Methoden zur Überarbeitung von Texten in der Grundschule. Die "Textlupe" im Praxistest


Dossier / Travail, 2018

22 Pages, Note: 1,7

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Problemstellung und Zielsetzung

2. Grundlagen und Begrifflichkeiten

3. Methode der Textlupe

4. Kritische Analyse
4.1 Einflussgröße: Kooperatives Überarbeitungsverfahren
4.1.1 Peer-Gruppe
4.1.2 Peer-Feedback
4.2 Einflussgröße: Medium Schriftlichkeit
4.3 Einflussgröße: Distanz
4.4 Einflussgröße: Instruktionshinweise
4.5 Einflussgröße: Schreibaufgabe
4.6 Einflussgröße: Flexibilität
4.6.1 Medium
4.6.2 Sozialform
4.6.3 Verfahren

5. Fazit

6. Empfehlungen an die Lehrperson

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Problemstellung und Zielsetzung

Schreiben ist eine unabdingbare Fähigkeit des Menschen, um mit anderen Individuen in Austausch treten zu können, und gleichzeitig ist diese unbedingt notwendig, um gesellschaftliche Teilhabe erfahren zu dürfen. Somit lässt sich das Schreiben auch als Grundwerkzeug der Interaktion des Menschen bezeichnen. Analog hierzu lässt sich festhalten, dass eine verminderte Schreibkompetenz die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben einschränkt. Besonders für Schüler und Schülerinnen stellt dieser Mangel eine Gefahr für die Gestaltung ihrer Zukunft dar.

Die wichtigste Konsequenz, welche sich daraus ableiten lässt, ist, dass sich der moderne Schreibunterricht in der Grundschule intensiver als bisher mit der Schreibkompetenz der Schüler und Schülerinnen beschäftigen muss. Bei der Vermittlung der Schreibkompetenz rückt der Schreibprozess in den Vordergrund des Geschehens, welcher sich aus den drei Subprozessen Planen, Formulieren und Überarbeiten, zusammensetzt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit und der damit verbundenen Aufgabenstellung gilt es, den Subprozess des Überarbeitens näher zu betrachten.

Das Überarbeiten ist in den prozessbezogenen als auch in den inhaltsbezogenen Kompetenzen des Faches Deutsch im Bildungsplan der Grundschule 2016 verankert und explizit gefordert. Die Standards für inhaltsbezogene Kompetenzen erwarten, dass die Schüler und Schülerinnen der Klassen 1 und 2 dazu befähigt werden, ihre Texte im Hinblick auf ästhetische Gestaltungsmerkmale zu untersuchen und allgemein Hinweise, zur Revision ihrer Texte zu berücksichtigen. Diese Kompetenzen sollten, gemäß Bildungsplan, in den Klassen 3 und 4 vertiefend angebahnt werden, sodass es den Kindern möglich ist, ihr Geschriebenes sowohl inhaltlich, als auch sprachlich, zu überarbeiten (Vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport 2016, S. 14 und 24-25).

Trotz dieser Allgegenwärtigkeit in dem komplexen, sich ständig wiederkehrenden Schreibprozesses und seiner Verankerung im Bildungsplan, findet das Überarbeiten lediglich geringe Anerkennung in der Unterrichtspraxis und daher wenig Anwendung. Als Konsequenz hieraus ergibt sich für das Unterrichtsgeschehen, dass der Schreibprozess im Regelfall mit dem Formulieren endet und jegliche Revision des Textes hierbei unbeachtet bleibt. Bislang ist es für die Unterrichtspraxis üblich, dass eine Berichtigung des Geschriebenen durch die Schüler und Schülerinnen erst im Anschluss an die Beurteilung und Revision durch den Lehrkörper erfolgt. Bei einer Verbesserung oder Berichtigung durch den Lehrkörper ist die Motivation für den Schüler oder die Schülerin kaum gegeben. Grund hierfür ist, dass die Schüler und Schülerinnen keinen Sinn darin sehen, sich erneut mit dem von ihnen verfassten Text auseinanderzusetzen, da die Lehrkraft die aufgetretenen Fehler bereits markiert hat. Wohingegen eine Berichtigung ausschließlich am Produkt orientiert ist und nach falsch oder richtig fragt, ist eine Überarbeitung unmittelbar während, oder nach einer gewissen zeitlichen Distanz, in den Schreibprozess eingebettet. Bei Letzterer lässt sich nach gelungen und weniger gelungen differenzieren. Dieser Vorgang ist strikt vom Subprozess des Überarbeitens zu differenzieren. Auf Grundlage eben getätigter Aussagen lässt sich feststellen, dass im deutschen Bildungswesen ein Defizit an der Förderung dieses Subprozesses besteht, welcher die Grundlage für das Verfassen eines gelungenen Textes bildet. Eine durch diese Praxis auftretende Problematik ist, dass die Schüler und Schülerinnen das Verständnis entwickeln, dass eine Textrevision hauptsächlich die Korrektur von Grammatik und Rechtschreibung beinhaltet, wodurch häufig die Relevanz einer Überarbeitung für das Endergebnis unbeachtet bleibt (Vgl. Fix 2000, S. 5 und Fix 2006, S. 164 und Günther 2013, S.32-34).

