Die Debatte um aktive Sterbehilfe in Deutschland. Argumente der Contra-Position


Term Paper, 2006

26 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffskl ä rung
2.1 Reine Sterbehilfe / Sterbebegleitung
2.2 Passive Sterbehilfe / Indirekte Sterbehilfe
2.3 Beihilfe zum Selbstmord (assistierter Selbstmord)
2.4 Aktive Sterbehilfe

3 Euthanasie
3.1 Entstehung der Euthanasie

4 Ethische Standpunkte zum Thema Sterbehilfe
4.1 Albert Schweitzer
4.2 Peter Singer

5 Contra Argumente
5.1 Euthanasie im 3. Reich
5.2 Die Möglichkeiten der Palliativ-Medizin reichen aus
5.3 Das Dammbruchargument
5.4 Aufklärung - statt „schnelle Lösung“
5.5 Wer darf entscheiden: länger leben vs. früher sterben?

6 Schlusswort

7 Stichwortverzeichnis

8 Literaturverzeichnis ( B ü cher)

9 Literaturverzeichnis (Informationsmedien)

1 Einleitung

„Das, was derzeit als "aktive Sterbehilfe" propagiert wird, kommt im Gewand der Barmherzigkeit daher. Es gehe um Erlösung vom Leiden, um Verkürzung sinnlosen Schmerzes, heißt es. Dabei rückt der "gute Tod", die Euthanasie an Schwerkranken das Lebensrecht des einzelnen in einen neuen, erschreckenden Horizont: die oft anstrengende, teure, mühsame Begleitung und Pflege wird plötzlich zu einer beliebigen Alternative. "Muss das denn noch sein?" fragen nicht nur Angehörige, sondern auch Betroffene. Wer jemals die Schuldgefühle älterer oder kranker Menschen erlebt hat, die meinen, sich dafür schämen zu müssen, "welche Mühe" und Kosten sie ihren Nächsten bereiten, mag erahnen, wie schnell aus dem Recht zum Selbstmord eine Pflicht wird. Ähnliches Denken ist bereits etabliert: Schon heute müssen sich oft Eltern, die ein behindertes Kind haben, dafür rechtfertigen, dass es überhaupt zur Welt gekommen ist. Klar ist, es geht hier nicht um Sterbebegleitung. Niemand will wirklich Sterbenden, die dem Tod entgegengehen, ohne Not und gegen ihren Willen das Sterben verweigern. Es ist heute gute Praxis, dass Menschen entscheiden können, wieweit ihnen noch geholfen werden soll, wenn sie tatsächlich und unwiderruflich dem Tod entgegengehen. Dies ist ein schmaler, sensibler Bereich, rechtlich schwer zu fassen, menschlich kaum zu ertragen.

Aber zwischen sterben lassen und töten besteht ein großer Unterschied, nicht nur für die Ärzte, die sich heftig gegen die ihnen zugedachte neue Rolle wehren. Schon jetzt wird Druck auf Schwerkranke und Sterbende, doch endlich abzutreten, aufgebaut. Die Schweizerische Akademie der Wissenschaften begründete ihre Empfehlungen zur Sterbehilfe bereits mit der "demographischen Entwicklung".

Irrig ist auch die Vorstellung, man könne den Kreis der Todeskandidaten rechtlich eingrenzen. Warum sollte man auch? Wenn erst einmal grundsätzlich entschieden wurde, dass das Leben eines Kranken zur

Disposition stehen kann, ist die Kategorisierung, wie krank er sein muss, um getötet zu werden, die kleinere Übung.“ ( Welt.de , 15.Oktober 2005)

