German Angst oder Financial Optimism? Kulturelle Unterschiede im Anlegerverhalten von Deutschen und US-Amerikanern


Hausarbeit, 2019

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Anlegerverhalten von Deutschen und US-Amerikanern
2.1 Vergleich von Geldvermögen und Sparquote der privaten Haushalte
2.2 Allgemeine Einflussfaktoren auf das Anlegerverhalten
2.3 Das Anlegerverhalten der Deutschen: Ignoranz von Realitäten
2.4 Einstellungen gegenüber Aktien: Der Risiko-Irrtum der Deutschen

3 Kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten
3.1 Begriffsbestimmung „Kultur“
3.2 Hofstedes Kulturdimensionen: Einordnung der deutschen und US-amerikanischen Kultur

4 Erklärung der Unterschiede durch Kulturdimensionen
4.1 Financial Optimism: Warum Amerikaner nur wenig sparen
4.2 Anlegen mit Risiko: Kulturelle Gemeinsamkeiten
4.3 German Angst: Warum Deutsche Aktien meiden

5 Fazit

II. Literaturverzeichnis

I. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Struktur des Geldvermögens der privaten Haushalte in Deutschland (eigene Darstellung in Anlehnung an Deutsche Bundesbank zitiert nach Deutsches Aktieninstitut, 2019)

Abb. 2: Sparquoten 2000 bis 2018: Deutschland / Vereinigte Staaten von Amerika (Eigene Darstellung in Anlehnung an statista.com, o.J.; Statistisches Bundesamt, 2019)

Abb. 3: Antworten auf: „Sparen Sie etwas von Ihrem Einkommen?“ (Eigene Darstellung in Anlehnung an Royal Bank of Scotland, 2016; Board of Governors of the Federal Reserve System, 2017b)

Abb. 4: Kulturdimensionen nach Hofstede: Vergleich Deutschland und USA (Eigene Darstellung in Anlehnung an Hofstede, o.J.)

1 Einleitung

In einem Interview mit der WELT AM SONNTAG im Dezember 2018 forderte Friedrich Merz, ehemaliger Fraktionsführer der CDU im Deutschen Bundestag (CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, o.J.) und zum Zeitpunkt des Interviews Kandidat für den Vorsitz der CDU, steuerliche Anreize für das Aktiensparen einzuführen (Alexander, Schuster und Vitzhum, 2018). Deutsche Sparer sollten dadurch angeregt werden, für ihre Alterssicherung mehr in Aktien zu investieren, „(…) um langfristig eine bessere Vermögens- und Kapitalbildung in den privaten Haushalten zu schaffen.“ (Merz, 2018 zitiert nach Alexander et al., 2018). Eine Steuerbefreiung müsse an verschiedene Bedingungen gekoppelt sein, um eine Zweckbindung und Förderung von Altersvorsorge sicherzustellen. Diese Forderungen wurden von Medien, Politikern und Wirtschaftswissenschaftlern unterschiedlich rezipiert. Ökonomen begrüßten die grundsätzliche Werbung für ein vermehrtes Sparen in Aktien ausdrücklich, betrachteten diese jedoch kritisch hinsichtlich der steuerlichen Begünstigungen oder forderten weitergehende Maßnahmen (Sommerfeldt & Zschäpitz, 2018). Politiker diverser anderer Parteien missbilligten die Idee und warfen Merz vor, hauptsächlich im Interesse der Blackrock Inc. zu handeln, für deren deutsche Tochter Merz als Aufsichtsratsvorsitzender fungiert (Herholz, 2018).

Ein halbes Jahr später bekräftigte Merz seine Aussagen erneut, indem er „für eine neue Kultur des Sparens“ (Merz, 2019) warb. Eine Änderung der Situation und eine „Teilhabe am Erfolg der Marktwirtschaft“ (ebd.) seien wichtig, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Demokratie und die soziale Marktwirtschaft zu erhalten und damit auch in Zukunft den Wohlstand der deutschen Volkswirtschaft zu sichern. Er verwies darauf, dass die steigende Zahl an Aktionären (zehn Millionen Bürger) in Deutschland erfreulich sei. Jedoch bedeute dies auch, dass ein Großteil von rund 70 Millionen Bürgern nicht vom wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen profitiere. Er schlägt eine Pflicht zur kapitalmarktorientierten Altersvorsorge vor, allerdings ohne diese weiter zu konkretisieren. Um Ressentiments von Kritikern zu begegnen, verweist er auf die höher liegenden Aktionärsquoten anderer europäischer Länder und die grundlegend andere Meinung zu Kapitalanlagen in den Vereinigten Staaten von Amerika (Merz, 2019).

