Digitale Transformation im Bereich Mobility Solution. Kriterien einer erfolgreichen Umsatzwachstumsstrategie


Fachbuch, 2020

107 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziele, Vorgehen und Methodik

2 Theoretische Grundlagen von digitalen Services, strategischen Allianzen und strategischen Planungsinstrumenten
2.1 Strategische Allianz
2.2 Digitale Services und der Geschäftsbereich Mobility Solution
2.3 Wachstumsstrategie und strategische Planungsinstrumente

3 Delphi-Befragung zur Bestimmung der wesentlichen Kriterien für das Projekt digitale Transformation im Bereich Mobility Solution in der Software-Industrie
3.1 Auswahl und Vorstellung der Experten für die Delphi-Befragung
3.2 Design und Methodik des Interview-Fragebogens
3.3 Die Durchführung der Delphi-Befragung
3.4 Die Ergebnisse der Delphi-Befragung
3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse

4 Ableitung von Handlungsempfehlungen für das Projekt digitale Transformation im Bereich Mobility Solution eines globalen Ingenieur- und Technologieunternehmens in der Software-Industrie

5 Fazit und Ausblick

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Impressum:

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Abstract

Das globale Ingenieur- und Technologieunternehmen beabsichtigt, sich mit dem Geschäftsbereich Mobility Solution in neue digitale Märkte zu positionieren. Das Ziel dieser Masterarbeit ist es daher, die wesentlichen Kriterien und Maßnahmen einer erfolgreichen Umsatzwachstumsstrategie zu identifizieren und anschließend Handlungsempfehlungen für das Unternehmen abzuleiten. Zu diesem Zweck werden aus Studien und der Literatur allgemeine Kriterien erarbeitet, die zu einer Steigerung des Umsatzes führen können. Anschließend werden zehn Experten im Rahmen einer Delphi-Studie befragt, um die wesentlichen Kriterien zu ermitteln. Die Delphi-Befragung umfasst insgesamt drei Runden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kooperation mit mehreren Unternehmen die wichtigste Maßnahme darstellt. Daraufhin folgen in absteigender Reihenfolge eine hochwertige Produkt/Service Qualität, ein flexibles Preismodell und der persönliche Kontakt durch Vertriebsmitarbeiter. Unterstützt werden diese durch weitere Kriterien, die in dieser Arbeit ermittelt wurden. Die Resultate sind nicht nur relevant für die Firma, sondern auch für andere Unternehmen, die sich in neuen Märkten etablieren möchten. Zudem sollte nach weiteren Kriterien geforscht werden, um das Umsatzpotenzial weiter auszuschöpfen.

Schlüsselwörter: Umsatz, Wachstum, Strategie, Umsatzwachstumsstrategie, Delphi-Befragung, digitale Services, strategische Allianz, Marketing-Mix

Literaturverzeichnis

Anhang 1: Erste Befragungsrunde Blatt 1

Anhang 2: Erste Befragungsrunde Blatt 2

Anhang 3: Erste Befragungsrunde Blatt 3

Anhang 4: Zweite Befragungsrunde Blatt 1

Anhang 5: Zweite Befragungsrunde Blatt 2

Anhang 6: Zweite Befragungsrunde Blatt 3

Anhang 7: Zweite Befragungsrunde Blatt 4

Anhang 8: Dritte Befragungsrunde Blatt 1

Anhang 9: Dritte Befragungsrunde Blatt 2

Anhang 10: Dritte Befragungsrunde Blatt 3

Anhang 11: Dritte Befragungsrunde Blatt 4

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das VRIO-Framework

Abbildung 2: Die Unterschiede Sachgut/Dienstleistung

Abbildung 3: Das Hybridleistungsmodell nach Tukker

Abbildung 4: Das Organigramm zur Mobility Solution

Abbildung 5: Telematik Hardware Portfolio der Mobility Solution

Abbildung 6: Das Serviceportfolio der Mobility Solution

Abbildung 7: Zusammenspiel der Komponenten

Abbildung 8: SWOT-Analyse des Geschäftsbereichs Mobility Solution

Abbildung 9: Die Produkt-Markt Matrix von Ansoff

Abbildung 10: Die 4Ps des Marketing Mix

Abbildung 11: Kotlers Modell eines leistungsstarken Unternehmens

Abbildung 12: Projektplan für die Delphi-Befragung

Abbildung 13: Ergebnisse aller Runden der Delphi-Befragung

Abbildung 14: Ergebnisse der Produktstrategie der letzten Runde

Abbildung 15: Ergebnisse der Preisstrategie der letzten Runde

Abbildung 16: Ergebnisse der Kommunikationsstrategie der letzten Runde

Abbildung 17: Ergebnisse der Distributionsstrategie der letzten Runde

Abbildung 18: Ergebnisse der internen Organisation der letzten Runde

Abbildung 19: Zusammenfassung der Ergebnisse der Delphi-Befragung

Abbildung 20: Ranking der Kriterien für eine erfolgreiche Umsatzwachstumsstrategie

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In einer Zeit geprägt von steigendem Wettbewerbsdruck durch die Digitalisierung und zunehmender Globalisierung werden Geschäftsbeziehungen zu einer immer wertvolleren werdenden Ressource für Unternehmen.1 Die Märkte haben sich in den letzten Jahren aufgrund digitaler Veränderungsprozesse rasant entwickelt. Die Digitalisierung ermöglicht dabei unterschiedlichste Produkte und Services anzubieten, die vor 15 Jahren noch unvorstellbar waren. Es kann über das Smartphone, ohne vor Ort sein zu müssen, die Heizung im eigenen Haus reguliert, das eigene Fahrzeug für Freunde entriegelt oder sogar die Haustüre geöffnet werden. Die Möglichkeiten digitaler Technologien scheinen unbegrenzt und deshalb richten sich viele software-fremde Unternehmen neu aus, um wettbewerbsfähig bleiben zu können.2 Aus diesem Grund gibt es für Unternehmen zahlreiche neue Herausforderungen, vor denen gerade die Teilnehmer der Automobilbranche stehen.3

Das globale Ingenieur- und Technologieunternehmen hat deshalb den Geschäftsbereich Mobility Solution gegründet, um sich in den neuen Märkten zu positionieren. Es wird beabsichtigt, durch die Vernetzung von Fahrzeugen, digitale Services anzubieten und neue Marktanteile zu gewinnen. Für diesen Zweck werden strategische Allianzen gebildet, um einen Marktzugang zu erhalten und sich zu etablieren. Dabei hängt der Erfolg eines Unternehmens mit dem Erreichen der Gewinn- und Geschäftsziele ab. Um diese Ziele zu erreichen, muss die Rentabilität, Kapitalrendite, der Aktienkurs oder der Marktanteil gesteigert werden. Das Umsatzwachstum ist dabei ein wichtiger Indikator für den Geschäftserfolg.4 Nach Shaw und Merrick ist es das am häufigsten genutzte Kriterium für die Messung der Effektivität des Marketings in einem Unternehmen.5 Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese Arbeit mit den folgender zentraler Fragestellung: Welche Kriterien sind für eine langfristige Umsatzwachstumsstrategie entscheidend und welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um diese erfolgreich am Markt umzusetzen?

