Typische Phänomene der Jugendsprache in Kuba

Eine empirische Analyse


Thèse de Bachelor, 2019

132 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Jugendsprache als Forschungsgegenstand
2.1 Definition von Jugendsprache und der Begriff der Jugend
2.2 Jugendsprache als Varietät?
2.3 Stand der Jugendsprachforschung
2.4 Jugendsprache im spanischsprachigen Raum
2.5 Jugendsprache in Kuba

3 Empirische Untersuchung
3.1 Methodisches Vorgehen
3.2 Analyseergebnisse
3.2.1 Begrüßung und Anredepronomina
3.2.2 Verstärker und Bewerter
3.2.3 Neologismen
3.2.4 Entlehnungen
3.2.5 La bolita
3.2.6 Metaphern und Wortspiele
3.2.7 Piropos
3.2.8 Schimpfwörter und Fluchen
3.2.9 Musik und Liedtexte
3.2.10 Interjektionen
3.2.11 Mimik und Gestik
3.2.12 Onomatopoetika

4 Aktualisierung des Forschungsstands

5 Fazit und Zusammenfassung der Ergebnisse

6 Bibliographie

7 Anhang
7.1 Fragenkatalog
7.2 Interview I
7.3 Interview II
7.4 Interview III
7.5 Interview IV
7.6 Interview V
7.7 Interview VI
7.8 Interview VII
7.9 Interview VIII
7.10 Interview IX
7.11 Interview X
7.12 Interview XI
7.13 Bilder: Mimik und Gestik

8 Wortregister

1 Einleitung

Ein besonderes sprachliches Phänomen ist die Jugendsprache: Sie wird von den aktuellen Medien beeinflusst und befindet sich in ständigem Wandel. Die Jugendlichen grenzen sich damit vom Rest der Gesellschaft ab und konstruieren ihr eigenes Sprachsystem.

Diese Arbeit setzt sich mit der Jugendsprache in Kuba auseinander, einer Varietät, die trotz scheinbarer Isolation in ständigem Wandel ist und durch Musik, Literatur und Film beeinflusst wird. Die Jugendsprache in Kuba zeichnet sich durch ihre schnelle Veränderlichkeit aus: ihre Sprecher sind extrem von dem Medium Musik beeinflusst und nehmen Wörter und Sätze in ihre tägliche Sprache auf. Ein weiterer Punkt ist die außerordentliche Kreativität der Jugendlichen, neue Wörter zu bilden und ein ständiges, spontanes Wortspiel. Jedes Jahr kommen neue Wörter dazu und andere kommen aus der Mode. In meiner Arbeit möchte ich den Forschungsstand über die Jugendsprache, im Speziellen auf die Situation in La Habana anwenden und durch ihre soziolinguistische Beschreibung auf den neusten Stand bringen. Da es über die Jugendsprache in Kuba keine aktuellen Studien gibt, habe ich mir zum Ziel gesetzt, auf diesem Terrain neue Schritte zu wagen. Als Vergleichsgröße dient mir dabei die Untersuchung von Natascha Remmert (2002). Während eines Aufenthalts in Kuba erstelle ich einen neuen, aktuellen Korpus durch gezielte Leitfadengespräche. Ich möchte die aktuelle kubanische Jugendsprache kennenlernen und herausfinden wie die Jugendlichen heutzutage in Kuba, genauer in La Habana sprechen und was sich in den letzten, fast 20 Jahren verändert hat. Welche Besonderheiten ergeben sich aus der oben genannten Forschung für die Jugendsprache im kubanischen Kontext? Unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen kommunizieren Jugendliche in Kuba heute? Gibt es Kontinuität und/oder Wandel in der kubanischen Jugendsprache seit der Studie von Remmert (2002)?

Zuerst sollte definiert werden was Jugendsprache überhaupt ist und wer als „jugendlich“ gilt. Hierzu stelle ich in 2.1 verschiedene Methoden, Konzepte und Theorien des aktuellen Forschungsstands vor. Danach werde ich das Diskussionsthema der Jugendsprache als Varietät im Kapitel 2.2 aufgreifen und in 2.3 genauer auf die Jugendsprache in der spanischsprachigen Welt und spezifischer in Kuba eingehen. In Kapitel 3 werde ich die Methode meiner empirischen Analyse erläutern und in 3.2 die Ergebnisse der Analyse wie eine „kleine Grammatik“ vorstellen. Diese gliedert sich in insgesamt 12 Unterkapitel. In Kapitel 4 werde ich meine Ergebnisse mit denen von Natascha Remmert vergleichen und somit den Forschungsstand aktualisieren. Zum Schluss werde ich die Ergebnisse nochmals reflektieren und in Kapitel 5 zu einem finalen Ergebnis zusammenfassen. Im Anhang befindet sich ein alphabetisches Wortregister, in dem alle vorgestellten Jugendwörter aufgezählt und übersetzt werden.

Das Ziel dieser Arbeit ist es, typische Phänomene der aktuellen kubanischen Jugendsprache darzustellen, zu erläutern, linguistisch zu beschreiben und soziolinguistisch zu kontextualisieren. Da es sich in der vorliegenden Untersuchung um eine empirische Arbeit handelt, sind Textbeispiele im laufenden Text sowie die transkribierten Interviews im Anhang zu finden.

Zu beachten ist, dass die Jugend in der Hauptstadt Kubas, La Habana, sehr vielfältig ist. An der Universität studieren Jugendliche aus dem ganzen Land wodurch die Sprache sehr verschieden und von regionalen Dialekten geprägt ist.

2 Jugendsprache als Forschungsgegenstand

Wie Neuland feststellt ist Jugendsprache „kein Phänomen der Neuzeit“ (Neuland 2018: 43). Ende des 19. Jahrhunderts gab es bereits erste Studien über die deutsche Schüler- und Studentensprache von Kluge (1895) und Meier (1894), welche die Charaktere und die Lexik dieser Gruppensprache herausarbeiteten.

Aufgrund politischer Gegebenheiten kam es zwischen ca. 1930 bis 1960 zu einer Forschungslücke in der Jugendsprachforschung (vgl. Neuland 2018: 148). In den 60er Jahren wurde die Jugendsprache hauptsächlich als Gefahr gesehen. Man ging von einem sprachlichen Verfall aus und kritisierte die Sprache der Jugend. Problematisch waren stets der fehlende Korpus und das Fehlen einer „wahren linguistischen Betrachtung“ (Michaelis 2014: 10). Der Schwerpunkt der Forschung lag bis dato auf „de[m] Sammeln und etymologische[n] Erklären eines jugendspezifischen Wortschatzes, der in Bezug zur Allgemeinsprache gesetzt wurde“ und auf dem „Sammeln von Wörtern“ (Baumann 2001: 8). Nach einem Vortrag von Helmut Henne in den 80er Jahren über das Thema Jugendsprache nahm das Interesse an der Jugendsprache internationale Dimensionen an. 1982 stellen sich Forscher die Frage: „Spricht die Jugend eine andere Sprache?“ (Neuland 2018: 49). Vor allem im europäischen Raum war die öffentliche Aufmerksamkeit und das Interesse an der Jugendsprache sehr hoch. Ende der 80er Jahre kommt es zu einer Neuorientierung, einem „Paradigmenwechsel von der Lexikographie hin zu der so genannten Ethnographie des Sprechens“ (Schlobinski 2002: 17). Schlobinski erweitert die fünf Phasen der Jugendsprachforschung nach Lapp (1989):

die Vorläufer: historische Studenten- und Schülersprache

die fünfziger Jahre: „Halbstarken-Chinesisch“

die sechziger Jahre: „Teenagerdeutsch“

die siebziger Jahre: „APO-Sprache“, „Szene- Sprache“ und „Schülerdeutsch“

die achtziger Jahre: „Die große Vielfalt“

um die neunziger Jahre: „der Mythos von der Jugendsprache“ und „jugendliche

Sprachregister und Sprachstile“ (vgl. Schlobinski 2002: 15).

