Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Gentechnisch veränderte Organismen
2.1 Anwendungsbereiche von GVO
2.2 Risiken durch GVO
2.2.1Gesundheitliche Risiken
2.2.2 Ökologische Risiken
2.2.3 Wirtschaftliche Risiken
3. Rechtslage
4. Regulierung der Risiken durch Vorsorge
4.1Risikobewertung
4.2 Anhörungsverfahren
5. Fazit
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
In keiner Epoche der Menschheit wurde so viel geforscht wie zu Beginn des 21. Jahrhunderts, aber gleichzeitig war die Skepsis der Bevölkerung gegenüber dem Fortschritt niemals so groß. Seit Mitte der 70er Jahre ist mit der Gentechnik im Bereich der Biotechnologie ein Forschungsbereich entstanden, der wie kaum ein anderer für intensive und gefühlsgeladene Debatten sorgt.1 Dieser Diskussionsbedarf ist wohl zum einen der Komplexität des Themas geschuldet, zum anderen aber auch der Tatsache, dass für viele die Gentechnik einen Eingriff in den „Intimbereich der Schöpfung“2 darstellt.
Im Gentechnikrecht wird in Arbeiten im geschlossenen System, einem Labor beispielsweise, in das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen (im weiteren Verlauf der Arbeit GVO) und in die Freisetzung von diesen unterschieden. In dieser Arbeit soll nur auf das Freisetzen eingegangen werden, welche Risiken sich daraus ergeben können und welche rechtlichen Möglichkeiten zur Regulierung bestehen. Ebenfalls keine Beachtung finden in dieser Arbeit die Haftungsregeln im Falle eines Schadens durch GVO.
Der Arbeit vorangehend soll im zweiten Kapitel eine kurze Klärung der verwendeten Begriffe erfolgen. Anschließend wird eine Übersicht über die Anwendungsbereiche von GVO und mögliche Risiken durch diese gegeben, wobei spekulative, bisher nicht belegbare Risiken, keine Erwähnung finden. Das dritte Kapitel liefert einen Überblick über die herrschende Rechtslage in Deutschland, gefolgt von Ausführungen zur Regulierung durch Vorsorge im vierten und dem Fazit im fünften Kapitel.
2. Gentechnisch veränderte Organsimen
Zunächst sollen an dieser Stelle einige Begriffe erläutert werden, die im Verlauf der folgenden Arbeit eine Rolle spielen.
Ein Organismus ist gern. § 3 Nr.l GenTG jede biologische Einheit, die fähig ist sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen. Darüber hinaus sind unter diesem Begriff auch sterile Organismen wie z.B. Maultiere oder Arbeiterbienen zu fas- sen, da diese, auch wenn sie nicht in der Lage sind sich selbst fortzupflanzen, doch aus lebenden Zellen bestehen, die diese Fähigkeit besitzen.3
Unter gentechnisch veränderten Organsimen versteht das GenTG alle Organismen, mit Ausnahme des Menschen, deren genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, die in der Natur durch Kreuzung oder Rekombination nicht auftritt. Die Nachkommen solcher Lebewesen zählen ebenfalls zu den GVO gern. § 3 Nr. 3 GenTG.
Freisetzung wird in § 3 Nr.5 GenTG definiert als das gezielte Ausbringen von gentechnisch veränderten Organismen in die Umwelt, soweit noch keine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde. Keine Freisetzung liegt bei einem unabsichtlichen Entweichen von Organismen, beispielsweise durch einen Unfall, vor.4 Häufigstes Beispiel für Freisetzungen sind Experimente in der freien Natur, bei denen gentechnisch veränderte Nutzpflanzen zu Versuchszwecken angebaut werden.5
Davon abzugrenzen ist das Inverkehrbringen worunter gern. § 3 Nr. 6 GenTG die Abgabe von Produkten an Dritte und das Verbringen von GVO in den Geltungsbereich des Gesetzes, also die Einfuhr nach Deutschland, verstanden wird. Nur die erstmalige Abgabe gilt als Inverkehrbringen, keine weiteren Abgaben eines bereits genehmigten und in den Verkehr gebrachten Produktes. Die Abgrenzung zur Freisetzung kann sich mitunter schwierig gestalten, wenn z.B. transgene Nutztiere auf einer eingezäunten Weide gehalten werden. Dabei entscheidend ist, ob ein Transfer des Erbguts der GVO mit anderen Organismen durch eine physikalische Barriere verhindert werden kann, beispielsweise durch einen Weidezaun. Beim Anbau von GVO-Pflanzen ist dies generell nicht anzunehmen, bei der Haltung von transgenen Tieren teilweise schon.6
2.1 Anwendungsbereiche von GVO
Die Möglichkeiten und Anwendungsbereiche der Gentechnik sind ausgesprochen vielfältig. Zum einen ermöglicht sie eine Steigerung der Erträge in der Agrarindustrie, sowohl in der Pflanzen- als auch in der Tierzucht und könnte damit zukünftig eine wichtige Rolle bei der Ernährung der stetig wachsenden Weltbevölkerung spielen.7 Zum anderen werden durch die Gentechnik auch in der Medizin und Humangenetik völlig neue Wege eröffnet.8
In der Pflanzenzucht werden neben Obst- und Gemüsesorten, deren Produktqualität durch Gentechnologie verbessert wurde, wie z.B. matschfreie Tomaten, die auch nach 20 Tagen noch frisch aussehen,9 vor allem gentechnisch veränderte Nutzpflanzen wie Mais, Soja und Raps kultiviert. Diese sind durch Veränderung der Erbsubstanz meist entweder resistent gegen bestimmte Herbizide wie Glyphosat und ermöglichen dadurch eine großflächige Anwendung von Unkrautvernichtungsmittel auf den Feldern oder es handelt sich um sogenannte Bt-Pflanzen. Diesen wird, um sie gegen Schädlinge widerstandsfähig zu machen, ein Gen aus dem Bodenbakterium bacillus thuringiensis eingebaut, das gegenüber bestimmten Insektenarten giftig wirkt.10 Diese Pflanzen produzieren somit ein eigenes Insektizid und sind dadurch vor ihren natürlichen Feinden geschützt. Bereits 1983 wurde die erste gentechnisch veränderte Pflanze entwickelt und erfolgreich vermehrt. Heutzutage werden auf ca. 180 Millionen Hektar Ackerland weltweit gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut, das sind über 10% der gesamten Ackerfläche des Planeten. Vorreiter hierbei sind die USA und Kanada.