1.1 Problemstellung

Bei dem globale Ingenieur- und Technologieunternehmen basiert das allgemeine konzernübergreifende Geschäftsmodell in der Automobilbranche auf dem Verkauf von Systemen und Komponenten. Der Umsatz ist jedoch in den letzten Jahren stagniert. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Unternehmen ständig gefordert sind, ihre Umsätze zu steigern.6 Schon Hanssens et al. raten, in der Automobilbranche eine strategische Umorientierung vorzunehmen.7 Eine Umorientierung basiert jedoch auf innovative Marketingstrategien und dafür werden Marktforschungen benötigt. Morre berichtet über enorme finanzielle Einbußen in der Automobilbranche aufgrund fehlender innovativer Marketingstrategien.8 Dies wird von McElroys bestätigt, der mehr Forschung zu Marketingstrategien fordert, um die Verbraucher besser zu erreichen und damit den Umsatz zu steigern.9

Deshalb hat sich das globale Ingenieur- und Technologieunternehmen dafür entschieden, eine digitale Transformation vorzunehmen. Um dem Trend der Digitalisierung zu folgen und neue Produkte bzw. Dienstleistungen anzubieten, muss sich das Unternehmen jedoch strategisch neu ausrichten. Diese Entwicklung befindet sich bisher noch in den Anfängen. Die Organisation und alle bestehenden Strukturen und Abläufe sind vor allem am B2B-Verkauf an den Großserienprodukten orientiert. Um sich Anteile im neuen Markt der Digitalisierung in der Automobilbranche zu sichern, hat das globale Ingenieur- und Technologieunternehmen deshalb den Geschäftsbereich Mobility Solution gegründet. Damit wird gezielt versucht eine geeignete Organisation für ein service-basiertes Geschäft aufzubauen, um auf die veränderten Kundenwünsche eingehen zu können. Das langfristige Ziel der Mobility Solution ist dabei, die umfassende Bündelung der Aktivitäten zu den Themen Connected-Car, Flottenmanagement, Sharing Management und Microservices.

Im Marketing besteht jedoch Ungewissheit darüber, welche Marketingstrategien für diesen neuen Geschäftsbereich verfolgt werden müssen, um den Umsatz zu steigern. Gerade in der Automobilbranche führt die digitale Transformation zu großer Unsicherheit. Auch für den neuen Bereich Mobility Solution noch keine passende Umsatzwachstumsstrategie. Es zeigt sich daher, dass es nicht nur in der Forschung, sondern auch bei dem Ingenieur- und Technologieunternehmen ein Bedarf an Studien zur Marketingstrategieentwicklung gibt, mit dem Ziel Umsatzwachstum im Unternehmen zu erreichen.

1.2 Ziele, Vorgehen und Methodik

Die Masterarbeit untersucht allgemeine Kriterien für eine erfolgreiche Umsatzwachstumsstrategie für das Projekt digitale Transformation im Bereich Mobility Solution. Ziel der Studie ist dabei, die wesentlichen Kriterien für eine erfolgreiche Umsatzwachstumsstrategie zu ermitteln und darauf basierend Handlungsempfehlungen für den Geschäftsbereich Mobility Solution abzuleiten. Es wird die Beantwortung folgender Forschungsfragen verfolgt:

Ist die Bildung von strategischen Allianzen aus theoretischer Sicht eine geeignete Strategie für den Geschäftsbereich Mobility Solution?

Welche Kriterien und Maßnahmen sind entscheidend für eine erfolgreiche Umsatzwachstumsstrategie für das Projekt digitale Transformation im Bereich Mobility Solution des globalen Ingenieur- und Technologieunternehmens und welche Handlungsempfehlungen lassen sich davon ableiten?

Dafür bedarf es einer theoretischen Grundlage der digitalen Services, strategischen Allianzen und strategischen Planungsinstrumenten. Es wird zuerst auf strategische Allianzen im Allgemeinen eingegangen. Danach wird der Begriff digitale Service definitorisch abgegrenzt sowie der Geschäftsbereich Mobility Solution vorgestellt. Daraufhin wird das Produkt – und Serviceportfolio erläutert und anschließend eine Markt- und eine SWOT-Analyse durchgeführt. Im Anschluss wird auf die strategischen Planungsinstrumente für die Entwicklung der Umsatzwachstumsstrategie eingegangen. Dabei wird mithilfe der Ansoff-Matrix die strategische Ausrichtung bestimmt. Zum Schluss werden die Grundlagen des Marketing-Mix erläutert und daraufhin die allgemeinen Kriterien für die Umsatzwachstumsstrategie bestimmt.

Der Marketing Mix und die Unternehmensstrategie bilden die Grundlagen, zur Bestimmung der allgemeinen Kriterien für eine erfolgreiche Steigerung des Umsatzes. Es werden hierfür Studien zur Marketingforschung herangezogen, die sich damit beschäftigt haben. Basierend auf der Analyse der Studien werden die allgemeinen Kriterien, die zu einer Steigerung des Umsatzes führen können, ermittelt. Zur Bestimmung der wesentlichen Kriterien für die Umsatzwachstumsstrategie für strategische Allianzen in der Software Industrie wird als Methodik die Delphi-Studie verwendet. Die Delphi-Befragung ist eine Methode, um systematisch die Meinung von Experten zu einem bestimmten Untersuchungsgegenstand mithilfe von sorgfältig designten und wiederholten Fragebögen zu sammeln.10 Hierbei werden zuerst die Experten und anschließend das Design des Fragebogens vorgestellt. Abschließend wird basierend auf den Ergebnissen der Delphi-Befragung Handlungsempfehlungen für die Umsatzwachstumsstrategie für den Geschäftsbereich der Mobility Solution des Ingenieur- und Technologieunternehmens abgeleitet und ein Fazit aus wissenschaftlicher Sicht gezogen.

