Das System des rational-pragmatischen Unternehmertums und seine Alternative


Texte Universitaire, 2018

33 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Systemisches ReDesign I

1. Einleitung 3

2. Das System des pragmatisch-rationalen Unternehmertums 5

3. Bilanzierung 6

4. Unternehmerische Werte 6

5. Rational-unternehmerisch Handeln und Denken 8

6. Das kulturell-historische Fundament unternehmerischer Werte 10

6.1. Das protestantische Weltverständnis 10

6.2. Die Konzeption des Pragmatismus 12

6.3. Die Rezeption der Theorie des Pragmatismus 14

6.4. Pragmatismus im historischen Kontext 16

7. Zwischenfazit 18

Systemisches ReDeisgn II

8. Alternative Unternehmensbilanzierung 19

9. Eine neue Art der Bilanzierung: Haben oder Sein 21

10. Entwurf einer Bilanzierung im Modus des Seins 22

11. Antifragilität 25

12. Zeitliche Differenzierung 26

13. Indikatoren, Schwankungen und Daten 27

14. Abschlussbetrachtung 29

15. Quellenverzeichnis 31

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 - Allgemeines Schema einer Bilanzierung im Modus des Seins 23

1. Systemisches ReDesign I – Einleitung

Erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer genießen heute ein großes gesellschaftliches Ansehen. Dieses Ansehen beruht vor allem auf dem ökonomischen Erfolg, der anderen verwehrt geblieben ist. Andererseits steigt die Anzahl derer, die den ökonomischen Erfolg mit Missgunst betrachten, in der Annahme, dieser sei der alleinige Grund für die ökologischen und sozialen Missstände in der Welt.

In dieser Arbeit geht es um das System in welchem sich ein Unternehmer wiederfindet, wenn er oder sie eine Organisation unter unternehmerischen Gesichtspunkten führen möchte. Klassischerweise sind die Elemente dieses Systems Teil der betriebswirtschaftlichen und/oder volkswirtschaftlichen Ausbildung, aber auch in anderen Bereichen wie im Rechtswesen, der Logistik und der Produktionsplanung wiederzufinden. Keine dieser Disziplinen kann jedoch die Frage beantworten, warum sich die Maßstäbe für Handlungen ändern, sobald diese von der individuellen Ebene auf die Ebene von Organisation gehoben werden. Die Einschätzungen darüber, was gerecht ist, welche Tat Anerkennung verdient oder wodurch sich Hierarchien legitimieren, ändern sich durch den Eintritt in Organisationen. Die organisationale Sichtweise, die die Mitglieder von Organisationen in Ausübung ihres Berufes einnehmen müssen, findet sich durch Gewöhnung auch in ihrem Alltag wieder, ohne dass es dafür ein ausreichendes Bewusstsein gibt. Jan Masschelein und Maarten Simons formulieren den Übergriff unternehmerischen Denkens auf alle Teile unserer Gesellschaft folgendermaßen:

„Wenn wir beispielsweise behaupten, daß wir aufgefordert werden, uns selbst als unternehmerische, autonome Individuen zu betrachten, so unterstellen wir damit nicht, daß wir solche Individuen »sind« oder »wirklich« und »letztlich« in einer derartigen Weise denken und handeln. Dieser diskursive Horizont und diese Techniken setzen vielmehr ein bestimmtes »Regime« dessen ein, was sichtbar und sagbar ist, was besprochen und behandelt werden kann und was und wie wir über uns selbst und andere denken können (und müssen). Dieses Regime verlangt von uns, daß wir unser Denken und Handeln gemäß einer bestimmten Rationalität problematisieren, es verlangt von uns, daß wir uns selbst auf eine ganz bestimmte Art und Weise führen und regieren. In einem ersten Schritt können wir es daher als ein Regime der Selbstführung beschreiben. Dieses Regime nimmt durch eine Montage und Zusammenstellung verschiedener Elemente Gestalt an, von denen wir hier einige aufführen.“ (Masschelein & Simons, 2005, S. 13 f., Hervorhebungen im Original)

Während Masschelein und Simons die Auswirkungen unternehmerischen Denkens vor allem auf Bildungseinrichtungen und Individuen beziehen, klärt sich bei ihnen nicht die Frage, woher diese Sichtweise des Unternehmertums stammt. Denn die unternehmerischen Anfänge des ‚ehrbaren Kaufmanns‘ scheinen sich heute allzu sehr gewandelt zu haben.

Diese Arbeit klärt in ihrem ersten Teil die Frage, wie dieses ‚Regime der Selbstführung‘ aus dem Bilanzierungsgedanken heraus entsteht und wie sich auf dieser Grundlage unternehmerische Werte herausbilden. Im Anschluss wird deutlich, dass sich mit dieser Wertehaltung eine Gestimmtheit des Systems des Unternehmertums herausbildet, welches in dem Maß, in dem es professionell und rational betrieben wird, auch pragmatisch sein muss. Am Ende des ersten Teils wird die Theorie des Pragmatismus in ihren aktuellen und historischen Perspektiven beleuchtet, um die Wirkungsweise des Pragmatischen im System des Unternehmertums deutlich werden zu lassen. Am Ende des ersten Teils dieser Arbeit wird deutlich geworden sein, dass das System des Unternehmertums in dem Maße, in dem es professionell und damit pragmatisch ist, alle anderen Werte unterdrücken muss.

Als Lösungsmöglichkeit wird hierfür im zweiten Teil eine neue Art der Bilanzierung vorgeschlagen. Diese wird als eine Bilanzierung im Modus des Seins entworfen und hilft die betrachtete Organisation in ihrem Werden zu beschreiben. Dafür stützt sich die Bilanzierung im Modus des Seins auf die verschiedenartigen Potenziale einer Organisation. Indem diese Potentiale Gegenstand der Betrachtung werden, treten sie in den Fokus der strategischen Erwägungen und können als Teil dieser verhandelt werden. Damit sind Aspekte außerhalb der klassischen Bilanzierungsmethoden neben den Stakeholdern vor allem den Shareholdern gegenüber kommunizierbar. Auf diese Weise könnte die Bilanzierung im Modus des Seins an der Seite der klassischen Bilanzierung einen neuen Habitus des Unternehmertums ermöglichen. Während die Bilanzierung im Modus des Habens die kapitalen Verflechtungen der Organisation mit ihrer Umgebung abbildet, bezieht sich die Bilanzierung im Modus des Seins auf die wirksamen Verflechtungen des Potenziellen der Organisationen zu sich selbst und ihrer Umwelt. Der kategorial verschiedene Charakter dieser Art von Bilanzierung ist notwendig, um die eingeschränkte Sichtweise der klassischen Bilanzierung zu überwinden. Als gleichrangiger Partner der klassischen Bilanzierung ermöglicht die Bilanzierung im Modus des Seins der Organisation und ihren Mitgliedern eine andere Strategie der Kommunikation. Mit dieser Art der Bilanzierung können sowohl weitreichendere als auch differenziertere Organisationsziele bestimmt werden, so dass neben der pragmatischen Sichtweise ein Raum sichtbar wird, in dem Unternehmertum für wirkliche Werte abseits monetärer Größen einstehen kann. Auf diese Weise wird in dieser Arbeit der Versuch unternommen, ein neues Werkzeug für das System des Unternehmertums zu entwerfen, welches die von Masschelein und Simons beschriebene Immunisierung zu überwinden hilft (vgl. zur Immunisierung: Masschelein & Simons, 2005, S. 102).

2. Das System des pragmatisch-rationalen Unternehmertums

Das System des Unternehmertums besteht aus vielen Elementen, die innerhalb der Betriebswirtschaftslehre klar beschrieben sind. Zu den grundlegenden und vom Wirtschaftssystem unabhängigen Faktoren gehören das finanzielle Gleichgewicht, das Prinzip der Wirtschaftlichkeit und die Organisation der Produktionsfaktoren (Arbeit, Betriebsmittel, Werkstoffe). Des Weiteren gibt es die vom Wirtschaftssystem abhängigen Faktoren: das Autonomieprinzip, die Gewinnmaximierung und das Prinzip des Privateigentums (vgl. Wöhe & Döring, 2010, S. 36). Weiter lassen sich zum System des Unternehmertums viele weitere Elemente finden, von denen hier nur einige aufgezählt werden sollen:

- Der Markt und die Marktbedingungen

- Die Währungen und die Währungsbeschaffenheit

- Der juristische Ordnungsrahmen und seine Kontrollinstanzen

- Der regionale und der überregionale Bezug

- Das Delegationsprinzip und die damit verbundene Zentralisation

- Die externe Unternehmensbewertung

- Die individuelle Handlungsmotivation und die damit verbundenen Agency-Probleme

- Die staatlich-wirtschaftlichen Interventionen

- …

Während diese Elemente sich vor allem auf die Interaktionen zwischen Organisationen und Organisationen bzw. zwischen Organisationen und Staaten oder Individuen beziehen, kommt jenen Elementen, die sich mit der internen Gestaltung von Organisationen auseinandersetzen weniger Aufmerksamkeit zu. Die interne Unternehmensgestaltung wird als unternehmenseigene Angelegenheit allein in den Verantwortungsbereich der Unternehmen geschoben, aber auch hier ergeben sich aus externen Anforderungen immanente Gestaltungs- und Handlungszwänge, von denen sich die Unternehmen nicht frei machen können. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass mit zunehmender Unternehmensgröße auch der Drang zur Systematisierung dieser Zwänge steigt.

Im Verlauf dieser Arbeit soll gezeigt werden, auf welche Weise sich wirtschaftlich tätige Organisationen durch diese immanenten Formen des Unternehmertums zu einer bestimmten Sichtweise auf die Welt drängen lassen. Dieses System der immanenten Verhaltensweisen in wirtschaftlich tätigen Organisationen wird hier das pragmatisch-rationale System des Unternehmertums genannt. Je rationaler dieses System befolgt wird, desto stärker greifen diese Zwänge.