Regelmäßig fanden internationale Fachkonferenzen zum Thema Jugendsprache statt, so zuletzt 2016 in Graz. Den aktuellen Stand der Jugendsprachforschung werde ich in 2.3 weiter erläutern.

2.1 Definition von Jugendsprache und der Begriff der Jugend

Eine klare Definition der Jugend und Jugendsprache ist schwierig und eine strikte Alterseingrenzung kaum möglich, denn es gibt Divergenzen in diesem Bereich. Im Folgenden werde ich die Sichtweisen verschiedener Sprachforscher darstellen und im Anschluss in 2.2 eine eigene Definition von Jugendsprache aufstellen, an der ich mich in dieser Arbeit orientiere.

Die Unterteilungen der Sprechalter erfolgen nach unterschiedlichen Kriterien: „manchmal nach dem numerischen Alter“ und manchmal nach soziologischen, also nach „biologischen und gesellschaftlichen Kriterien“ (vgl. Sinner 2014: 151). Auffällig ist, dass spanische Publikationen die Altersgrenze der Jugend viel später setzen als Deutsche, was persönliche und soziale Gründe hat, da Jugendliche aus finanziellen Gründen meistens länger bei ihren Eltern leben (vgl. Wieland 2008: 104).

Nach Henne ist die Jugend „eine bestimmte Phase im Lebenslauf eines Menschen“ (Henne 2009: 201). Er grenzt diese Phase der Jugend vom 12. oder 13. Lebensjahr, also der biologischen Geschlechtsreife bis zum 25. Lebensjahr ein, bei dem die soziale Reife erreicht werden sollte. Jugendlich ist nach Henne also, „wer die biologische Reife erlangt hat, aber noch nicht die soziale Reife“ (ebenda, S.202). Nach Henne wollen Jugendliche sich abgrenzen und entwickeln eine neue Sprache um von Außenstehenden nicht verstanden zu werden. Man kann auch von einer „Identitätsfindung“ (Henne 1986: 237) sprechen. Jugendliche Gruppenmitglieder neigen dazu, „die vorgegebene Sprache in der Gruppe zu verändern“ (Henne 2009: 205). Die Standardsprache wird „schöpferisch abgewandelt“ und „stereotypisiert“. Henne bezeichnet sie weiter als „spielerisches Sekundärgefüge“, welche Elemente wie Anrede, Namen, Redensarten und Metaphern beinhaltet (ebenda, S.208).

Eine zweite Definition von Jugendsprache erfolgt nach Androutsopoulos: Er sieht die Jugendsprache als altersspezifisches und soziokulturelles Phänomen, denn der Jugendbegriff sei „nicht biologisch, sondern sozial fundiert“ (Androutsopoulos 1998: 4). Er grenzt das Alter der Jugend von der Pubertät bis zum 25. Lebensjahr oder sogar zum 30. Lebensjahr ein. Zu beachten ist nach Androutsopoulos außerdem, dass „nicht alle Jugendlichen Jugendsprache sprechen“ (ebenda, S.4) und dass es „so viele Jugendsprachen wie Jugendgruppen gibt“ (ebenda, S.5). Gruppensprache ist für ihn eine Identifikation und Abgrenzung von der Gesellschaft: „sie bestätigt die Gruppenzugehörigkeit und grenzt von anderen sozialen Gruppen ab“ (ebenda, S.35). Jugendliche sprechen ihre eigene Sprache. „Die Verwendung von Jugendsprache setzt also Gleichaltrigkeit und symmetrische Beziehungen zwischen den Kommunikationspartnern voraus“ (ebenda, S.45). Nach Schlobinski, Kohl und Ludewigt (1993) spielen hierbei unterschiedliche Parameter eine Rolle: der Grad der Intimität innerhalb der Gruppe, der Strukturierungsgrad der Situation und der Grad der emotionalen Atmosphäre (vgl. Androutsopoulos 1998: 45). Außerdem sei Jugendsprache abhängig vom Gesprächsthema (ebenda, S.46). Zusammenfassend kann man sagen, dass „Jugendsprache als altersspezifische Teilmenge von Umgangssprache“ gesehen wird (ebenda, S.3).

Bei Henne als auch bei Androutsopulos spielen Begriffe wie “Peer-groups“ (Gruppe Gleichaltriger) oder “Age-grading“ eine wichtige Rolle. Bei letzterer handelt es sich um das Zusammenspiel des “youth register“ mit „nicht-standardsprachlichen Varianten“ in der Jugendsprache (vgl. Androutsopoulos 1998: 48). Zehn Jahre später stellt Wieland die These auf, dass

„Jugendliche [weniger] die Absicht haben, sich mit ihrer Sprache von anderen Jugendlichen oder Erwachsenen abzugrenzen, sondern dass sie mit Themen und Regeln eher spielerische Experimente durchführen und ihre sprachlichen und diskursiven Kompetenzen erproben.“ (Wieland 2008: 95).

Santana (2008) stellt in ihrer Arbeit mehrere Charakteristika von Jugendsprache vor: darunter die Heterogenität, denn es gibt so viele Jugendsprachen wie Jugendgruppen; die Alterspezifika, denn Jugendsprache ist ein vom Faktor Alter bestimmtes Phänomen; die Gruppenidentifizierung, die als Abgrenzung und Identitätsfindung gesehen werden kann und die Situationsspezifika, denn Jugendsprache wird nur innerhalb der Gruppe und mit Gleichaltrigen gesprochen. Weitere Charakteristika sind die Substandardsprachlichkeit und Mündlichkeit, denn Jugendsprache wird gesprochen und nicht geschrieben; die Schnelllebigkeit, denn Jugendsprache ist ständig im Wandel; ihre sprachlichen Ebenen (Phonologie, Syntax, Morphologie etc.) und die veränderte Lexik und Stigmatisierungen (vgl. Santana 2008: 19 f.). Charakterisiert wird die Jugendsprache durch spezifische Sprechformen, Neuworte, Neubedeutung, Neubildung und ihren schnellen Wandel (vgl. ebenda, S.8).

Ergänzen lassen sich diese um die Charakteristiken nach Zimmermann und Müller- Schlomka (2000): Nach ihnen betrifft Jugendsprach alle sprachlichen Elemente, entsteht in Situationen mündlicher Kommunikation und hat durch ihre spielerische Art ludischen Charakter. Die Jugendsprache dient der Abgrenzung als Gruppe und der Identifizierung mit dem Jugendlichsein. Außerdem stellen sie fest, dass die Schöpfer und Sprecher hauptsächlich männlich sind, aber immer mehr Mädchen beginnen, Jugendsprache zu sprechen. Jugendsprache verändert sich schnell und ist in ständigem Wandel: die jugendlichen Sprecher werden erwachsen und die nächste Generation entwirft eine neue Jugendsprache (vgl. Zimmermann & Müller-Schlomka 2000: 41 f.).

Natascha Remmert fasst Jugendsprache zusammen als „die Sprache junger Menschen, die die Altersgruppe von 18- bis 27- Jahren einschließt.“ (Remmert 2002: 202). Auch in der Varietätenlinguistik von Sinner (2014) wird der Jugendbegriff diskutiert. Es sei zu beachten, dass

„Jugend nicht lediglich als Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter angesehen werden kann. Charakteristisch für Jugend ist die Existenz innerer Konflikte, die Suche nach eigener Identität und der damit verbundenen Abgrenzung von anderen.“ (Sinner 2014: 154).