Theoretische Grundlagen von digitalen Services, strategischen Allianzen und strategischen Planungsinstrumenten

Strategische Allianzen haben in der Forschung in den letzten Jahren mehr an Bedeutung gewonnen.11 Ein Grund dafür kann der steigende Wettbewerbsdruck durch schwindende Barrieren sein.12 Deshalb müssen immer mehr Unternehmen Kooperationen bilden, um wettbewerbsfähig bleiben zu können.13 Um ein klares Verständnis für den Begriff strategische Allianz zu erhalten, werden verschiedene Definitionen betrachtet und anschließend abgegrenzt. Anschließend wird auf die Klassifizierung der strategischen Allianz eingegangen und die theoretischen Ansätze untersucht. Zum Schluss wird die ressourcenbasierte Perspektive der strategischen Allianz näher erläutert und die Besonderheiten in der Software-Industrie diskutiert.

2.1 Strategische Allianz

Definitorische Abgrenzung der strategischen Allianz

Bevor der Begriff strategische Allianz definitorisch abgegrenzt werden kann, ist es zunächst erforderlich Strategie zu konkretisieren. Al-Laham beschreibt die Unternehmensstrategie als „grundsätzliche, langfristige Verhaltensweise der Unternehmung und relevanter Teilbereiche gegenüber ihrer Umwelt zur Verwirklichung der langfristigen Ziele“.14 Es wird deutlich, dass Strategie eine systematische Bündelung von Maßnahmen zum Erreichen langfristiger Ziele ist. Ackermann hingegen bezeichnet Strategie als ein Ergebnis eines zufälligen und ungeplanten Prozesses.15 Es zeigt sich, dass in der Forschung zum Strategiebegriff Uneinigkeit herrscht. Al-Laham greift diese Dissonanz auf und kommt zu dem Entschluss, dass sich die systematische Planung und die ungeplante Entstehung von Strategien gegenseitig beeinflussen. Somit ist der Strategiebegriff also eine Kombination aus geplanten und ungeplanten Verhaltensweisen.16 Es lässt sich schlussfolgern, dass bei der Abgrenzung des Begriffs strategische Allianz der systematische Strategieentstehungsprozess und die ungeplante Entstehung von Kooperationsprojekten zu berücksichtigen sind. Auf Basis dieser Erkenntnis, können folgende Definitionen als Grundlage für die in dieser Arbeit diskutierter strategischer Allianz dienen:

Nach Eisenhart und Schoonhoven führen strategische Allianzen dazu, dass sie die strategische Position von Unternehmen auf wettbewerbsorientierten Märkten durch Bereitstellung von Ressourcen anderer Unternehmen verbessern, indem die Kosten und Risiken geteilt werden.17

Backhaus/Piltz definieren sie als „Koalitionen von zwei oder mehr selbstständigen Unternehmen […] die mit dem Ziel eingegangen werden, die individuellen Stärken in einzelnen Geschäftsfeldern zu vereinen.“18

Klassifizierung der strategischen Allianz

Es gibt strategische Allianzen in verschiedene Ausprägungen, Zielen und Größen. Um diese herauszuarbeiten, ist die Betrachtung der Klassifizierungen sinnvoll. Aus der wissenschaftlichen Literatur können drei Unterscheidungen für strategische Allianzen abgeleitet werden.19

Die erste Klassifizierung ist die „Activity domain based“. Es wird hierbei zwischen den Kernaktivitäten innerhalb der strategischen Allianz unterschieden. Wenn Unternehmen Bündnisse eingehen, können dabei Aktivitäten wie Marketing, Sales, F&E, Produktion oder Controlling im Mittelpunkt stehen.20

Die Klassifizierung „Partner characteristic based“ konzentriert sich auf die Merkmale der jeweiligen Organisationen, die innerhalb der strategischen Allianz miteinander arbeiten.21 Hierbei kann zwischen der horizontalen, der vertikalen und der diagonalen strategischen Allianz unterschieden werden.22 Bei der horizontalen strategischen Allianz werden Kooperationen auf gleicher Wertschöpfungsstufe gebildet. Werden Kooperationen aus unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen innerhalb der gleichen Industrie gebildet, wird diese als vertikal bezeichnet. Die diagonale strategische Allianz ist ein Verbund von industrieübergreifenden Unter­nehmen. Neben den verschiedenen Wertschöpfungsstufen können strategische Allianzen auch anhand der geografischen Lage unterschieden werden.23 Hierbei kann zwischen lokalen, inländischen, überregionalen und internationalen strategischen Allianzen unterschieden werden.24

Die letzte Klassifizierung ist die „Alliance structure based“. Sie beschreibt, wie die Beziehung zwischen den Kooperationspartner organisiert und geführt wird. Albers et al. fanden heraus, dass die vollständige informelle Beziehung, die formelle vertragliche Vereinbarung, das Abkommen mit Minderheitsbeteiligung bei Partnern und die gemeinschaftlich gegründete Kapitalgesellschaft wichtige Unterscheidungen sind. Entscheidend ist hierbei die Festlegung des Grades der gegenseitigen Abhängigkeit und des Grades der Formalisierung.

Theoretische Ansätze der strategischen Allianz

In den letzten Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass es eine Zunahme an Kooperationen zwischen Unternehmen gibt.25 Doch mit einer steigernden Anzahl an Partnerschaften, stieg auch die Misserfolgsrate strategischer Allianzen.26 Deshalb ist der Bedarf nach Erkenntnissen im Bereich strategische Allianzen nicht nur in der Forschung, sondern auch bei Unternehmen groß.27 Ireland hat deshalb in seiner Studie „Alliance Management as a Source of Competitive Advantage“ Kooperationsverbunde näher untersucht.28 Daraus haben sich unterschiedliche Theorien entwickelt. Im Folgenden wird nun auf die wichtigsten Theorien eingegangen.

Theoretische Ansätze der strategischen Allianz

Die Transkationskostentheorie basiert auf den Forschungen von Williamson. In seiner Arbeit geht er der Frage nach, „warum ein Teil der ökonomischen Leistungsbeziehung über den Preismechanismus im Markt zwischen unabhängigen Marktpartnern und ein anderer Teil über die interne Austauschbeziehung (Hierarchie) abgewickelt wurde“.29 Das Ziel der Transaktionskostentheorie ist, organisatorische Unterschiede über die damit verbundenen Transaktionskosten zu erklären. Sie kann damit als Entscheidungsunterstützung herangezogen werden. Die festgestellten Transaktionskostenunterschiede können helfen, vorteilhafte Organisationsformen ausfindig zu machen. Williamson argumentiert in seiner Arbeit, dass über strategischen Allianzen Transaktionen günstiger und effizienter abgewickelt werden können als über den Markt.30 Daraus können die Motivatoren abgeleitet werden, die z. B. bei der vertikalen Integration von Lieferanten angestrebt werden. Weitere Vorteile der Transaktionstheorie für strategische Allianzen zeigen Mellewigt und Decker. Sie fanden heraus, dass aus einer Abhängigkeit zu anderen Unternehmen eine größere Anstrengung resultiert, um mögliche vertragliche Risiken zu erkennen und Garantien in ihre Verträge aufzunehmen.31 Das bedeutet, dass die Transaktionstheorie die Risiken von strategischen Allianzen reduzieren kann.