3. Bilanzierung

Zu den Struktur, die das System des Unternehmertums bildet, gehört in allererster Linie das Erstellen von Bilanzen [1] (vgl. Weber, 2000, S. 16). Was bilanziert wird oder werden darf, ist im Wesentlichen durch den gesetzlichen Ordnungsrahmen vorgegeben. Weil es das Ziel des rationalen kapitalistischen Erwerbs ist, die Bilanz des Vorjahres stets erneut zu übertreffen (vgl. Weber, 2000, S. 13), bilden Bilanzen bzw. Einnahmeüberschussrechnungen (§4 Abs. 3 Satz 1 EStG) die Grundlage dessen, was Freiberufler, Einzelkaufleute, Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften als Ausgangspunkt nutzen, um ihre eigenen Aktivitäten zu bewerten. Je stärker die Überschüsse einer Bilanz im Vergleich zu den vorausgegangenen ausfallen, desto positiver ist in der Regel die Gesamtbewertung des betreffenden Jahres. Die Bilanz stellt auf diese Weise nicht nur die Basis für die Verbindung ins Allgemeinwesen (Finanzbehörden) dar, sondern ist maßgeblich ausschlaggebend dafür, als wie erfolgreich eine Unternehmung anzusehen ist. Dies gilt nicht nur für die Bewertung von Unternehmen, sondern auch für einzelne Aktivitäten bzw. Investitionen. Umgekehrt lässt sich nur dann von unternehmerischem Handeln, also einer Investition sprechen, „wenn die heutige Hingabe von Geld (=Auszahlung) in der Absicht erfolgt, mit dem Mitteleinsatz einen höheren Geldrückfluss (=Einzahlung) in Zukunft zu erreichen“ (Wöhe & Döring, 2010, S. 520). Wenn das rationale unternehmerische Handeln ausschließlich als Investition möglich ist, herrscht der Rentabilitätszwang nicht nur für jede einzelne Investition, sondern auch für die mit ihnen verbundenen materiellen und immateriellen Güter.

4. Unternehmerische Werte

So beschreiben, ähnlich wie Masschelein und Simons mit dem Regime der Selbstführung, Max Horkheimer und Theodor W. Adorno mit der Kulturindustie die systemischen Übergriffe technisch-rationaler Herrschaft auf die Lebensbereiche der Kultur, Kunst und Zerstreuung (vgl. Horkheimer & Adorno, 2015, S. 9 und 29). Horkheimer und Adorno beschreiben, dass die Methoden und Instrumente, die in industriellen Maßstaben angewandt werden, als ein eigener Stil, als eine eigene Denkweise angesehen werden müssen (vgl. Horkheimer & Adorno, 2015, S. 23). Da die industrielle Denkweise ihre eigenen Setzungen und ihre eigene Sprache und damit ihre eigenen Werte konzipiert, macht sie sich alle an ihr geäußerten Kritiken und Differenzen zu eigen, indem sie sie in ihre eigenen Produkte inkludiert (vgl. Horkheimer & Adorno, 2015, S. 18).

Der Liberalismus, der den Akteuren eines Marktes weitgehend freie Hand lässt, läuft nach Horkheimer und Adorno deshalb immer auf die Maßstäbe des Industriellen hinaus. Und die Maßstäbe des Industriellen implizieren Werte, die von vielen anderen Lebensbereichen grundlegend verschieden sind. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Bedeutung anderer Lebensbereiche verfällt, wenn sie unter den Wertekanon des industriellen gestellt werden. Doch welche Werte vertritt das rational-Industrielle?

Die Bezeichnung Wert ist doppeldeutig, weil die Verwendung des Wortes Wert nicht eindeutig ist. Zum einen gibt es den Marktwert und den Wert, den John Locke als „intrinsic natural worth of anything“ beschreibt (zitiert nach Arendt, 2015, S. 197). Die Bezeichnungen Handelswert und Gebrauchswert stellen diesen Unterschied nur unzureichend dar, da Werte nur durch Öffentlichkeit entstehen können und damit einen Markt benötigen. Teilnehmer eines Marktes sind daher „nicht nur beteiligt […] an einem Austausch von Waren, die einen Wert haben, sondern auch an einem Austausch von Werten“ (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Brot für die Welt, & Evangelischer Entwicklungsdienst, 2010, S. 367). Hingegen ist der intrinsische natürliche Wert von etwas, der sich aus dem Ding, einer Tat oder einer Idee selbst ergibt, kein Wert in dem Sinn, dass er einen relativen Wert zu etwas anderem darstellen kann.

Hannah Arendt nutzt zur Verdeutlichung das Beispiel eines Tisches. Der Handelswert (Marktwert, exchange-value) ergibt sich aus dem Verhältnis in dem der Tisch zu anderen Waren steht und ändert sich im selben Moment, wie sich auch dieses Verhältnis ändert. Der immanente natürliche Wert oder Qualität von einem Tisch bestimmt sich aber aus sich heraus und ändert sich nur mit dem Zustand, in dem dieser sich befindet. Eben deshalb ist der intrinsische natürliche Wert kein Gebrauchswert (use-value), weil er nicht relativ zu etwas anderem ausgedrückt werden kann. (vgl. Arendt, 2015, S. 197 ff.)

Der intrinsische natürliche Wert ist aber, im Gegensatz zum Handelswert, stets vorhanden. Der Handelswert ist in seinen kleinsten Einheiten begrenzt. Zum einen durch die verwendete Währung (1 Euro-Cent) bzw. dem Gegentauschwert und zum anderen durch die Transaktionskosten, die der Tausch der Werte hervorrufen würde. Der intrinsische natürliche Wert hingegen lässt sich mit einem Mehr umschreiben, welches den Unterschied aus Sein oder Nichtsein markiert. Dass es dieses Mehr gibt, zeigt sich auch daran, dass Zerstören so viel einfacher als Erschaffen ist. Während der intrinsische natürliche Wert mit den Dingen, Taten oder Ideen erschaffen oder zerstört werden kann, besteht der Handelswert als solcher nicht. Der Handelswert ist ein relatives Gefüge, welches als solches nur in einen anderen transformiert bzw. realisiert werden kann.

Oder anders gesagt: Der Handelswert ist in gewisser Weise abstrakter als die Dinge selbst, denn er impliziert stets die Option des Handels. Aus der pragmatischen Sicht des Unternehmertums ist ein A immer gegen ein B einzutauschen, sobald der Handelswert größer ausfällt - unabhängig von der Beschaffenheit von A und B (vgl. McLuhan, 1996, S. 37).[2] Dieses Prinzip ist das Rationalprinzip (vgl. Wöhe & Döring, 2010, S. 33). Zusammenfassend muss verdeutlicht werden, dass sich der Wert von etwas im Rahmen des Unternehmertums von dem der natürlichen Welt unterscheidet. Es gibt aber abseits des Unternehmertums eine Welt, die mit anderen Werten bzw. Qualitäten vertraut ist, als dem des Handelswertes. Der Handels- oder Marktwert ist nicht er einzige Wert unseres Lebens.

5. Rational-unternehmerisch Handeln und Denken

Der einzige Wert des Systems des rationalen Unternehmertums ist der Handelswert und zwar in dem Maße, im dem das System des Unternehmertums rational ist. Rational unternehmerisch zu handeln und zu denken bedeutet rein pragmatisch-kapitalistisch zu handeln und zu denken.

Im Sinn des rational-unternehmerischen Denkens gilt es stets alle denkbaren Handlungsalternativen beschreibbar zu machen und diese nach Input-Output-Kapitalflüssen zu beurteilen. Das Denken beschränkt sich hierbei auf das Bewerten naheliegender Optionen innerhalb des eigenen Handlungsparadigmas (vgl. Masschelein & Simons, 2005, S. 26 f.). Rational-unternehmerisch zu Handeln bedeutet, anschließend die Handlungsalternativen auszuwählen und auszuführen, die der Organisation den größten Zuwachs in der Bilanzierung versprechen. Mit Dirk Baecker gesprochen ist…

„…unternehmerisches Handeln […], Handeln auf der Ebene des Produktvergleichs und des Preisvergleichs. Auf dieser Ebene entscheiden sich alle anderen Fragen des Umgangs mit dem Personal, der Einschätzung von Kostenreduktionsspielräumen und technologischen Innovationen, der Beobachtung politischer Maßnahmen der Förderung oder Verhinderung bestimmter Produkte und der Wandel bestimmter Organisationsformen.“ (Baecker, 2012, S. 349)

Um im Sinn des rationalen Unternehmertums eine Handlungsalternative positiv bewerten zu können, muss diese gänzlich beschreibbar gemacht werden. Hierzu nutzt die Wirtschaftstheorie (unter kategorischer Ausblendung des natürlichen intrinsischen Wertes) verschiedenste Modelle, die allesamt die Wirkung haben, die ungewisse und undefinierbare Welt in beschreibbaren (theoretisierbaren) Bahnen zu wähnen.

Je detaillierter die Handlungsabläufe und- alternativen beschrieben sind, desto eindeutiger (professioneller) ist auch die rational-unternehmerische Entscheidungsfindung. Gleichzeitig bilden die Grenzen der Beschreibbarkeit auch die Grenzen der Handlungsfähigkeit, deshalb stellen übermäßige Pluralität und Volatilität das rationale Unternehmertum vor unlösbareAufgaben.,Wo [G1] der Handlungshorizont vermeintlich eindeutig beschrieben ist, können Formalisierungen – allem voran mathematische Formalisierungen – eingesetzt werden. Mathematische Formalisierungen grenzen mit ihrer expliziten Beschreibungsweise den Handlungsraum konsequent ab und bieten innerhalb dieses Raumes ein unvergleichliches Optimierungspotential. Mathematisch optimieren bedeutet dabei immer die vollständige Ausbeutung aller berücksichtigter Argumente oder Faktoren zur Steigerung einzelner. Und da unternehmerische Werte gleichbedeutend mit Handels- und Bilanzwerten sind, sind es ausschließlich diese Art von Werten, die sich innerhalb dieser wirtschaftlich-mathematischen Modelle optimieren lassen . Zur Verdeutlichung kann kurz in Erinnerung gerufen werden, dass der Prozess, etwas unternehmerisch aufzuwerten, ihn also im Sinn des Unternehmertums rationaler zu gestalten, Rationalisierungsprozess genannt wird.

Anhand der Wirkungsweise der Mathematik kann auch die Wirkungsweise der Wirtschaftswissenschaften bzw. die Wirkungsweise des Systems des rationalen Unternehmertums deutlich werden. Indem die verwendete Sprache bestimmte Aspekte des Lebens kategorisch ausklammert und sich einzig auf den Handelswert bezieht, sagen auch die in dieser Sprache (und dem damit verbundenen Weltverständnis) entwickelten Modelle ausschließlich etwas über die betrachteten Aspekte des Lebens aus. Die Sichtweise, mit der aus der Welt heraus formalisiert wird, bleibt zwangsweise dieselbe mit der auch Optimierungen dieser Formalisierung zu verstehen sind. Die Aussagen und Optimierungen dieser Modelle sind in keinem anderen Kontext oder Sachverhalt sinnhaft oder zu gebrauchen .

Für das wirtschaftswissenschaftliche Selbstverständnis bedeutet dies, dass sie über eine begrenzte Anspruchsreichweite verfügt. Ihre Schlussfolgerungen und Empfehlungen erweisen sich dort als nützlich, wo es um Fragestellungen des monetären Wertes von Dingen, Taten oder Ideen geht. Gleichzeitig bestehen immanente Grenzen, wenn es sich um Dinge, Taten oder Ideen dreht, die keinem reinen monetären Anreiz entspringen oder über diese grundlegenden Beschreibungsmuster hinausgehen. Werden diese Modelle aber verwendet um Aussagen über andere Lebensbereiche zu tätigen und diese erklären zu wollen, wird ein kategorischer Fehler begangen (vgl. Fromm, 2012, S. 99).

