Das VW-Abgas-Verfahren vor dem OLG Braunschweig und der Beschluss von dem LG Braunschweig im August 2016 haben noch heute hohe Brisanz. Den betroffenen Unternehmen wird vorgeworfen, die Anleger zu spät über die gesetzwidrige Manipulation von Dieselfahrzeugen sowie die möglichen Folgen des sogenannten Abgasskandals informiert zu haben, obwohl es schon länger den Einsatz der manipulierten Software zur Kenntnis genommen hat.
Gegenstand dieser Seminararbeit ist die Untersuchung, welche möglichen kapitalmarktrechtlichen Ansprüche die Anleger haben. Die Sachverhalte, die in dieser Seminararbeit verwendet werden, sind dem Beschluss, den das LG Braunschweig am 05.08.2016 getroffen hat und dem Lebenssachverhalt, den das LG Braunschweig bei der Beschlussfassung berücksichtigt hat, entnommen.
Für die Untersuchung ist diese Arbeit in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil erfolgt eine allgemeine Einleitung in den kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutz im Fall der Ad-hoc-Publizität. Der zweite Teil untersucht, ob der Tatbestand der Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 Abs. 1 MAR im Fall des Abgasskandals anhand der Sachverhalte, die das LG Braunschweig festgestellt hat, erfüllt ist. Anschließend sind im dritten Teil die möglichen Ansprüche der geschädigten Anleger, anhand des im zweiten Teil gefundenen Ergebnisses, zu prüfen.
Im Zuge des Wachstums des Kapitalmarkts nehmen heutzutage immer mehr Anleger immer häufiger Investitionsmöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt wahr. Die Anleger sind ständig auf der Suche nach den Anlagemöglichkeiten, die die meisten Gewinne bringen können. Bei einer Anlageentscheidung durch die Anleger spielen an erster Stelle die Informationen eine Rolle, die eine Gesellschaft den Anlegern, vor allem in der Form der Ad-hoc-Mitteilung am Sekundärmarkt, zur Verfügung stellen.
Wenn die Gesellschaften falsche Informationen veröffentlichen bzw. die Informationen nicht rechtzeitig veröffentlichen und die Anleger aufgrund dieser falschen Informationen bzw. ohne die nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellten Informationen ihre Anlageentscheidung treffen, kommt es zu einem Problem. So stellt sich regelmäßig die Frage, wie kapitalmarktrechtlich gesehen die Anleger geschützt werden sollen bzw. welche Ansprüche die Anleger haben sollen. Die Haftung für die fehlerhafte Kapitalmarktinformation am Sekundärmarkt ist seit 2013 sehr präsent in der deutschen Rechtsprechung.
Inhaltsverzeichnis
- Kapitalmarktrechtlicher Anlegerschutz im Abgasskandal
- Einführung
- Problemaufriss
- Gegenstand der Seminararbeit und Gang der Untersuchung
- Mögliche Ansprüche der Anleger
- Einführung in den kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutz im Fall der Ad-hoc-Publizität
- Die Verletzung der Pflicht der Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 Abs. 1 MAR
- Normadressat
- Insiderinformation
- Insiderinformation nach Art. 7 Abs. 1 lit. a) MAR
- Fehlende öffentliche Bekanntmachung
- Grammatikalische Auslegung
- Teleologische Auslegung
- Präzision - Art. 7 Abs. 2 MAR
- Kursspezifität
- Gegenwärtige oder vernünftigerweise zu erwartende zukünftige Umstände/Ereignisse
- Erhebliches Kursbeeinflussungspotential - Art. 7 Abs. 4 MAR
- Entscheidender Zeitpunkt
- Aus der Perspektive eines verständigen Anlegers
- Entscheidungserheblichkeit
- Probability/Magnitude-Kriterium (Test)
- Anreiz-Test
- Unmittelbare Betroffenheit der Emittenten
- Zweck der unmittelbaren Betroffenheit
- Voraussetzungen der unmittelbaren Betroffenheit
- Fundamentalwertrelevanz
- Emittentenspezifität
- Zeitpunkt der Veröffentlichung der Insiderinformation
- Zweck
- Unverzügliche Veröffentlichung
- Mögliche Veröffentlichungszeitpunkte
- Stellungnahme
- Ausschluss von der Pflicht
- Spezialgesetzlicher Ausschluss
- Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitsschutz
- Aufschub der Veröffentlichung
- Gesamtergebnis zu II
- Tatbestandliche Voraussetzung der möglichen Haftungstatbestände
- Haftung der Organmitglieder gegenüber den Anlegern
- Spezialgesetzliche Haftung
- Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
- Haftung nach §§ 97, 98 WpHG
- Deliktische Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB
- Deliktische Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz
- Deliktische Haftung aus § 826 BGB
- Haftung des Emittenten gegenüber den Anlegern
- Vertragliche Haftung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB)
- Vertragsähnliche Haftung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB)
- Haftung nach §§ 97, 98 WPHG (§§ 37b, 37c, a.F.)