Im Rahmen dessen muss angemerkt werden, dass auf Basis der bereits dargelegten Gründe eine gezielte Förderung, sowie ein regelmäßiges Einüben dieses Subprozesses in der Schule unermesslich ist und für alle künftigen Schreibprozesse eine unabdingbare Basis darstellt.

Bei der Umsetzung dieses Subprozesses in die Praxis, gilt es sich einer Methode zur Textrevision zu bedienen, welche zur Textoptimierung führt. In vorliegender Arbeit soll, basierend auf der aufgeführten Problemlage, aufgezeigt werden, ob sich die Textlupe als praktikables Werkzeug erweist, um den Subprozess des Überarbeitens in der Grundschule zu fördern, und damit oben genannten Defiziten entgegen zu wirken.

Um diese Frage im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu beantworten, gilt es zunächst, die grundlegenden und inhaltlich wichtigen Begrifflichkeiten zu erläutern und in den Kontext des relevanten Themenbereiches einzuordnen. Im Anschluss daran werden die Einflussgrößen, welche die Arbeit mit der Textlupe beeinflussen, voneinander differenziert und unabhängig voneinander aufgrund theoretischer Grundlagen und empirischer Studien der Revisionsforschung und der Schreibprozessforschung kritisch analysiert. Im Anschluss an dieses Vorgehen soll das Zusammenspiel der einzelnen Prozesse bewertet werden, um so eine Aussage darüber treffen zu können, ob und inwieweit sich die Textlupe in der Grundschule als Revisionswerkzeug und zur Förderung der damit verbunden Kompetenzen als sinnvoll erweist.

2. Grundlagen und Begrifflichkeiten

Um den Sachverhalt, welcher in den folgenden Kapiteln dargelegt wird, besser erfassen zu können, gilt es zunächst, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit relevanten Begrifflichkeiten zu erörtern. Daneben konzentriert sich dieser Abschnitt auf die zentrale Funktion des Überarbeitens als Teil des Schreibprozesses.

Sowohl die moderne Schreibforschung, als auch die moderne Schreibdidaktik, rücken in den letzten Jahrzehnten zunehmend den komplexen Schreibprozess in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Gemäß Hayes & Flowers Schreibprozessmodell1 aus dem Jahre 1980, beinhaltet der Schreibprozess die drei Subprozesse des Planens, des Formulierens und des Überarbeitens 2. Während der Phase des Planens werden sowohl Ideen und Informationen geordnet, als auch das Schreibziel für die zu bewältigende Arbeit ermittelt. In der Formulierungsphase werden die Gedanken ständig weiterentwickelt und versprachlicht, sowie Widersprüche des zuvor Niedergeschriebenen revidiert. Diese bereits in der Phase der Formulierung praktizierte, partielle Überarbeitung der Formulierungen, stellt nachdem Modell von Hayes und Flowers einen Schnittpunkt mit der dritten und letzten Phase des Schreibprozesses dar, welche die Textrevision und somit das Erkennen von Problemen beinhaltet (vgl. Fix 2006, S. 36-38).