Angelehnt an diesen Vergleich und die aufgezeigte Problematik betrachtet die vorliegende Arbeit die Anlegerkultur in Deutschland und den USA, wobei ein besonderer Fokus auf der deutschen Aktienkultur liegt. Was unter Kultur zu verstehen ist, wird in Anlehnung an die Arbeiten von Hofstede erklärt. Mit Hilfe von dessen Kulturdimensionen erfolgen eine Einordnung der beiden Kulturen sowie deren Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede. Im historischen Kontext werden die Gründe für die unterschiedlichen Spar- und Aktienkulturen kurz beleuchtet. Eine kritische Würdigung der Äußerungen von Merz und einschränkende Hinweise bilden den Abschluss dieser Arbeit.

2 Das Anlegerverhalten von Deutschen und US-Amerikanern

Bevor die kulturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der deutschen und US-amerikanischen Kultur betrachtet werden, erfolgt zunächst ein Überblick über aktuelle Studien und Umfragen zum Anlegerverhalten. Im globalisierten Kapitalmarkt haben beide Kulturgruppen Zugang zu ähnlichen Produkten (Investment Company Institute, 2019). Maßgeblichen Einfluss auf das Verhalten von Konsumenten am Kapitalmarkt nehmen wirtschaftspolitische, konjunkturelle wie auch steuerliche Rahmenbedingungen, die jedoch auf Grund des begrenzten Umfangs dieser Arbeit außer Acht bleiben und nur ausgewählte Aspekte zur besseren Einordnung erläutert werden.

2.1 Vergleich von Geldvermögen und Sparquote der privaten Haushalte

Die Ergebnisse der Deutschen Bundesbank von 2014 bis 2017 zeigen, dass die Vermögen der privaten Haushalte in Deutschland steigen. Das durchschnittliche Netto-Finanzvermögen stieg um etwa fünf Prozent von 54.200 Euro auf 56.800 Euro (Deutsche Bundesbank, 2019). Der Median nahm um etwa zwei Prozent von 16.500 Euro in 2014 auf 16.900 Euro in 2017 zu. Das Nettovermögen ist demnach gewachsen, allerdings weisen die unterschiedlichen Steigerungsraten der Lagemaße auf eine weiterhin bestehende Ungleichverteilung der Vermögen innerhalb der Bevölkerung hin (ebd.). Nach einer Erhebung der FED im ähnlichen Zeitraum stieg das mittlere Netto-Finanzvermögen amerikanischer Familien im Zeitraum von 2013 bis 2016 um 22 Prozent von 278.500 US-Dollar auf 340.000 US-Dollar. Auch der Median stieg, jedoch in geringerem Umfang von 21.900 US-Dollar in 2013 auf 23.500 US-Dollar in 2016, mit einer Steigerungsrate von nur etwas mehr als sieben Prozent (Board of Governors of the Federal Reserve System, 2017a). Die Diskrepanz der beiden Steigerungsraten zeigt, dass insbesondere vermögendere Familien ihren finanziellen Wohlstand verbessern konnten und sich die Ungleichverteilung des Nettovermögens in den USA weiter ausweitete (ebd.). Beim Vergleich der Finanzvermögen sind Unterschiede in der Kategorisierung der Anlageklassen, Haushaltsgrößen, Methodik wie auch der Erhebungszeitraum zu berücksichtigen.1 Demnach können die Mittelwerte und der Median nur indizieren, dass das Vermögen US-amerikanischer Familien höher liegt als das Vermögen deutscher Familien. Am Vergleich der jeweiligen Steigerungsraten lässt sich ablesen, dass die Vermögen der Privathaushalte in Deutschland nicht mit der gleichen Dynamik wie in den USA steigen und die Ausweitung der Ungleichverteilung in Deutschland deutlich moderater ist.