6. Das kulturell-historische Fundament unternehmerischer Werte

Um die Reichweite des Pragmatismus innerhalb des Systems des rationalen Unternehmertums deutlich werden zu lassen, wird im Folgenden zunächst das protestantische Fundament mithilfe von Max Weber und Margaret Mead untersucht, um im Anschluss die Theorie des Pragmatismus nach William James in seinem Kontext differenziert darstellen zu können. Mit der nachfolgenden Beschreibung von Calvinismus/Puritanismus und Pragmatismus soll nicht ausgedrückt werden, dass die protestantischen Züge zwangsläufig in den Pragmatismus führten. Dennoch haben wesentliche Einstellungen zur Welt, die sich durch den Pragmatismus manifestieren konnten, ihre Wurzeln in den reformatorischen Bewegungen.

6.1. Das protestantische Weltverständnis

Max Weber hat herausgearbeitet, dass die Protestanten durch ihre Emanzipation von den Katholiken ihre Weltsicht nicht nur in religiöser Hinsicht veränderten. Nach der Weltsicht der Protestanten kommt die ersehnte Gottesgnade einzig den Erwählten zu. Unsicher bleibt dabei jedoch, welcher Umstand den Protestanten versichert, zu den Erwählten zu zählen. Daher wird es…

„[…] schlechthin zur Pflicht gemacht, sich für erwählt zu halten und jeden Zweifel als Anfechtung des Teufels abzuweisen, da ja mangelnde Selbstgewißheit Folge unzulänglichen Glaubens, also unzulänglicher Wirkung der Gnade sei“ (Weber, 2000, S. 128).

Das Verunmöglichen des in-Frage-stellens der eigenen Weltsicht nimmt den Reformierten das reflexive Moment ihrer Religion. Die Besinnlichkeit zieht sich auf diese Weise aus dem Handlungsbreich zurück. Seine volle Wirksamkeit entfaltet die Selbstgewissheit aber erst mit der Gottgewirktheit, die Weber folgendermaßen beschreibt:

„Stell man nun weiter die Frage, an welchen Früchten der Reformierte denn den rechten Glauben unzweifelhaft zu erkennen vermöge, so wird darauf geantwortet: an einer Lebensführung des Christen, die zur Mehrung von Gottes Ruhm dient. […] Und indem er sich dessen bewußt ist, daß sein Wandel – wenigstens dem Grundcharakter und konstanten Vorsatz […] nach – auf einer in ihm lebenden Kraft zur Mehrung des Ruhmes Gottes ruht, also nicht nur gottgewollt, sondern vor allem gottgewirkt ist, erlangt er jenes höchstes Gut, nach dem diese Religiosität strebte: die Gnadengewissheit“ (Weber, 2000, S. 131).

Die Fragestellung des ‚wie wurde gehandelt‘, wird mit den Zehn Geboten abgegolten, während nun die Frage ‚wie viel wurde gehandelt‘ in den Vordergrund rückt. Darauf bezieht Weber die „systematische Selbstkontrolle“, die zwischen „Erwählt oder Verworfen“ verhandelt wird (Weber, 2000, S. 132). Es kommt zu einer Verschiebung zwischen materiellen und immateriellen Werten. Während gottgewolltes Handeln sich an eigenen Zielen und Zwecken orientieren kann, zeigt sich in gottgewirktem Handeln nichts als der Gotteswille selbst. Auf diese Weise intensiviert gottgewirktes Handeln die Motiviation zum Tätigsein, welches die Pflicht eines guten Christen wird.

„Die Welt ist dazu – und nur dazu – bestimmt: der Selbstverherrlichung Gottes zu dienen, der erwählte Christ ist dazu – und nur dazu – da, den Ruhm Gottes in der Welt durch Vollstreckung seiner Gebote an seinem Teil zu mehren. Gott aber will die soziale Leistung des Christen, denn er will, daß die soziale Gestaltung des Lebens seinen Geboten gemäß und so eingerichtet werde, daß sie jenem Zweck entspreche“ (Weber, 2000, S. 125 f.).

Der Handlungsrahmen der Reformierten basiert auf strikten moralischen Vorgaben. Zum einen die Gebote, in denen sich Gottes Wille über das Zusammenleben äußert und die tiefe Überzeugung, dass sich in dem befolgen der Gebote, Gottes Wille in die Welt wirkt. Und zum anderen die Vorstellung, dass die Intension jeder Handlung über dessen Wert entscheidet (vgl. Weber, 2000, S. 132 f.).

Diese Wertegrundlage ist das Fundament für die protestantische Weltsicht, denn sie weist (mithilfe der Kategorie des Zwecks) dem gottgewollten Streben bzw. Handeln den dafür moralisch rechtmäßigen Lohn zu. Das puritanische Motto lautet: „Hart arbeiten lohnt sich.“ Margaret Mead geht in ihrer Analyse sogar noch darüber hinaus, indem sie beschreibt, dass „Scheitern […] das Zeichen eines moralischen Makels“ sei. Weiter hält sie das Zusammenfallen „von Arbeit und glücklichem Zufall“ für unsere Gesellschaft für grundlegend (vgl. Mead, 1946; zitiert nach McLuhan, 1996, S. 91). Nach demselben Verständnis lässt sich Liebe oder elterliche Zuneigung nur als Belohnung für erbrachte Leistung verstehen (vgl. McLuhan, 1996, S. 95 und 107). Auf diese subtile Weise entwickelt sich die Motivation zum Handeln durch die protestantische Weltsicht zu einem Handlungsdrang. Gleichzeitig beinhaltet der Protestantismus mit den Zehn Geboten den Maßstab, an dem sich Handlungen messen lassen müssen. Dieser Einschränkung unterliegt der (umgangssprachliche) Pragmatismus nicht.

6.2. Die Konzeption des Pragmatismus [3]

Nach Louis Menand kann der „Metaphysical Club“, den Willam James und Charles Sanders Peirce 1872 gründeten, als Beginn der „Pragmatischen Theoriekonzepte“ gedeutet werden (vgl. Menand, 2007). James und Peirce kommen zu der Ansicht, dass eine ganze Vielzahl von Theorien bestünde, die nicht mehr miteinander in Einklang zu bringen seien und deshalb ihr Nutzen für die Menschen schwinde und weniger sinnhaft werde. Die massive Schwierigkeit bestünde in den philosophischen Kontroversen, die ohne Ergebnis in der Bedeutungslosigkeit endeten (vgl. James, 1977, S. 31). Ein einheitliches Konzept von Wahrheit und Orientierung sei innerhalb dieser Theorien und zugleich außerhalb der Theologie nicht zu finden. Dieses Problem lösen sie mit der Konzeption des Pragmatismus. Der Pragmatismus führt (bei James) einen neuen Wahrheitsbegriff ein und versucht, die zu seiner Zeit vorherrschenden Ansichten zur Einteilung in Empiristen[4] und Rationalisten [5] zur revolutionieren (vgl. James, 1977, S. 5 ff). Den wesentlichen Standpunkt des Pragmatismus macht James selbst an einem Beispiel mit einem Eichhörnchen deutlich:

“The corpus of the dispute was a squirrel supposed to be clinging to one side of a tree-trunk; while over against the tree's opposite side a human being was imagined to stand. This human witness tries to get sight if the squirrel by moving rapidly round the tree, but no matter how fast he goes, the squirrel moves as fast in the opposite direction, and always keeps the tree between himself and the man, so that never a glimpse of him is caught. The resultant metaphysical problem now is this: Does the man go round the squirrel or not?” (James, 1992, S. 38)

Die Lösung des Problems liegt für James nicht in der eindeutigen Beantwortung der gestellten Frage, sondern im in-Frage-stellen der Frage. Damit löst er sich von bis dahin vorherrschenden Prinzipien der Wahrheitsfindung nach den „empiristischen und rationalistischen Temperamenten“ (James, 1977, S. 6). James schlägt vor, sich beim Philosophieren weder nur auf die reinen Tatsachen (Empiristen) noch ganz auf abstrakte ewige Prinzipien (Rationalisten) zu berufen (vgl. James, 1977, S. 5), sondern in der Tradition der „alten scholastischen Lehre,“ zu denken, „die uns anweist, dort, wo wir einen Widerspruch finden, eine Unterscheidung zu machen“ (James, 1977, S. 27).

Anstatt sich in eines der Lager einzuordnen, erkennt James die Sichtweisen beider an und beschäftigt sich ausschließlich mit dem praktischen Unterschied, welcher sich auf das Handeln auswirkt (vgl. Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 75). Mit dieser Aussage nimmt James Bezug auf Peirce, der in einem Artikel vom Januar 1878 im Popular Science Monthly mit dem Titel „How to Make Our Ideas Clear” beschreibt, dass die persönlichen Überzeugungen Grundlage für persönlichen Handlungen sind und dass die Bedeutung eines Gedankens davon abhängt, welches Verhalten sich daraus ergibt. Verhalten sei demnach die einzige Bemessungsgrundlage für die Bedeutung von Gedanken. (vgl. James, 1992, S. 39) Daher stellt James den Pragmatismus in seiner zweiten Vorlesung „What Pragmatism Means“ auch als eine Theorie vor, die keine festgelegten Antworten auf metaphysische Probleme liefert, sondern sich dem was wahr ist immer weiter annähert (vgl. James, 1977, S. 33).

“Theories thus become instruments, not answers to enigmas, in which we can rest.” (James, 1992, S. 42)

Mit diesem Ansatz ist der Pragmatismus „zunächst eine Methode, um philosophische Streitigkeiten zu schlichten, die sonst endlos wären“ (James, 1977, S. 27). Entgegen den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Theorien zur Wahrheitsfindung beschließt James die Wahrheit nicht mehr rein empiristisch oder rational zu ergründen, sondern sie an einem praktischen Unterschied festzumachen. Auf diese Weise sind nicht mehr alle Fragen sinnvolle Fragen, denn Fragen, die keinen praktischen Unterschied behandeln, führen zu einem müßigen Streit und sind nicht ernsthaft (vgl. James, 1977, S. 28). So löst er die Frage nach dem Umkreisen des Eichhörnchens folgendermaßen:

“Which party is right […] depends on what you practically mean by 'going round' the squirrel. If you mean passing from the north of him to the east, then to the south, then to the north of him again, obviously the man does go round him, for he occupies the successive positions. But if on the contrary you mean being first in front of him, then on his right of him, them behind him, then on his left, and finally in front again, it is quite as obvious that the man fail to go round him, for by the compensating movements the squirrel makes, he keeps his belly turned towards the man all the time, and his back turned away. Make the distinction, and there is no occasion for any farther dispute. You are both right and both wrong according as you conceive the verb 'to go round' in one practical fashion or the other” (James, 1992, S. 38).

