Die Lehrerrolle im konventionellen und offenen Unterricht

Inwiefern unterscheiden sich beide Rollen?


Hausarbeit, 2017

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Hauptteil

Schlussteil

Literaturverzeichnis

Einleitung

In der vorliegenden Hausarbeit werde ich mit der Lehrerrolle im konventionellen Unterricht und mit der Rolle des Lehrers im offenen Unterricht auseinandersetzen. Die daraus resultierende Fragestellung: „Inwiefern unterscheidet sich die Lehrerrolle im konventionellen Unterricht von der Lehrerrolle im offenen Unterricht?“ Lege ich als Leitfrage meiner schriftlichen Arbeit fest. Diese Frage gilt es im Verlauf meiner Hausarbeit, mithilfe von aussagekräftigen Argumenten, zu diskutieren und letztendlich zu beantworten. Das Konzept des offenen Unterrichts und das des konventionellen Unterrichts stehen sich antagonistisch gegenüber. Welches Konzept sich als erfolgreicher in Hinsicht auf Erwerb von Einsichten, Kompetenzen und Einstellungen herausstellt, ist Bestandteil aktueller Diskussionen und ebenso Gegenstand verschiedener empirischer Studien. Aus diesem und aus dem Grund, dass mein Interesse an der maßgeblichen Veränderung der Lehrerrolle hinsichtlich der Unterrichtsform geweckt wurde, mache ich dieses Thema zum Gegenstand meiner schriftlichen Leistung. Meine Persönliche Motivation ist es, die Kontraste der Lehrerrolle aufzuzeigen und sie in den Kontext der jeweiligen Unterrichtsform ein zuordnen. Um den Verlauf meiner Argumentation besser folgen zu können gliedere ich meine Arbeit in drei Abschnitte mit den Überschriften: Einleitung, Hauptteil und Schlussteil. Nachdem ich in der Einleitung das Thema vorgestellt habe werde ich mich im Hauptteil auf die Bearbeitung der Fragestellung, mittels fachgebundener Literatur, fokussieren. Dabei stelle ich zunächst beide Unterrichtsformen vor, definiere nachfolgend den Begriff der Lehrerrolle im Allgemeinen und widme mich letztendlich der Lehrerrollen in den zu Grunde liegenden Unterrichtskonzepten. Darüber hinaus zeige ich die Unterschiede und die Übereinstimmungen auf und setzte mich mit den Herausforderungen die ein Lehrer bewältigen muss auseinander. Der Schlussteil beinhaltet das Zusammenführen der Argumentationslinien und die begründete Antwort auf die Fragestellung, welche sich auf die Thesen und Analysen stützt und meine eigene Position widerspiegelt. Nicht Ziel dieser Arbeit, ist die banale Reproduktion beider Unterrichtsformen vor dem Hintergrund der Lehrerrolle, sondern Ziel ist es einen aufschlussreichen Überblick zu geben, inwiefern die jeweiligen Lehrerrollen sich voneinander unterscheiden und wieso diese Unterscheidung zwingend mit der Unterrichtsform in Verknüpfung steht.