- Deliktische Haftung der Organmitglieder für den Emittenten aus §§ 97, 98 WpHG i.V.m. §§ 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB
- Haftung nach § 823 Abs. 2 BGBi. V. m. einem Schutzgesetz und § 31 BGB analog
- Haftung nach §§ 826, 31 BGB analog
- Deliktische Haftung und §§ 57,71 AktG
- Die Ad-hoc-Publizitätspflicht nach Art. 17 Abs. 1 MAR
- Die Voraussetzungen der Insiderinformation
- Die Haftungstatbestände im Zusammenhang mit der Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht
- Die Kausalität zwischen der Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht und dem Schaden der Anleger
- Die möglichen Ansprüche der Anleger im Abgasskandal
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit dem kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutz im Abgasskandal. Im Fokus stehen dabei die möglichen Ansprüche der Anleger gegen die Emittenten und deren Organmitglieder im Hinblick auf die Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Seminararbeit behandelt zunächst die Einführung in den kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutz im Fall der Ad-hoc-Publizität. Dabei werden die relevanten Normen des Marktmissbrauchsregulierungsgesetzes (MAR) erläutert, insbesondere die Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen.
Anschließend wird die Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht im Abgasskandal im Detail analysiert. Es werden die verschiedenen möglichen Veröffentlichungszeitpunkte untersucht und die Frage, ob und in welcher Form eine Ad-hoc-Mitteilung hätte erfolgen müssen, behandelt.
Die dritte und vierte Kapitel befassen sich mit den möglichen Haftungstatbeständen im Zusammenhang mit der Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht. Neben der deliktischen Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz werden auch die §§ 97, 98 WpHG und § 826 BGB sowie die vertragsähnliche Haftung untersucht. Die jeweiligen Haftungsvoraussetzungen werden im Einzelnen dargelegt und die Besonderheiten des Abgasskandals in den Kontext gesetzt.
Schließlich werden die Kausalität zwischen der Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht und dem Schaden der Anleger sowie die konkreten Ansprüche der Anleger im Abgasskandal diskutiert. Die verschiedenen Schadensarten und die Beweisführungslast werden dabei thematisiert.
Schlüsselwörter
Die Seminararbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen des Kapitalmarktrechts, insbesondere mit dem Anlegerschutz und der Ad-hoc-Publizitätspflicht. Im Fokus stehen die Insiderinformation, die Haftung der Emittenten und deren Organmitglieder sowie die konkreten Ansprüche der Anleger im Abgasskandal. Wichtige Schlüsselbegriffe sind dabei Market Abuse Regulation (MAR), Insiderhandel, Kapitalmarktinformation, Prospekthaftung, Deliktshaftung, Schadensersatz, Kausalität und Anlagestimmung.
- Arbeit zitieren
- Yizhou Liu (Autor:in), 2019, Kapitalmarktrechtlicher Anlegerschutz im VW-Abgasskandal. Welche Ansprüche haben Anleger?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/502503