C. Rechtsprechungsentwicklung
- I. BGH NJW 2007, 2118.
- II. BGH NZG 2011, 1271 – „Ision“.
- 1. Sachverhalt
- 2. Entscheidungsgründe
- III. BGH NZG 2015, 792.
- 1. Sachverhalt
- 2. Entscheidungsgründe
- D. Würdigung
- I. Allgemein
- II. Plausibilisierungspflichten
- III. Unklare Rechtslage
- 1. Definition
- 2. Bedeutung
- 3. Notwendigkeit eines Haftungsfreiraums
- a) Vertretbarkeitstheorie
- b) Optimierungstheorie
- c) Bewegliche Schranke
- d) Parallelwertung zu straf- und bußgeldrechtlicher Haftung
- e) Streitentscheidung
- 4. Dogmatische Einordnung eines Haftungsfreiraums
- a) (analoge) Anwendung der Business Judgement Rule
- b) Verschuldensebene
- c) Streitentscheidung
- 5. Maßstab des Verschuldens
- IV. Legal Judgement Rule
- V. Abgrenzung zu Legalitätskontrollpflichten
- E. Ausblick und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, ob und inwieweit die Business Judgement Rule bei der Beurteilung von rechtlichen Fragen durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft Anwendung finden kann. Das Ziel ist es, die rechtliche Grundlage und die Entwicklung der Business Judgement Rule im deutschen Recht darzustellen, insbesondere im Hinblick auf die Haftung von Vorstandsmitgliedern bei unklaren Rechtslagen.
- Haftung des Vorstands nach § 93 AktG
- Anwendbarkeit der Business Judgement Rule bei rechtlichen Fragen
- Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen der Business Judgement Rule
- Rechtliche Fragen und die Plausibilisierungspflicht
- Dogmatische Einordnung und Abgrenzung zu Legalitätskontrollpflichten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert einen Überblick über die Thematik und die Zielsetzung der Arbeit. Im Kapitel "Hintergrund" werden die rechtlichen Grundlagen für die Haftung des Vorstands nach § 93 AktG sowie die Business Judgement Rule dargestellt. Die Rechtsprechungsentwicklung wird anhand von relevanten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) erläutert. Das Kapitel "Würdigung" befasst sich eingehend mit der Anwendbarkeit der Business Judgement Rule bei unklaren Rechtslagen, untersucht die Plausibilisierungspflichten des Vorstands und analysiert die dogmatische Einordnung eines möglichen Haftungsfreiraums.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen der deutschen Aktiengesellschaftsrecht, insbesondere mit der Haftung des Vorstands und der Anwendung der Business Judgement Rule bei rechtlichen Fragen. Zu den Kernthemen gehören die rechtliche Grundlage des Haftungsfreiraums, die Plausibilisierungspflichten des Vorstands, die dogmatische Einordnung der Business Judgement Rule und ihre Abgrenzung zu Legalitätskontrollpflichten.
- Arbeit zitieren
- Jonas Bonn (Autor:in), 2019, Die Business Judgement Rule und ihre Anwendbarkeit auf rechtliche Fragen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498727