2.2 Jugendsprache als Varietät?

Eugenio Coseriu unterscheidet drei Ebenen der Sprache: die universelle, die historische und die individuelle (Coseriu 1992: 250). Eine historische Sprache beispielsweise ist nicht homogen, sondern weist „interne Varietäten“ auf (ebenda, S. 280). Diese sind diatopische, diastratische und diaphasische Unterschiede. Coseriu bezeichnet die Jugendsprache als diaphasische Varietät (Sinner 2014: 67 und S.150). Er sieht Sprache als ein „Diasystem“, „ein komplexes System von Subsystemen charakterisiert, das nach verschiedenen Varietätendimensionen differenziert ist“ (Becker 2013: 278). Darunter „Dialekte, Niveaus und Sprachstile“ (vgl. Coseriu 1992: 283). Diese kann man auch als „Architektur der Sprache“ bezeichnen, welche laut Coseriu jede Sprache besitzt.

Heute wird die Jugendsprache jedoch hauptsächlich als diastratische Varietät betrachtet. „Jugendsprache ist aufgrund der Zugehörigkeit ihrer Sprecher zur sozialen Gruppe der Jugendlichen erstrangig als diastratisch anzusehen; nachrangig ist sie diaphasisch, da die Sprecher in Abhängigkeit von den Gesprächspartnern bzw. der Situation Jugendsprache gebrauchen. Ist im Deutschen die Klassifizierung als Varietät inzwischen häufig, so sind in manchen Sprachen Ausdrücke wie Register, Stil, Argot und Slang häufiger.“ (Sinner 2014: 154). Sinner zeigt also, dass Varietäten nicht abgrenzbar sind und meistens zusammen funktionieren. So kann man Jugendsprache nicht nur durch die diastratische Dimension beschreiben, sondern auch durch die diaphasische und diatopische. Wo soziokulturelle Unterschiede herrschen entstehen Soziolekte, je nach Alter, Beruf oder Geschlecht. „Diastratische Varietäten zeigen sich vor allem in Sprachgemeinschaften, in denen große Bildungsunterschiede zwischen den einzelnen sozialen Schichten herrschen.“ (Sinner 2010:4).

Nach Zimmermann und Müller-Schlomka ist Jugendsprache „keine Sprache im linguistischen Sinne“ (Zimmermann & Müller-Schlomka 2000: 41), sondern eine diaphasische Varietät, die von Jugendlichen geschaffen wird.

Wieland ergänzt, dass Jugendsprache nähesprachlich markiert ist, da sie in der Kommunikation zwischen Jugendlichen entsteht (vgl. Wieland 2008: 102).

Henne und Androutsopoulos bezeichnen Jugendsprache außerdem als „Sekundärvarietät“, da sie auf das Jugendalter begrenzt ist und „nach der Primärsozialisation einsetzt“ (Santana 2008: 13).

Remmert erinnert abermals daran, dass nicht alle Jugendlichen die Jugendsprache nutzen und man nicht von einer „Gesamtjugendsprache“ sprechen kann. Jugendsprache ist also auch eine Gruppensprache und wird nur von einem spezifischen Teil der Jugend gesprochen. Durch ihre Abgrenzung vom Rest der Gesellschaft kann Jugendsprache auch als „Sondersprache“ gesehen werden. Da Jugendsprache ständig in Bewegung ist und es eine „ständige Innovation“ gibt kann sie auch als „inhomogene Varietät“ bezeichnet werden (Remmert 2002: 203).

Man kann Jugendsprache also zusammenfassend als „Varietät, Soziolekt, Gruppensprache oder auch Sondersprache“ bezeichnen (Santana 2008: 16), die sich durch ihre Heterogenität, Altersspezifik, Schnelllebigkeit etc. charakterisiert.

Neuland erscheint es zutreffender, die Sprache der Jugend aus soziokultureller Sicht als „(Sprech-)Stil“ zu beschreiben (Neuland 2018: 105) als von einer Varietät zu sprechen. Sie entwirft das Modell des multidimensionalen Varietätenraums, welches in die vier Schichten von Coseriu: diachronische, diatopische, diastratische und diaphasische Varietät aufgeteilt ist (vgl. ebenda, S. 103).

Fest steht: Jugend und Jugendsprache werden unterschiedlich definiert und das Alter der Jugend ist schwer einzugrenzen. Persönlich schließe ich mich der Definition von Neuland an, da auch ich die Jugendsprache als „ein mündlich konstituiertes, von Jugendlichen in bestimmten Situationen verwendetes Medium der Gruppenkommunikation“ (Neuland 2018: 78) kennengelernt habe. Zusammenfassend ist Jugendsprache also eine Gruppensprache, die hauptsächlich mündlich und in bestimmten Situationen zwischen Jugendlichen verwendet wird. Jedoch spielen heute die neuen Medien eine große Rolle und Jugendsprache kann auch schriftlich, z.B. in Chats stattfinden. Das Alter der Jugend ist schwer einzugrenzen, da jede Person unterschiedlich reift und sich somit keine konkrete Altersskala festlegen lässt. Außerdem ist Jugendsprache individuell und von Faktoren wie Geschlecht, Alter oder dem sozialen Milieu abhängig.

2.3 Stand der Jugendsprachforschung

„Kinder- und Jugendsprache stehen schon länger im Blickpunkt der Sprachwissenschaft, vorrangig der sogenannten Alterslinguistik, die sich mit dem Sprachstand und -gebrauch in verschiedenen Lebensaltern auseinandersetzt […] .“ (Sinner 2014: 150).

Die Jugendsprachforschung befindet sich aktuell in großem Aufschwung. Nach der letzten internationalen Fachkonferenz zum Thema Jugendsprache gab es erst kürzlich neue Veröffentlichungen zum Thema. 2016 wurden international beispielsweise Schwerpunkte wie „Jugendsprache in urbanen Zentren“, „Jugendsprache und Empirie“ oder „Jugendsprache und Medien“ thematisiert (Universität Graz 2016) und somit konkreten Fragestellungen nachgegangen. Bis heute hat sich auf dem Gebiet der Jugendsprachforschung viel getan, jedoch stehen noch viele Fragen offen und viele Bereiche sind ungeklärt (vgl. Neuland 2018: 36f.). In den folgenden Kapiteln werde ich der Frage nachgehen, was bisher erforscht wurde und den aktuellen Forschungsstand in Form eines Themenkatalogs darstellen.

In Deutschland begann die Blütezeit der Jugendsprachforschung im 20. Jahrhundert: es gibt Wörterbücher zur Jugendsprache und der Verlag Langenscheidt bringt jedes Jahr das „Jugendwort des Jahres“ heraus. Auch Hermann Ehmann veröffentlicht in den 90er Jahren mehrere Bücher zur Jugendsprache, die jedoch hauptsächlich Unterhaltungsfunktion haben.

Jugendbegriff:

Wie in 2.1 erläutert, wurde der Jugendbegriff ausführlich diskutiert und die Altersgrenzen immer wieder verschoben. Auch der Begriff der Jugendsprache wurde ausführlich betrachtet.

Sprachwandel:

Bei den internationalen Fachkonferenzen wird die Jugendsprache hauptsächlich auf internationaler Ebene betrachtet und Themen wie Sprachkontakt und Sprachwandel behandelt. Auch Neuland (2018) betrachtet recht ausführlich den geschichtlichen Kontext und die historische Entwicklung der Jugendsprache in Deutschland und diskutiert wichtige Themen, wie den Sprachverfall oder Verständigungsprobleme zwischen den Generationen. Sie legt folgende Schwerpunkte der Jugendsprachforschung fest: Jugendsprache als historisches Phänomen, als Entwicklungsphänomen in der Sprachbiographie, als Gruppenphänomen, als Medienphänomen, als internationales Phänomen, als Sprachkontaktphänomen und Phänomen des Sprachbewusstseins. Jedoch liegt der Schwerpunkt auf der Lexik. Außerdem stellt sie verschiedene Arten der Jugendsprachforschung vor, darunter Pragmatik, Lexikographie, Ethnographie, Sprechstilanalyse und Kulturanalyse.