Neben schnellwachsenden Uachsen und Kühen, die keine Hörner mehr ausbilden oder eine erhöhte Milchleistung aufweisen, wird besonders in Bezug auf Nutztiere, wie Schweine oder Geflügel, geforscht, die gegen bestimmte Krankheiten Resistenzen aufweisen und somit den benötigten Einsatz von Medikamenten in der Massentierhaltung verringern. Auch im Bereich der Haustiere gibt es mittlerweile schon gentechnisch veränderte Spezies, wie das chinesische Minischwein, welches nur 15KG wiegt, sowie die im Dunkeln leuchtenden Glo-Fische fürs Aquarium, die sich besonders in den vereinigten Staaten großer Beliebtheit erfreuen.
Immer häufiger werden auch Lebensmittel mit Hilfe von GVO hergestellt. Zu nennen sind hier vor allem Molkereiprodukte, wie z.B. Käse- oder Joghurtsorten, die mit Hilfe von gentechnisch phagenresistent gemachten Bakterienstämmen produziert werden, sowie transgenen Hefen in der Back- und Brauereiindustrie. Auch mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellte Enzyme, Vitamine oder Aromastoffe sind längst keine Seltenheit mehr.11
Im Bereich der Medizin ergeben sich durch die Gentechnologie Möglichkeiten, die bis vor einigen Jahren noch niemand in Betracht gezogen hätte. So ist es durch die sogenannte rote Gentechnik unter anderem möglich Human-Insulin produzierende K- Zellen zu erschaffen, sowie auch ein anderes wichtiges Hormon, das Somatotropin, welches zur Behandlung von Kindern mit genetisch bedingter Kleinwüchsigkeit eingesetzt wird.12 Weiterhin wurden nicht nur bedeutende Fortschritte in der Diagnose und Heilung von Erbkrankheiten gemacht, darüber hinaus wurde es sogar ermöglicht Spenderorgane für Menschen in Tieren zu züchten. Dabei wird die automatische Immunreaktion des menschlichen Körpers dadurch umgangen, dass den Schweinen, in denen die Organe gezüchtet werden, menschliches Erbgut eingeschleust wurde. Dies kann die Wartezeiten auf Organe, besonders für Patienten mit seltenen Blutgruppen, zukünftig erheblich verkürzen.
2.2 Risiken durch GVO
So groß die Chancen sind, die sich durch die Gentechnologie ergeben, so groß sind auch ihre Risiken.13 Grundsätzlich sind dabei gefährliche Wirkungen von GVO nur denkbar, wenn diese Organismen aus einem geschlossenen System in die Umwelt gelangen. Die Kultivierung und Freisetzung von transgenen Pflanzen kann durch Pollenflug oder andere Verbreitung in die Umwelt zu einer unkontrollierten Kreuzung mit nicht gentechnisch veränderten Pflanzen führen.14 Die Folge solch einer unkontrollierten Verbreitung können nicht beabsichtigte Auswirkungen, Veränderungen und Reaktionen sein. Problematisch ist dabei besonders, dass bei der Arbeit mit lebenden Organismen der in Gang gesetzte Prozess nicht mit den bezweckten Resultaten endet, da die Organismen weiterhin biologisch aktiv sein können. Die sich daraus ergebenden Gefahren sind schwer vorauszusehen und es gäbe wohl keine Mittel und Wege die eingetretenen Ereignisse wieder rückgängig zu machen.15
[...]
1 Wildhaber, Haftung für gentechnische Produkte, §1, S. 2.
2 Stein, in: Stein (Hrsg.), Gentechnologie, S. 7 (7).
3 Hirsch / Schmidt-Didczuhn, GenTG, §3, Rn. 3.
4 Hirsch / Schmidt-Didczuhn, GenTG, §3, Rn. 46.
5 PalmeJSchlee, Gentechnikrecht Darstellung, S. 80
6 Hirsch / Schmidt-Didczuhn, GenTG, §3, Rn. 46.
7 Wildhaber, Haftung für gentechnische Produkte, §2, S. 20.
8 Zivier, Rechtsprobleme des Gentechnikgesetzes, S. 16.
9 Stein, in: Stein (Hrsg.), Gentechnologie, S. 11 (11).
10 Wildhaber, Haftung für gentechnische Produkte, §2, S. 21
11 Wildhaber, Haftung für gentechnische Produkte, §2, S. 26
12 Wildhaber, Haftung für gentechnische Produkte, §2, S. 39
13 Bock, Schutz gegen die Risiken und Gefahren der Gentechnik, S. 3
14 Rehbinder, NUR 2007, 115 (115).
15 Bock, Schutz gegen die Risiken und Gefahren der Gentechnik, S. 3
- Arbeit zitieren
- Paul Maurer (Autor), 2016, Freisetzen von gentechnisch veränderten Organismen. Risiken und juristische Regulierungsmöglichkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/502248
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