Die Bundesbank-Befragung aus 2017 zeigt, dass die Deutschen eine deutliche „Präferenz für liquide und als risikoarm empfundene Anlageformen“ (Deutsche Bundesbank, 2019, S. 26) haben. Während 99 Prozent der Haushalte angeben, ein Girokonto zu besitzen, tun dies für Aktien nur elf Prozent (Deutsche Bundesbank, 2019). Diese berichtete Präferenz für risikoarme Anlagen macht auch die für das Jahr 2018 ermittelte Struktur des Geldvermögens der privaten Haushalte deutlich, wie in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Struktur des Geldvermögens der privaten Haushalte in Deutschland (eigene Darstellung in Anlehnung an Deutsche Bundesbank zitiert nach Deutsches Aktieninstitut, 2019)

Nach Zahlen des Deutschen Aktieninstitutes waren Ende 2016 nur rund neun Millionen Bundesbürger Aktionäre oder Aktienfondsbesitzer, also nur etwa elf Prozent der Gesamtbevölkerung. Bis zum Jahr 2018 stieg die Zahl der Aktionäre auf etwas über zehn Millionen (etwa 12 Prozent der Bevölkerung), wobei der Zuwachs auf eine gestiegene Zahl an indirekten Anlegern in Aktienfonds zurückzuführen ist (Fey & Hohlmeier, 2019).

Beim Vergleich mit der Produktnutzung der US-Amerikaner zeigen sich Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede: In etwa gleich viele US-Haushalte nutzen Girokonten und andere Sichteinlagen (98 Prozent). Diverse Arten von Sparplänen zu Altersvorsorge werden von 52 Prozent genutzt. Rund sieben Prozent halten Sparzertifikate und längerfristige Sparverträge, 14 Prozent waren direkt in Aktien investiert, rund zehn Prozent in Investmentfonds aller Art exklusive Geldmarktfonds (Board of the Federal Reserve System, 2017). Die Zahlen vergleichbarer Erhebungen weichen je nach Definitionsgrundlage der Produkte und des Stichprobendesigns voneinander ab. Das Investment Company Institute (2019) beispielsweise kommt zu etwas anderen Ergebnissen. Die Zahl der Haushalte, welche in aktiv gemanagten Investmentfonds investiert sind, liegt demnach seit 2000 nahezu unverändert bei 45 Prozent, wobei hier auch Anlagen über betriebliche Sparpläne zur Altersvorsorge sowie Geldmarktfonds inkludiert sind. Exchange Traded Funds wurden von etwa sechs Prozent der Haushalte genutzt (ebd.).

Zur Portfoliostruktur der US-amerikanischen Haushalte liegen nur zu einzelnen Produktklassen Zahlen vor, dennoch geben diese Hinweise auf die Zusammensetzung. So macht das Vermögen in Investmentfonds rund 21 Prozent des Finanzvermögens der privaten Haushalte aus (Investment Company Institute, 2019). US-Amerikaner sind somit zu einem deutlich höheren Anteil als Deutsche in Wertpapiere investiert, die allgemein mit höherem Risiko klassifiziert werden.

Wenn sich dies auch nicht in der Summe des Geldvermögens widerspiegelt, liegt die Sparquote (Nettosparen in Prozent des verfügbaren Einkommens) der Deutschen im Schnitt höher als die der US-Amerikaner. Die durchschnittliche Sparquote in Deutschland liegt seit Jahren relativ konstant bei Werten zwischen neun und etwas mehr als zehn Prozent (Statistisches Bundesamt, 2019). In Amerika schwankt die Sparquote erheblich (statista.com, o.J.). Die Verläufe zeigt Abbildung 2.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Sparquoten 2000 bis 2018: Deutschland / Vereinigte Staaten von Amerika (Eigene Darstellung in Anlehnung an statista.com, o.J.; Statistisches Bundesamt, 2019)

Dass die Sparquote allein nur wenig über die Situation in der Vermögensbildung aussagen kann, zeigt sich an Erhebungen zur Anzahl der Sparer, wie in Abbildung 3 visualisiert. Gemäß einer Umfrage der im Jahr 2016 sparten etwa 51 Prozent der Deutschen regelmäßig, 35 Prozent gelegentlich und nur rund 14 Prozent überhaupt nicht (Royal Bank of Scotland, 2016). In ihrem Report von 2017 ermittelte die FED, dass 47 Prozent sparten und 53 Prozent nicht (Board of Governors of the Federal Reserve System, 2017b). Viele der Befragten geben an, Probleme mit dem Sparen zu haben, rund ein Viertel hat keinerlei Ersparnisse. Nur 36 Prozent fühlen sich finanziell für das Rentenalter gut vorbereitet (Board of Governors of the Federal Reserve System, 2018).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Antworten auf: „Sparen Sie etwas von Ihrem Einkommen?“ (Eigene Darstellung in Anlehnung an Royal Bank of Scotland, 2016; Board of Governors of the Federal Reserve System, 2017b)