Hauptteil

Um meiner Beantwortung der Leitfrage nachzugehen beziehe ich mich zunächst auf das Konzept des konventionellen Unterrichts. Der konventionelle Unterricht wird heutzutage nach wie vor in deutschen Schulen dominierend praktiziert und beinhaltet Sozialformen, die vor der Bildungsreform in den 70er Jahren, die Grundbestandteile des Unterrichts darstellten. Darunter zählen der Frontalunterricht, die Gruppenarbeit, die Einzelarbeit, die Partnerarbeit und das Unterrichtsgespräch (vgl. Riedl, 2004, S. 116). Dabei hat die Sozialform Frontalunterricht an deutschen Schulen Vorrang gegenüber anderen Unterrichtsarrangements (vgl. Jürgens, 2000, Vorwort). Im Frontalunterricht steht die Lehrkraft aktiv im Mittelpunkt des Lehr-Lern-Geschehens und vermittelt Informationen verbal an die Schüler. Der Sprechanteil der Lehrkraft ist dementsprechend um einiges höher als der der Lernenden. Sie wiederum nehmen vorwiegend eine passive und rezeptive Rolle ein. Ziel des Frontalunterrichts ist zum einen die Kenntnisvermittlung und zum anderen die Entwicklung von Einsichten und Erkenntnissen. Um den Lernerfolg für den Unterricht zu garantieren setzt der Frontalunterricht die Aufnahmebereitschaft der Schüler voraus und ist auf dessen Motivation und Mitarbeit angewiesen. Ein Vorteil des Frontalunterrichts ist es, dass die Inhalte fachlich korrekt und zügig von der Lehrkraft dargestellt werden können. Infolgedessen wird es vermieden, dass die Schüler fehlerhafte Kenntnisse aufnehmen und verinnerlichen. Außerdem ist die Sozialform gut geeignet für die Sicherung von Arbeitsergebnissen und bietet den Schülern einen Raum zur Leistungsüberprüfung. Festgelegte Lernziele können innerhalb kürzester Zeit erreicht werden, weil eine Beeinflussung des Unterrichtsverlaufs, von Seiten der Lernenden, nur gering stattfindet und der Lehrplan konsequent eingehalten werden kann (vgl. Riedl, 2004, S. 117-118). An dieser Stelle zitiere ich den Autor Alfred Riedl: „Durch die geradlinige und sich in einzelnen Lernschritten wiederholende Vorgehensweise kann ein solcher Unterricht sowohl für Lehrende als auch Lernende entlastend wirken.“ (ebd. S. 117). Dieses Zitat belegt, dass sowohl Lehrer als auch Schüler von dieser Unterrichtsform profitieren können. Doch trotz der vielen Vorteile verbirgt der Frontalunterricht auch Schwächen. Das Lernen vollzieht sich rezeptiv und auf Vorrat ohne jeglichen Anwendungsbezug. Des Weiteren verläuft der Unterricht konstant auf einem einheitlichen Niveau, was dazu führen kann, dass Ein- zelne Schüler eine Über- oder Unterforderung erfahren. Außerdem sind die Prozesse des Bewusstseins der Schüler für den Lehrer unsichtbar, d.h. der Lehrer kann sich nie wirklich sicher sein, ob die Schüler die Inhalte verstanden haben oder nicht. Dieses Phänomen beschreibt die pädagogische Differenz zwischen erziehen und lernen, bei der die Unsi- cherheit des Lehrers in Bezug auf den Erfolg seiner Lehrtätigkeit nicht überwunden werden kann, weil das Lernen auf psychischer Ebene und Erziehen auf der kommunikationsebene stattfindet. Dabei sind beide Ebenen operativ geschlossen, so dass Prozesse des Bewusstseins nicht von der Lehrerkraft beeinflusst werden können. Es ist außerdem nicht selten, dass die Aufmerksamkeit der Lernenden im Verlauf des Frontalunterrichts absinkt. Dieses Defizit führt Alfred Riedl in seinem Werk „Grundlagen der Didaktik“ an und beschreibt es wie folgt: ,,Bei einem methodisch unzureichend gestalteten Frontalunterricht können eine wenig abwechslungsreiche Darbietung und monologisierende Vorträge bereits nach kurzer Zeit zu einem Absinken der Aufmerksamkeit und einer Ermüdung der Lernenden führen, die dann ,abschalten‘ oder sich anderweitig und mit unterrichtsfremden Aktivitäten beschäftigen.“(ebd. S118). An diesem Zitat wird deutlich, dass die Funktion der Lehrkraft, für den Erfolg des Unterrichts, eine wichtige Rolle spielt. Wird also der Vortrag beispielsweise nicht abwechslungsreich präsentiert, geht der Lehrer bewusst das Risiko ein, dass der Schüler das Gesagte nicht aufnimmt und schlussfolgernd Wissensdefizite aufweist. In der Sozialform des Unterrichtsgesprächs findet eine Interaktion zwischen Lehrer und Lernenden statt, bei dem der Austausch über Unterrichtsinhalte im Vordergrund steht. Hierbei wird zwischen zwei Gesprächsformen unterschieden. Bei der Ziel- und ergebnisorientierten Gesprächsform lenkt der Lehrer direktiv die Unterhaltung, welche von ihm geplant ist. Bei der offenen Gesprächsform hält die Lehrkraft sich stark zurück und überlässt dem Schüler das Wort (vgl. Das Unterrichtsgespräch, S. 2). Abschließend zur konventionelle Unterrichtsform lässt sich zusammenfassen, dass der der Konventionelle Unterricht eine künstliche, aus dem lebensweltlichen Zusammenhang ausdifferenzierte Lernumgebung darstellt, bei der formell erzogen wird. Ich benutze den Begriff der formellen Erziehung, weil der Unterricht systematisch geplant im Rahmen einer besonderen Einrichtung, nämlich in der Institution Schule, stattfindet und das Lernen formal abläuft. Der Konventionelle Unterricht beinhaltet neben der Sozialform des Frontalunterrichts auch die Sozialformen Gruppenarbeit, Einzelarbeit, Partnerarbeit und das Unterrichtsgespräch. Es lässt sich außerdem festhalten, dass der Lehrer meistens den aktiven Part im Unterrichtsgeschehen einnimmt. Diesen wichtigen Aspekt werde ich im Verlauf meiner Arbeit nochmals aufgreifen und genauer differenzieren. Da das Konzept der konventionellen Unterrichtsform nun ausreichend erörtert worden ist, berufe ich mich jetzt auf den offenen Unterricht, um mich dann im Verlauf auf die Lehrerrolle in beiden Unterrichtsformen zu konzentrieren und somit der Bearbeitung der Leitfrage nachgehe.

