Am 22. Juli 2005 hat die Europäische Kommission (KOM) den dritten Vorschlag (KOM[2005] 319 endgültig) für eine Marktöffnungsverordnung vorgelegt. Dieser sieht die Änderung der geltenden Verordnung (EWG) 1191/69 neue Fassung (n.F.), die bislang den Wettbewerb im ÖPNV regelt, vor.
Auf Einzelheiten des Vorschlags der Kommission wird später noch einzugehen sein. Im Kern verfolgt sie jedoch damit wettbewerbspolitische Ziele. Die KOM ist der Auffassung, dass allein der „regulierte Wettbewerb“ zu mehr Qualität und somit zu einer höheren Auslastung der ÖPNV-Systeme und zu geringeren Kosten für die Allgemeinheit führe. Deshalb müsse europaweit ein einheitliches System geschaffen werden, indem eine zuständige Behörde auf der Grundlage eines offenen und transparenten Vergabeverfahren einem Betreiber ein ausschließliches Recht für einen festgelegten Zeitraum gewährt (vgl. KOM [2005] 319 endgültig, S. 8 und S. 14).
Im kommunalen ÖPNV bietet die von der EU angestrebte Einführung des kontrollierten Wettbewerbs einerseits sicher ein notwendiges und wirksames Mittel zur Kostenreduktion uns somit Basis für die Dauerhafte Sicherstellung der Finanzierbarkeit des ÖPNV bei gleichzeitiger Sicherstellung eines hohen Qualitätsstandards. Die Verordnung bedeutet aber auch neue Anforderungen an die Handlungsträger im ÖPNV-Bereich. Sie wird zu einer grundlegenden Änderung des in Deutschland geltenden rechtlichen, inhaltlichen und finanziellen Rahmens des Genehmigungsrechts beim ÖPNV und bei der Aufgabenträgerschaft führen. Fraglich ist zum einerseits wie weit diese Veränderungen reichen und ob das von der EU angestrebte Ziel – Qualitätssteigerung und Kostensenkung – aus Sicht der Aufgabenträger erreicht werden kann. Andererseits stellt sich die Frage inwieweit der derzeitige deutsche Rechtsrahmen mit dem EU-Vorschlag kompatibel ist.
Vor diesem Hintergrund zeigt die vorliegende Arbeit zunächst den Status quo und die Auswirkungen eines neuen EU-Rechtsrahmens auf das deutsche ÖPNV-Recht auf. Darauf aufbauend werden, im zweiten Teil der Arbeit, die neuen Aufgaben und zusätzlichen Verpflichtungen für die kommunalen Aufgabenträger und die (finanziellen) Konsequenzen daraus dargestellt, um im letzten Teil zu einer abschließenden Bewertung zu kommen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Ausgangssituation
- 2.1. Aufgaben und Verpflichtungen der Aufgabenträger in der derzeitigen Rechtslage
- 2.2 Nahverkehrspläne
- 3. Das neue EU-Recht
- 4. Zukünftige Aufgaben und Verpflichtungen der Aufgabenträger
- 4.1. Erweiterte planerische Aufgaben
- 4.2 Abgrenzung der Verantwortlichkeiten
- 4.3 Bereitstellung der Infrastruktur
- 5. Finanzielle Konsequenzen des Wettbewerbs
- 6. Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Auswirkungen der geplanten Marktöffnung im ÖPNV auf die Aufgaben und Verpflichtungen der kommunalen Aufgabenträger in Deutschland. Im Mittelpunkt steht die Analyse der neuen EU-Verordnung und ihrer Auswirkungen auf das deutsche Rechts- und Finanzierungsgefüge.
- Die Entwicklung der Rechtslage im ÖPNV
- Die neuen Anforderungen an die Aufgabenträger
- Die Auswirkungen auf die Finanzierung des ÖPNV
- Die Rolle des Wettbewerbs im ÖPNV
- Die Herausforderungen für die kommunale Aufgabenträgerschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Kapitel wird die Einleitung in das Thema „Marktöffnung und Wettbewerb im ÖPNV“ gegeben. Es wird der Hintergrund der EU-Verordnung und ihre Zielsetzung erläutert. Das zweite Kapitel beleuchtet die Aufgaben und Verpflichtungen der Aufgabenträger im ÖPNV im aktuellen Rechtsrahmen. Die Nahverkehrspläne als Instrument der Planung und Finanzierung werden vorgestellt. Das dritte Kapitel behandelt das neue EU-Recht und seine Auswirkungen auf die Rechtslage im ÖPNV. Im vierten Kapitel werden die zukünftigen Aufgaben und Verpflichtungen der Aufgabenträger im Lichte der EU-Verordnung betrachtet. Es werden die erweiterten planerischen Aufgaben, die Abgrenzung der Verantwortlichkeiten und die Bereitstellung der Infrastruktur näher beleuchtet. Der fünfte Kapitel analysiert die finanziellen Konsequenzen des Wettbewerbs im ÖPNV.
Schlüsselwörter
Marktöffnung, Wettbewerb, ÖPNV, Aufgabenträger, EU-Recht, Nahverkehrspläne, Finanzierung, Deutschland, Gemeinwirtschaftliche Verkehre, Regionalisierung.
- Quote paper
- Michael Wodke (Author), 2005, Marktöffnung und Wettbewerb - Der ÖPNV im Wandel. Überlegungen zur Zukunft der kommunalen Aufgabenträger im ÖPNV, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49979