Das Thema der Sterbehilfe interessiert mich aus familiären Gründen, da meine Oma den Wunsch nach Sterbehilfe mir gegenüber schon ein paar Mal erwähnt hat. So scheint es, dass sie ein Befürworter der Dignitas-Diskussion zu sein. Durch diese Arbeit möchte ich ein Einblick in das Thema gewinnen. Auf Grund der tiefe des komplexen Themas habe ich mich auf die Argumente der Gegner der aktiven Sterbehilfe beschränkt. In dieser Arbeit erkläre ich die unterschiedlichen Formen der Sterbehilfe bzw. Sterbebegleitung. Die meisten von diesen Möglichkeiten werden in Deutschland schon lange geduldet und praktiziert. Die Entstehung der Euthanasie und und deren in Diskussion oft genannte Verbindung zur Sterbehilfe wird in dem folgenden Kapitel kritisch beleuchtet. Dabei gehe ich ins besondere auf den damaligen sozialdarwinistischen Ansatz und den heutigen wohl eher ökonomischen Einfluss ein, der später in der Argumentation des Dammbrucharguments begründet wird. Die häufigsten Argumente der Gegner der Sterbehilfe werden aufgezählt und deren Inhalt kurz erklärt. Bevor ich zu den Ablehnungsgründen komme beziehe ich mit Hilfe von Albert Schweitzer und Peter Singer auf die unterschiedlichen Standpunkte von denen man Ethik sehen kann. Denn dies ist meiner Meinung nach der entscheidende Grund sich für eine Seite der aktuellen Diskussion der aktiven Sterbehilfe zu entscheiden. Das Ende bildet ein Zitat von Klaus Hermann und eine persönliche Stellungnahme von mir.

2 Begriffsklärung

In diesem Abschnitt sollen Begriffe geklärt werden, die in dem Kontext der Sterbehilfe oft verwendet werden. Es soll außerdem eine klare Abgrenzung zwischen verschiedenen Arten der Begleitung in den Tod zeigen bzw. Synonyme aufdecken.

2.1 Reine Sterbehilfe / Sterbebegleitung

„Hiermit sind die Schmerzlinderung und Basisversorgung eines Patienten gemeint, also die Zuwendung und die Körperpflege, die Freihaltung der Atemwege oder das Stillen von Hunger und Durst. Eine solche reine Sterbehilfe ist für den Arzt verpflichtend.“( Kreß, Helmut 2003 ,163) Da jeder Mensch ein würdiges Sterben verdient, ist diese Form der Sterbebegleitung ethisch und moralisch geboten.

2.2 Passive Sterbehilfe / Indirekte Sterbehilfe

Bei diesen Formen der Sterbehilfe stehen die Schmerzen bzw. der Wille der Sterbenden im Vordergrund. Bei der indirekten Sterbehilfe sollen mit Hilfe von hoher Medikamentierung die Schmerzen gelindert werden. In einigen Fällen kann es hierbei zu einer Verkürzung des Lebens kommen, welche dabei in Kauf genommen wird.

Bei der passiven Sterbehilfe wird auf das einsetzen von lebensverlängernden Maßnahmen verzichtet. (vgl. Wikipedia 07.11.2005 - Sterbehilfe) Wie die passive Sterbehilfe ist auch indirekte Sterbehilfe durchaus zulässig und human vertretbar. „Das Leben ist ein fundamentales, aber kein absolutes Gut, das so seine reine quantitative Verlängerung nicht unter allen Umständen, um jeden Preis angestrebt werden muss.“ ( Kreß, Helmut 2003 ,164)

2.3 Beihilfe zum Selbstmord (assistierter Selbstmord)

„Selbsttötung mit Hilfe einer Person (oft eines Arztes), die Medikamente oder andere Hilfsmittel zum Selbstmord bereit stellt. Die Beihilfe zur Selbsttötung ist in Deutschland nicht strafbar, die häufig verwandten Wirkstoffe dürfen aber für diesen Zweck nicht verordnet werden. In der Schweiz ist Hilfe zur Selbststötung nicht strafbar, sofern kein egoistisches Motiv vorliegt (Art. 115 des Strafgesetzbuches), ist aber gemäß den Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW) nicht „Teil der ärztlichen Tätigkeit“. In den Niederlanden ist die vorsätzliche Hilfe zur Selbsttötung verboten (Art. 294 des Strafgesetzbuches), allerdings nicht strafbar, wenn sie von einem Arzt unter Einhaltung bestimmter Sorgfaltspflichten begangen wurde und dem Leichenbeschauer Meldung erstattet wurde.“

(vgl. Wikipedia 07.11.2005 - Sterbehilfe)

Ab diesem Schritt fängt die eigentliche Mediendiskussion der heutigen Zeit an. Der Arzt darf zwar eine Medikamentenpackung auf dem Nachtschrank liegen lassen, aber darf bei der Einnahme einer Überdosis nicht anwesend sein.