Das Modell nach Alarmgot & Chanquoy aus dem Jahre 2001 Teilprozesse des Schreibens samt ihren Funktionen und Subprozessen 3 wird in dieser Arbeit herangezogen, um den dritten und letzten Teilprozess des Revidierens zu verdeutlichen. In Anlehnung an dieses Modell macht Philipp sichtbar, dass dieser Tätigkeit drei Subprozesse zugrunde liegen. Die Problemidentifikation, Entscheidungen über Veränderungen und das Ausführen von Veränderungen. Es lässt sich insofern zusammenfassen, dass einer Ausführung von Veränderungen, der eigentlichen Revision, zunächst eine Identifikation des Problems, wie beispielsweise eine Abweichung des Schreibziels zugrunde liegt. Erst dann kann der Rezipient in einem darauffolgenden Schritt entscheiden, inwiefern die Abweichung abgeändert wird, bevor er in einem letzten Schritt diese Veränderung auch wirklich durchführt (Vgl. Philipp 2015, S. 10 ff.).

Nach Baurmann kann der komplexe Prozess der Textrevision durch die Begrifflichkeiten der Textrevision und der Prätextrevision deutlicher differenziert werden. Der Ausdruck der Textrevision umfasst in diesem Kontext das Überarbeiten von bereits Formuliertem, wohingegen die Prätextrevision den Vorgang des Überarbeitens von noch nicht formulierten Gedankengängen erklärt (vgl. Baurmann 2006, S. 88). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Prozess des Revidierens bereits vor der ersten Verschriftlichung eines Textbestandteils erfolgt, da auch das Überdenken von Ideen und Formulierungen, ohne eine einzige Niederschrift, als Teil des Überarbeitens bezeichnet wird. Demnach ist festzuhalten, dass die drei Schreibprozesse rekursiv verlaufen (vgl. Fix 2006, S. 164). Diese Tatsache spiegelt sich in dem Prinzip „writing is rewriting“ – „Schreiben heißt überarbeiten“ nach Murray aus dem Jahre 1968 wieder, welches das Überarbeiten als integralen Bestandteil der schulischen Textproduktion ansieht (Vgl. Murray 1968, S.11).

Eine erfolgreiche und zugleich zielgerichtete Textrevision setzt einen hohen Grad an Zielbewusstheit über das Schreibziel des vorliegenden Textes voraus. Insofern der Rezipient diese Aufgabe nicht erfüllen kann, kann es zu einer Verschlechterung des Textes kommen, da es keine klare Linie gibt, nach welcher der Überarbeitende vorgeht. Erfüllt der Überarbeitende die Anforderung ein Zielbewusstsein explizit zu formulieren, wird dieser für die „Diskrepanzen der sprachlichen Realisierung und dem Ziel sensibler“ und kann Informationen angemessen auswählen, sprachliche Formulierungen zweckgemäß umsetzen und gegebenenfalls abändern (Vgl. Fix 2006, S. 171). Über diese produktiven Veränderungsprozesse wird der Text nach und nach dem Schreibziel angepasst. Grundvoraussetzung hierfür ist es, dass der Verfasser fähig ist, eine distanzierte und kritische Perspektive zum eigenen Text aufbauen. Dies stellt vor allem für junge Schüler und Schülerinnen, so genannte Schreibnovizen oftmals eine große Herausforderung dar (Vgl. Böttcher/Wagner 1993 S. 84 und Fix 2006, S. 165-167).

Die eben erwähnten Veränderungsprozesse eines Textes lassen sich nach Baurmann und Ludwigs terminologischem Modell 4 aus dem Jahre 1984 in fünf linguistische Revisionsklassen differenzieren. Nachträge sind Veränderungen auf der Buchstabenebene, wie beispielsweise eine minimale Veränderung am Schriftbild. Korrekturen finden hauptsächlich auf der Wortebene statt und äußern sich durch die Korrektur von Normverletzungen. Die Revisionshandlungen, welche vorrangig auf Satzebene zu verorten sind, werden laut Baurmann und Ludwig als Verbesserungen bezeichnet und sind häufig leserorientiert. Die Revisionsklasse Redigierungen beschreibt Handlungen, welche auf der Textebene stattfinden. Die Reformulierungen sind als Tätigkeiten definiert, bei welchen ganze Abschnitte oder auch ein ganzer Text neu formuliert wird. Dieses Modell veranschaulicht die zunehmende Tiefe der Revision (Vgl. Fix 2006 S. 166). Hierbei muss festgehalten werden, dass in einem Satz mehrere Revisionshandlungen vorgenommen werden können.