Der Terminus „Offener Unterricht“ hat seinen Ursprung in den USA begründeten Ansätze der „open education“. Die Begriffe „informal learning“ oder „open classroom“ finden ebenfalls in diesem Kontext seinen Gebrauch und spiegeln alle dieselbe pädagogische Absicht wider. In Deutschland allerdings besinnt man sich weniger auf die anglo-ameri- kanischen Ursprünge, sondern der Begriff des offenen Unterrichts wird zum Sammelbegriff von unterschiedlichen pädagogischen Verständnissen und Perspektivlinien (vgl. Jürgens, 2000, S. 41). Einige davon entstanden schon im späten 19. Und im frühen 20. Jahrhundert. Die Rede ist hier von der Reformpädagogik (vgl. Uhl, 2003, S. 2). Die Vorstellungen werden in Form von Unterrichtskonzepten und -methoden realisiert. Aufgrund der zahlreichen Komponenten, die in den Offenen Unterricht mit einfließen, existiert kein eindeutiges Konzeptverständnis und damit kann keine einheitliche Definition dieser Unterrichtsform vorliegen (vgl. Jürgens, 2000, S. 41). Allerdings können bestimmte Kernelemente des offenen Unterrichts identifiziert werden. Darunter zählen nach Uhl die Selbstbestimmung des Schülers und die daraus resultierende Individualisierung und Differenzierung des Unterrichts, die Selbsttätigkeit der Schüler, die Verbindung von Leben und Lernen und die Tätigkeit des Lehrers als Helfer und Berater (vgl. Uhl, 2003, S. 2). Vor diesem Hintergrund möchte ich mich auf den Grundschullehrer und Erziehungswissenschaftler Falko Peschel beziehen, der offenen Unterricht wie folgt beschreibt: ,,Offener Unterricht gestattet es dem Schüler, sich unter der Freigabe von Raum, Zeit und Sozialform Wissen und Können innerhalb eines „offenen Lehrplans“ an selbst gewählten Inhalten auf methodisch individuellen Weg anzueignen.“ (Peschel, 2009, S. 78). Diese Beschreibung des Konzepts Offener Unterricht finde ich sehr treffend gewählt, weil Peschel verdeutlicht, dass hier der Schüler Mittelpunkt des Geschehens ist. Außerdem erfährt man, dass es jedem Schüler gestattet ist sich Wissen individuell und autonom anzu- eignen. Die Tatsache, dass die Schüler sich die Inhalte selber auswählen dürfen, belegt nochmals, dass auf die Fähigkeit zur Selbstbestimmung in dieser Unterrichtsform großen Wert gelegt wird. Häufig gebräuchliche Methoden des Offenen Unterrichts sind die Freiarbeit, Wochenplanarbeit, Stationenlernen und die Projektarbeit. Die Zeiteinteilung in den Lernphasen geht individuell von statten. Die Schüler können in ihrem eigenen selbstgewählten Tempo arbeiten und ihre Ergebnisse eigenständig kontrollieren. Der Offene Unterricht beinhaltet außerdem Möglichkeiten zur Entwicklung spontaner Aktivität, Lernberatung, Möglichkeiten für Experimente und sinnliche Erfahrungen, vielfältige For- men entdeckenden und praktischen Lernens und die freie Entscheidung zu Einzel oder Gruppenarbeit in einer vertrauten offenen Atmosphäre, die es ermöglicht, dass die Lernenden Anerkennung und Unterstützung erfahren (vgl. Wallrabenstein, 1991, S. 61). Neben den zuvor genannten Aspekten beinhaltet der offene Unterricht noch unzählige weitere Komponenten, die ich aber an dieser Stelle nicht berücksichtigen werde, weil ich mich auf die wichtigsten Merkmale beschränken wollte. Doch was zeichnet den offenen Unterricht aus? Nach Falko Peschel stellt die Grundbedingung einer qualitativen Öffnung die Methodische Öffnung dar. Darunter versteht man die Freigabe der Lernwege der Schüler. Um das zu ermöglichen muss der Lehrer sich vom Lehrgang lösen. Man spricht hier auch von einer „Didaktik der Kernideen“, weil der Lehrer sich auf die Kernideen des Stoffs fokussiert und sie den Schülern näherbringt. Infolgedessen entwickeln Schüler und Lehrer eine Frage bzw. Eine Arbeitsidee die dann von den Schülern individuell erarbeitet werden. Besonders an dieser Methode ist, dass keine Lösungen vorgegeben sind, sondern diese eigenständig entwickelt und abschließend in der Gruppe diskutiert und verglichen werden. Die Gefahr das die Inhalte unverstanden auswendig gelernt werden besteht in diesem Fall nicht (vgl. Peschel, 2012, S. 11). Demzufolge entstehen die Erkenntnisse aus dem Verstand der Schüler heraus und werden nicht, wie es im konventionellen Unterricht der Fall ist, von der Lehrkraft offengelegt. Als nächste Stufe der Öffnung definiert Peschel die Methodisch-inhaltliche- Öffnung. Sie besinnt sich auf den Ansatz, dass Menschen schneller und einfacher lernen, wenn ein gewisses Interesse besteht. Der Lehrer gibt nun nicht nur die Ergebnisse frei, sondern auch die Lerninhalte. „Die Kinder arbeiten nicht an Vorgaben, sondern arrangieren ihr Lernen selbst – kein Kind wie das andere.“ (ebd., S.