Lexik und Lexikographie:

Der Fokus der Untersuchungen lag meist auf dem Bereich der Lexik und untersuchte den Sonderwortschatz der Jugendlichen und den sich verändernden Wortschatz. Androutsopoulos (1998) untersucht in seiner linguistischen Beschreibung geschriebene Texte von Jugendlichen zwischen 18 und 30 Jahren. Außerdem untersucht er Sekundärquellen, zu denen informelle Interviews und Gesprächsausschnitte sowie Daten aus teilnehmenden Beobachtungen zählen. Hierbei wird hauptsächlich die Lexik, unterteilt in Wortbildung, Phraseologie und Wortschatz, analysiert. Im Forschungsbereich der Lexikographie erstellt Heinemann (1989) wörterbuchartige Listen, in denen sie Wörter und Redewendungen der Jugend der 80er Jahre darstellt und erläutert.

Pragmatik und Phraseologie:

Nach ausfühlichen, lexikalischen Betrachtungen, kamen die Bereiche Pragmatik und Phraseologie hinzu, die Redewendungen, Sprüche etc. analysieren. Weitere Aspekte sind Begrüßung und Anrede sowie Partikel, Interjektionen, Intensivierer und die typische Hyperbolik der Jugendsprache. Häufig werden außerdem Sprachspiele untersucht.

Henne (2009) untersuchte die Jugendsprache in den 80er Jahren. Hierbei werden hauptsächlich die oben genannten pragmatischen Aspekte analysiert. Henne fragt nach konkreten Beispielen, Anreden und Spitznamen. Er befragt 536 Jungen und Mädchen der Klassenstufen 8 bis 11 mithilfe von Fragebögen mit offenen Fragen. Die Befragten stammen von verschiedenen Schulen und aus unterschiedlichen Klassenstufen. Ferner führt Henne Interviews mit 12 Freiwilligen über das Thema der „spezifischen Bezeichnungen“ durch.

Soziolingustische Beschreibung:

Zu beachten ist, dass der soziale Bereich immer mehr in den Vordergrund rückt. Die Heterogenität der Jugendsprache und somit seine soziolinguistischen Faktoren (Alter /Geschlecht/ Bildungsgrad) werden immer genauer betrachtet (vgl. Neuland 2018: 147).

Methoden:

Die angewandten Methoden im Bereich der Jugendsprachforschung sind vielfältig und haben sich in den letzten Jahren stets weiterentwickelt. Zu den beliebtesten zählen der Fragebogen, Interviews oder Leitfadengespräche sowie teilnehmende Beobachtungen. Durch modernste Techniken wird es mit den Jahren immer leichter, Interviews aufzunehmen, zu transkribieren und somit auszuwerten.

2019 soll die nächste Fachkonferenz in den Niederlanden stattfinden und deshalb wird es vermutlich bald neue Erkentnisse geben.

2.4 Jugendsprache im spanischsprachigen Raum

Die Jugendsprachforschung machte in der Vergangenheit international große Fortschritte. Im hispanischen Raum jedoch gab es vergleichsweise immer wenige Analysen auf diesem Gebiet. Die bisherigen Arbeiten befassen sich hauptsächlich mit der lexikalischen Ebene.

Wieland (2008) untersucht ausführlich die Jugendsprache in Barcelona, also die katalanische Jugendsprache. Sie erstellte ihren Korpus mit Hilfe von Fragebögen, aber auch Gesprächsaufzeichnungen und anderen mündlichen und schriftlichen Medien. Sie untersucht die lexikalisch-semantische Ebene, die morphosyntaktische Ebene sowie die phonetisch-phonologische Ebene. 2003 nahm sie dafür an verschiedenen Schulen in Barcelona an Arbeitsgruppen teil und führte teilnehmende Beobachtungen durch. Diese Gespräche in Kleingruppen nahm sie verdeckt auf. Die Gesprächsthemen hierfür hatte sie vorab in 144 Fragebögen herausgefiltert. Den Fragebögen konnte sie außerdem konkretes Textmaterial entnehmen, wie SMS oder E-Mail Beispiele.

Jakub Slodowicz (2009) untersucht die Jugendsprache in Cádiz. Er ist der Meinung, dass sich die Jugendsprachforschung hauptsächlich auf Großstädte, „urbane Zentren des Landes“ (Slodowicz 2009: 8) beschränkt und analysiert deshalb die Sprache in einer kleineren Provinz. Er behandelt die Aspekte Phonetik, Morphosyntax und Lexik. Letzterer wird spezifischer betrachtet und gliedert sich in Anredeformen, Schimpfwörter, Sonderwortschatz etc.

Lexik, Lexikalischer Vergleich und Wortschatz:

Ältere Analysen stammen in Spanien von Rodríguez González (1989). In dem Sammelband „Comunicación y lenguaje juvenil” werden verschiedene Themen von unterschiedlichen Autoren zum Thema Jugendsprache diskutiert. Der Schwerpunkt liegt auf dem Bereich der Lexik. Félix Rodríguez González (1989) stellte darin die „lenguaje y contracultura juvenil: anatomía de una generación” vor und Manuel Casado Velarde (1989) den „Léxico e ideología en la lengua juvenil”.

Fajardo (1991) erstellt eine ausführliche, wörterbuchartige Liste des jugendsprachlichen, madrilenischen Wortschatzes und auch Baumann (2001) betrachtet den Bereich der Lexik genauer und fertigt ein Glossar in Form eines Wörterbuchs mit dem jugendlichen Wortschatz an. Zimmermann und Müller-Schlomka (2000) beschäftigen sich mit der Jugendsprache in Mexiko im Vergleich zu Spanien. Hier vergleichen sie bereits erstellte Vokabellisten der beiden Länder miteinander und untersuchen bzw. vergleichen so den Wortschatz der Jugendsprache in Spanien mit der in Mexiko. Aus Kolumbien gibt es eine Studie, die konkret Gespräche Jugendlicher aus Medellin analysiert: „Analisis estructural de dos conversaciones coloquiales del lenguaje juvenil medellinense, representadas en medios audiovisuales” (Gallego & Andrea 2012). In Puerto Rico veröffentlicht Sandra Ramos 2004 einen Beitrag über die Jugendsprache: „Estudio de actividades de los jóvenes sobre la jerga juvenil”. Auch in anderen Teilen Südamerikas ist die Jugendsprachforschung im letzten Jahrzehnt fortgeschritten. Jedoch sind die Themenbereiche immer sehr spezifisch. So gibt es in Mexiko beispielsweise eine Arbeit über das Wort chingar: „¡Chingar tu madre! El uso del verbo chingar y sus derivados entre los jóvenes de la Ciudad de Mexico” (Jakobsen 2012). In Chile gibt es eine Arbeit über den Tabuwortschatz: „El uso de palabras tabúes en el lenguaje juvenil de Santiago de Chile y Oslo” (Hernes 2011). Aus Kolumbien gibt es ein recht aktuelles Wörterbuch über den Gebrauch des parlache „Diccionario de uso de parlache“ von Naranjo Casteñeda und Stella Luz (2015).

Medien:

Eine wichtige Rolle auf dem Untersuchungsgebiet der Jugendsprache spielen die heutigen Medien. So untersucht Silvia Betti (2006) in „La jerga juvenil de los SMS“ beispielweise die SMS Sprache und Elena Santillán (2009) in „Digitale Jugendkommunikation in der Informationsgesellschaft: Spanisch, Italienisch und Deutsch im Vergleich“ die digitale Jugendsprache. Gemma Herrero (1989) stellt den „coloquio juvenil en los comics marginales“ vor, in dem sie den aktuellen jugendlichen Wortschatz in Comics analysiert.

Morphologie:

Alejandro Fajardo (1991) schreibt in der Zeitschrift „Lebende Sprachen“ über die „jerga juvenil española“. Er thematisiert den Bereich der Morphologie, genauer „la sufijación“ (Fajardo 1991: 170), wo die häufigsten „-ata“, „-eto“ und „-ota“ sind. Ein weiteres Phänomen sind „composición(es)“, „palabras truncadas“, „palabras baúl“, „desplazamiento de significados”, „derivaciones” und ein ständiges „juego de palabras” (ebenda, S.170).