Netzwerkbasierte Theorie

Die netzwerkbasierte Perspektive konzentriert sich auf die internen organisationalen Beziehungen zwischen den Kooperationsunternehmen. Mellewigt und Decker fanden dabei heraus, dass durch unternehmerische Beziehungen Unsicherheiten reduziert werden können.32 Es zeigt sich, dass diese Theorie die strukturelle Kooperation von Unternehmen in den Mittelpunkt stellt.33 Unternehmen mit starken Kooperationen bilden dabei mit einer höheren Wahrscheinlichkeit weitere Bündnisse.34 Aus starken strategischen Allianzen resultieren demzufolge weitere starke Kooperationen die den Unternehmen Sicherheit geben.

Ressourcenbasierte Theorie

Die ressourcenbasierte Theorie versucht zum einen Erkenntnisse über mögliche Maßnahmen zur Erfolgsmaximierung zu gewinnen. Zum anderen wird versucht, den Grund des Erfolgs eines Unternehmens zu erklären.35 Es wird untersucht, warum sich branchengleiche Unternehmen systematisch über die Zeit hinweg in ihrer Performance unterscheiden.36 Bei der ressourcenbasierten Theorie werden Unternehmen als die Summe von materiellen und immateriellen Ressourcen betrachtet.37 Dabei wird davon ausgegangen, dass die Märkte durch strategische Maßnahmen beeinflusst werden und sich gleichzeitig in ihrer Effizienz voneinander unterscheiden.38 Unternehmen versuchen mit bestimmten Maßnahmen langfristige Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Konkurrenten zu erzielen.39

Die Transaktionskostentheorie vernachlässigt persönliche und informelle Aspekte und konzentriert sich nur auf die größtmögliche Kostenreduzierung innerhalb des Unternehmens und nicht innerhalb einer Kooperation. Die netzwerkbasierte Theorie stellt zwar die Kooperation in den Mittelpunkt der Betrachtung, jedoch fokussiert sich diese Theorie ausschließlich auf die internen organisationalen Beziehungen zwischen den Unternehmen. Aufgrund dessen werden diese Theorien als nicht geeignet angesehen und werden im weiteren Verlauf der Arbeit nicht weiter untersucht. Der ressourcenbasierte Ansatz hingegen versucht Wettbewerbsvorteile nachhaltig zu gestalten, um langfristig ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu erzielen. Ahuja fand heraus, dass sich Unternehmen durch strategische Allianzen Ressourcen aneignen können, die für einen solchen Vorteil notwendig sind.40 Das Ziel ist es dabei mithilfe von Kooperationsverbunde Wettbewerbsvorteile zu sichern, um langfristig am Markt erfolgreich bestehen zu können.41 Die strategische Allianz wird nun ausführlich aus der ressourcenbasierten Perspektive untersucht, da auch das Unternehmen nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzielen möchte um seinen Umsatz zu steigern.

Ressourcenbasierte Betrachtung der strategischen Allianz

In den vorherigen Kapiteln wurde zum einen der Begriff strategische Allianz definitorisch abgegrenzt und zum anderen kategorisiert. Anschließend wurde ein Überblick zu den verschiedenen theoretischen Ansätzen gegeben. Nun wird die Betrachtung der strategischen Allianz aus der ressourcenbasierten Perspektive untersucht, da sie für die Umsatzwachstumsstrategie als sinnvoll gehalten wird. Zunächst werden die Grundlagen der ressourcenbasierten Betrachtung dargelegt und anschließend in Zusammenhang mit den Besonderheiten der strategischen Allianz in der Software-Industrie gebracht.

Jay Barney beeinflusste 1991 die ressourcenbasierte Theorie mit seiner Arbeit maßgeblich. Dabei trifft er zunächst zwei wesentliche Annahmen. Zum einen unterscheidet sich jedes Unternehmen hinsichtlich ihrer Ressourcenausstattung und zum anderen können diese Ressourcen nicht uneingeschränkt bewegt werden.42 Barney kommt dabei zu dem Entschluss, dass eine längerfristige Ressourcenheterogenität zwischen Unternehmen vorliegt.43 Auf Grundlage dieser Erkenntnis haben sich drei Konzepte zur ressourcenbasierten Perspektive entwickelt.

Das erste Konzept stellt die Ressource selbst in den Mittelpunkt der Betrachtung.44 Mit Ressourcen sind dabei Stärken oder Schwächen eines bestimmten Unternehmens gemeint.45 Sie können als materielle und immaterielle Vermögenswerte gesehen werden und umfassen das Anlagevermögen, Umlaufvermögen, Wissen, sowie die Fähigkeiten, Informationen oder organisatorischen Prozesse.46 Die Ressourcen werden eingesetzt, um eine Steigerung der Effektivität und Effizienz im Unternehmen zu erzielen.47 Zusammengefasst werden Unternehmen als Bündelung von Ressourcen angesehen.

Das zweite Konzept der ressourcenbasierten Betrachtung von strategischen Allianzen ist der Wettbewerbsvorteil. Dabei geht Barney davon aus, dass Unternehmen Strategien implementierten, die von keinem anderen Wettbewerber umgesetzt werden.48 Mit dieser wertschöpfenden Strategie können kurzfristig Wettbewerbsvorteile erzielt werden.

Das dritte Konzept ist der langfristige Wettbewerbsvorteil. Unternehmen entwickeln gewinnbringende Strategie, die sowohl momentan als auch in der Zukunft von keinem Wettbewerber kopiert werden können.49 Daraus resultiert ein langfristiger und nachhaltiger Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Eine solche Strategie kann qualitativ hochwertige Produkte/Services, gleichwertige Produkte/Services mit niedrigeren Kosten oder Produkte/Services von hoher Qualität und mit niedrigen Kosten umfassen.50

Barney hat diese drei Konzepte miteinander verbunden und auf dieser Grundlage das VRIO-Framework entwickelte. Hierbei werden bestimmte Bedingungen für Ressourcen in einem Unternehmen abgebildet. Die Bedingungen des VRIO-Frameworks lauten Valuable, Rare, Costly to Imitate und Organized Properly.51 Die folgende Abbildung zeigt das VRIO-Framework und seine Konsequenzen am Markt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das VRIO-Framework52

Ist die Ressource nicht wertvoll und nicht richtig organisiert, resultiert daraus ein Nachteil gegenüber der Konkurrenz. Ist die Ressource wertvoll aber nicht selten, liegt ein Unternehmen mit dem Wettbewerber auf gleicher Höhe. Wenn sie jedoch wertvoll und selten ist, kann ein kurzfristiger Wettbewerbsvorteil erzielt werden. Nur wenn die Ressource eines Unternehmens wertvoll, selten, schwer zu kopieren und gut organisiert ist, kann ein nachhaltiger und langfristiger Wettbewerbsvorteil generiert werden.

