Überführung des Diebstahls durch verdeckte Videoüberwachung. Ist eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt?

Eine Betrachtung des Urteils BAG 21.06.2012, 2 AZR 153/11


Trabajo Escrito, 2019

14 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Darstellung des Sachverhalts
2.1 Diebstahl von Zigarettenpackungen
2.2 Verhaltensbedingte Kündigung
2.3 Videoüberwachung im Unternehmen

3 Aufzeigen der Problematik

4 Darlegung der Entscheidung des Gerichts
4.1 Urteil Bundesarbeitsgericht
4.2 Verweis auf weitere Urteile

5 Konsequenzen und Empfehlungen für die Praxis

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Erklärung

Die männlichen Sprachformen, Begriffe und Inhalte bitte ich wertneutral und die weibliche Form immer mit einschließend zu verstehen.

1 Einleitung

In den Medien wurden in den vergangenen Jahren mehrmals Fälle von Kündigun- gen des Arbeitsverhältnisses diskutiert. Oft ist davon die Rede, dass ein Diebstahl eines Pfandbons oder einer Zigarettenpackung nicht schwer betriebsschädigend seien und der Unternehmer diesen Vorfall finanziell verkraften kann. Weitere Per- sonen sind der Meinung, dass dadurch ein Vertrauensverlust zwischen Arbeiter und Unternehmer entsteht und eine Kündigung nachvollziehbar ist. Doch was spricht die Justiz zu einem derartigen Fall, wenn der Diebstahl nicht persönlich, sondern durch eine verdeckte Videoüberwachung überführt wurde. Hat eine solche fristlose ver- haltensbedingte Kündigung bestand?

Um diese Frage zu beantworten wird das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes Erfurt aus dem Jahr 2012 näher betrachtet. Das Revisionsurteil, welchem das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18.11.2010 vorausgeht, behandelt die Unzulässig- keit einer verhaltensbedingten Kündigung. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses wurde aufgrund eines Diebstahls ausgesprochen, welcher allerdings nur über uner- laubte Videoüberwachung aufgezeichnet wurde und nicht persönlich beobachtet wurde. Gegen diese Kündigung hat die Mitarbeiterin Klage eingereicht. Das Material einer Videoüberwachung unterliegt dem Bundesdatenschutzgesetz und dem Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers.

Nachfolgend wird der Sachverhalt, welcher die Kündigung hervorgerufen hat, ge- nauer erläutert und das allgemeine Verfahren bei fristlosen Kündigungen sowie der Videoüberwachung im Unternehmen näher betrachtet. Nach dem Aufzeigen von kri- tischen Punkten im besprochenen Vorfall, wird das Urteil detailliert beleuchtet. Zu- sätzlich wird auf ähnliche Urteile und Geschehnisse Bezug genommen. Abschlie- ßend werden Konsequenzen und Empfehlungen für die Praxis gezogen mit dem Ziel, solche Klagen in Zukunft vorzubeugen.

2 Darstellung des Sachverhalts

Um den rechtlichen Hintergrund genauer beleuchten zu können, wird der Vorfall selbst betrachtet. Darauf aufbauend werden Eigenschaften und Besonderheiten der fristlosen Kündigung sowie der Videoüberwachung im Unternehmen erläutert.

2.1 Diebstahl von Zigarettenpackungen

Das Urteil des 2. Senats, welches dieser Hausarbeit zugrunde liegt, behandelt den Fall einer Kündigung einer Verkäuferin. Die zu diesem Zeitpunkt stellvertretende Filialleiterin reichte Kündigungsschutzklage gegen das bundesweit tätige Einzelun- ternehmen ein.1

Die Verkäuferin, welche über zehn Jahre im Betrieb war, hat Zigarettenpackungen aus dem Bestand des Arbeitgebers entwendet, worauf sie fristlos, hilfsweise fristge- recht, gekündigt wurde. Die Ausschlussfrist von zwei Wochen (§ 626 Abs. 2 BGB) wurde eingehalten. Dieses Vergehen wurde jedoch nicht persönlich von Kollegen oder dem Filialleiter beobachtet, sondern durch eine verdeckte Videoüberwachung überführt. Das Material wurde unter Beisein eines Betriebsratsmitgliedes ausgewer- tet. Die vor der Entlassung stehende Person hatte den Diebstahl erst bestritten. Das Einzelunternehmen rechtfertigt die Videoüberwachung mit steigenden Diebstahls- zahlen und dem Verdacht von Mitarbeiterdiebstählen. Die Zustimmung für die Über- wachung wurde vom Betriebsrat eingeholt. Ebenso erhielt der Arbeitgeber von der Arbeitnehmervertretung die Zustimmung der fristlosen Kündigung.2