Phonetik:

Petra Baumann (2001) untersucht in „Das Cheli heute - Jugendsprache in Madrid“ den madrilenischen Jargon der Jugend und behandelt kurz die Themen Phonetik und Syntax. Der Schwerpunkt liegt jedoch auch hier auf der Lexik.

Soziokultuelle und soziolinguistische Beschreibung:

Es gibt einen Artikel, in dem auf soziokultureller Ebene analysiert wird, ob Jungen und Mädchen bei Themen wie Sex und Liebe unterschiedlich sprechen: „¿Hay diferencias de género cuando los jóvenes madrileños hablan del amor y del sexo?: Un estudio pragmático sociocultural del lenguaje coloquial entre jóvenes de Madrid.“ (Wahlberg Lindstedt 2014). Auch in der Analyse von Rodríguez González (1989) spielen soziologische Aspekte eine Rolle. In Argentinien beschäftigt sich Murolo (2012) mit der Identität und Sprache der jungen Cumbieros „¿Qué es lo cumbiero en la identidad juvenil cumbiera?”.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bisherige Studien sich hauptsächlich mit der Lexik und dem besonderen Wortschatz beschäftigt haben. Problematisch sind das Fehlen von Korpora, zu wenige Informanten und die Schwierigkeiten bei der Feldforschung.

2.5 Jugendsprache in Kuba

Leider gibt es keine aktuellen, ausführlichen Studien über die Jugendsprache in Kuba. Die letzten stammen von vor über 10 bzw. 20 Jahren. Diese dienten mir als Vergleichsgröße und ich werde sie in diesem Kapitel genauer erläutern. Der veraltete Forschungsstand ist äußerst bedauerlich, wenn man bedenkt, dass das öffentliche Interesse an der kubanischen Kultur und somit auch der Jugend und ihrer Sprache aktuell sehr groß ist. Gründe für die fehlenden Forschungen sind unter anderem das Fehlen von Material und Korpora. Außerdem gibt es nur eine geringe Menge an Sprachmaterial und es fehlt an Belegsammlungen. Es heißt auch, dass Linguisten vor Ort sich weigern, da sie sich mit der Ideologie auseinandersetzen müssten. Die Kubaner sind sehr nationalstolz und haben Angst vor einem Sprachverfall (vgl. Santana 2008: 28).

Sprachverfall:

In Kuba wurde in der Vergangenheit die Sprache der Jugend kritisiert und als Problem gesehen, da sie angeblich zum Sprachverfall führt. In dem Artikel „Hablar sobre el hablar“ von Mirta Rodríguez Calderón (1985), einem ursprünglichen Zeitungsartikel in der Zeitung „Granma“, wird die Jugendsprache kritisch betrachtet und als Problem gesehen. Sie folgt der Frage ob heute schlechter gesprochen wird als früher (Achtung, der Artikel ist von 1985) und appelliert an die Jugend, besser zu sprechen. Laut ihr sei die Jugend heute kreativer als früher und die neuen Erfindungen seien so stark wie nie. Jugendsprache wird in den 80er Jahren also hauptsächlich als Problem gesehen. Die Kubaner sind stolz auf ihre Sprache, ihre Varietät des kubanischen Spanisch und deshalb ist die Sprachpolitik und die defensa de la lengua sehr groß. Weitere Artikel über den Sprachverfall stammen von Figueroa (1985) und Camacho Barreiro (1992), zu welchen ich jedoch keinen Zugriff hatte. Außerdem soll es ein Wörterbuch geben, das die kubanische Jugendsprache erklärt, das „Diccionario que debe llevar en el bolsillo quien quiera entender el lenguaje de alguna parte de nuestra juventud” (1859).

Die letzten mir bekannten Studien stammen von 2002 und 2008. In einer vorherigen Arbeit habe ich diese letzten Studien zur Jugendsprache in Kuba, die von Natascha Remmert (2002): Jugendsprache im Havanna der 90er Jahre und die empirische Analyse von Cathérine Santana (2008) analysiert und aktualisiert. Hier kam ich zu dem Ergebnis, dass sich in den letzten Jahrzehnten bereits einiges an der Sprache der Jugendlichen verändert hat. Viele Wörter und Ausdrücke, die genannt wurden sind aus der Mode, andere werden wohl für immer im Wortschatz der Jugendlichen verankert bleiben. Alles was in den Studien zur Jugendsprache genannt wird ist korrekt und relativ aktuell, jedoch ließen sich zu beiden Arbeiten einige Informationen hinzufügen. Beide benutzen die Methode der Interviews beziehungsweise Leitfadengespräche.

Santana (2008) diskutiert ausführlich den Jugendbegriff und stellt den aktuellen Stand der Jugendsprachforschung dar. Sie analysiert die lautliche Ebene, die morphosyntaktische Ebene, die lexikalisch-semantische Ebene und die pragmatische Ebene. Den größten Raum nimmt auch hier die lexikalische Ebene ein, die sich hauptsächlich mit dem Jugendwortschatz beschäftigt.

Lexik:

Da ich meine Forschung an der Arbeit von Natascha Remmert orientiert habe und anschließend meine Ergebnisse mit ihren Ergebnissen von 2002 vergleichen möchte, fasse ich die von ihr behandelten Themengebiete und Erkenntnisse nochmals zusammen. Natascha Remmert interviewt 1998 über 28 Jugendliche in La Habana. Deswegen kann man von einer Zeitdifferenz von 20 Jahren sprechen. Ihre Untersuchungsergebnisse gliedern sich in 7 Hauptthemen: Die Begrüßung, Funktionen der Anrede im Diskurs, Interjektionen, Onomatopoetika im Diskurs, Intensifier/Verstärker und Bewerter, Phraseologismen und Lexikalische Quellen Jugendlichen Sprachgebrauchs. Das letzte Thema gliedert sich in: Anglizismen und Xenismen, Mode und Marken, Einflüsse aus dem habla popular, Einflüsse aus dem Caló, la Charada, Metaphern und Metonymie, Kurzwortbildungen, Wortklassenwechsel, Lexeme (die nicht im Wörterbuch zu finden sind) sowie Anmachsprüche, auch Piropos genannt.

Beim Akt der Begrüßung nennt Remmert „¿Qué volá?“ oder „¿Qué vuelta?“ (ebenda, S.212). Anredeformen sind asere, colega, compadre, consorte, ecobio, hierro, monina, monstuo, socio etc. Als Interjektionen werden coño und coñó, sowie Candela, Pinga und Ey genannt. Zum Thema der Onomatopoetika nennt Remmert: pa pa pa, brrr, ding ding ding ding, uuuooo, gang und guaguagua. Der häufigste Verstärker ist das Präfix super- oder súper- (ebenda, S.218). Außerdem werden die Verstärker tremendo/a, tocá/o, sowie atómico/a, suave, mortal und pingado/a genannt. Bei den Phraseologismen nennt Remmert verschiedene Konstellationen aus Adjektiv und Substantiv, mit den Verben ser und estar, sowie adverbiale Phraseologismen (ebenda, S.220 ff.). Remmert nennt eine Reihe von Anglizismen. Darunter: barman, bicycle, bisne, change, fei, gai, moni, parti, teacher, bróder, fuck, my friend sowie Phraseologismen und Verbbildungen. Aus dem Italienischen stammen zum Beispiel: a capella, el soldi und amici. Markennamen sind Nike(s), Adidas und Lacoste. Des Weiteren nennt Remmert eine Reihe von Wörtern mit Ursprung aus dem habla popular, dem Caló, sowie Metaphern. Aus der Charada, also dem Glücksspiel, nennt sie caballo (1), monja (5), pesca (10), bomba (20), tierra fina (25), medio tronco (50), 1 pata (100) und 1 luca (2000). Beispiele zur Kurzwortbildung sind: mari, moto, pre, profe und cleto (ebenda, S.232). Beim Wortklassenwechsel, bei dem „Verben auf der Basis von Substantiven“ (ebenda, S.232) gebildet werden nennt sie rompear, guitarrear und discotequear. Um einen direkten Vergleich zu stellen, habe ich meine Befragten nach denselben Wörtern gefragt, nach ihrer Bedeutung und ob sie ihnen bekannt sind. Die Ergebnisse werden in Kapitel 4 erläutert.