Der Pragmatismus ist damit eine Metatheorie, die eine Beschreibungsgrundlage für das Verständnis und Deutungsweise der Welt ermöglicht, ohne dabei feststehende metaphysische oder moralische Grundsätze einzunehmen. Mit dem Pragmatismus führt James daher auch eine eigene Wahrheitstheorie ein, die mit den vorherigen auf Allgemeingültigkeit Anspruch erhebenden Ansätzen bricht.

Mithilfe von Dewey und Schiller beschreibt James, dass der Pragmatismus die persönlichen Orientierungen in der Welt fortlaufend verändern kann. James, der von „Vorräten von Erfahrungen“ und „Meinungen“ spricht, könnte den Pragmatismus als eine genetische Wahrheitstheorie beschreiben, da dieser es ermöglicht sich der ‚wirklichen Welt‘ stückweise immer weiter anzunähern. (vgl. James, 1977, S. 37 f.) Gleichzeitig sorgt James Wahrheitsbegriff für vielerlei Missverständnisse und wird neben dem Pragmatismus als eigenständiger Beitrag zur Philosophie gewürdigt (vgl. Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 81).

6.3. Die Rezeption der Theorie des Pragmatismus

Der Gebrauch des Wortes pragmatisch unterscheidet sich im allgemeinen Sprachgebrauch von dem der Theorie des Pragmatismus nach James, Peirce, Dewey, Mead oder Schiller. Daran könnten die Väter der Pragmatischen Theorie nicht zuletzt einen Anteil haben, denn James beschreibt Persönlichkeiten wie Sokrates, Aristoteles, Locke, Berkeley und Hume als Vordenker des Pragmatismus. Diese hätten sich, ohne es zu ahnen, bereits pragmatischen Methoden und Prinzipien bedient und so dem Pragmatismus den Weg zur „sieghaften Mission“ bereitet, der sich nun vollziehen würde (James, 1977, S. 31).

„There is absolutely nothing new in the pragmatic method.“ (James, 1992, S. 41)

Seine Behauptung, dass einige Fragmente der Theorie des Pragmatismus bereits vor der offiziellen Theorie genutzt wurden und dass sich diese Methode an vielerlei Stellen wiederfinden lasse, erleichtert dem Leser bzw. Hörer seiner Vorlesungen einerseits den Zugang zu den Ideen des Pragmatismus, weil bekannte und vertraute Denkweisen mit der neuen in Beziehung gesetzt werden können. Auf der anderen Seite verleitet diese Herangehensweise aber dazu die Prinzipien nicht klar voneinander abzugrenzen und so eine verschwommene oder unscharfe Vorstellung vom Konzept des Pragmatismus zu entwickeln.

Hinzu kommt eine Kontroverse um James Wahrheitsbegriff, die bis heute virulent ist. Der Wahrheitsbegriff ist zentral in der Pragmatischen Theorie und weil dieser lange Zeit nicht genügend differenziert betrachtet wurde, wurde der Pragmatismus als eine Art „utilitaristisches Nützlichkeitsdenken fehlinterpretiert“ (Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 81). James verwendet das Wort ‚cash-value‘ ungeschickt, um den praktischen Wert einer Erfahrung zu bezeichnen:

“You must bring out of each word its practical cash-value, set it at work within the stream of your experience.” (James, 1992, S. 42)

Daher nutzen Übersetzungen seiner Vorlesungen ins Deutsche das Wort ‚Barwert‘ (James, 1977, S. 125), erst neuere Übersetzungen aus dem Jahr 1996 verwenden „den angemessenen Begriff Nutzwert“ (Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 158). Die Begriffe ‚Cash Value‘ und ‚Barwert‘ sind Begriffe, die zu den Grundbausteinen des betriebswirtschaftlichen Vokabulars gehören und selbst in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung und Lehre tief verankert sind.

Auf diese Weise kam und kommt es vor allem im europäischen Raum zur Fehlinterpretation zwischen dem praktischen Wert der Wahrheit und den praktischen Wert der Nützlichkeit. Die Pragmatische Theorie wird dann fälschlicherweise als Nützlichkeitstheorie ausgelegt, in der als wahr anzusehen sei, was nützlich ist (vgl. Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 81). Diaz-Bone und Schubert führen hierzu die Ausführungen Hochkeppels an:

„Die ziemlich kruden Vorstellungen, die man sich bis vor kurzem in Europa von dieser pragmatischen Philosophie machte, ließen sie als eine besonders krasse Abart des Nützlichkeitsdenkens, des Utilitarismus, erscheinen. Selbst Bertrand Russell wertete die Philosophie des Pragmatismus lange als Händler-Philosophie ab und meinte, die Wahrheitsliebe sei in Amerika vom Geist des Kommerzes verdunkelt, ‚dessen philosophischer Ausdruck der Pragmatismus ist‘. Solche schwerwiegenden Fehldeutungen bestimmen auch heute noch vorwiegend das Verhältnis des Pragmatismus bis in die umgangssprachliche Verwendung des Wortes hinein. Auf die kürzeste Formel gebracht, versteht man auch innerhalb der Philosophie unter Pragmatismus vielfach die These, wahr sei, was nütze. An dieser vereinfachenden Auslegung der pragmatischen Philosophie sind allerdings einige seiner Gründungsväter nicht ganz unschuldig.“ (Willy Hochkeppel, Pragmatismus, in: Handlexikon zur Wissenschaftstheorie, München 1989, S. 270, zitiert nach Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 158)

Die Verwirrung um den Begriff Wahrheit wird an der Neuauslegung des Begriffs Humanismus durch den Pragmatisten F.C.S. Schiller deutlicher. Unter Humanismus versteht Schiller nicht mehr die alteuropäische anthropomorphe Vernunftbegabung des Menschen, sondern ein Wesen, dass ein interaktives Verständnis zur Wahrheit besitzt. Wahrheit wird von ihm mehr als ein Anpassungswissen konzipiert, welches ständig aktualisiert werden muss; damit kann „Wahrheit (…) nicht ohne menschliche Praxis gedacht werden“ (Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 94). Auch James bemerkt selbst die Abweichungen, in der die Pragmatische Theorie aufgenommen wird und hält weitere Vorlesungen, in denen er versucht, mit den Missverständnissen aufzuräumen.

“A favorite formula for describing Mr. Schiller's doctrines and mine is that we are persons who think that by saying whatever you find it pleasant to say and calling it truth you fulfil every pragmatistic requirement.” (James, 1992, S. 113 f.)

Doch aufgrund der Reichweite der pragmatischen Idee, der eingängigen unscharfen Formulierung und der mangelnden Abgrenzung erzielen diese Bemühungen nicht die gewünschten Erfolge.

Im Gegensatz zu James wählt Peirce später einen anderen Weg, indem er seine Lehre des Pragmatismus in Pragmatizismus (pragmaticism) umbenennt. Auf diese Weise schafft er zwar eine Abgrenzung von der umgangssprachlichen Verwendung des Wortes ‚pragmatisch‘ sowie relative theoretische Eigenständigkeit, kann aber das allgemeine Grundverständnis der Pragmatischen Theorie auch nicht mehr in seinem Sinn zurückerobern.

‚Pragmatisch‘ wird heute in der Umgangssprache als „(1) praxisbezogen, auf Nützliches ausgerichtet, sachlich“ oder (2) linguistisch, semiotisch: „auf die Disziplin der Pragmatik bezogen“ verstanden. Als Synonyme gelten „praktisch, nützlich, handelnd, nüchtern, handlungsorientiert, praxisgerecht“. Als Gegenwort findet sich „dogmatisch“ mit den Bedeutungen „(1) den Anspruch auf Allgemeingültigkeit, Verbindlichkeit erhebend“ sowie „(2) unkritisch, unreflektiert“. [6]

6.4. Pragmatismus im historischen Kontext

Historisch gesehen konnte der Pragmatismus den Humanismus aus der alteuropäischen Tradition des Idealismus säkularisieren, indem er ihn vom absoluten Theismus und dem damit verbundenen idealistischen, gottähnlichen und vernunftbegabten Menschenbild befreite (vgl. Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 96).

„Der Pragmatismus liefert so eine philosophische Begrifflichkeit, die die Übereinstimmung von Wissen und Welt auch ohne (apriorische) metaphysische Voraussetzung und ohne Suche nach einem die Wahrheit rechtfertigenden Verfahren erklärt.“ (Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 96)

In historischer Perspektive ließe sich der Pragmatismus als erste amerikanische Philosophie verstehen, die sich von der europäischen Tradition löst, indem sie einerseits ein gemeinsames kulturelles geistiges Erbe in den Hintergrund rückt und ein theoretisches Grundgerüst schafft, welches das eingeengte Gewandt des europäischen Idealismus abstreift (vgl. hierzu auch: Lindner, 2003, S. 210). Auf diese Weise ermöglichen die Amerikaner eine Denkart, in der „das Evidenzerlebnis für Wahrheit nicht mehr in der inneren Überzeugung, sondern nur noch in dem Objektivierungsvorgang (des) Denkens gesucht“ wird (Günther, 1975, S. 22).

Gotthard Günther beschreibt die Auseinandersetzung zwischen dem europäischen Russel und dem amerikanischen Dewey als stellvertretend für die unterschiedliche Weltsicht auf den beiden Kontinenten. Im (amerikanischen) Pragmatismus zeige…

„…sich ein abgrundtiefes Misstrauen gegen jene innere Evidenz, die in Menschen entsteht, die durch ein gemeinsames historisches Schicksal seelisch geformt worden sind und die ihre spirituelle Übereinstimmung aus einer historischen Tradition gemeinsamen Leidens und gemeinsamer geistiger Triumphe beziehen.“ (Günther, 1975, S. 21)

Die Lösung, die James dem Gegensatz aus Rationalisten (bzw. Idealisten) und Empiristen gegenüberstellt, kann also durchaus als Säkularisierung von alter und neuer Welt verstanden werden (vgl. Günther, 1975, S. 35). Für ihn ist der Rationalismus mit einem „übersinnliche(n) erklärende(n) Prinzip“ genauso abzulehnen, wie der Empirismus, der zwar einzelne Elemente der Welt aufnimmt, dafür aber andere Elemente, die nicht direkt erfahren werden, einbezieht und dabei insgesamt Relationen ausblendet (Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 58). Diese Jamessche Position wird posthum auch als ‚Radikaler Empirismus‘ bezeichnet (vgl. Diaz-Bone & Schubert, 1996, S. 57). Théodore Flournoys Ausführung macht den auf die Handlung bezogenen Lösungsansatz des Pragmatismus deutlich:

"Die Intellektualisten betrachten die Intelligenz als das eigentliche Wesen der Menschheit, den Verstand als unsere ursprüngliche, autonome, allen anderen überlegene Fähigkeit; Selbstzweck des Verstandes ist es, zu erkennen, d.h. die objektive Wirklichkeit mittels Ideen, die sorgfältig von jedem persönlichen und subjektiven Element gereinigt sind, wiederzugeben. [...] Ganz anders ist das Bild, das die Pragmatisten sich von unserer Natur machen. Für sie ist der Mensch vor allen Dingen ein tätiges und fühlendes Wesen, das sich inmitten äußerer Widerstände durchzusetzen und zu entfalten sucht und bei dem der theoretische Verstand (pensée abstraite), weit davon entfernt, primär und Selbstzweck zu sein, erst im Laufe des Daseinskampfes entstanden ist als helfendes Werkzeug, das dem Individuum erlaubt, sich aus den dringendsten Nöten zu ziehen, in denen es sich befindet. Anders ausgedrückt: Wir leben nicht, um zu denken, wie es der Intellektualismus proklamiert, sondern wir denken, um zu leben." (Flournoy, 1930, S. 30 f.)