2.4 Aktive Sterbehilfe

„Die aktive Sterbehilfe ist das Töten auf Verlangen, also die gezielte Herbeiführung des Todes durch eine körperfremde Substanz [...]“ ( Spacemann, Robert; Fuchs, Thomas 1997 ,34)

Bei dieser Form der Sterbehilfe liegt ein anderer Sachverhalt zu Grunde. Es geht hier um eine gezielte und gewollte Lebensverkürzung, also die Tötung eines schwerkranken oder sterbenden Patienten. Als gezielte Tötung ist diese Form in Deutschland verboten. Aktive Sterbehilfe ist es auch ohne ausdrücklichen Wunsch oder die Einwilligung des Kranken eine begonnene Intensivtherapie absichtlich durch Medikamente zu beenden. Die aktive Sterbehilfe wird auch oft als Euthanasie bezeichnet. Die Unterschiede zwischen aktiver Sterbehilfe und Euthanasie sollen im nächsten Kapitel deutlich werden.

3 Euthanasie

In einschlägiger Literatur wird der Begriff aktive Sterbehilfe und Euthanasie synonym verwendet. Unterschiede sollen hier dennoch herausgearbeitet werden.

3.1 Entstehung der Euthanasie

Die Frage der Euthanasie ist so alt wie die Menschheit selbst. Bereits bei den Naturvölkern, wie z.B. den Eskimos war die Euthanasie in Gebrauch. Damals bezog sich die Sterbehilfe auf unheilbar Kranke, lebensunfähige Kinder und alte Menschen die ausgesetzt oder auf andere Weise getötet wurden. Diese Form des Tötens findet sich auch im alten Griechenland wieder. Schon Platon sagte: “Wer siech ist am Körper, den sollen sie sterben lassen, wer an der Seele missraten ist oder unheilbar ist, den sollen sie töten.“ ( Ratschow, Carl Heiz 1992 ,6) Die für uns wesentliche Diskussion der Sterbehilfe hat Anfang des Jahrhunderts in Westeuropa angefangen. Ausgelöst durch Charles Darwin und weitergetragen durch den Sozialdarwinismus. Er vertrat die Meinung dass alle „Irrenhäuser“ aufgelöst werden sollten und man schwer Geisteskranke nicht pflegen solle. Mit der Verbreitung des Christentums wurden Vorstellungen dieser Art vertrieben, denn man sah das Leben als gottgegeben. Diese religiöse Auffassung verlor in der Zeit der Aufklärung allmählich an Bedeutung und so mehrten sich um die Jahrhundertwende zunehmend Stimmen, die sich für die aktive Sterbehilfe aussprechen. Der Höhepunkt und eigentlich der Durchbruch der Euthanasiedebatte gelang in Deutschland erst mit der Schrift von Karl Binding, einem Freiburger Strafrechtslehrer. In dieser Schrift „ Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“ spricht er sich klar für die Straflosigkeit der freiwilligen Sterbehilfe und in einem gewissen Rahmen für die Tötung und „unheilbaren Blödsinnigen“ aus.

„Im dritten Reich wurde dann kein ordnungsgemäßes Gesetz zur Euthanasie verkündet, vielmehr erfolgte die Vernichtung so genanntem lebensunwerten Lebens auf Grund eines als „Ermächtigung“ ergangenen geheimen „Führerbefehls“ (Sterbehilfe, Gebot...,S. 11)

Als der Krieg vorüber war verstummte die Debatte um Euthanasie zunächst unter den Eindrücken des dritten Reiches.

Nach und nach kam es in einer Reihe von Ländern zur Gründung von Gesellschaften mit gleichen Zielen. (vgl. Sterbehilfe, Gebot..., S. 12)

Organisationen dieser Art waren z.B. „Exit“ in der Schweiz, „Hemlock Society“ in den USA und die Deutsche Gesellschaft für humanes Sterben“ in Deutschland. Je mehr man sich vom Krieg und den damit verbundenen Taten des dritten Reiches entfernte, umso mehr wurde die Diskussion um die Sterbehilfe in Deutschland wieder entfacht. Vom heutigen Standpunkt her gibt es viele Menschen die sich für die aktive Sterbehilfe aussprechen. Ihre Begründetheit wird meist in der Forderung nach einem Selbstbestimmungsrecht des Menschen deutlich. (vgl. Redaktion Via medici online 07.11.2005) Er soll zum Zeitpunkt seines Todes selbst bestimmen können. Einen deutlichen Anstieg der Berichte über aktive Sterbehilfe in Funk und Fernsehen gibt es seit Dignitas in Hannover am 26. Oktober 2005 eine Zweigstelle eröffnet hat.