2.2 Allgemeine Einflussfaktoren auf das Anlegerverhalten

Sowohl in Deutschland als auch in den USA zeigt sich ein zergliedertes Bild hinsichtlich der Vermögensverteilung und -bildung. Insbesondere einkommensschwache sowie bildungsfernere Schichten Probleme haben, Vermögen zu bilden und zu erhalten. Vermögen konzentriert sich hauptsächlich im oberen Perzentil der Vermögenden, während große Teile der Bevölkerung aus verschiedenen Gründen nicht sparen. Die Zusammensetzung des Finanzvermögens ist ähnlich, es zeigt sich aber eine deutlich höhere Offenheit und Nutzung der Amerikaner bei Anlagen in Investmentfonds, Aktien und anderen Wertpapieren (Deutsche Bundesbank, 2019; Board of Governors of the Federal Reserve System, 2017a, 2017b, 2018). Die Sparquote und auch die Verteilung von Sparern innerhalb der Bevölkerung ist eng mit gesellschaftlichen Strukturen verknüpft (Board of Governors of the Federal Reserve System, 2017b). Insbesondere Haushalte aus niedrigen Einkommensklassen berichten, dass sie nicht sparen können, da sie entweder kein ausreichend hohes Einkommen haben oder sie durch medizinische Ausgaben, die kaum bis gar nicht von der Sozialversicherung gedeckt werden, am Sparen gehindert werden (ebd.). Ob und wie die Sparquote der Amerikaner erhöht werden könnte, muss in dieser Arbeit außerhalb der Betrachtung bleiben, kann aber ein interessantes Gebiet für weitere Forschungen bilden.

Die Anzahl von Investoren in Fonds und auch die Gesamthöhe der Investments ist abhängig von der Ausgestaltung des Kapitalmarkts, der Höhe des Inlandsproduktes der Volkswirtschaft wie auch vom Bankensystem (Christelis, Georgarakas & Haliassos, 2010). Anleger investieren in Wirtschaftsräumen mit einer historisch starken Marktmacht der Banken, wie zum Beispiel in Japan und dem deutschsprachigen Raum, weniger in Investmentfonds als Anleger aus Wirtschaftsräumen, die von vielen heterogenen Anbietern gestaltet werden, wie es zum Beispiel in den USA der Fall ist (Investment Company Institute, 2019). Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen auch wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Hierauf weisen Christelis und Kollegen (2010) in ihrer internationalen Untersuchung zu Portfoliostrukturen hin. Sie fanden heraus, dass Unterschiede maßgeblich durch das gesamtwirtschaftliche Umfeld bedingt werden. Niedrige Aktionärsquoten fanden sie vor allem in Ländern mit einer ungünstigen institutionellen Ausgestaltung für Anleger, etwa in Form hoher Transaktionskosten, limitierter Aktionärsrechte und strenger Regulatorik. Sie folgerten daraus, dass der Anteil an Aktionären in Europa deutlich höher wäre, wenn die Anleger sich in einem dem amerikanischen änlicherem Wirtschaftsumfeld bewegten (Christelis et al., 2010). Auch Messzeitpunkte sind zu berücksichtigen: Zum Beispiel investierten Amerikaner bis kurz vor der Finanzkrise 2008/09 deutlich mehr in Aktien und weniger in Immobilien als nach der Krise (ebd.). Die Ursachen für die Unterschiede können sich auch aus kulturellen Bedingungen ergeben, wie später noch ausgeführt wird.

2.3 Das Anlegerverhalten der Deutschen: Ignoranz von Realitäten

Obwohl die Europäische Zentralbank als Reaktion auf die Finanzkrise 2008/09 und die europäische Staatsschuldenkrise in 2013/14 die Leitzinsen drastisch senkte und damit Sicht- und Spareinlagen kaum bis keine Rendite mehr abwerfen, haben die Deutschen ihr Anlegerhalten nicht in Richtung lukrativerer Anlageformen verändert (Deutsche Bundesbank, 2019). Befragt nach ihrem Sparverhalten im aktuellen Niedrigzinsumfeld geben 64 Prozent an, dieses nicht verändert zu haben (Kleinheyer, 2018b.). In der Befragung der Deutschen Bundesbank geben die Haushalte zwar an, ihr Sparverhalten angepasst zu haben, jedoch nicht auf Ebene der Produktauswahl. Vielmehr sparen sie weniger langfristig oder haben ihre Sparziele angeglichen (Deutsche Bundesbank, 2019) anstatt in lukrativere Anlagearten zu investieren. Weiterhin halten viele Haushalte liquide Mittel in Anlageformen mit nur geringer Rendite und Investitionen in Wertpapiere wachsen nur geringfügig (ebd.).