Der Pragmatismus ist das philosophische Theoriekonstrukt, welches sich primär auf Handlungen bezieht. Vor allem die ungenaue Rezeption führt dazu, dass der Pragmatismus als eine Philosophie interpretiert werden kann, die aus dem Dschungel der Erkenntnis herausführt. Günther spricht sogar vom Beginn „einer Gedankenwelt, die von instinktiver Feindseligkeit gegen die bisherige Geistesgeschichte des Menschen beseelt ist“ (Günther, 1975, S. 22).

7. Zwischenfazit

Die Theorie des Pragmatismus nach Willam James versucht die europäische Philosophie, die zu dieser Zeit tief im (deutschen) Idealismus steckt, aus ihrer misslichen Lage zu befreien, indem sie den Fokus radikal vom Denken auf das Handeln verschiebt. Diesen Entwurf macht die Theorie des Pragmatismus zunächst erstmal innerhalb der Philosophie, in der es um die Erschließung der Welt und um die Ergründung von Wahrheit geht. Das Einführen einer neuen Theorie bedeutet nicht nur das Ändern eines bisher vorherrschenden Paradigmas sondern auch die Legitimierung des neuen Anspruchs (vgl. Kuhn, 2014, S. 15 ff.). Dieses wird James und seinen Mitstreitern durch den Umstand erleichtert, dass sie den Pragmatismus nicht abstrakt, sondern konkret entlang von Auswirkungen auf das Handeln beschreiben. Gleichzeitig eröffnen diese Formulierungen der Allgemeinheit die Möglichkeit, die philosophischen Überlegungen des Pragmatismus ungefiltert zu übernehmen.

„Wenn wir von der Wahrheit sprechen, so sprechen wir unserer Theorie gemäß von Wahrheiten in der Mehrzahl, von Führungen, die sich im Gebiete der Tatsachen abspielen und die nur die Eigenschaft gemeinsam haben, daß sie lohnen.“ (James, 1977, S. 137, Hervorhebung im Original)

Die missverstandene Pragmatische Theorie liefert eben genau aufgrund ihrer missverständlichen Interpretation, dass jenes wahr und damit richtig sei, was nützlich ist, die Grundlage für eine (unternehmerische) Handlungsweise, die nicht länger auf einen moralischen oder religiösen Rahmen angewiesen ist (vgl. Nahser, 1997, S. 3). Diese unternehmerische Interpretation des Pragmatismus geht damit über die von Weber identifizierten kapitalistischen Grundwurzeln im protestantisch-calvinistischen Fundament hinaus. Aus der Vorstellung, ‚was Gottes Anhänger vollbringen sei gut/wahr‘, konnte nun ‚was dem Menschen nützt, ist gut/wahr‘ werden. Damit löst der Pragmatismus die Reformierten von ihrem Fokus auf die Intentionalität von Handlungen. Derjenige, der in der Welt (materiellen) Erfolg hat, scheint die Welt mehr verstanden zu haben, als diejenigen, die sich ganz offensichtlich nicht zu helfen wussten. In gewisser Weise emanzipiert die ungenaue Interpretation des Pragmatismus damit den unternehmerischen Geist aus seinem religiösen Bezug heraus. (Unternehmerische) Handlungen an höheren Idealen auszurichten, unabhängig davon, ob diese nun religiöser oder philosophischer Natur sind, steht dem pragmatischen Handeln entgegen. Erst ab diesem Punkt können pragmatisches Handeln und der Bilanzierungsgedanke Hand in Hand die rationale unternehmerische Handlungsweise entfalten, ohne auf andere Umstände wie ökologische, soziale oder ökonomische Equilibrationsprozesse Rücksicht nehmen zu müssen. Auf diese Weise bildet der missverstandene Pragmatismus die neue nicht-religiöse (mit Burkhardt Lindner nicht-christliche) Grundlage unternehmerisch rationalen Handelns. Der Leitspruch des pragmatisch-rationalen Unternehmertums lautet: ‚Der Reichtum gab ihm Recht.‘

8. Systemisches ReDesign II – Alternative Organisationsbewertung

Ausgehend vom ersten Teil dieser Arbeit kann festgehalten werden, dass die herkömmliche Bilanzierung sich ausschließlich mit der monetären Bewertung von Unternehmungen befasst und aufgrund ihrer als alternativlos angesehenen gesellschaftlichen Stellung andere Bewertungsaspekte des Tätigseins in den Hintergrund rücken lässt. In dem zweiten Teil dieser Arbeit soll nun gezeigt werden, dass diese Vorgehensweise nicht alternativlos ist und sich durchaus andere Ansätze finden lassen, an denen man Handlungen orientieren kann, ohne dabei anti-ökonomisch handeln zu müssen. Ziel dieser Ausführungen ist nicht, die monetären Bewertungen zu ersetzen, sondern diese (wieder) in einen gesunden Rahmen zu anderen Bezügen des Lebens zu setzen und damit den Betrachtungshorizont derzeitiger Unternehmensbewertungen zu erweitern. Mit anderen Worten soll das System des pragmatisch-rationalen Unternehmertums, mit dem sich das Unternehmertum selbst einschränkt, durch weiter Elemente ergänzt werden, so dass dem Unternehmertum auch unter rationalen Gesichtspunkten eine Entscheidungsmöglichkeit bleibt. Ausgangspunkt für diese Arbeit sind Überlegungen zum Wesen der Möglichkeit und ihrer Bedeutung für das Verständnis unseres täglichen Lebens. Im Potsdamer Manifest heißt es:

„Die Einsichten der modernen Physik, der ‚Quantenphysik’, legen eine Weltdeutung nahe, die grundsätzlich aus dem materialistisch-mechanischen Weltbild herausführt. Anstelle der bisher angenommenen Welt, einer mechanistischen, dinglichen (objektivierbaren), zeitlich determinierten ‚Realität’ entpuppt sich die eigentliche Wirklichkeit (eine Welt, die wirkt) im Grunde als ‚Potenzialität’, ein nicht-auftrennbares, immaterielles, zeitlich wesentlich indeterminiertes und genuin kreatives Beziehungsgefüge, das nur gewichtete Kann-Möglichkeiten, differenziertes Vermögen (Potenzial) für eine materiell-energetische Realisierung festlegt. Die im Grunde offene, kreative, immaterielle Allverbundenheit der Wirklichkeit, erlaubt die unbelebte und auch die belebte Welt als nur verschiedene – nämlich statisch stabile bzw. offene, statisch instabile, aber dynamisch stabilisierte – Artikulationen eines ‚prä-lebendigen’ Kosmos aufzufassen.“ (Dürr, Dahm, & Zur Lippe, 2006, S. 12)

Unabhängig davon, was diese Ausführung für unsere allgemeine Weltsicht bedeutet, so wird doch deutlich, dass sich Potenzialität als eine Grundlage des Lebens verstehen lässt. Demnach gestaltet sich das Leben als Prozess des Werdens, in dem verschiedene Möglichkeiten der Ausgestaltung der Weltwerdung offen stehen. Für Planungen gilt es damit, den imaginären Möglichkeitsraum als einen Teil der realen Wirklichkeit zu begreifen.

Neben der strategischen Planung kann auf diese Weise auch die Ausgestaltung einzelner Situationen als ‚Richtungsentscheidung‘ verstanden werden.

Mit Bruno Latour gesprochen, geht es im Sinn der Potenzialität darum, Situationen zu konstituieren, in denen die Bedingungen dafür gegeben sind, dass sich eine gewünschte Möglichkeit zeigen und verwirklichen kann (vgl. Latour, 2000, S. 172 ff.). Bedingungen als den Ausgangspunkt für das Erscheinen bestimmter Möglichkeiten zu begreifen, ist wichtig, um zu verdeutlichen, dass die Welt eine andere sein bzw. jederzeit eine andere werden könnte. Die Möglichkeit, jederzeit den Anfang für etwas anderes zu setzen, beschreibt Hannah Arendt mit der Natalität des Menschen, die mit der Geburt begonnen hat und sich in seinem Handeln ausdrücken kann (vgl. Arendt, 2015, S. 18). Auf diese Weise sind Handlungen und gestaltete Settings nichts anderes als die Eröffnung oder Verschließung von möglichen potenziellen Zukünften (vgl. auch Baecker, 2012, S. 355). Oder anders formuliert: Potenzialität ist in allem zu finden, was möglicherweise wirksam sein kann. Und dass es dabei nicht nur um offensichtliche Entscheidungen geht, macht Brain Massumi am Beispiel des Sehens deutlich:

„Wir sehen in Form des Objekts, das Potential, das unserem Körper inne liegt, herumzulaufen, einen zweiten Blick zu werfen, die Hand auszustrecken und das Objekt zu berühren. Die Form des Objekts ist die Weise, auf welche eine ganze Reihe aktiver, verkörperter Potenziale in der gegenwärtigen Erfahrung auftauchen: Sie zeigt, wie das Sehen in Kinästhesie oder das Gefühl der Bewegung übertragen werden kann und wie die Kinästhesie sich mit der Berührung verschalten kann. Das Potenzial, dass wir im Objekt sehen, ist eine Weise, über die unser Körper verfügt, um zu dem Teil der Welt in dem es sich befindet, um diesen speziellen Moment des Lebens, eine Verbindung herzustellen. Was wir abstrakt sehen, wenn wir direkt und unmittelbar ein Objekt ansehen, ist gelebte Relation - eine Lebensdynamik.“ (Massumi, 2010, S. 136)

Die Möglichkeit, sich vorstellen zu können, wie die Welt sein könnte, bewegt sich auf diese Weise zwischen den beiden Extremen der totalen weltfremden Spinnerei und dem nicht-interpretierten ‚Kamerabild‘, in welchem die Pixel keinerlei Relationen zueinander ausbilden. Die Fähigkeit, Potenzialitäten zu erkennen, ermöglicht uns sowohl das Aufspannen eines Möglichkeitsraums als auch Verbindungen zwischen den Dingen und Lebewesen auszumachen oder wie Massumi es nennt „nicht wahrnehmbare Qualitäten“ (Massumi, 2010, S. 136).