(vgl. Redaktion Via medici online 07.11.2005)

Die Parallelen der aktiven Sterbehilfe und der Euthanasie liegen in der Vernichtung von lebensunwertem. Jedoch bei der von Dignitas geforderten Möglichkeit geht es um das Recht bestimmen zu können sein eigenes Leben beenden zu lassen.

4 Ethische Standpunkte zum Thema Sterbehilfe

Bevor ich nun auf unterschiedliche ethische Standpunkte genauer eingehe, möchte ich zunächst erst einmal den Begriff „Ethik“ klären. „Die Ethik beschäftigt sich damit, was gutes oder schlechtes Handeln ausmacht. Eine Ethik sagt also, wie der Mensch handeln soll und wie nicht, bzw. wie er sich beim täglichen Handeln zu entscheiden hat. Dazu gehören die Auseinandersetzung mit dem Ausmaß individueller menschlicher Freiheit sowie eine Bestimmung von Gut und Böse. Sie befasst sich hierzu mit den Grundlagen menschlicher Werte und Normen, des Sittlichen und der allgemeinen Moral.“( Wikipedia 09.11.2005 -Ethik)

Ethik und Moral spielen in der heutigen Gesellschaft zunehmend eine wichtige Rolle. Oft bestimmen die Menschen selbst was für sie gut oder böse ist. Es existiert eine Vielfalt von Meinungen und Entscheidungen, die ganz individuell getroffen werden können. Die meisten jedoch sind orientiert an dem existierenden Normen- und Wertesystem unserer Gesellschaft. Mehrere Wissenschaftler haben unsere Anschauung von Ethik und Moral besonders geprägt. Ich habe zwei herausgenommen, die konträre Meinungen zueinander vertreten haben und oft zitiert werden.

4.1 Albert Schweitzer

Albert Schweitzer (1857-1965) galt als Genie der Humanität und ist wohl Vorbild geblieben. „In erster Linie meinte er sich zur praktischen Philosophie berufen - in einem konkreten, auf Handlungen wie auf elementares Denken bezogenen Sinne. ( Lenk, Hans 2000 ,1)

Schweitzers Schaffen war geprägt von Nächstenliebe und Menschlichkeit. Diese Eigenschaften erwarb er vor allem während seiner Arbeit in Afrika als Missionarsarzt. 1952 erhielt er für seine Arbeit den Friedensnobelpreis. Er gilt noch heute als ein Begründer der Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben. Jeden Willen zum Leben müsse mit der gleichen Ehrfurcht, dem gleichen Respekt begegnet werden. Dabei wird nicht zwischen den Lebensformen unterschieden. Der Lebenswille eines Tieres oder einer Pflanze verdient ebenso Ehrfurcht wie der eines Menschen.

[...]

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Details

Title
Die Debatte um aktive Sterbehilfe in Deutschland. Argumente der Contra-Position
College
University of Vechta  (Interdisziplinäre Gerontologie)
Course
Sterbehilfe Pro und Contra
Grade
1,7
Author
Year
2006
Pages
26
Catalog Number
V50491
ISBN (eBook)
9783638467018
ISBN (Book)
9783656926009
File size
532 KB
Language
German
Notes
Diese Arbeit enthält unter anderem eine Auflistung von Contra- und Pro-Argumenten, die kritisch durchleuchtet werden.
Keywords
Debatte, Aktive, Sterbehilfe, Deutschland, Positon, Contra
Quote paper
Dipl. Sozialarbeiter / Dipl. Sozialpädagoge Thomas Löhr (Author), 2006, Die Debatte um aktive Sterbehilfe in Deutschland. Argumente der Contra-Position, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50491

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