Um die ressourcenbasierte Betrachtung und die strategische Allianz miteinander zu verbinden, wurden aus der Literatur unterschiedliche Herangehensweisen herausgearbeitet. Eisenhart und Shoonhoven fanden heraus, dass kooperative Beziehungen von einer Logik strategischer Ressourcenbedürfnisse und sozialer Ressourcen getrieben werden.53 Dabei ist der Besitz von seltenen und wichtigen Ressourcen eine Grundvoraussetzung für die Entstehung von strategischen Allianzen.54 Das und Teng zeigen zudem, dass durch die Unvollkommenheit der Mobilität, Imitierbarkeit und Substituierbarkeit von Ressourcen der Zusammenschluss von Kooperationen gefördert wird.55 Es lässt sich daraus schließen, je unvollkommener die Ressourcen eines Unternehmens sind, desto höher ist die Bereitschaft eine Kooperation einzugehen. Demzufolge dienen aus der ressourcenbasierten Betrachtung strategische Allianzen dazu, Zugang zu wichtigen firmenfremden Ressourcen zu erhalten. Wenn ein Unternehmen also keine wettbewerbsfähigen Ressourcen besitzt, kann es mithilfe von Kooperationen diesen Mangel beheben. Welche diese wettbewerbsfähigen Ressourcen sein können, wird im Folgenden genauer betrachtet.

Eisenhardt und Schoonhoven fanden heraus, dass die wichtigsten wettbewerbsfähigen Ressourcen für Unternehmen neue Kompetenzen, neue Technologien, neue Märkte, Schaffung von Flexibilität oder das Reduzieren der Risiken sind.56 Dabei sind Unternehmen besonders an Ressourcen interessiert, die über einen längeren Zeitraum kostenintensiv oder gar nicht zu erwerben sind.57 Das Ziel ist es, einen nachhaltigen strategischen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.58 Nur wenige Unternehmen sind in der Lage, alle benötigten Ressourcen selbst zu beschaffen.59 Daraus lässt sich schließen, dass ein Unternehmen dann als Kooperationspartner attraktiv ist, wenn es Ressourcen zur Verfügung stellen kann, die für die Partner schwierig zu erstellen sind.60 Eine Partnerschaft kann auch zur Gewinnung neuer Erkenntnisse genutzt werden.61 In diesem Fall dient die strategische Allianz dazu, sich Wissen und Prozesse anzueignen.62 Zudem sind Kooperationen für Unternehmen entscheidend, die starke Konkurrenz, viele Wettbewerber, neue Märkte oder neue Technologien haben.63 Partnerschaften sind dabei in der Lage, eine starke Position am Markt zu festigen.64

Es lässt sich abschließend feststellen, dass Unternehmen wichtige Ressourcen besitzen müssen, um durch strategische Allianzen an wettbewerbsfähige Ressourcen zu gelangen. Folglich sind Unternehmen daran interessiert, mit anderen Unternehmen, welche über wertvolle Ressourcen verfügen, zu kooperieren. Das bedeutet, je mehr Ressourcen ein Unternehmen besitzt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass andere Unternehmen eine strategische Allianz bilden möchten.65

Besonderheiten von strategischen Allianzen in der Software-Industrie

Das globale Ingenieur- und Technologieunternehmen plant mithilfe von Partnern digitale Services am Markt zu vertreiben. Deshalb ist es wichtig, die Besonderheiten von strategischen Allianzen in der Software-Industrie herauszuarbeiten. Die Software-Industrie erlebt durch Technologien wie das Cloud Computing ein starkes Wachstum mit viel Potenzial.66 Es haben sich dabei über die Zeit die Service Modelle Software as a Service (SaaS), Platform as a Service (PaaS) und Infastructure as a Service (IaaS) entwickelt, auf die im Folgenden eingegangen wird.

1. Software as a Service (SaaS): Hierbei wird dem Kunden eine Software als gehostete Lösung angeboten. Die monatlich anfallende Gebühr umfassen neben der Softwarenutzung auch die Inbetriebnahme, Service und/oder Support. Auf die Applikation kann der Kunde mit unterschiedlichen Geräten über einen Webbrowser oder eine Programmschnittstelle zugreifen.
2. Platform as a Service (PaaS): Der Kunde hat hierbei die Möglichkeit eigene Anwendungen auf der Cloud Plattform des Unternehmens auszuführen. Er hat keinen direkten Zugriff auf die Plattform, sondern nur auf die von der Plattform unterstützenden Programmiersprachen, Datenbanken und die vom Anbieter bereitgestellten Verwaltungs- und Programmierwerkzeuge.67
3. Infrastructure as a Service (Iaas): Der Service beinhaltet die Bereitstellung einer IT-Infrastruktur durch einen Cloud Service Provider. Der Zugriff erfolgt über private oder öffentliche Netzwerke. Zu den Services die der Kunde erhält, gehören beispielsweise Server, Rechen- und Netzkapazitäten, Router, Speicherplatz sowie Systeme zur Archivierung und Sicherung von Daten.68

Unternehmen, die in der Software-Industrie agieren, konzentrieren sich im Gegensatz zu anderen Firmen auf die Entwicklung digitaler Services.69 Dabei werden strategische Allianzen gebildet, um technologisches Wissen, Prozessabläufe und Marketingstrategien miteinander zu teilen.70 Es können zudem Partnerschaften gebildet werden, um ergänzende Softwarekomponenten zu integrieren und weiterzuverkaufen.71 Das ist dann wichtig, wenn es um komplementäre Netzwerksysteme oder Komponenten geht. Hierbei werden unterschiedliche Ressourcen benötigt, die unabhängig von anderen Unternehmen entwickelt werden können. Jedes Unternehmen kann dabei eine Komponente der Technologie besitzen und zusammen entsteht ein weitaus wertvolleres Komplementärprodukt.72