Es ist auf jeden Fall an der Zeit den Stand der Jugendsprachforschung in Kuba zu aktualisieren. Vor Ort war es leider sehr schwer an Studien und Forschungen über Jugendsprache zu kommen. Die Universitätsbibliothek ist nicht so modern, wie ich es gewohnt bin und es war generell sehr schwierig an Bücher und Informationsmaterial zu kommen. Auf inoffiziellen Internetseiten sind durchaus interessante Artikel zu finden, die die Umgangssprache und die Jugendsprache in Kuba beschreiben. Außerdem sind einige Amateurvideos zu finden, in denen jugendliche Kubaner interviewt werden.

3 Empirische Untersuchung

In dieser Arbeit werde ich mich, orientierend an den Studien von Natascha Remmert (2002) und Helmut Henne (2009), mit abgewandelten Fragen Interviews führen. Die Methode wird in 3.1 erläutert und in Kapitel 3.2 werden die Ergebnisse in Unterkapiteln vorgestellt, kritisch analysiert und ausgewertet. Da die vorliegende Untersuchung eine empirische Arbeit ist, sind Textbeispiele im laufenden Text, sowie die transkribierten Interviews im Anhang zu finden.

3.1 Methodisches Vorgehen

Durch Leitfadengespräche, auch teilstrukturierte Interviews genannt, erstellte ich meinen eigenen Korpus. Mit Hilfe eines Fragenkatalogs gelang es mir die Gespräche in eine bestimmte Richtung zu lenken, in denen sprachliche Phänomene in Kombination mit kulturellen Phänomenen wie z.B. Geschlechterrollen, die Diskurstradition des Piropo, die Rolle der Medien usw. gezielt erfragt werden. Bei diesem Fragenkatalog orientierte ich mich an den Fragen von Natascha Remmert sowie denen von Helmut Henne und passte diese an meine Anforderungen an. Die Interviews wurden mit dem Handy als Sprachmemos aufgezeichnet, später transkribiert und ausgewertet. Die Auswertung besteht darin, auffällige, mir unbekannte Wörter im Wörterbuch nachzuschlagen und der Frage nachzugehen, ob es sich dabei um ein jugendsprachliches Wort handelt und zu recherchieren wo sein Ursprung liegen könnte. Meine Zielgruppe für die Interviews sind SchülerInnen, StudentInnen und Berufstätige; allgemein Jugendliche zwischen 16 und 28 Jahren in La Habana. Ich untersuche die Gesamtjugendsprache, also den Prototypen und keine spezifische Jugendgruppe. Nicht alle Interviewpartner sind in der Hauptstadt geboren, sondern oft bedingt durch das Studium zugezogen. Die Befragten haben einen verschiedenen Bildungsgrad, sind unterschiedlichen Geschlechts und stammen aus vielfältigen sozialen Schichten. Da es, wenn man Menschen nicht kennt, schwer ist ihren sozialen Status zu erfragen, habe ich die soziale Schicht nach den Wohnvierteln, aus denen sie stammen und dem Bildungsweg eingeteilt. So sind die Studenten, die hauptsächlich in Vedado oder in Studentenwohnheimen wohnen aus einem sozial starken Milieu. Die Befragten aus Centro Habana und Miramar, die nicht studiert haben, aus einem vergleichsweise sozial schwachen Umfeld.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabbelle 1

In der Wissenschaft unterscheidet man zwischen quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden. Die durchgeführten Leitfadeninterviews sind Teil der qualitativen Methodik. In ihrem Interesse liegen vor allem weitgehend unbekannte oder auch zu wenig analysierte Phänomene und dessen „Verstehen[s]“ (vgl. Roos & Leutwyler 2011: 157). Im Anschluss an den Forschungsprozess sollten sich bestenfalls neue Perspektiven aus den gesammelten Daten ergeben, die gegebenenfalls zu einer Hypothesenbildung beitragen können (vgl. ebenda, S. 302 f.). Leitfadeninterviews sind offen gestaltete Befragungen mit einem zuvor festgelegten Fragenkatalog, welcher die Konversation strukturiert. Die offen gestellten Fragen ermöglichen durch ihre narrative Dimension an tieferliegende Informationen zu gelangen und den Sprecher frei erzählen zu lassen (vgl. Roos & Leutwyler 2011: 216). Weitere Vorteile sind die Flexibilität für den Interviewer, der sich zwar an der Reihenfolge der Fragen orientieren kann, diese aber auch nach Belieben flexibel ändern kann und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Man beachtet außerdem die Anzahl der Personen „die in einem Interview gleichzeitig befragt werden“ (ebenda, S. 216) und unterscheidet zwischen Einzel- und Gruppeninterview. Teil der qualitativen Studie ist außerdem das Beobachten einer Zielgruppe über längere Zeit. Bei meiner Feldforschung wurden über 3-4 Wochen Interviews, Beobachtungen und Dokumentenanalysen mit Jugendlichen unterschiedlichen Alters durchgeführt. Ich nutzte die Form des teilstrukturierten Interviews und führte sowohl Einzel- als auch Gruppeninterviews durch.

Die phonetischen Merkmale der kubanischen Jugendsprache stimmen mit denen der kubanischen Varietät überein. Im Folgenden werde ich einige typische Merkmale erläutern, die mir während der Interviews aufgefallen sind. Transkribiert habe ich, exakt wie die Jugendlichen gesprochen haben, also nicht immer grammatikalisch korrekt, mit Lücken, Pausen und Füllwörtern. Häufig war hier beispielsweise der Ausdruck no sé, welcher Unsicherheit ausdrückt, aber auch pues, sabes, entonces, etc. Phonetische Abweichungen habe ich korrigiert oder in Klammern die korrekte Aussprache ergänzt. Wie in vielen Teilen Südamerikas und in Andalusien ist die Aspirierung der s-Laute typisch, welche wie ein /h/ klingt.

Beispiel: ehtá statt está

Auffällig in La Habana ist das Ersetzen des /l/ durch das /r/.

Beispiel: a burto statt a bulto

Sowie das Verschlucken des /r/ und das Weglassen der Endkonsonanten.

Beispiel: de veda statt de verdad und pá statt para

Aber auch der Anfangskonsonanten: ¿Qué (b)olá?

Eine weitere Auffälligkeit ist die Assimilation, das Wegfallen des intervokalen /d/:

Beispiel: ná (nada) tó (todo) molía (molida) salvajá (salvajada) calá (calada).

3.2 Analyseergebnisse

Die Sprache der Jugend wird von vielen Faktoren beeinflusst. Bei der Beschreibung von Jugendsprache muss man laut Remmert folgende Faktoren berücksichtigen: soziale Faktoren, ethnische Herkunft, Gruppenzugehörigkeit, soziale Schicht, Schulbildung, Alter, Geschlecht usw. (Remmert 2002: 203). Ich befragte zwischen Mai und Juni 2019 insgesamt 13 Jugendliche zwischen 16 und 28 Jahren in La Habana (die zwei versteckten Aufnahmen nicht mit eingerechnte). Die Mehrheit davon waren Studenten, viele von ihnen zugezogen aus den umliegenden Provinzen, andere sind in La Habana geboren und aufgewachsen.