Um dies zu verdeutlichen, wird folgendes Beispiel aufgeführt:

1. Ursprungssatz: Das Haus is grun, das Haus hat Fenster.
2. Revidierter Satz: Das Haus is t gr ü n, es hat viele weiße Fenster.5

Grundlegend für die folgende Arbeit ist es sich einiger empirischer Forschungsergebnisse bewusst zu sein. Anhand der Studie von Bridewell aus dem Jahre 1980 lässt sich zweifelsfrei beweisen, dass die zwei Faktoren, Schreibentwicklung und Qualität von Überarbeitungen, deutlich voneinander abhängen. Bei dieser Studie sind 1200 Arbeiten von Jugendlichen, welche per Zufall ausgewählt worden sind, auf das Niveau der Revisionstätigkeit überprüft worden. Das Ergebnis dieser Studie ist, dass 56 % der Revisionen ein wenig anspruchsvolles Niveau erlangen (Vgl. Fix 2000, S. 42). Darüber hinaus ist für das Verständnis dieser Arbeit zur Kenntnis zu nehmen, dass die zwei Faktoren Häufigkeit der Überarbeitung und Alter des Überarbeitenden sich gegenseitig beeinflussen. Es ist belegt, dass ein Schreibnovize deutlich weniger revidiert als ein erfahrener Schreiber (Vgl. Faigley/Witte 1981, S.405-409). Es ist demnach unbestritten, dass eine Überarbeitung auch zu einer Verschlechterung des Ausgangstextes führen kann und die Qualität der Revision von dem Schreibentwicklungsstand der Schüler und Schülerinnen abhängt.

Demgegenüber steht jedoch eine von Fix eigens durchgeführt Studie. Er kommt zu dem Ergebnis, das das Überarbeiten von Texten in der Schule didaktisch sinnvoll ist und Schüler und Schülerinnen die Revision mehrheitlich positiv bewerten.

„Obwohl der Schreibprozess durch kulturelle und institutionelle Bedingungen eingeschränkt wird, erweist sich der Aufbau von Überarbeitungskompetenz als durch didaktische Interventionen beeinflussbar (Fix 2000, S. 52).“

Fix stellt fest, dass eine Überarbeitung in den meisten Fällen zu einer Verbesserung des Ausgangstextes führt (Vgl. Fix 2000, S. 320). Von Wichtigkeit ist es, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass die Entwicklung des Überarbeitungsverhalten und der Überarbeitungskompetenz machbar ist, indem sie kontinuierlich gefördert wird (Vgl. Eckermann/Heinzel/Lipowsky 2013 S. 68).

Der Leser der vorliegenden Arbeit sollte sich auch über die Auswirkungen von emotionalen, motivationalen und volitiven Faktoren auf eine gelingende Revision bewusst sein, auf welche Feilke in seinem eigenen Werk hinweist. Es sei nahezu effektlos, einen Text ohne „motivationale Basis“, also folgernd hieraus gegen einen „emotionalen Widerstand“ zu optimieren (Vgl. Feilke 1993, S. 93).

3. Methode der Textlupe

In Folge der immensen Diversität an Methoden zur Textrevision ist es Ziel dieses Kapitels, die Methodik der Textlupe allgemein näher zu beleuchten.

Die Begrifflichkeit Textlupe ist von metaphorischer Art und wird als methodisches Handwerkzeug zur Textrevision definiert. Die Funktion der Textlupe besteht darin, die Aufmerksamkeit des Lesers auf bestimmte Kategorien oder Stellen des Textes zu richten (Vgl. Menzel 2000, S. 14).

In der Praxis lassen sich Textrevisionen in mündliche und schriftliche, sowie in Einzel- und Gruppenrevisionstätigkeiten differenzieren (Vgl. Böttcher/Wagner 1993, S. 84-87). Die Textlupe zeichnet sich durch eine kooperative Methodik der Textüberarbeitung aus und wird dem Bereich der schriftlichen Revisionstätigkeiten zugeordnet (Vgl. Merz-Grötsch 2010).