Durch unterschiedliche Service Modelle ergeben sich neue Möglichkeiten für Unternehmen Kooperationen einzugehen. Es zeigt sich, dass strategische Allianzen aufgrund der steigenden Komplexität von Informationstechnologien wie das Cloud Computing immer wichtiger werden. Dabei können Unternehmen in der Software Industrie durch strategische Allianzen wertvolle Ressourcen generieren. Mithilfe dieser Ressourcen können langfristige Wettbewerbsvorteile geschaffen werden, die entscheidend für das erfolgreiche Bestehen am Markt sind.73

Digitale Services und der Geschäftsbereich Mobility Solution

In diesem Kapitel wird der Geschäftsbereich Mobility Solution und die dazugehörigen digitalen Services vorgestellt. Doch bevor der Geschäftsbereich vorgestellt werden kann, ist es wichtig digitale Service zu definieren, um ein einheitliches Verständnis zu erhalten. Da der digitale Service ein Unterbegriff der Dienstleistung ist, wird aus diesem Grund zuerst der Begriff Dienstleistung definiert und daraufhin die Abgrenzung von digitalen Services vorgenommen. Anschließend werden die Produkte und Services im Geschäftsbereich Mobility Solution vorgestellt und die Zielmärkte analysiert. Zum Schluss wird eine SWOT-Analyse durchgeführt, um die strategische Position des globalen Unternehmens zu bestimmen.

Begriffsdefinition der Dienstleistung und des digitalen Services

Aufgrund der Heterogenität ist eine genaue definitorische Abgrenzung des Begriffs Dienstleistung nicht möglich.74 Daher gibt es in der Forschung keine allgemeingültige Definition, sondern viele verschiedene Ansätze und Betrachtungen. Die Folgenden Definitionsansätze sind die bekanntesten:

1. Eine Dienstleistung wird durch enumerative Aufzählungen bestimmter Branchen definiert.75
2. Die Definition des Dienstleistungsbegriffs erfolgt über das Auflisten konstitutiver Merkmale der Dienstleistung und dem Vergleich mit Sachgütern.76
3. Sachleistungen und Dienstleistungen werden voneinander abgegrenzt.77

Da der erste Definitionsansatz keine eindeutigen und objektiven Abgrenzungskriterien aufzeigt, wird im Folgenden der Begriff Dienstleistung auf Basis der konstitutiven Merkmale und der daraus resultierenden Abgrenzung zur Sachleistung vorgenommen.

Aus der Literatur können folgende konstitutive Merkmale entnommen werden, die jede Dienstleistung besitzt.78

1. Immaterialität/Intangibilität: Dienstleistungen sind im Gegensatz zu Sachgütern nicht greifbar.79
2. Integration des externen Faktors: Eine Dienstleistung kann nur in Verbindung mit dem Kunden oder anderen externen Faktoren geleistet werden. Damit ist sie nicht nur vom Anbieter, sondern auch vom Empfänger abhängig.80
3. Uno actu Prinzip: Eine Sachleistung ist im Vergleich zur Dienstleistung konservierbar. Bei der Dienstleistung sind Leistungserstellung und Übergabe meist identisch.81
4. Fehlende Lagerfähigkeit: Die Dienstleistung kann nicht eingelagert werden.

Nach der Betrachtung der konstitutiven Merkmale können nun die Sachgüter von den Dienstleistungen abgegrenzt werden. Die folgende Abbildung zeigt eine Übersicht der wesentlichen Unterschiede.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die Unterschiede Sachgut/Dienstleistung82

Es zeigt sich, dass Dienstleistungen immateriell, vor dem Verkauf nicht zeig oder prüfbar, schwer erfassbar, nicht speicherbar und nicht transportierbar sind. Zudem ist der Käufer an der Leistungserstellung beteiligt und es entsteht kein Eigentumswechsel. In den letzten Jahren haben sich neben diesen klar abgrenzbaren Begrifflichkeiten noch weitere nicht eindeutig einzuordnende Leistungen gebildet. Sie sind eine komplexe Verbindung von Sachgütern und Dienstleistungen und werden auch Hybridleistungen genannt.83 Die folgende Abbildung zeigt die Hybridleistungen basierend auf dem Modell nach Tukker.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Das Hybridleistungsmodell nach Tukker84

Auf der linken Seite des Produkt-Service Systems sind die reinen Sachgüter eingeordnet. Je weiter man sich in der Abbildung nach rechts bewegt, desto größer wird der Serviceanteil. Auf der rechten Seite ist das reine Dienstleistungsprodukt abgebildet. Bei „Product-oriented“ sind die Sachgüter greifbar und werden zusammen mit unterschiedlichen Dienstleistungen angeboten. Stellt der Anbieter dem Kunden die Nutzung von Ressourcen zur Verfügung verhält er sich kundenorientiert. Bei „Result-oriented“ ersetzten die Dienstleistungen zunehmend die Sachgüter.

Nach der Abgrenzung des Dienstleistungsbegriffs durch die konstitutiven Merkmale und die daraus resultierende Abgrenzung zur Sachleistung können digitale Services der Kategorie Pure Service im hybriden Modell von Tukker zugeordnet werden. Es ist jedoch anzumerken, dass digitale Services im Gegensatz zu reinen Services weitere Komponenten enthalten.85 Im Folgenden wird deshalb Bruhns Definition als Grundlage für die in dieser Arbeit diskutierten digitalen Services verwendet. Bruhn definiert hierbei digitale Services als „selbständige, marktfähige Leistungen, die durch die Bereitstellung von elektronischen Leistungsfähigkeiten des Anbieters […] und durch die Integration eines externen Faktors mit Hilfe eines elektronischen Datenaustausches […] an den externen Faktoren auf eine nutzenstiftende Wirkung […] abzielt“.86