3.2.1 Begrüßung und Anredepronomina

Eine typische und fundamentale Begrüßungsformel in Kuba ist:

¿Asere qué bolá?

asere: hermano, amigo (DEDC1: Persona con quien media una relación de amistad)

¿Qué bolá?: ¿Cómo estás? ¿Qué tal? (Wird jedoch inzwischen von der ganzen

Gesellschaft verwendet) lässt sich mit „Was geht?“ übersetzen.

¿Qué vuelta?

Aber auch ¿Qué inventas? oder ¿Pá qué (tú) estás?

Häufige Anredepronomen sind:

el mío

consorte (DEDC: Persona con quien media una relación de amistad)

hermano (DEDC: Se usa para dirigirse a una persona en tono de confianza)

bro (DEDC: bróder: Se usa para dirigirse a un hombre en tono de confianza)

Ecobio und nagüe haben die selbe Bedeutung und werden hauptsächlich in der Provinz Oriente verwendet.

asere

Asere wird als Wortwitz auch als conjunto de monos apestosos bezeichnet.

Mi hijo / mi hija oder mijo / mija in Santa Clara auch vejigo zum Ansprechen eines Jungen oder eines Mädchens.

Häufige Partnerbezeichnungen / Kosenamen sind:

mi amor

mi cosita

mi vida

cosa / cosita

mi linda

mami / papi

tati / tata / tatita / tatica (im DEDC jedoch definiert als: Se usa para dirigirse o referirse al padre propio o al de otras personas)

bebe

bebesito / bebesita

caramelito / pastelito

jeva/o (im DEDC jedoch mit B. jeba : mujer und jebo/a : Con respecto a una persona, persona que mantiene relaciones sexuales con ella sin vínculo matrimonial)

jevito / jevita

Yogui y Boo (aus einer Zeichentrickserie)

Diese Kosenamen hängen sehr stark von der Fantasie des Paares ab.

Auffällig sind hierbei die Suffixe, also Diminutiv- und Augmentativformen:

-ito/-ita: Adriansito

-ote/-ota: Adriansote

3.2.2 Verstärker und Bewerter

In der kubanischen Jugendsprache wird bei jeder Gelegenheit übertrieben. Häufig werden das Präfix super- oder der Partikel súper verwendet:

(Interview V) - superliberal, superabierto

(Interview IV) - supercrazy, superloco

(Interview VII) - superinteresante, superlinda y superdifícil

Auch das Adjektiv tremendo/a ist beliebt:

(Interview V) - Ño, esás metido en tremenda movie.

(Interview X) - Tremenda pieza.

Um Personen oder Dinge zu beschreiben ist aktuell tiza modern.

Ser tiza (geschrieben auch: tixa) / todo tiza = súper, wobei das /d/ wegfällt und tó ausgesprochen wird.

(Interview XI) - Tiza molía. Significa que está buena.

Auch das Adjektiv chévere, welches viele verschiedene, positive Bedeutungen hat wird verwendet, um Personen zu beschreiben:

Ser chévere / eres muy chévere = estupendo, buenísimo, persona con buen carácter

(Interview I) - Eres muy chévere.

Oder das Adjektiv tocado, wobei das /d/ verschluckt und als tocao ausgesprochen wird:

Ser tocado / eres muy tocado = estar bien o bueno ist sehr beliebt.

Um eine Person zu werten wird außerdem ein augmentatives Suffix (auf -ón / -ona / -ote)

oder ein diminutives Suffix (-ito / -ita) verwendet:

(Interview I) - Adriansote

(Interview IX) - Fuertón

(Interview I) - Mi cosita

(Interview II) - Bebesito, bebesita

Der Ausdruck Estar de pinga kann eine gutaussehende Person oder eine Situation beschreiben. Je nach Kontext kann er jedoch positiv oder negativ wertend sein:

(Interview III) - ¡Estás de pinga!

(Interview VII) - ¡Pinga qué rico!

¡Pinga! (im DEDC: pinga: Se usa para expresar de modo rotundo, negación o rechazo / de pinga: a un asunto: díficil de tratar o de resolver)

3.2.3 Neologismen

Die besondere integrative Fähigkeit und Kreativität der Jugendsprache, die Bereitschaft zur Schaffung von Neologismen, der Gebrauch von Lehnwörtern, der Wechsel zwischen verschiedenen Sprachen usw. führen zu sprachlichen „Grenzüberschreitungen“ (vgl. Wieland in: Sinner 2014: 157). Die meisten Neologismen haben ihren Ursprung in Liedtexten, Filmen oder Serien. Deshalb werden sich einige in dem Kapitel 3.2.9 Musik und Liedtexte wiederholen und werden dort auch genauer erklärt.

bajanda

Bedeutung: Das Gerundium bajando wird geändert in fem. und somit dem Reim angepasst. Außerdem: inflanda, acabanda, originanda, copianda etc.

Der Ausdruck date bajanda kann hier als vete übersetzt werden und bedeutet so viel wie „Hau ab!“.

Ursprung: Chocolate MC „Bajanda“ 2018

hacer poh (poh poh poh)

Bedeutung: gustar, matar

Ursprung: Yomil y el Dani „To’Gucci to’Durako“ 2019

durako / durakita andar durako

(Interview VII) – Andar durako. Que se viste bien, que se tira fotos y esas cosas así.

Bedeutung: estar bien / vestirse bien

Ursprung: Yomil y el Dani „To’Gucci to’Durako“ 2019

rocasón

Bedeutung: Genre rock + son

Ursprung: Sein Ursprung könnte in dem Titel des Musikalbum von Gerardo Alfonso von 1997 liegen.

dracarys

Bedeutung: jódete / pinga

Ursprung: Hat seinen Ursprung in der Serie Game of Thrones und bezeichnet dort fuego de dragón. Es sind die Worte der Drachengöttin.

tiza (geschrieben auch: tixa)

Bedeutung: estar súper bien / estar bueno o buena

Ursprung: unbekannt

parrandear / irse de parranda

Bedeutung: salir de fiesta

Ursprung: parranda bedeutet auf Deutsch Musikkapelle oder umgangssprachlich auch

„Remmidemmi“

ñiqui-ñiqui

Beudeutung: hacer el amor

Ursprung: Computerspiel Sims

cuchi-cuchi

Beudeutung: hacer el amor

Ursprung: Die Bedeutung des Wortes cuchi (-cuchi) wird in mehreren Foren diskutiert. Für viele sind es einfach nur Streicheleinheiten oder Kitzeln und muss keine sexuelle Bedeutung haben.

3.2.4 Entlehnungen

Bereits Ende des 18. Jahrhunderts, durch die britische Besetzung Havannas, gelangten Anglizismen in die Lexik Kubas. Später, 1898 geriet Kuba unter die Kontrolle der Vereinigten Staaten und ist deshalb geprägt von Anglizismen. Viele sind fest in der Sprache verankert (vgl. Mähler 2011). Einige Anglizismen z.B. aus dem Sport und der Informatik sind fest in der Sprache integriert. Eine wichtige Rolle spielt hier aktuell auch die anglophone Musik sowie Serien, Filme und andere Medien, aus denen die Jugendlichen Wörter adaptieren. Aufällig bei den nun folgenden Entlehnungen ist, dass außer den Afrikanismen, keine im DEDC genannt werden.

Anglizismen:

reality (show)

hobbies

bro

online

freak

salir de party

particiar

money

bullying

fan

múisca pop

movie

crazy

break

(Interview VII) - Dame un break.

(Interview X) - Dame un break ahí.

time

(Interview VII) - Dame un time.

boom

(Interview VII) - […] Está en el boom.

Thank you

Okey

What’s up?

babe

You are welcome

My friend

deep

(Interview X) - […] Me quiere llevar a lo más deep.