Mit Hilfe des systematischen Kommentar- oder Beurteilungsbogen der Textlupe überarbeiten die Schüler und Schülerinnen den Text eines anderen Mitschülers in einer Kleingruppe. Jegliche Anmerkungen, Ideen oder Verbesserungsvorschläge werden auf der Textlupe vermerkt und im Anschluss daran mit dem fremden Text an das nächste Kind weitergegeben (Vgl. Baurmann 2002, S. 109 und Böttcher/Wagner 1993, S. 84-87). Die Anregungen stehen dem Autorenkind in Anschluss an den Durchgang schriftlich zur Verfügung. Dieser kann auf Grundlage der Anmerkungen, die für ihn Sinnvollen in den eigenen Überarbeitungsprozess miteinfließen lassen und den Text an bestimmten Stellen abändern.

In Anlehnung an die Textlupe von Böttcher und Wagner6 ist die Systematik folgendermaßen aufgebaut. Die erste Spalte dient zunächst der Würdigung der Arbeit des Rezipienten. In der zweiten Spalte wird deutlich, dass der Leser sich für den vorliegenden Text interessiert, indem dieser kommentiert was ihm positiv oder negativ auffällt. Erst in der letzten Spalte wird der Leser selbst konstruktiv tätig. Die Grundvoraussetzung dafür ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem Text, was ein gewisses Maß an Distanziertheit voraussetzt. Das Besondere dabei ist, dass neben der Kommunikation zwischen Leser und Text, auch die Leser untereinander schriftlich kommunizieren, indem diese sich an den bereits verschriftlichten Anmerkungen ihrer Klassenkameraden anschließend orientieren können (Vgl. Bobsin 1996, S. 45-46).

4. Kritische Analyse

Wie bereits erwähnt versucht diese Arbeit eine Antwort auf die Fragestellung nach der Praktikabilität der Textlupe zu liefern. Um diese Frage zu beantworten ist es von Relevanz die Einzelaspekte dieses Verfahrens darzulegen, indem diese herausgegriffen und mit einigen ausgewählten empirischen Studien aus der Revisions- und Unterrichtsforschung in Zusammenhang gebracht werden. Im Anschluss daran soll eine kritische Analyse dieser Einflussgrößen erfolgen. An dieser Stelle darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Auswertung diverser Einzelergebnisse bei genauer Betrachtung ein sehr heterogenes Bild liefert, weshalb der Informationswert, sowie die Gültigkeit dieser Auswertungen eingeschränkt bleibt (Vgl. Fix 2006, S. 55).

4.1 Einflussgröße: Kooperatives Überarbeitungsverfahren

Hinsichtlich der Charakteristika der Textlupe, als kooperatives Überarbeitungsverfahren sind die Auffassungen der Wissenschaftler sehr kontrovers. Insbesondere im Rahmen der Fragestellung nach Optimierung oder Verschlechterung der Textqualität durch die Revisionshandlungen in der Peer-Gruppe, weichen die Forschungsergebnisse voneinander ab. Um jedoch eine allgemeingültige Aussage über die Sinnhaftigkeit des kooperativen Überarbeitungsverfahrens treffen zu können, gilt es sowohl die Peer-Gruppe im Allgemeinen, als auch das daraus resultierende Feedback genauer zu beleuchten. Grundlegend dafür müssen zwei Begriffe definiert werden. Ein kooperatives Überarbeitungsverfahren beschreibt ein Verfahren bei dem Schüler und Schülerinnen gemeinsam in einer Gruppe, Geschriebenes überarbeiten. Eine Peer-Gruppe beschreibt eine Gruppe von Individuen mit Gemeinsamkeiten, in der vorliegenden Arbeit, eine Gruppe von gleichaltrigen Grundschülern.

4.1.1 Peer-Gruppe

Hinsichtlich der Peer-Gruppe im Allgemeinen liegen die Ergebnisse der Interventionsstudie von Olson aus dem Jahre 1990 vor, welche von hoher Relevanz sind. Das Forschungsdesign lässt sich insofern beschreiben, als dass 12-jährige Schüler und Schülerinnen ihren Text zuerst ohne jegliche Hilfe überarbeiten, anschließend mit Überarbeitungsinstruktion, im Anschluss daran in einer Schreibkonferenz ohne Instruktion und letztlich in einer Schreibkonferenz mit Instruktion. Untersucht wird in der vorliegenden Studie die Qualität der Revisionshandlung in Abhängigkeit der vorgegebenen Instruktionen. Das Fazit von Olson ist es, das die Qualität der Überarbeitung innerhalb einer Peer-Gruppe mit vorgegebenen Instruktionen, die besten Resultate in Hinblick auf die Textoptimierung erfährt. Diese spiegelt sich hauptsächlich in den Aspekten der tiefenstrukturellen und kommunikativen Ebene wieder (Vgl. Fix 2000, S. 42 und Kruse/Lipowsky/Reichardt 2014, S. 68).