Der Geschäftsbereich Mobility Solution

In einer Zeit geprägt von steigendem Wettbewerbsdruck durch die Globalisierung rückt die Digitalisierung für viele Unternehmen in den Fokus der Betrachtung.87 Dabei haben sich die Märkte in den letzten Jahren durch die digitale Transformation verändert. Die Digitalisierung ermöglicht dabei neue IT- und Softwarelösungen anzubieten. Unternehmen wie Apple oder Google, die zu den wertvollsten Unternehmen der Welt gehören, zeigen wie wichtig digitale Services geworden sind.88 Um auch in der Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, hat sich das globale Ingenieur- und Technologieunternehmen dazu entschieden, digitale Services anzubieten. Deshalb wurde der Geschäftsbereich Mobility Solution gegründet. Ziel ist es, neue digitale Geschäftsfelder zu beschreiten und sich von der Konkurrenz abzusetzen. Der Verkauf von digitalen Services ist dabei nicht die Kernkompetenz des Unternehmens. Als weltweit größter Automobilzulieferer erwirtschaftet das Unternehmen den Großteil seines Umsatzes im Bereich Mobility Solution.89 Dieser setzt sich aus den Geschäftsbereichen Chassis System Control, Powertrain Solutions, Automotive Aftermarket und Electrical Drives zusammen. Zu Beginn war Mobility Solution ein Projekt, das dem Automotive Aftermarket zugeordnet war. Mittlerweile hat sich das 2015 begonnene Projekt jedoch als einen eigenständigen Geschäftsbereich etabliert. Es arbeiten ca. 150 Angestellte in elf verschiedenen Abteilungen an der Umsetzung einer Softwarelösung im Connected-Car und Flottenmanagement-Markt. Die folgende Abbildung zeigt die organisatorische Struktur des Geschäftsbereichs „Mobility Solution“.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Das Organigramm zur Mobility Solution

(Eigene Darstellung)

Die Abteilung Sales und Marketing ist für den Vertrieb, das Marketing, das Produktmanagement und die strategische Planung zuständig. In dieser Abteilung wird auch die Umsatzwachstumsstrategie für die zukünftigen Jahre entwickelt. In der Abteilung Connected Vehicle werden die Entwicklung der Hardware (sogenannten CCU), die Entwicklung der Applikationen, die Fahrzeugdiagnostik und das Managen des Systems vorgenommen. Diese Aufgaben werden auf die Stellen Platform, Automotive, Motion und Operations aufgeteilt. Die Connected Drivelog Abteilung entwickelt dabei eine weitere Hardware-Variante. Diese wird Dongle genannt und kann mithilfe von Plug-in Funktionalitäten bei unterschiedlichen Autos flexibel genutzt werden. Die Abteilung Service Oriented Architecture ist zuständig für die Software Architektur. Sie beschäftigen sich mit der Programmierung der Cloud Computing Lösungen und betreuen die Applikationen.

Das Produkt- und Serviceportfolio des Geschäftsbereichs Mobility Solution

Der Geschäftsbereich Mobility Solution bietet Produkte und Services zur Vernetzung des Automobils mit sogenannten Telematik-Einheiten an. Unter dem Begriff Telematik wird dabei eine mobile elektronische Dienstleistung im Fahrzeug verstanden.90 Die Telematik-Einheit von des Unternehmens ist eine Hardware, die nachträglich in das Auto eingebaut werden kann. Mit ihrer Hilfe können fahrzeugspezifische Daten wie GPS, Kilometerstand oder der Tankfüllstand ausgelesen werden. Die folgende Abbildung zeigt das Hardware-Produktportfolio des Geschäftsbereichs Mobility Solution.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Telematik Hardware Portfolio der Mobility Solution91

Über die standardisierte OBD-2 Schnittstelle kann die Telematik-Einheit mit dem Fahrzeug verbunden werden. Diese Schnittstelle wird üblicherweise von Mechanikern und Werkstätten genutzt, um Fehlermeldungen auszulesen und Fahrzeuganalysen durchzuführen. Das Unternehmen nutzt die OBD-2 Schnittstelle, um mithilfe der Telematik Daten in die IoT Cloud zu senden. Alle Telematik-Einheiten, außer der Vehicle Link 5100, können die Daten über das Mobiltelefon via Bluetooth in die Cloud senden. Der Link 5100 benötigt kein Handy, da er über eine eigens integrierte SIM-Karte verfügt, die sowohl Daten versenden als auch kurzfristig speichern kann.

Durch die Telematik-Einheiten können Daten transferiert und gesammelt werden. Der eigentliche Mehrwehrt ist jedoch die Aufbereitung, Analyse und Veredelung des Datensatzes. Die folgende Abbildung zeigt das Serviceportfolio der Mobility Solution.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Das Serviceportfolio der Mobility Solution

(Eigene Darstellung)

Das Serviceportfolio besteht aus unterschiedlichen digitalen Services, die auch Microservices genannt werden. Diese sind vom Kunden weiterverarbeitete Daten aus der IoT Cloud. Es können zum einen Fahrzeugdaten ausgelesen werden, um den Fahrzeugstatus, den Kilometerstand, den Batteriestatus oder den anfallenden KFZ Service anzeigen zu lassen. Zum anderen können über GPS-Ortungen Microservices wie Fahrzeugortung, Flotten-Tracking und Geo-Fencing angeboten werden. Zudem können der Kraftstoffverbrauch und der Fahrer-Score bestimmt werden. Dies wird auch von Versicherungen verwendet, um bei riskanten Fahrern die Versicherungskosten anzuheben, da bei ihnen ein erhöhtes Unfallrisiko besteht. Flottenmanager können effizienter arbeiten, da das Fahrtenbuch und das Reporting mithilfe der Applikation vollautomatisch abgewickelt werden kann. Auch durch Services wie Unfallaufzeichnung, Unfallmeldung, Notfallbenachrichtigung und Pannenhilfe kann die Sicherheit der Fahrer erhöht werden. Die Kunden können zudem über die Applikation Tankstellen und Werkstätten einfacher finden. Die digitalen Services können über ein Online-Portal, der Smartphone App, der Homepage oder dem Software Development Kit genutzt werden. Ziel der Services ist es dabei, dass der Flottenmanager seine Fahrzeugflotten effektiver und effizienter managen kann. Die Zielkunden des Geschäftsbereichs Mobility Solution sind Unternehmen mit kleinen bis mittelgroßen Fahrzeugflotten. Das Unternehmen hat sich hierbei auf Fuhrpark, Leasing und Versicherungsfirmen fokussiert.

Die Aufgabe des Bereichs Mobility Solution besteht darin, Telematik Einheiten und digitale Services zu verbinden und ein Service Modell zu erstellen. Das Unternehmen hat sich dabei für eine Kombination aus Software as a Service (SaaS), Infrastruktur as a Service (Iaas) und Plattform as a Service (Paas) entschieden, welche in Kapitel 2.1.5 (Besonderheiten von strategischen Allianzen in der Software Industrie) vorgestellt wurden. Die folgende Abbildung zeigt alle Komponenten des Servicemodells im Zusammenspiel.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Zusammenspiel der Komponenten92

Zuerst wird die Telematik-Einheit in das Fahrzeug des Kunden verbaut. Anschließend können Daten über die Hardware in die Cloud übertragen werden. Die Daten werden in der IoT Cloud gesammelt, ausgewertet und veredelt. Daraus resultieren die unterschiedlichen Microservices die dem Kunden auf seiner Applikation angezeigt werden. Je nach Kundenwunsch können neben dem SaaS Service Modell auch das Infrastructure as a Service (IaaS) und das Platform as a Service (PaaS) angeboten werden. Möchte ein Kunde Iaas, können Microservices auf deren Cloud implementiert und dort betrieben werden. Bei PaaS werden Fahrzeugdaten über die IoT Cloud von anderen Unternehmen genutzt um eigenen Microservices anzubieten.

