Beziehungen zur USA und die Herausbildung einer neuen Weltordnung von 11.9.1989 - 11.9.2001 in der neorealistischen und der neoinstitutionalistischen Theorie


Term Paper, 2004

22 Pages, Grade: 2,25


Excerpt


Gliederung

Einleitung

1. Theoretische Herangehensweise
1.1. Der Neorealismus
1.2. Der Neoinstitutionalismus

2. Methode und Hypothesen

3. Fallstudien: drei Schlüsselbereiche
3.1. Balkankriege
3.2. WTO
3.3. Erster und zweiter Irakkrieg

Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nah dem Fall der Berliner Mauer (9.11.1989) und dem Zerfall des Sowjetimperiums (1991) hat sich auch die bipolare Blockkonfrontation, die spätestens nach dem Beginn des Kalten Kriegs die Weltordnung strukturiert hatte, aufgelöst. Die internationalen Beziehungen[1] schienen in dieser Situation ohne ein erkennbares Weltordnungsprinzip. Übrig geblieben waren die USA als einzige Supermacht in einer potentiell multipolaren Welt. Neben den USA hatten sich andere regionale Macht- und Gravitationszentren herausgebildet, die aber wie Europa ihre Macht weniger auf militärische Stärke, als auf wirtschaftlichen Einfluss (Europäische Union) oder die schiere Bevölkerungsgröße plus Nuklearwaffen (China) stützen. Russland als Nachfolgestaat der Sowjetunion suchte und sucht nach dem Verlust seines Status als Supermacht nach einer neuen Rolle in der Staatenwelt. Zu Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts war noch nicht klar, welches neues strukturierende Ordnungsprinzip sich innerhalb der Staatenwelt herausbildet (Multilateralismus oder Unilateralismus, Multipolarität versus hegemonialer Unipolarität) oder welche „Macht“[2] (USA vs. UNO) in welchem Maße den Fortgang der internationalen Politik formen würde. Rund zehn Jahre später werden durch den Terroranschlag am 11.9.2001 der Stolz, das Selbstbewusstsein und vor allem das Sicherheitsgefühl der einzig verbliebenen Supermacht USA dramatisch erschüttert. In dem, mit einer analytisch problematischen, strategisch-propagandistisch jedoch erfolgreichen Wortwahl, danach ausgerufenen „Krieg“[3] gegen den Terrorismus haben die USA mit rechtlichen Begründungen und unterschiedlichen internationalen Koalitionen mehrere Kriege geführt, um die „Welt sicherer“ zu machen.

Symbolisch wie faktisch begrenzen der 11.9. (1989), der Fall der Berliner Mauer und das damit eingeläutete Ende des Ost-West-Konfliktes, und der 9.11. (2001), der Anschlag auf das World Trade Center, und die Zeit unmittelbar danach[4] meine Untersuchungsperiode. Analysiert werden soll, welche Struktur der internationalen Beziehungen sich in den 12, bzw. 14 Jahren (Einschluss des Afghanistan- und Irak- Krieges) herausgebildet hat, beziehungsweise sich herauszubilden beginnt. Dabei soll im besonderen Maße das transatlantische Verhältnis zwischen Europa und den USA, aber vor allem auch der entscheidende Akteur der internationalen Beziehungen, die USA auf der Suche nach der „Grand Strategy“ berücksichtigt werden. Es soll damit die Frage beantwortet werden, ob sich eher uni- oder multilaterale Strukturen im transatlantischen Beziehungsgeflecht und der Weltordnung herausgebildet und etabliert haben.

1. Theoretische Herangehensweise

Als theoretischen Zugang zu meiner Analyse greife ich auf zwei der einflussreichsten Theorien der Internationalen Beziehungen der vergangenen Jahrzehnte zurück: dem lange dominierenden Paradigma des Neorealismus sowie dem theoretischen Ansatz des Neoinstitutionalismus (beziehungsweise der Interdependenz- und Regimetheorien), wie er vor allem von Joseph Nye (1993) und Robert Keohane (1993) entwickelt wurde. Obwohl beide „Ansätze“ durchaus variierende theoretische Ausprägungen erfahren haben (vgl. u.a. Zürn/Zangl), werden sie hier auf ihre Kernannahmen reduziert und als „eine“ Theorie behandelt. Die beiden Theorien sollen im Folgenden in der gebotenen Knappheit dargestellt werden, da sie die theoretische Folie für meine Fallstudien in Kapitel 3 abgeben werden.

1.1. Der Neorealismus

Zur Interpretation der prägendsten außenpolitischen Ereignisse und von Schlüsselentscheidungen vor allem der USA in den letzten 15 Jahren, soll die Theorie des Neorealismus, insbesondere in der Version von Kenneth Waltz (1979) herangezogen werden. Mit ihr soll geprüft werden, ob die USA tatsächlich in einer anarchischen Welt nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes, dem vom Neorealismus unterstelltem rationalen Kalkül des Machterwerbs gefolgt sind und folgen konnten, um damit die internationalen Beziehungen zu formen und der ordnenden Kraft einer Hegemonialmacht unterwerfen. Handelten die USA nach 1990 weitgehend unilateral an ihren nationalen Interessen oder dem rationalen Machtkalkül orientiert, oder „beugten“ sie sich den Normen des Internationalen Rechts und der auf Multilateralität aufgebauten UNO?[5]

Der theoretische Ansatz dient also zum einen als wissenschaftlicher und interpretatorischer Rahmen für die historischen Ereignisse in der genannten Periode; zum anderen wird die Theorie des Neorealismus selbst dem Test der Ereignisse unterworfen.