Italienisch:

soldi

laboro

amici

ancora

Im Zuge der Kolonialisierung brachten die Spanier afrikanische Sklaven auf die Insel, welche verschiedene Dialekte sprachen. Viele Wörter wurden übernommen und so entstanden die sogenannten Afrikanismen. Afrikanismen sind hauptsächlich in der Umgangssprache und bei der jungen Generation zu finden. Viele gelten als vulgär und werden zum Großteil auf der Straße benutzt. Einige jedoch sind in der habla culta sowie der habla popular allgemein gebräuchlich. Diese werden hauptsächlich für Götter, ethnische Gruppen, Musikgenres, Tänze, Nahrungsmittel, Musikinstrumente und kulinarische Gerichte gebraucht (vgl. Diekmann 2002: 38 f.). Aktuell leben in La Habana viele afrikanischen Studenten, die hauptsächlich im Bereich der Medizin tätig sind. Diese bringen ihre Sprache und ihre Musik, sogenannte Afrobeats mit, welche wiederum die Sprache der Jugend beeinflussen.

Afrikanisch:

asere

chévere

nagüe

Kolumbianisch:

parcero

pana Mode/Marken:

Supreme

Viele Entlehnungen kommen außerdem aus dem kolumbianischen Spanisch und dem brasilianischen Portugiesisch. Die Sprecher beziehen diese aus kolumbianischen und brasilianischen Serien, jedoch hauptsächlich die ältere Generation.

Der Einfluss ist außerdem abhängig von Faktoren wie dem persönlichen Interesse, der Familie, dem Studium etc. Die Studenten der FLEX2, die Englisch oder Deutsch studieren verwenden immer wieder Wörter dieser Sprachen. Ein Befragter hat Familie in Italien und ist deswegen eng mit der italienischen Sprache und italienischen Lehnwörtern verbunden. Jugendliche, die viel englische Musik hören und regelmäßig Serien in englischer Sprache schauen, verwenden hingegen häufiger Anglizismen.

3.2.5 La bolita

Bei der bolita handelt es sich um eine Art Geheimsprache, die beim illegalen Glücksspiel zwischen den Teilnehmenden gesprochen wird, aber auch auf dem Schwarzmarkt oder der Lotterie. Hierbei handelt es sich um ein Zahlensystem. Den Jugendlichen ist dieses Zahlensystem hauptsächlich aus der Tourismusbranche bekannt, denn viele Einheimische wollen von Touristen mehr kassieren als üblich. Deshalb verwenden einige Kubaner unter sich diese Zahlwörter, um nicht verstanden zu werden. Von Außenstehenden wird diese Sprache meistens nicht verstanden, aber viele Jugendliche kennen sich in diesem Gebiet aus oder haben davon gehört, benutzen sie jedoch selbst nicht. Einige der Zahlen haben ihren Ursprung im Chinesischen Glücksspiel, andere wurden einfach erfunden.

Genannt wurden lediglich:

Monja: 5 CUC

Pescado: 10 CUC

3.2.6 Metaphern und Wortspiele

Auffällig bei der Sprache der Kubaner, vor allem unter den Jugendlichen, ist die Lust am Spiel mit Worten und Lauten. Gespräche sind immer mit sehr viel Ironie verbunden und in jeder möglichen Situation wird ein Wortwitz oder ein Wortspiel mit eingebaut. Auch der bekannte chucho, das chotear oder der bonche spielen hier eine wichtige Rolle, diese lassen sich am ehesten vergleichen mit sich gegenseitig necken oder „dissen“.

Beispiel :

A: Él parece una barrita.

B: Y tú pareces un pollo con el pelo así.

A: Como yo le digo a él maricón.

B: Y yo como le digo a este no resinges más.

(Interview IX)

Auch die Bedeutungsveränderung von Lexemen ist ein beliebtes Mittel.

Einzelwörter :

So werden als pedales die Schuhe bezeichnet, zapatos (DEDC: pedal: pie muy grande de una persona).

Lima ist das Hemd (DEDC: camisa del hombre).

Bala kann Hose aber auch Geld bedeuten (pantalón o dinero).

Lupos ist die Sonnenbrille, gafas de sol.

Und als bleco wird umgangssprachlich der berühmte Malecón bezeichnet.

Barco ist eine faule Person (DEDC: Persona irresponsable que no cumple con sus compromisos).

Una pincha oder auch diminutiv pinchita ist die Arbeit, el trabajo. Dieser Begriff ist ebenfalls im DEDC zu finden und wird definiert als : trabajo remunerado.

(Interview III) - Me busco una pinchita por ahí.

Pirarse bedeutet vulgär gehen, irse (DEDC: ir en pira: marcharse de un lugar).

Auch ir echando wird häufig verwendet (DEDC: ir echando: marcharse de un lugar). El gao ist das Haus.

(Interview III) - Me voy pal gao.

Im DEDC wird gao definiert als: lugar en el que vive una persona. Seinen Ursprung hat es laut diversen, nicht offiziellen Internetquellen aus dem Germanischen.

Empingado/a hat eine doppelte Bedeutung und ist kontextabhängig. Es kann beudeten, wütend oder sauer zu sein, estar molesto/a oder auch, dass jemand oder etwas toll oder geil, durísima ist. (Interview III) - Este teléfono está empingado, está muy bueno.

O […] está durísima. (DEDC: irritado, de malhumor o encolerizado)

Despingarse (DEDC: 1.Golpear 2.Cansar mucho alguien o algo a una persona 3.Romper o destruir algo) bedeutet hier auch hinfallen.

(Interview II) - […] te caíste. Decimos te despingaste.

Anstelle von curda kann auch curdete verwendet werden (DEDC: curdar: ingerir bebidas alcólicas en gran cantidad) und als jamaliche wird jemand bezeichnet der viel isst.

(Interview IV) - […] alguien que come mucho.

(DEDC: jama: comida para seres humanos und jamaliche: Persona que come en exceso).

Calentar bedeutet, eine Situation aufheizen, auch abordar. (Interview V) - Sofía calentó el lugar.

(DEDC: calentura: sentimiento de irritación, malhumor o cólera)

Als labia wird eine Person bezeichnet, die viel spricht, una persona que habla mucho.

(Interview VI)

Wie bererits in 3.2.2 erwähnt, spielt aktuell der Begriff tiza eine wichtige Rolle. Er beschreibt nicht nur ein schönes Mädchen, sondern kann als tiza molida auch als „Müll“ übersetzt werden.

(Interview VII) - Lo que estás hablando es tiza molida.

Ein Bus, die Guagua kann außerdem als aspirina bezeichnet werden (DEDC: aspirina: autobús pequeño […] ).

Nota ist ein Synonym für borracho (DEDC: estado de ebriedad). Und estar en nota bedeutet estar borracho (DEDC: ligeramente ebrio).

(Interview VIII)

Anstatt atómico kann auch descomunal verwendet werden.

Empingado/a bedeutet wütend oder sauer sein, embollado/a jedoch verliebt sein, aber eher in das weibliche Geschlecht, als in die Person selbst.

(Interview IX)

[...]


1 DEDC: Diccionario del Español de Cuba. Haensch und Werner (2000).

2 Facultad de Lenguas Extranjeras

Fin de l'extrait de 132 pages

Résumé des informations

Titre
Typische Phänomene der Jugendsprache in Kuba
Sous-titre
Eine empirische Analyse
Université
Humboldt-University of Berlin  (Fremdsprachliche Philologien)
Note
1,3
Auteur
Année
2019
Pages
132
N° de catalogue
V504624
ISBN (ebook)
9783346053671
ISBN (Livre)
9783346053688
Langue
allemand
Annotations
Hallo! Viel Spaß beim Lesen meiner empirischen Arbeit, bei der ich mit Interviews gearbeitet habe.
Mots clés
typische, phänomene, jugendsprache, kuba, eine, analyse
Citation du texte
Sofia Martinez (Auteur), 2019, Typische Phänomene der Jugendsprache in Kuba, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/504624

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