Überlebensstrategien im Shantytown "Cerrada del Cóndor". Marginalisierung in Mexiko-City Mitte des 20. Jahrhunderts


Dossier / Travail, 2016

14 Pages


Extrait


Inhalt

1. Einleitung

2. Larissa Adler Lomnitz

3. Thema und Zentrale Thesen der Studie

4. Geschichte

5. Cerrada del Cóndor

6. Überlebensstrategien
6.1 Zukunftsfürsorge5
6.2 Kinder als wirtschaftliche Größe
6.3 Reziprozität
6.4 Compadrazgo
6.5 Müll als Wertstoff

7. Schlusswort

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Ein Leben in einer kleinen, einfachen Hütte. Finanzielle Absicherung ist eine Seltenheit. Zudem ist es ein Leben ohne fließendes Wasser.

So ist es vielen Menschen in der Mitte des letzten Jahrhunderts in Lateinamerika ergangen. Doch wie sieht so ein Leben aus? Und wie ist ein Überleben in einer solchen Situation möglich? Um diese Frage zu beantworten möchte ich mich in dieser Hausarbeit mit den Überlebensstrategien von marginalisierten Bevölkerungsgruppen befassen. Insbesondere gehe ich auf die Situation in „Cerrada del Cóndor“ in Mexico-City in den Jahren 1969 bis 1971 ein. In diesen Jahren führte Larissa Adler Lomnitz eine Feldforschung durch, dessen Thema das Leben in einem solch urbanen, marginalisierten Großstadtrand war. Diese Forschung fasste sie in ihrem Werk „Networks and Marginality: Life in a Mexican Shantytown“ zusammen. Zunächst möchte ich kurz Larissa Adler Lomnitz und ihre Forschung vorstellen. Dann gehe ich auf den geschichtlichen Kontext in Bezug auf die Industrialisierung Mexico-Citys ein um die Entstehung Cerrada del Cóndors zu beschreiben. Anschließend beschreibe ich die Gegebenheiten in diesem Teil Mexico- Citys um die Lebenssituation der Bewohner herauszustellen. Danach erläutere ich die Strategien und Alltagspraktiken der Bewohner, die sie benötigen um zu Überleben. Meine Arbeit endet in einem Schlusswort, in dem ich eine kleine Kontextualisierung der Studie zu der Situation Lateinamerikas, sowie eine kleine Prognose in Bezug auf die Zukunft der Marginalisierung in Lateinamerika gebe.

2. Larissa Adler Lomnitz

Larissa Adler Lomnitz, gebürtig Milstein, ist eine im Jahre 1932 in Paris geborene Sozialanthropologin. Kurz nach ihrer Geburt zog ihre Familie nach Kolumbien. 1950 heiratete sie den 1925 geborenen, deutschen Geophysiker Cinna Lomnitz Aaronfrau, der erst an der Univerity of Chile und dann an der Harvard University studierte. Larissa Adler Lomnitz lebte mit Cinna Lomnitz in Chile und in den Vereinigten Staaten wo sie ihren Abschluss in Sozialanthropologie an der University of California machte und mit dem Studentenehrentitel ausgezeichnet wurde. 1974 erhielt sie an der UIA in Mexico City den Doktortitel in Sozialanthropologie. Ihre Studienschwerpunkte beziehen sich größtenteils auf Migration und Lateinamerika. So veröffentlichte sie unter anderem „Reciprocity of Favors in the Middle Class of Chile” (1971) und “ A Mexican Elite Family, 1820- 1980” (1988). Sie ist Mitglied in mehreren Gesellschaften und Akademien (zum Beispiel der mexikanischen Gesellschaft für Anthropologie, der Gesellschaft für Anthropologie und Stadtökonomik und der Akademie der wissenschaftlichen Forschung) und war Präsidentin der Gesellschaft für lateinamerikanische Anthropologie. (Peña, 2007)

3. Thema und Zentrale Thesen der Studie

In „Networks and Marginality: Life in a Mexican Shantytown“ beschreibt Lomnitz den Slum – im Folgenden auch Shantytown genannt – „Cerrada del Condór“, in dem sie selbst zwei Jahre lang Feldforschung betrieb. Mithilfe von qualitativen und quantitativen Forschungen beschreibt sie das tägliche Leben der Bewohner. Sie geht auf das Wachstum Mexikos, somit auf die Urbanisierung Mexico-Citys ein und gibt damit dem Leser einen guten Überblick über den Rahmen ihrer Forschung. Aus einer ökologischen Sicht versucht sie die Migration von Land zu Stadt und dessen ökonomische Auswirkungen zu beschreiben. Insbesondere zeigt sie in ihrer Arbeit die ökonomischen Gegebenheiten innerhalb des Shantytowns. So kategorisiert sie die Bewohner nach deren Einkommen, führte während ihrer Feldforschung Buch über diejenigen, die über einen zweiten Job verfügten und prozentuierte dies. Das Hauptaugenmerk ihrer Forschung liegt allerdings bei den familiären, sozialen Netzwerken innerhalb des Shantytowns. Sie erklärt, wie Familien untereinander agieren und versuchen sich gegenseitig zu helfen. Dies fasst sie unter dem Begriff der Reziprozität zusammen, auf dessen Definition ich im Laufe dieser Arbeit noch eingehen werde.

