Ein Eklat brachte 1888 das erste Nordische Musikfest in Kopenhagen aus den Fugen: Heiß wurde diskutiert, wie sich die Musik Norwegens aus der volkstümlichen Beschränkung erheben und einen Platz im internationalen Musikgeschehen einnehmen könnte. Im Zentrum die beiden Antipoden: Der anerkannte Altmeister Niels Wilhelm Gade und sein früherer Schüler Edvard Grieg. Gade mokierte sich darüber, »dass Grieg keinen Naturlaut hören könne, ohne ihn sofort vierstimmig zu setzen, und dies am liebsten mit leeren Quinten«.1Daraufhin musste das Festbankett beinahe abgebrochen werden. Seit 1844 galt Niels W. Gade alsdermusikalische Repräsentant Skandinaviens in den Konzertsälen Europas; er war der Pionier, der das Nordische in der Musikwelt verbreitet hatte. Es mag einerseits bloßes Konkurrenzdenken, andererseits aber auch ästhetischer Anspruch dahinter stehen, wenn dieser nun befürchtete, dass neben all der norwegischen Farbgebung in Griegs Werken bald keine Musik mehr zu finden sei. Doch auf dem Musikfest, das einen Eindruck über den Stand der Skandinavischen Musik vermitteln sollte, feierte Edvard Grieg als Emporkömmling und Neuerer große Publikumserfolge mit seiner typisch nordischen Harmonik, Rhythmik und Melodik. Denn Grieg wiederum hielt nichts von Gades Bestrebungen, durch eine Orientierung an den Meistern des deutschen Akademismus Bedeutung im internationalen Konzertleben zu erlangen. Im Mittelpunkt dieser Diskussion, die sich auf den folgenden Musikfesten im skandinavischen Raum fortsetzte, stand die Frage um Weltgeltung vs. Regionalität, Internationale Normen vs. nordischer Ton.
Die vorliegende Arbeit will diesen Konflikt, der die skandinavische Musik der Romantik stark geprägt hat, anhand der ästhetischen Ansprüche von Niels W. Gade und Edvard Grieg exemplarisch verdeutlichen und sich auch möglichen Bedingungen für einen internationalen Nachruhm annähern. Zuvor sollen Begriffe wie »nationaler Ton« und »nordischer Ton« vor einem musikalischen und historischen Hintergrund
Inhaltsverzeichnis
- EINFÜHRUNG
- DAS NATIONALE IN DER MUSIK
- Historische Bedingungen
- Stilistische Wurzeln des nationalen Tons
- Konstituenten des nordischen Tons
- Rezeption des nationalen Tons
- NATIONALROMANTIK UND AUSTAUSCH MIT DEM
KONTINENT
- Bei Niels Wilhelm Gade (1817-1890)
- Bei Edvard Grieg (1843-1907)
- FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Kontroverse um die Bedeutung des Nordischen Tons in der skandinavischen Musik des 19. Jahrhunderts, indem sie die ästhetischen Ansprüche von Niels Wilhelm Gade und Edvard Grieg beleuchtet. Sie analysiert, wie beide Komponisten den Begriff des Nationalen in ihrer Musik umsetzten und inwieweit sie sich im internationalen Musikgeschehen etablieren konnten. Darüber hinaus werden die historischen Bedingungen für die Entstehung von nationaler Musik im 19. Jahrhundert erörtert.
- Das Konzept des "Nationalen" in der Musik
- Die Rolle des Nordischen Tons in der skandinavischen Musik
- Die ästhetischen Ansprüche von Niels Wilhelm Gade und Edvard Grieg
- Die Bedeutung des internationalen Musikgeschehens für skandinavische Komponisten
- Die historischen Bedingungen für die Entwicklung nationaler musikalischer Eigenarten
Zusammenfassung der Kapitel
- EINFÜHRUNG: Das erste Kapitel führt in die Kontroverse um die Bedeutung des Nordischen Tons in der skandinavischen Musik ein. Es schildert den Konflikt zwischen Niels Wilhelm Gade und Edvard Grieg auf dem Nordischen Musikfest 1888 in Kopenhagen und stellt die zentralen Fragen der Arbeit vor: Weltgeltung vs. Regionalität, Internationale Normen vs. nordischer Ton.
- DAS NATIONALE IN DER MUSIK: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Begriff des "Nationalen" in der Musik und untersucht die historischen Bedingungen für seine Entstehung. Es beleuchtet die Rolle des "Volksgeistes" im 19. Jahrhundert und die Entstehung nationaler musikalischer Eigenarten.
- NATIONALROMANTIK UND AUSTAUSCH MIT DEM KONTINENT: Das dritte Kapitel analysiert die ästhetischen Ansprüche von Niels Wilhelm Gade und Edvard Grieg im Kontext der Nationalromantik. Es untersucht, wie beide Komponisten den Nordischen Ton in ihrer Musik umsetzten und wie sie sich im internationalen Musikgeschehen positionierten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Nationalromantik, Nordischer Ton, skandinavische Musik, Niels Wilhelm Gade, Edvard Grieg, internationales Musikgeschehen, historische Bedingungen, "Volksgeist", musikalische Eigenarten, Kontroverse, ästhetische Ansprüche.
- Citation du texte
- Rabea Weihser (Auteur), 2004, Weltmusik versus nordischer Ton. Nationalromantik und Austausch mit dem Kontinent bei Edvard Grieg und Niels W. Gade, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50516