Die Betrachtungen des Möglichkeitsraums spielen damit auf gewisse Weise dieselbe Frage an, die sich bei der Bilanzierung stellt, sobald etwas anderes als monetäre Größen behandelt werden sollen. Doch wie könnten Potenzialitäten, die – mit Latour gesprochen – stark von ihren Artikulationsbedingungen abhängig sind, beschrieben werden?

9. Eine neue Art der Bilanzierung: Haben oder Sein

Erich Fromm entwirft mit seiner Leitidee der Liebe und Konzepten wie Haben oder Sein eine grundlegend andere Orientierung, die dem rein kapitalistisch geprägten Denken entgegensteht. Fromm beschreibt, dass der Modus des Habens immer weitere Teile des gesellschaftlichen Lebens einnehme, die eigentlich dem Modus des Seins zugeordnet werden müssten. Zu diesen Bereichen zählt Fromm neben vielen Weiteren den Sprachgebrauch, die Art und Weise wie etwas gelernt und gelehrt wird oder wie Autorität ausgeübt wird (vgl. Fromm, 2016, S. 37, 44 ff. und 53 ff.). An jedem seiner Beispiele wird deutlich, dass der menschliche Modus des Habens bzw. der Aneignung das menschliche Denken und Handeln bestimmt und uns damit andere wichtige und grundlegende Aspekte des Lebens verwehrt.

Bezogen auf den unternehmerischen Kontext findet sich der Modus des Habens leicht in dem der Bilanzierung wieder. Dinge und vor allem der Handelswert der Dinge lassen sich gut beschreiben sowie bilanzieren und sich damit vor Augen führen, ‚wieviel‘ Besitz angehäuft wurde. Der Modus des Seins findet sich hingegen nur begrenzt in unternehmerischem Handeln und Denken wieder. Wie sähe also eine Übertragung der Anregung von Fromm von Haben oder Sein auf den unternehmerischen Kontext aus?

Anstatt zu bilanzieren, was das Unternehmen ‚hat‘, könnte in den Fokus gestellt werden, was ein Unternehmen ‚ist‘. Diese Sichtweise mag einen irritieren, denn bisher werden in der Unternehmenswelt ausschließlich die Aspekte des Habens und nicht die des Seins differenziert betrachtet. Außerdem wird das eine fälschlicherweise mit dem anderen gleichgesetzt, frei nach dem Motto: ‚Wer viel hat, der ist viel‘. Steht in der herkömmlichen Bilanzierung mit dem Besitz der Modus des Habens im Vordergrund, so stellt sich die Frage, was im Vordergrund stehen müsste, wenn man im Modus des Seins denken oder bilanzieren wollte.

An die Stelle von Besitz und Eigentum müssten bei der Bilanzierung im Modus des Seins Verbindung und Potenz treten. Wie Fromm aber selbst bemerkt, sind diese nur schwierig oder gar nicht beschreibbar (vgl. Fromm, 2016, S. 109). Nichtdestotrotz können diese aber näherungsweise bestimmt und umschrieben werden und so in den Fokus der Aufmerksamkeit gelangen. Ähnliche Verfahren kommen schließlich auch in herkömmlichen Bilanzen mittels Abschreibemethoden zum Einsatz. Während herkömmliche Bilanzen Aktiva (Anlage- und Umlaufvermögen) und Passiva (Eigen- und Fremdkapital) also Mittelverwendung und Mittelherkunft einander gegenüberstellen (vgl. Wöhe & Döring, 2010, S. 710 ff.), könnte sich eine Bilanzierung im Modus des Seins mit der Potenz und den Prozessen eines Unternehmens auseinandersetzen.

10. Entwurf einer Bilanzierung im Modus des Seins

Eine allgemeine Methode zur Bilanzierung im Modus des Seins könnte folgendermaßen aufgebaut sein: Dem Aufbau der klassischen Bilanzen folgend, könnte die Bilanz im Modus des Seins ebenfalls in zwei kategoriale Spalten aufgeteilt sein. Aus den Aktiva/Passiva Kategorien „Wo kommen die monetären Mittel über die verfügt wird her?“ und „Was ist mit den monetären Mitteln über die verfügt wird passiert?“ könnten die Aktiva/Passiva Kategorien „Wozu ist das Unternehmen potenziell in der Lage?“ und „Wozu ist das Unternehmen potenziell ‚nicht-nicht‘ in der Lage?“ werden. ‚Nicht-nicht‘ als doppelte Verneinung soll dabei nicht die erneute Verneinung etwas-nicht-zu-können darstellen, sondern angelehnt an die von Byung-Chul Han entworfene ‚negative Potenz‘ die Fähigkeit beschreiben, etwas-nicht-tun-zu-müssen (vgl. Han, 2016, S. 46). Han entwirft die negative Potenz mithilfe von Nietzsches Fähigkeit ‚nein sagen zu können‘. Die negative Potenz stellt für ihn die zweite Seite der Potenz dar, während die Impotenz ‚nicht zu können‘ nur das Gegenteil der (klassischen) positiven Potenz ‚etwas zu können‘ beschreibt. Damit ist die Impotenz keine Potenz, im Gegensatz zur negativen Potenz, der Potenz „nicht zu tun“ (Han, 2016, S. 46). Diese zwei Arten der Potenz können für eine Bilanzierung im Modus des Seins genutzt werden.

Die zweite wesentliche Unterscheidung des Möglichkeitsraums bildet die Frage nach der Herkunft von Veränderungen oder Ereignissen. Also ob der erste Impuls zur Veränderung von der betrachteten Unternehmung selbst stammt (intern) oder ob die Veränderung durch äußere Umstände herbeigeführt wird (extern). In dem Spannungsfeld dieser zwei Mal zwei Matrix tun sich damit vier Felder auf, die jeweils für sich betrachtet werden können. Denn neben den Eigenschaften und Ausprägungen der einzelnen Felder können diese zusätzlich unter einer zeitlichen Differenzierung betrachtet werden (vgl. zur „zeitlichen Komplexität“ auch Baecker, 2012, S. 29). Für jede Position ist damit nicht nur die Ausprägung an sich, sondern auch ihre zeitliche Abhängigkeit gemäß einer Fragenkaskade zu bestimmen. Eine genauere Beschreibung dieses Vorgangs ist Kapitel 12 zu entnehmen.

Tabelle 1: Allgemeines Schema einer Bilanzierung im Modus des Seins [Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

In jedem Feld gibt es zahlreiche Makro-, Meso- und Mikro-Positionen, die verhandelt werden können. Diese gilt es möglichst vollständig zu erfassen und zu bewerten. Anhaltspunkt für die Detailtiefe der Betrachtung liefert dabei die Attraktivität der betrachteten Position. Attraktivität spannt sich dabei auf einer Skala zwischen erstrebenswert und uninteressant auf. An dieser Stelle ist ganz deutlich darauf hinzuweisen, dass hier nicht nur monetäre, sondern auch moralische, ökologische und soziale Aspekte in die Bewertung der Attraktivität einfließen müssen! Attraktiv kann also neben gewinnbringend beispielsweise auch gut für die Mitarbeiter oder gut fürs Klima bedeuten.

Das Feld I bildet in der Spannung zwischen positiver Potenz und internem Impuls den eigenverantwortlichen Möglichkeitsraum aus. Der Fokus liegt hier auf allen Faktoren, die im strategisch/operativen Möglichkeitshorizont des Unternehmens liegen. Die Einschätzung der einzelnen Positionen erfolgt anhand einer Skala zwischen „Wir können …“ und „Wir können kaum …“, die sich aus der Bewertung der Folgen der Handlung ergeben. Der Idealzustand im Feld I liegt vor, wenn ein Unternehmen jederzeit problemlos die betrachtete Veränderung vornehmen könnte, ohne sich dabei in Schwierigkeiten zu bringen oder in der Umsetzung eine Hürde zu sehen. Der denkbar ungünstigste Fall im Feld I liegt vor, wenn ein Unternehmen auch unter zeitlicher Differenzierung keine Chance sieht, die betrachtete Veränderung verbeizuführen. Der Hauptnutzen des Feld I ist, den Möglichkeitsraum der Unternehmungen aufzuspannen und dabei nicht nur eine präzisere Vorstellung der eigenen Handlungsoptionen zu gewinnen, sondern sich ganz gezielt mit dem eigenen Handlungsparadigma auseinander zu setzen. Auf diese Weise bedeutet professionelles Handeln seine Entscheidungen auch vor einer Sichtweise rechtfertigen zu können, die nicht allein der eigenen Denkweise entspricht.

Das Feld II bildet in der Spannung zwischen negativer Potenz und internem Impuls den eigenverantwortlichen ‚Sorgenraum‘ aus. Der Fokus liegt hier auf allen Unternehmungen, die im strategisch/operativen Verantwortungsbereich des Unternehmensbereichs liegen, also eben jeden Aktionen, die sich das Unternehmen selbst auferlegt hat. Die Bewertung der einzelnen Positionen erfolgt anhand einer Skala zwischen „soft fail“ und „hard fail“. Allgemein gesprochen unterliegen alle Vorhaben einem Risiko zu scheitern, aber nicht jedes Scheitern hat die gleichen Auswirkungen. Ein ‚soft fail‘ soll also bedeuten, dass das Scheitern eines Vorhabens keine ernsthaften Konsequenzen mit sich bringt, ohne dabei zu beurteilen, wie attraktiv ein Gelingen desgleichen ist - ebenso ist der ‚hard fail‘ ggf. existenzbedrohend. Der Hauptnutzen des Feld II ist die Hervorhebung, dass jede Unternehmung (und sei es die eigene Verwaltung) scheitern kann. Mit dieser Gewissheit lässt sich deutlicher zwischen den Prozessen differenzieren, die um jeden Preis gelingen müssen und denen, deren Scheitern keine verheerenden Auswirkungen haben. Deutlicher im Wortlaut der negativen Potenz formuliert dreht es sich hier um die Frage, was nicht gelingen muss.

Das Feld III bildet in der Spannung zwischen positiver Potenz und externem Impuls das externe Abhängigkeitsfeld aus. Der Fokus liegt hier auf den Verflechtungen, die das Unternehmen mit seiner Umgebung eingegangen ist und möglicherweise noch eingehen wird. Die Ausprägungen der Abhängigkeiten sind sowohl in Art als auch in Schwere der Abhängigkeiten von Bedeutung. Das Feld III hat dabei zwei sich ergänzende Teilbereiche. Zum einen geht es im Gegensatz zum Feld I hier weniger um die aktiven Möglichkeiten sich gegen Abhängigkeiten zur Wehr setzen zu können, sondern um eine Betrachtungsweise der Faktoren, die die eigenen Entscheidungen und Verfassungen beeinflussen . Die eigenen Aktivitäten werden auf diese Weise als passiv behandelt und es kann ein Bild entstehen von dem vermeintlichen Verlauf ohne eigenes Zutun. Zum anderen geht es hier aber auch um die Frage, welche und auf welche Weise andere Akteure von dem Unternehmen und seinen Aktivitäten abhängig sind. Auch an dieser Stelle wird die Verflechtung des Netzwerkes der Organisation nach innen und außen deutlich und es wird möglich die strategischen und operativen Ziele der Organisation zu differenzieren. Weil sich die Abhängigkeiten der Organisation auf allen Ebenen in gesamtgesellschaftlichen Bezügen befindet, lassen sich nicht alle Abhängigkeiten im einzelnen Identifizieren und es verbleibt eine systembedingte Ungewissheit. Deshalb ist das Abhängigkeitsfeld ein Feld und kein Raum.