4. Geschichte

Die Geschichte Lateinamerikas ist geprägt durch die Kolonialisierung von europäischen Ländern. So auch in Mexiko und ebenso in Mexico-City. Jedoch möchte ich nicht auf die gesamte Geschichte Mexico-Citys eingehen, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Allerdings möchte ich kurz die Zeit der Industrialisierung und dessen Effekt auf die Stadt beschreiben, da dies die Entstehung des Shantytowns Cerrada del Cóndor erklärt.

Nach der Kolonialherrschaft gab es immer wieder große Umbrüche in den Sozialstrukturen Lateinamerikas. In der jüngeren Vergangenheit war einer dieser Umbrüche in Zeiten des voranschreitenden Kapitalismus. Dieser setzte nach dem Ende des zweiten Weltkriegs ein, als Südamerika als Investitionsland für expandierende Unternehmen interessant wurde. Schon vor dieser Zeit hatte Mexico-City mit einem enormen Bevölkerungswachstum zu kämpfen. So verdoppelte sich die Einwohnerzahl der Stadt zwischen 1950 und 1960 von 2,88 Millionen zu 5,01 Millionen Einwohnern. 1970 lebten schon 8,77 Millionen Menschen in Mexico-City. (Ernst, 2006) Die Bewohnerzahl zwischen 1950 und 1970 verdreifachte sich demnach.

Als die Industrialisierung und somit auch die Modernisierung Mexico Citys voranschritten, wurde das Bevölkerungswachstum zu einem strukturellen Problem der Stadt. Die Migration von den ländlichen Gebieten Mexikos in das urbane Mexico-City versprach den Menschen ein höheres Einkommen und ein besseres Leben. Dies hatte allerdings zur Folge, dass es zu einer enormen physischen Ausdehnung der Stadt kam. An den Stadträndern bildeten sich Slums und die ohnehin heikle Situation wurde dank mangelnder Infrastruktur schwieriger. Die Menschen dieser Slums lebten meist ohne Strom und fließend Wasser. So auch in dem Randgebiet Mexico Citys, in dem Lomnitz geforscht hatte.

5. Cerrada del Cóndor

Das Shantytown „Cerrada del Cóndor“ ist einer dieser marginalisierten Teile der Stadt Mexico City. Er bestand zwischen 1969 und 1971 aus etwa 200 provisorisch gebauten Unterkünften, die am Stadtrand Mexico Citys einen eigenen, kleinen Stadtteil bildeten. Laut der Studie von Lomnitz wies die Population von Cerrada del Cóndor 70% Migrantenanteil auf. Diese waren im Zuge der Industrialisierung aus der ländlichen Umgebung nach Mexico City gekommen um Arbeit zu finden. Der Großteil der restlichen 30% waren in Mexico City geboren oder hatten Elternteile mit Migrationshintergrund. (Lomnitz, 1977 S.2) Diese Randbezirke der Stadt wuchsen stetig. Später, in den frühen 1980er Jahren sollten etwa fünfundfünfzig Prozent der Bewohner Mexico Citys in Marginalsiedlungen leben. (Kersting, 1996 S.32) Norbert Kersting beschreibt Marginalsiedlungen als einen unkonventionellen Wohnraum. Sie weisen eine mangelnde Bausubstanz, eine hohe Wohndichte, eine fehlende öffentliche Infrastruktur und eine mangelnde Wohnstruktur auf. (Kersting, 1996 S.29) Dies traf auch für Cerrada del Cóndor zu. Die Bewohner Cerrada del Cóndors besaßen nicht viel. Ihre Hütten waren aus den einfachsten Materialien gebaut und ein geregeltes Einkommen konnten sie nur selten aufweisen. Lomnitz kategorisierte die Bewohner des Shantytowns hinsichtlich ihres Einkommens. Level A hat im Monat etwa 1200 Pesos (umgerechnet etwa 98 USD), während Level D unter 600 Pesos im Monat verdient hat. (Lomnitz, 1977 S.84) Etwa 43 % der Bewohner des Shantytowns haben nie eine Schule besucht. (Lomnitz, 1977 S.51) Dies ist einer der Gründe weshalb die Menschen, die Cerrada del Cóndor bewohnten, entweder „unskilled“ (60%) waren oder in „commercial and service occupations“ (30%) arbeiteten. Nur ein geringer Teil von zehn Prozent war in der Industrie eingestellt. (Lomnitz, 1977 S.64) Diese relative Armut führte zur Dependenz der Bewohner Cerrada del Cóndors zu Mexico City, da sie nur dort das nötige Geld verdienen konnten um sich ihr Überleben zu sichern. Zudem führte dies zu einer besonderen Situation der Bewohner, da sie keine Attribute für eine gesicherte Zukunft aufweisen konnten. Kaum einer war in der Lage zu behaupten er habe einen sicheren Arbeitsplatz, soziale Sicherheit und ein geregeltes Einkommen. (Lomnitz, 1977 S.2) Dies waren einige Gründe weshalb sich unter den Bewohnern besondere Überlebensstrategien etablierten.

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Résumé des informations

Titre
Überlebensstrategien im Shantytown "Cerrada del Cóndor". Marginalisierung in Mexiko-City Mitte des 20. Jahrhunderts
Université
University of Bremen
Auteur
Année
2016
Pages
14
N° de catalogue
V501257
ISBN (ebook)
9783346044303
ISBN (Livre)
9783346044310
Langue
allemand
Mots clés
überlebensstrategien, shantytown, cerrada, cóndor, marginalisierung, mexiko-city, mitte, jahrhunderts
Citation du texte
Marcel Prigge (Auteur), 2016, Überlebensstrategien im Shantytown "Cerrada del Cóndor". Marginalisierung in Mexiko-City Mitte des 20. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501257

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