4.1.2 Peer-Feedback

Die beiden Wissenschaftler Cho und MacArthur bestätigen die Vorteile der Peer-Gruppe in ihrem Werk Student revision with peer and expert reviewing. Sie vertreten die Meinung, dass ein Peer-Feedback dem Feedback durch Experten oder Expertinnen überlegen sein kann. Begründen lässt sich dies mit der Tatsache, dass die Peer-Kommentare den Schüler und Schülerinnen plausibler erscheinen, da die Kinder ähnliche Schreibschwierigkeiten haben. Zudem sind die Kommentare sprachlich „näher“ formuliert sind, als durch einen Erwachsenen (Vgl. Cho/MacArthur 2010, S. 329).

Demgegenüber stehen jedoch die Forschungsergebnisse von Hoogeveen und van Gelderen bezüglich des Peer-Feedbacks, welche dessen negative Aspekte in drei bedeutenden Kritikpunkten zusammenfasst. Erstens erachten Schüler und Schülerinnen das Überarbeiten hauptsächlich als Selbstzweck und streben dabei nur selten das eigentliche Ziel der Textoptimierung an. Als zweite Problematik nennen Hoogeveen und van Gelderen die Tatsache, dass die Schüler und Schülerinnen sich meist auf oberflächliche Merkmale fokussieren. Zuletzt sind die Kinder häufig alleine an ihren eigenen Bedürfnissen fokussiert und zielen weniger auf die Bedürfnisse des Lesers ab (Vgl. Hoogeveen/van Gelderen 2013, S. 496).

Auf Basis der in diesem Abschnitt dargestellten Forschungsergebnisse lässt sich festhalten, dass der Autor dieser Arbeit es in Anbetracht der dargelegten Fakten es für sinnvoll erachtet, dass die Schüler und Schülerinnen ihre Texte regelmäßig in einer kooperativen Lernumgebung überarbeiten, da die Qualität des Geschriebenen in der Peer-Gruppe optimiert wird. Untermauert wird die Aussage durch die Vorteile, welche das Peer-Feedback laut Cho und MacArthur mit sich zieht.

Es sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass es dennoch zu empfehlen ist, die Kinder auch an das Überarbeiten ohne jegliche Unterstützung durch Gleichaltrige heranzuführen. Diese Empfehlung stützt sich auf die Forschungsergebnisse von Hoogeveen und van Gelderen, welche verdeutlicht, dass es aufgrund der auftretenden Problematiken nicht genügt, dass Kinder ihre Texte immer gemeinsam überarbeiten. Außerdem ist es für den Autor dieser Arbeit von Relevanz, dass die Schüler und Schülerinnen nicht nur Peer-Feedback, sondern auch Feedback durch einen Experten erfahren, da es fraglich ist, ob die Kommentare der Peers immer als gute Grundlage für eine qualitativ hochwertige Revision anzusehen sind.

[...]


1 Siehe Abbildung 1

2 Die Begrifflichkeiten Überarbeitung und Revision werden in dieser Arbeit synonym verwendet

3 Siehe Abbildung 2

4 Siehe Abbildung 2

5 Folgende Veränderungsprozesse finden statt: Nachträge, Korrekturen, Verbesserungen

6 Siehe Abbildung 3

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Methoden zur Überarbeitung von Texten in der Grundschule. Die "Textlupe" im Praxistest
Université
Karlsruhe University of Education  (Institut für deutsche Sprache und Literatur)
Cours
Schreibförderung und grammatisches Lernen
Note
1,7
Année
2018
Pages
22
N° de catalogue
V504867
ISBN (ebook)
9783346060792
ISBN (Livre)
9783346060808
Langue
allemand
Mots clés
Textlupe Grundschule
Citation du texte
Anonyme, 2018, Methoden zur Überarbeitung von Texten in der Grundschule. Die "Textlupe" im Praxistest, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/504867

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