11) Dieses Zitat, ebenfalls von Peschel, verdeutlicht die Loslösung von vorgegeben Richtlinien und untermauert nochmals das Argument, dass der offene Unterricht von dem autonomen und individuellen Handeln der Schüler geprägt ist. Die letzte Stufe der Öffnung stellt die sozial-integrative bzw. Die inklusive Öffnung dar. Das Bilden eigener Regel- und Sozialstrukturen wird hier beispielsweise in Form einer demokratischen Versammlung zu Beginn des Unterrichts ermöglicht. Des Weiteren wird in dieser Form des Unterrichts verhindert, dass Kinder segregiert werden. Basisdemokratie und Schülermitgestaltung werden hier großgeschrieben und nebenbei vollzieht sich in diesem Rahmen effektive soziale Erziehung, aufgrund der Gegebenheit, dass die Strukturen vom Lernen den selbst mitentwickelt und als notwendig und sinnvoll erfahren werden (vgl. ebd., S 129). Da nun vor allem die Vorzüge des offenen Unterrichts in Betracht gezogen worden sind möchte ich ein paar Gegenargumente nennen, die die Skeptiker häufig gebrauchen. Am häufigsten wird behauptet, dass anstatt „lehrgangsmäßigem Lernen“ nur Spiele gespielt oder ziellose Beschäftigungen auf dem Programm stünden. Infolgedessen befürchten die Kritiker eine Gefährdung der „bewährten Unterrichtsschule“ und ein Absinken der Leistungsqualität. Des Weiteren wird argumentiert, dass der offene Unterricht und seine Prinzipien im Gegensatz zu der heutigen Arbeitswelt steht. Spätere Folgen aufgrund mangelnder Vorbereitung würden, laut der Skeptiker, durch den offenen Unterricht noch be- günstigt werden (vgl. Uhl, 2003, S. 5). Ob die Skeptiker in diesem Fall Recht behalten oder ob der offene Unterricht die einzig wahre Methode für qualitativen Unterricht ist, lässt sich nur anhand empirischer Studien beurteilen. Da ich meine Aufmerksamkeit in dieser Hausarbeit aber auf die Lehrerrolle richte werde ich diese Frage unbeantwortet lassen und mich nicht auf die empirischen Befunde beziehen.

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Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Lehrerrolle im konventionellen und offenen Unterricht
Untertitel
Inwiefern unterscheiden sich beide Rollen?
Hochschule
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
19
Katalognummer
V501776
ISBN (eBook)
9783346048615
ISBN (Buch)
9783346048622
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lehrerrolle, Offener Unterricht, Konventioneller Unterricht, Unterricht, Rollenübernahme, Didaktik, Lernen, Schule, Bildung, Erziehung, Pädagogik, Erziehungswissenschaften
Arbeit zitieren
Jenny Schäfer (Autor:in), 2017, Die Lehrerrolle im konventionellen und offenen Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501776

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