Das Feld IV bildet in der Spannung zwischen negativer Potenz und externem Impuls das Fragilitätsfeld. Der Fokus des Feldes IV liegt auf den Anfälligkeiten, mit denen sich die Organisation und ihre Unternehmungen konfrontiert sehen und welche Auswirkungen diese auf die Organisation selbst haben. Auf gewisse Weise bildet sich hier ein Resümee der Felder I-III, denn die Abhängigkeiten der eigenen Organisation bilden sich im Wesentlichen aus den möglicherweise eingeschränkten eigenen Möglichkeiten (Feld I), alternativlosen Prozessen (Feld II) sowie dem Ausgeliefertsein an die umgebenden Akteure (Feld III).

Sich der Interdependenz der Felder bewusst zu sein, ist der erste Schritt zu einer antifragilen Gestaltungsweise der eigenen Organisation. Das Fragilitätsfeld (IV) soll die sich aus den anderen Feldern zusammenkommenden schwierigen Fälle identifizieren. Im Anschluss kann dann ein Konzept entwickelt werden, wie sich dieses Zusammenwirken nicht mehr kritisch auf die Organisation auswirken kann. Das Freimachen von diesen Zwängen ist das Schaffen eines Zustandes, den Nicolas Taleb als Antifragilität beschreibt (siehe Kapitel 11). Da es im Sinn des Modus des Seins darum geht, den Handlungsraum der Organisation so vielfältig zu halten wie möglich, ist der ethische Imperativ von Heinz von Foerster hier passend: „Handle stets so, dass die Anzahl der Möglichkeiten wächst“ (von Foerster & Bröcker, 2014, S. 15). Um die Anzahl der Möglichkeiten zu steigern, genügt es aber nicht Fragilität zu reduzieren und zu einem robusten System zu gelangen. Das Ziel des Feldes IV ist der Entwurf der eigenen Antifragilität.

Zusammenfassend können die vier Felder der Bilanzierung im Modus des Seins vereinfacht so umschrieben werden: die ersten beiden Felder betrachten die Organisation in Hinblick auf das, was die Organisation kann (Feld I) und das, was sie noch nicht kann bzw. wie weit sie sich bei ihren Zusagen aus dem Fenster gelehnt hat (Feld II). Die anderen beiden Felder hingegen setzen sich damit auseinander, was die Organisation muss, bzw. zu was sie sich selbst verpflichtet hat (Feld III) und dem, was sie nicht muss, bzw. sich nicht zwingen lassen muss (Feld IV).

11. Antifragilität

Nassim Nicholas Taleb entwirft die Antifragilität als Gegenspieler zur Fragilität. Während klassischerweise robust als das Gegenteil von fragil angesehen wird, bemängelt Taleb, dass das Fragile unter Umweltschwankungen leide, das robuste aber nicht davon profitiere. Daher entwirft er das Antifragile als Gegenteil der Fragilität und die Robustheit in gewisser Weise als Neutrum (vgl. Taleb, 2014, S. 57 ff.). Als Beispiele für Antifragilität nennt er verschiedene lebende Systeme, wie beispielsweise den Muskel, der eine Belastung benötigt, um sich zu stärken und bei ausbleibender Beanspruchung verkümmert.

Das Konzept der Antifragilität ist deshalb von so großer Bedeutung für eine Betrachtungsweise von Organisationen im Modus des Seins, weil sie eine andere Handhabung von Planung und strategischen Entscheidungen ermöglicht. Strategische Planungen sind in einem hohen Maß von Prognosen aller Art abhängig. Prognosen (bspw. ifo-Geschäftsklimaindex [7]) bilden die Erwartungen und damit die Rahmenbedingungen für die Entscheidungsfindungen des klassischen Managements ab. Unabhängig davon, ob diese Prognosen direkt oder indirekt (über das wahrgenommene öffentliche Empfinden) in die strategischen Entscheidungen eingehen, bilden sie Vorhersagen, die zu einem gewissen Umfang eintreffen müssen, um die Aktivitäten der Organisation nicht zu gefährden. Je stärker die Prognosen Einfluss auf die strategischen Entscheidungen haben, desto stärker ist die Organisation davon abhängig, dass diese Prognosen eintreffen werden. Genauer gesagt, macht diese Abhängigkeit die Organisationen fragiler, denn Prognosen unterliegen in einem starken Ausmaß der Möglichkeit des Scheiterns.

Und genau an dieser Stelle setzt das Konzept der Antifragilität an, indem sie dazu anhält, sich von der Gefährdung durch Unsicherheit zu befreien. Die grundlegende Fragestellung der Antifragilisten lautet: Sind „Fehlkalkulationen oder falsche Vorhersagen im Endeffekt eher schädlich oder eher nützlich“? (Taleb, 2014, S. 397). Denn die Kehrseite der Effizienz ist, dass immer weitere Unternehmensbereiche bzw. Puffer optimiert (reduziert) werden und damit die Kosten von Fehlkalkulationen steigen (vgl. Taleb, 2014, S. 391). Das ist insofern problematisch, da die uns umgebende Welt komplex und undurchsichtig auftritt und sich die Eigenzeit, also die Zeit, die vergeht, ohne dass auf Individuen oder Gruppen ein kritischer Anpassungsdruck herrscht, immer weiter verkürzt (vgl. zur Eigenzeit: Kapica, 2004). Um in solchen Umständen bestehen zu können, müssen wir aufgrund von „Fragilität [und] nicht aufgrund von Wahrscheinlichkeit“ Entscheidungen treffen (Taleb, 2014, S. 358). Es ist daher notwendig zwischen der Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem bestimmten Ereignis kommen kann und den Auswirkungen dieses Ereignisses zu unterscheiden. Da ersteres kategorial immer in gewissem Ausmaß ungewiss ist, sollte sich nach dem Prinzip der Antifragilität mit zweiterem auseinandergesetzt werden. Demnach sind vor allem in organisationaler Hinsicht die Auswirkungen eines Ereignis als wichtiger anzusehen, als das Ereignis selbst (vgl. Taleb, 2014, S. 199 und 356). Vor diesem Hintergrund sind auch Möglichkeiten anders zu betrachten, denn sich Möglichkeiten in der Zukunft offen zu halten, ist letztlich gleichbedeutend damit den Sachverhalt der Zukunft nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt beurteilen zu müssen. In den Worten Talebs: „eine Option [ist] ein Ersatz für Wissen“ (Taleb, 2014, S. 259).

12. Zeitliche Differenzierung

Die ‚zeitliche Differenzierung‘ kann nach dem Vorbild der Physik auf die Organisationsgestaltung übertragen werden. In der Physik gilt ein Zusammenhang zwischen dem Ort, der Bewegung (Geschwindigkeit), der Beschleunigung und dem Ruck, der durch die Differenzialrechnung hergestellt werden kann. Mit anderen Worten stehen diese in einer Abhängigkeit zueinander, die sich in ihrer zeitlichen Potenz ausdrückt. Jede Bewegung ändert den Ort, jede Beschleunigung ändert die Geschwindigkeit und damit auch den Ort und jeder Ruck ändert die Beschleunigung und damit die Geschwindigkeit und damit den Ort. Genauso gilt dieser Zusammenhang anders herum, dass sich auch der Ort nicht ohne einen Ruck ändern lässt. Jede Betrachtung ändert sich nur durch eine gewandelte Perspektive auf die zeitliche Komponente.

Organisational lassen sich Veränderungen ähnlich auffassen, denn jede wahrgenommene Änderung im Umfeld der Organisation tritt mit einer Geschwindigkeit ein. Änderungsraten im Umfeld des Unternehmens beschleunigen oder verlangsamen sich und jede Intervention eines Markt- oder Organisationsteilnehmers bildet einen kleinen oder großen Ruck im Markt- oder Organisationsgefüge. Übertragen auf die Anforderungen, die das Umfeld an die Organisation und ihre Anpassungsfähigkeit stellt, lässt sich die folgende Fragenkaskade formulieren: ‚ist eine Änderung notwendig?‘, ‚kann die betreffende Veränderung herbeigeführt werden?‘, ‚wie schnell kann die betreffende Veränderung herbeigeführt werden?‘ und ‚wie schnell können Veränderungen solcher Art adaptiert werden werden?‘. Bezogen auf die Anpassungsfähigkeit einer Organisation lässt sich über die zeitliche Differenzierung der Grad der Dynamik beschreiben.

Mit derselben Übertragungslogik lässt sich umgekehrt erfragen, wie klein eine Veränderung in der Organisation oder im Markt minimal sein darf, damit die Organisation diese noch zu erfassen in der Lage ist. Diese Art von Sensitivität wird bisher nur im Hochfrequenzhandel betrachtet und findet in herkömmlichen Organisationen keine Beachtung. Für jede Organisation stellt sich aber die Frage, wie lange kleinste aggregierte Veränderungen in der Organisation und im Markt vor sich gehen können, ohne unbemerkt zum Nachteil der Organisation verlaufen zu können.

Die zeitliche Differenzierung ermöglicht auf diese Weise eine zweifache Eröffnung einer detaillierteren Betrachtung der eigenen Wandlungsfähigkeit über die binäre Entscheidung hinaus, ob Veränderungen herbeigeführt werden können oder nicht. Die zeitliche Differenzierung ermöglicht die Beschreibung des Anpassungshorizontes.

13. Indikatoren, Schwankungen und Daten

Um sich gegen das von Yana Milev beschriebene ‚Paradigma der Plötzlichkeit‘ stellen und orientierungsfähig sein zu können, bedarf es einer Strategie, die nicht von Prognosen gesamtgesellschaftlicher Art abhängig sind (vgl. Milev, 2011, S. 24 f.). Dazu kann auch die Antifragilität einen entscheidenden Beitrag leisten, denn die Stabilität von Systemen basiert ein Stück weit auf der Fragilität ihrer Elemente. Durch Schwankungen des Umfeldes sehen sich die Systemelemente zur Anpassung gedrängt. Unterschiedliche Anforderungen können dabei je nach Systemelement unterschiedlich erfolgreich bewältigt werden, so dass es zum Ausfall einiger Systemelemente kommen kann. Taleb nutzt hierfür das Beispiel der Restaurants: einzelne Restaurants kämen und gingen und genau deshalb sei die gesamte Branche der Gastronomie sehr widerstandsfähig (vgl. Taleb, 2014, S. 103 f.). Im Wandel der Zeit ist es in diesem Sinn erforderlich, dass einige Systemelemente zum Wohle des gesamten Systems ausfallen und so eine Fortentwicklung des Gesamtsystems ermöglichen. In Bezug auf Organisationsgestaltung bedeutet das nicht, die Organisation möglichst robust und fest definiert zu gestalten, sondern sie anpassungsfähig zu halten und den Grad der Anpassungsfähigkeit stetig zu erhöhen. Für die Organisationsgestaltung läuft es auf die folgende schwerwiegende Frage hinaus: Für welche Indikatoren, Schwankungen oder Daten sollte eine Organisation sensitiv sein?