Allgemein wird in Befragungen die Altersvorsorge als höchstes Sparmotiv genannt, gefolgt von Rücklagen für unvorhersehbare Ausgaben oder auch Konsumausgaben und dem Erwerb einer Immobilie (Deutsche Bundesbank, 2019; Kleinheyer, 2018b; Verband der Privaten Bausparkassen, 2018). Die Sparmotive Immobilienerwerb und die mit Immobilien verbundenen Kosten, wie Sanierung oder Renovierung, werden immer häufiger als wichtigstes Ziel genannt. Beim Sparziel Altersvorsorge ist dagegen ein Rückgang der Nennungen von 22 Prozent im Jahr 2010 auf 17 Prozent im Jahr 2017 zu verzeichnen (Deutsche Bundesbank, 2019).

Wie schädigend diese Einstellung für den Vermögenserhalt und -aufbau der Deutschen ist, wird deutlich bei der Betrachtung verschiedener Anlageklassen und ihrer Renditen. Die regelmäßig erscheinenden Publikationen des Deutschen Aktieninstitutes „Rendite-Dreieck“ rechnen langfristig und für verschiedene Einstiegs- wie Ausstiegszeitpunkte vor, dass Aktien über lange Zeiträume die höchsten Renditen erbringen und sich damit am besten sowohl für langfristige Einmalanlagen wie auch Sparpläne eignen (Deutsches Aktieninstitut e.V., o.J.). Beispielsweise lag für einen regelmäßigen Sparplan auf den Deutschen Aktienindex die Durchschnittsrendite über alle längeren Zeiträume von mehr als 15 Jahren bei neun Prozent pro Jahr, im schlechtesten Fall wurden zwei Prozent erwirtschaftet, im besten 16 Prozent pro Jahr. Je länger die Laufzeiten waren, desto stabiler war auch die Rendite (Deutsches Aktieninstitut e.V., 2019). Seit 1980 schlagen Aktien jede andere Anlageklasse in der Jahresrendite in Deutschland. Sie erbrachten im Durchschnittszeitraum von 1980 bis 2015 etwa zehn Prozent pro Jahr, Staatsanleihen rangieren auf dem zweiten Platz mit etwas über vier Prozent, Immobilien auf dem dritten Platz mit etwa vier Prozent und die von Deutschen bevorzugten Spar- und Sichteinlagen erbrachten im Schnitt nur etwas weniger als zwei Prozent (Jordá, Knoll, Kuvshinov, Schularick und Taylor, 2017). Der Vergleich durchschnittlicher historischer Renditen pro Jahr für den US-amerikanischen Raum fällt folgendermaßen aus: Im Zeitraum 1980 bis 2015 erzielten Spar- und Sichteinlagen weniger als zwei Prozent, Immobilien rund sechs Prozent, Staatsanleihen etwa sechs Prozent und Aktien neun Prozent. Die Verhältnisse und Rangplätze der renditestärksten Anlagen sind also vergleichbar mit der deutschen Struktur. Tatsächlich erzielten Aktien im deutschen Raum sogar mehr Rendite als im amerikanischen (Jordá et al. 2017).

[...]


1 Unter dem Finanzvermögen subsumiert die FED alle Anlagen auf Girokonten, Prepaid Debit-Karten, Festgeldern, Sparbriefen, College-Fonds, Sparkonten, Anleihen, Aktien, Investmentfonds, Altersvorsorge, Lebensversicherungen, Vermögensverwaltungsmandate sowie sonstiges Vermögen, wie Familienstiftungen (Board of Governors of the Federal Reserve System, 2017a). In die Bundesbank-Statistik fallen alle Anlagen auf Girokonten, Sparkonten, Bausparverträge, private Altersvorsorge (inkl. Lebensversicherungen), Fondsanteile, Aktien und Anleihen. Nicht enthalten sind andere Vermögenswerte, wie Gold oder Zertifikate (Deutsche Bundesbank, 2019).

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
German Angst oder Financial Optimism? Kulturelle Unterschiede im Anlegerverhalten von Deutschen und US-Amerikanern
Hochschule
Hochschule Fresenius; Köln  (Fachbereich Wirtschaft & Medien)
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
26
Katalognummer
V502817
ISBN (eBook)
9783346052421
ISBN (Buch)
9783346052438
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kulturdimensionen, Risikoaversion, Verlustaversion, Anlegerverhalten
Arbeit zitieren
Christiane Wachendorf (Autor:in), 2019, German Angst oder Financial Optimism? Kulturelle Unterschiede im Anlegerverhalten von Deutschen und US-Amerikanern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/502817

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