[...]


1 Vgl. Abbott (2003), S. 33.

2 Vgl. Weber et al. (2013).

3 Vgl. Morre (2007), S. 12ff.

4 Vgl. Kotler et al. (2006), S. 11.

5 Vgl. Shaw/Merrick (2005), S. 35.

6 Vgl. Hanssens et al. (2002), S. 423; Morre (2007), S. 12; Gray/Hayes (2007).

7 Vgl. Hanssens et al. (2002), S. 425.

8 Vgl. Morre (2007), S.13; Dignan (2006), S. 40.

9 Vgl. McElroys (2005), S. 21.

10 Vgl. Murry/James (1995), S. 423 ff.

11 Vgl. Abers et al. (2016), S. 582.

12 Vgl. Abbott (2003), S. 33 ff.

13 Vgl. Gomes et al. (2010); Lavie (2007).

14 Al-Laham (1997), S. 9.

15 Vgl. Ackermann et al. (2011), S. 23.

16 Vgl. Al-Laham (1997), S. 23.

17 Vgl. Eisenhardt/Schoonhoven. (1996), S. 136 ff.

18 Backhaus/Piltz (1990), S. 24.

19 Vgl. Albers et al.(2016), S. 590.

20 Vgl. Albers et al.(2016), S. 593 f.

21 Vgl. Hagedoorn (1993), S. 376.

22 Vgl. Baum et al. (2000), S. 271 ff.

23 Vgl. Albers et al. (2016), S. 610.

24 Vgl. Sorenson/Stuart (2001), S. 1547 ff.

25 Vgl. Albers et al. (2016), S. 613 f.

26 Vgl. Gomes et al. (2010), S. 27.

27 Vgl. Gomes et al. (2010); Lavie (2007).

28 Vgl. Ireland et al. (2002), S. 415 ff.

29 Jarillo (1988), S. 31.

30 Vgl. Williamson (1979), S. 233 ff.

31 Vgl. Mellewigt/Decker (2014), S. 71.

32 Vgl. Mellewigt/Decker (2014), S. 84.

33 Vgl. Mellewigt/Decker (2014), S. 94 ff.

34 Vgl. Gulati (2007), S. 293 ff.

35 Vgl. Freiling (2001), S. 5.

36 Vgl. Hoopes et al. (2003), S. 889.

37 Vgl. Padberg (2000), S. 79.

38 Vgl. Rumelt et al. (1994), S. 132.

39 Vgl. Padberg (2000), S. 79 f.

40 Vgl. Ahuja (2000), S. 317 ff.

41 Vgl. Wu et al. (2009), S. 4646.

42 Vgl. Barney (1991), S. 99.

43 Vgl. Barney (1991), S. 100.

44 Vgl. Barney (1991), S. 99 ff.

45 Vgl. Wernerfelt (1984), S. 172.

46 Vgl. Barney (1991), S. 102 ff.

47 Vgl. Daft et al. (2012).

48 Vgl. Barney (1991), S. 114 f.

49 Vgl. Barney (1991), S. 116.

50 Vgl. Lambe et al. (2002), S. 141 ff.

51 Vgl. Barney (2012), S. 61.

52 Vgl. Barney (2012), S. 46.

53 Vgl. Eisenhardt/Shoonhoven (1996), S. 136 ff.

54 Vgl. Das/Teng (2000), S. 31 ff.

55 Vgl. Das/Teng (2000), S. 44 ff.

56 Vgl. Eisenhardt/ Schoonhoven (1996), S. 137.

57 Vgl. Eisenhardt/Schoonhoven (1996), S. 140.

58 Vgl. Lambe et al. (2002), S. 160 ff.

59 Vgl. Ahuja (2000), S. 317.

60 Vgl. Ahuja (2000), S. 318f.

61 Vgl. Beckman et al. (2004), S. 259 ff.

62 Vgl. Beckman et al. (2004), S. 275.

63 Vgl. Eisenhardt/Schoonhoven (1996), S. 136 ff.

64 Vgl. Eisenhardt/Schoonhoven (1996), S. 150.

65 Vgl. Ahuja (2000), S. 317.

66 Vgl. Statista (2018a).

67 Vgl . Baun et al. (2010), S. 68.

68 Vgl. Mell/Grance (2011), S. 2.

69 Vgl. Lavie (2007), S. 1187 ff.

70 Vgl. Rao/Klein (1994), S. 29 ff.

71 Vgl. Lavie (2007), S. 1199 ff.

72 Vgl. Gao/Lyer (2009), S. 280.

73 Vgl. Lavie (2007).

74 Vgl. Quartapelle/Larsen (1996), S. 3 f.

75 Vgl. Bieberstein (2006), S. 26 f.

76 Vgl. Gouthier (2003), S. 14 f.

77 Vgl. Göbl (2003), S. 7.

78 Vgl. Haller (2017), S. 7.

79 Vgl. Woratschek (1998), S. 262.

80 Vgl. Corsten (2001), S. 22.

81 Vgl. Büssing (2003), S. 132.

82 Vgl. Haller (2012), S. 21f.

83 Vgl. Haller (2012), S. 19.

84 Vgl. Tukker (2004), S. 267.

85 Vgl. Tukker (2004), S. 246 ff.

86 Bruhn (2002), S.6.

87 Vgl. Håkansson (1987), S. 10.

88 Vgl. Statista (2018b).

89 Vgl. Anonym

90 Vgl. Müller-Bagehl (2004), S. 1.

91 Anonym

92 Anonym

Ende der Leseprobe aus 107 Seiten

Details

Titel
Digitale Transformation im Bereich Mobility Solution. Kriterien einer erfolgreichen Umsatzwachstumsstrategie
Autor
Jahr
2020
Seiten
107
Katalognummer
V499703
ISBN (eBook)
9783960957867
ISBN (Buch)
9783960957874
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bwl, marketing, umsatzwachstumsstrategie, marketingstrategie, Umsatz, Wachstum, Marketing-Mix, digitale Services, strategische Allianz
Arbeit zitieren
Robin Anderer (Autor:in), 2020, Digitale Transformation im Bereich Mobility Solution. Kriterien einer erfolgreichen Umsatzwachstumsstrategie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/499703

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