Trotz des langjährigen problemlosen Arbeitsverhältnisses sah der Arbeitgeber kei- nen Grund die Kündigung zurückzunehmen und es bei einer Abmahnung zu belas- sen. Daraufhin reichte die Mitarbeiterin innerhalb von drei Wochen (§ 4 S.1 KSchG) Kündigungsschutzklage ein, da in ihren Augen eine verdeckte Videoüberwachung nicht gerechtfertigt ist und die dadurch gewonnenen Bilder nicht als Beweis heran- gezogen werden dürfen. Das Arbeitsverhältnis hat durch die Kündigungsschutz- klage weiterhin Bestand und eine fristlose Kündigung hat keine Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis. Da der Verkäuferin auch hilfsweise fristgerecht gekündigt wurde, hat diese Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen nun Bestand. Das beklagte Unternehmen äußert sich dazu, dass durch das Bildmaterial eindeutig nachweisbar ist, dass die Verkäuferin an mindestens zwei Tagen Zigaretten entwendet hat. Als Begründung für die Überwachung im Kassenbereich dient die oben beschriebenen steigenden Diebstahlszahlen im Tabakbereich.3

Bevor die Problematik in diesem Fall und das resultierende Urteil erläutert wird, muss zum besseren Verständnis auf die Kündigung, insbesondere der verhaltens- bedingten Kündigung und der Videoüberwachung im Unternehmen eingegangen werden.

2.2 Verhaltensbedingte Kündigung

Ein Arbeitsvertrag kann zweiseitig, einseitig oder durch sonstige Gründe, wie den Tod eines Arbeitnehmers beendet werden. Ein Aufhebungsvertrag stellt zum Bei- spiel eine beidseitige Vereinbarung dar. Generell muss eine Kündigung schriftlich erfolgen und der Betriebsrat befragt werden. Diese muss dem Arbeitnehmer bei ei- ner außerordentlichen Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach dem Kündi- gungsgrund zugehen. Mit dem Erhalt der Kündigung gilt das Arbeitsverhältnis als beendet. Bei ordentlichen Kündigungen schützt die Kündigungsfirst den Arbeitneh- mer vor der sofortigen Arbeitslosigkeit.4

Es wird zwischen verschiedenen Kündigungsgründen laut § 1 KSchG unterschie- den. Genannt werden hier die verhaltensbedingte, personenbedingte oder die be- triebsbedingte Kündigung. Im vorliegenden Fall liegt eine außerordentliche verhal- tensbedingte Kündigung auf Grund einer Störung im Vertrauensbereich vor. Weitere Möglichkeiten sind die Leistungsstörung aufgrund schlechter Leistung, eine Störung in der betrieblichen Ordnung anhand einer Beleidigung oder auch eine Verletzung der Nebenpflichten. Ein wichtiger Grund nach § 626 BGB ist das Indiz dafür. Den- noch müssen bei jeder Kündigung eine Interessensabwägung und eine Verhältnis- mäßigkeitsprüfung vollzogen werden. Der Arbeitnehmer kann daraufhin eine Kün- digungsschutzklage erheben. Damit das Arbeitsverhältnis nicht beendet wird, muss diese Klage laut § 4 S. 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach dem Zugang der Kündigung erfolgen.5

2.3 Videoüberwachung im Unternehmen

Will der Arbeitgeber eine Videoüberwachung im Unternehmen installieren, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG. Des Weiteren fallen unter diesen Paragraphen auch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats über eine Telefondatenerfassung oder eine Zeiterfassung.

Außerdem sind hier das Grundgesetz, die DSGVO und das Bundesdatenschutzge- setz betroffen. Die Kameras müssen für einen konkret festgelegten Zweck installiert werden. Im aktuellen Fall ist dies der Verdacht von Zigarettendiebstahl durch Mitar- beiter. Dennoch darf das Recht am eigenen Bild sowie das Recht auf Selbstbestim- mung nicht missachtet werden. Eine Überwachung im Unternehmen muss daher bei den Mitarbeitern angekündigt werden und auch beschrieben werden, welche Bereiche zu welchem Zeitpunkt gefilmt werden. Das Arbeitsgericht Erfurt urteilte, dass diese Ankündigung beim Mitarbeiter nicht zwingend erforderlich ist, wenn der Verdacht einer Straftet der betreffenden Person im Raum steht und diese auf kei- nem anderen Weg aufgedeckt werden kann.6

[...]


1 Vgl. Bundesarbeitsgericht, 2012.

2 Vgl. Bundesarbeitsgericht, 2012.

3 Vgl. Kreft, Beckerle, Berger, Falke & Rachor, 2012.

4 Vgl. Rechtsanwälte, A. 2019

5 Vgl. Rechtsanwälte, A. 2019.

6 Vgl. Boegelein, 2019.

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Detalles

Título
Überführung des Diebstahls durch verdeckte Videoüberwachung. Ist eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt?
Subtítulo
Eine Betrachtung des Urteils BAG 21.06.2012, 2 AZR 153/11
Universidad
University of Würzburg
Calificación
2,0
Autor
Año
2019
Páginas
14
No. de catálogo
V503785
ISBN (Ebook)
9783346041425
ISBN (Libro)
9783346041432
Idioma
Alemán
Palabras clave
Arbeitsrecht, verhaltensbedingte Kündigung, Diebstahl, verdeckte Videoüberwachung, Jura, Wirtschaftsrecht
Citar trabajo
Simon Wagner (Autor), 2019, Überführung des Diebstahls durch verdeckte Videoüberwachung. Ist eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/503785

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