Der Neorealismus verkörpert die Theorie des Kalten Krieges, weiterentwickelt aus dem klassischen Realismus, der aus dem Zweiten Weltkrieg als dominante Theorie der internationalen Politik[6] hervorgegangen war (Zürn/Zangl 2003: 38). Die zentrale Fragestellung ist, besonders bei Kenneth Waltz, ob, und wenn ja, warum Staaten in ihrem Außenverhalten zu ähnlichem Verhalten tendieren.

Die neorealistischen Grundannahmen lassen sich wie folgt umreißen[7]: (1) Das internationale System ist anarchisch[8] und von Selbsthilfe[9] der Einzelstaaten geprägt. Durch die Abwesenheit einer effektiven, zentralen, den Staaten übergeordnete Instanz müssen diese durch eigene Anstrengung ihre ökonomischen und sicherheitspolitischen Interessen schützen und verteidigen. Sie sind in einem solchen anarchischen Staatensystem zur Machtorientierung gezwungen, um sich gegen die anderen Staaten zu behaupten und somit überlebensfähig bleiben. Die internationale Politik hängt also entscheidend von der Machtverteilung zwischen den Staaten ab (Zürn/Zangl 2003: 42ff). (2) Die internationale Staatenwelt befindet sich im Hobbschen Naturzustand und ist von Unsicherheit und Misstrauen zwischen den Staaten geprägt (Sicherheitsdilemma). Kriege, besonders zwischen den Großmächten sind diesem System eingeschrieben. Sie sind immer denkbar und müssen durch ständiges Aufrechterhalten des Mächtegleichgewichts verhindert werden (Waltz 1979). (3) Die einzelnen Staaten handeln als einheitliche Akteure. Die innere Verfasstheit (Interessen, Institutionen und Verfahren) spielt keine Rolle (Waltz 1979). (4) Das Handeln des Staats ist rationalistisch von den Motiven des Sicherheitsbedürfnis (defensiver Ansatz) und/oder des Machterwerbs (offensiver Ansatz) geprägt (Mastanduno 1997: 50). Kooperation ist zwar möglich und zum Ausbalancieren der Macht häufig nötig, bleibt aber dauerhaft instabil und kann nicht durch Institutionen befestigt werden, so die neorealistische Annahme.

[...]


[1] Gemeint sind hier die realen Beziehungen zwischen den Staaten und nicht die Internationalen Beziehungen als Teildisziplin der politischen Theorie.

[2] Unter „Mächte“ werden hier der „Staat“ USA als alleinige Supermacht oder die UNO als Organisation der internationalen Staaten subsumiert. Beide funktionieren natürlich intern wie nach außen nach unterschiedlichen Logiken und Prämissen.

[3] Krieg wird hier deswegen in Anführungszeichen gesetzt, weil es sich nicht um klassische Kriege zwischen Staaten handelt, sondern um so genannte „asymmetrische Kriege“ zwischen dem Staat USA und dem Terrornetzwerk Al Quaida (vgl. Münkler 2003).

[4] Dies schließt die Kriege gegen das Afghanistan der Taliban und den Irak unter Saddam Hussein mit ein, da diese als Reaktion auf den 11. September gesehen werden müssen.

[5] Hier wird nur der Sicherheitsrat als strategisch bedeutsamstes Gremium der Vereinten Nationen berücksichtigt.

[6] Die neorealistische Theorie hat zwar die Machtbalance zwischen dem Westen und den Warschauer Pakt Staaten gut erklären können, hat aber in der Nicht-Voraussage des Endes des Kalten Krieges versagt.

[7] In der Zusammenfassung der Annahmen von Waltz (1979) folge ich neben diesem v.a. der Zusammenfassung von Zürn/Zangl (2003).

[8] Im Kontrast zur innerstaatlichen Befriedung durch ein staatliches Gewaltmonopol

[9] Es besteht keine funktionale Differenzierung in der Staatenwelt, da die Einzelstaaten das Risiko nicht eingehen wollen, sich in die Abhängigkeit anderer Staaten zu begeben.

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Details

Title
Beziehungen zur USA und die Herausbildung einer neuen Weltordnung von 11.9.1989 - 11.9.2001 in der neorealistischen und der neoinstitutionalistischen Theorie
College
University of Frankfurt (Main)  (Institut für Vergleichende Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen Institut für Vergleichende Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen)
Course
Internationale Beziehungen
Grade
2,25
Author
Year
2004
Pages
22
Catalog Number
V50283
ISBN (eBook)
9783638465304
ISBN (Book)
9783638684682
File size
504 KB
Language
German
Keywords
Beziehungen, Herausbildung, Weltordnung, Lichte, Theorie, Internationale, Beziehungen
Quote paper
Julia Merkel (Author), 2004, Beziehungen zur USA und die Herausbildung einer neuen Weltordnung von 11.9.1989 - 11.9.2001 in der neorealistischen und der neoinstitutionalistischen Theorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50283

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