Diese sind aus zwei Gründen schwierig zu identifizieren. Zum einen nehmen die Möglichkeiten Daten zu erheben in den unterschiedlichsten Bereichen stetig zu und die dadurch entstehende Datenfülle schafft keine Sicherheit, sondern macht im Gegenteil anfällig dafür auf Banalitäten zu achten und dabei wesentliche Aspekte zu übersehen. Denn ebenso wie das Individuum ist die Fähigkeit der Organisation Daten zu verarbeiten geringer ausgeprägt, als Daten zu erheben (vgl. Kandel, 2006, S. 337). Die Datenfülle verleitet dazu, Handlungsnotwendigkeiten zu identifizieren, obwohl der beobachtete Vorfall gegebenenfalls innerhalb der normalen Schwankungsbreite liegt. Und je detaillierter Daten betrachtet werden, desto höher ist der Anteil an ‚Rauschen‘ im Vergleich zum ‚Signal‘ (vgl. Taleb, 2014, S. 184 ff.).

Zum anderen kann sich die Auswahl, welche Indikatoren, Schwankungen oder Daten überhaupt analysiert werden sollen, nach bisherigem Stand einzig an dem rational-pragmatischen Grundsatz ‚erfolgsgefährdend?‘ orientieren. Alle anderen Aspekte einer Unternehmung bleiben in ihrer Relevanz verschleiert. Die Bilanzierung im Modus des Seins schafft an dieser Stelle eine Beschreibungsmöglichkeit für alle die Organisation betreffenden werthaltigen Aspekte einer Unternehmung. Auf diese Weise können Unternehmungen vielseitiger betrachtet und gegebenenfalls abgewandelt werden, ohne sie bei drohender nicht-Profitabilität abbrechen zu müssen. Oder anders formuliert: die eigene Bilanzierung im Modus des Seins identifiziert die für die Organisation relevanten Faktoren und kann auf diese Weise einen Maßstab für die für sie relevanten Indikatoren, Schwankungen und Daten bilden. So löst die Bilanzierung im Modus des Seins die pragmatische Unternehmensbewertung aus ihrer Selbstbezüglichkeit. Gleichzeitig ermöglicht sie unternehmerische Entscheidungen, die rationalen Charakter besitzen, ohne dabei rein pragmatisch sein zu müssen.

14. Abschlussbetrachtung

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland schreibt in Artikel 14 Absatz 2 fest: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Doch in welcher Weise kommt heute privates Eigentum der Allgemeinheit zugute? Klassischerweise lässt sich argumentieren, dass materielles und immaterielles Eigentum zu Einkommen befähige und dieses Einkommen werde wiederum durch die Allgemeinheit besteuert. So komme der Einsatz von privatem Eigentum letztlich dem Wohle der Allgemeinheit zugute.

Mit dem ersten Teil dieser Arbeit lässt sich nun dagegenhalten, dass diese Art des Zugutekommens lediglich monetäre Werte umfasst und nichts über den eigentlichen Wert des Einsatzes von Eigentum aussagt. Denn es gibt zahlreiche Beispiele, bei denen der Einsatz von Privateigentum zwar für den/die Einsetzenden ertragreich verläuft, es aber gleichzeitig Geschädigte gibt. Wenn diese Schädigung geringfügig ist, ist sie in der Regel monetär aufzuwiegen und möglicherweise mithilfe des Rückflusses an das Wohl der Allgemeinheit zu tilgen. Oft ist diese Schädigung aber nicht geringfügig und die Geschädigten nicht eindeutig zu identifizieren. Denn wer sind die wirklich Geschädigten, wenn Abgase in die Umwelt eingeleitet oder radioaktive Abfälle erzeugt werden? In einem solchen Fall greifen die klassischen Rechenschaftsregeln nach dem Grundsatz ‚Eigentum verpflichtet‘ kategorial daneben. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde, über die Herleitung aus Protestantismus und Pragmatismus, gezeigt, dass das System des rational-pragmatischen Unternehmertums für nicht-monetäre Werte unempfänglich ist und keinen anderen moralischen Maximen folgt, als den Wert seiner Handlungen in monetärem Gewinn zu messen. Weil die klassische Betriebswirtschaftslehre sich fast ausschließlich den Methoden der Arithmetik bedient, ist sie für diese Verfehlungen notwendigerweise blind. Um dem System des rational-pragmatischen Unternehmertums eine Möglichkeit der Verantwortungsübernahme zu gewähren, müsste dieses System sensitiv für andere Werte werden und bräuchte dafür geeignete Methoden.

Dieser Versuch wurde im zweiten Teil dieser Arbeit unternommen, indem eine neue Methode entworfen wurde. Dies ist notwendig gewesen, weil sich die klassische Betriebswirtschaftslehre verschiedener Formen der Delegation bedient und daher Strategien kommunizierbar sein müssen. Darüber hinaus müssen Strategien nicht nur rational kommunizierbar, sondern auch kontrovers diskutierbar sein und damit dies zielgerichtet und rational möglich ist und nicht ‚im Nichts‘ verläuft, bedarf es eines standardisierten Rahmens. Dieser Rahmen kann sich wiederum nur durch eine standardisierte Methode konstituieren, wenn mit dem Rahmen gleichzeitig ein neues Werteparadigma etabliert werden soll. Denn die Methode konstituiert, was sich mit ihr zeigen kann.

Die Aufgabe im zweiten Teil dieser Arbeit war es deshalb, eine standardisierbare Methode zu entwerfen, die der Organisation Sensitivität für Werte außerhalb der ökonomischen Sphäre ermöglicht. Ansatzpunkt dafür war die Gegenüberstellung ‚Haben oder Sein‘ von Erich Fromm. Nach diesem Schema folgend, entspricht die klassische Bilanzierung aus dem ersten Teil dieser Arbeit dem Haben-Prinzip, während die Modularität des Seins im unternehmerischen Kontext (außerhalb des Storytellings) nicht zu finden ist. Daher wurde die Methode auf dem Seins-Konzept aufgebaut, um ebenjene Werte beschreibbar zu machen, die sich durch eine Haben-Orientierung ausschließen. Die Schwierigkeit im Entwurf dieser Methode bestand in der Gradwanderung zwischen der konkreten Beschreibung einer Methode in einem Kontext bzw. einem Anwendungsfall (welchen es hier nicht gab) und der allzu allgemeinen Formulierung, welche letztendlich nichts Konkretes auszudrücken vermag.

Zusammenfassend kann der Entwurf der Methode ‚Bilanzierung im Modus des Seins‘ als Einladung verstanden werden, das rational-pragmatische Paradigma des Unternehmertums zu erweitern und die Grundsätzlichkeit des Werdens-Prozesses und der damit verbundenen Potenzialität Einzug in das System des Unternehmertums finden zu lassen. Denn nur auf diese Weise werden Organisationen einmal mehr in der Welt zustande bringen können, als monetären Gewinn für wenige und Konsumgeschichten für alle. Mithilfe der Einwilligung in das Unfertige kann sich in Organisationen die Haltung etablieren, die gleichzeitig die Grundhaltung der Demokratie ist (vgl. Augé, 2015, S. 31). Das sich so zwischen dem Werdenden und dem eigenen Gestaltungswillen der Zukunft aufspannende Feld ermöglicht eine Grundhaltung, welche die von Masschelein und Simons auf individueller Ebene beschriebene Immunisierung überwinden kann (vgl. Masschelein & Simons, 2005, S. 102). Dieses Feld haben sowohl Renate Girmes als ein Feld des Sich-Aufgaben-Stellens, als auch Peter Sloterdijk mithilfe der Anthropotechniken beschrieben (siehe Girmes, 2004; siehe Sloterdijk, 2016). Die Herausforderung liegt daher in der Ausweitung des Übungskontextes der Individuen auf orgaisatorischer Ebene.

15. Quellenverzeichnis

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[1] Umgangssprachlich zusammengefasst für: Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung und Eigenkapitalspiegel

[2] Im Allgemeinen gesprochen. Natürlich sind Handelsfähigkeit, Transaktionskosten und vieles weiteres zu beachten, im Prinzip läuft es aber immer auf den Handelswert hinaus.

[3] Zur Erklärung der Pragmatischen Theorie wird sowohl die englischen Vorlesungen von James, als auch eine Übersetzung ins Deutsche aus dem Jahr 1977 genutzt.

[4] Bei James auch: tough-minded, Sensualist, Materialist, Pessimist, Irreligiös, Fatalist, Pluralist, Skeptiker. (James, 1977, S. 7)

[5] Bei James auch: tender-minded, Intellektualist, Idealist, Optimist, Religiös, Anhänger der Willensfreiheit, Monist, Dogmatiker. (James, 1977, S. 7)

[6] Alle Angaben [https://de.wiktionary.org/wiki/pragmatisch] bzw. [https://de.wiktionary.org/wiki/dogmatisch] entnommen. Zugriff am 22.02.2018

[7] Prognoseindex des ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.


Fin de l'extrait de 33 pages

Résumé des informations

Titre
Das System des rational-pragmatischen Unternehmertums und seine Alternative
Université
Otto-von-Guericke-University Magdeburg  (Institut für Erziehungswissenschaften)
Note
1,0
Auteur
Année
2018
Pages
33
N° de catalogue
V505505
ISBN (ebook)
9783346050311
ISBN (Livre)
9783346050328
Langue
allemand
Mots clés
Unternehmertum, Pragmatismus, Bilanzierung, Wert, Wertedebatte, Alternative Bilanzierung, Regime der Selbstführung, Unternehmerische Werte, Handelswert, Marktwert, Intrinsic natural worth of anything, Rationalprinzip, Rationalismus, Protestantismus, Reformation, Cash-value, Nutzwert, Nützlichkeitstheorie, Sich lohnen, Möglichkeitsraum, Potenzialität, Haben oder Sein, Antifragilität, Negative Potenz, Paradigma der Plötzlichkeit, Sensitivität, Empathie, Paradigma, Cultural Engineering
Citation du texte
Gunnar Dirks (Auteur), 2018, Das System des rational-pragmatischen Unternehmertums und seine Alternative, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/505505

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