Der Erste Golfkrieg


Dossier / Travail de Séminaire, 2003

22 Pages, Note: 1,5


Extrait


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung und Erkenntnisziele

II Hauptteil

1. Konflikteinordnung

2. Konfliktgegenstände/ -dimensionen
2.1. Langfristig angelegte Ursachen des Krieges
2.2. Mittelfristig angelegte konkrete Ursachen
2.3. Kurzfristig wirkende Anlässe bzw. Auslöser

3. Der Kriegsverlauf und die Zielsetzungen der Kriegsakteure
3.1. Irak
3.2. Iran

4. Internationale Akteure
4.1. Die Interessenlage und das Verhalten der Supermächte
4.2. Die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens
4.3. Die Staaten der Europäischen Gemeinschaft

5. Institutionelle Konfliktregulierung
5.1. Die Vermittlungsbemühungen der Vereinten Nationen
5.2. Die Vermittlungsbemühungen der Islamischen Konferenz Organisation
5.3. Die Vermittlungsbemühungen der Arabischen Liga (AL)

III Fazit

IV Anhang

I Einleitung und Erkenntnisziele

In der vorliegenden Arbeit wird der erste Golfkrieg zwischen Iran und Irak (1980- 1988) untersucht. Um dieser Aufgabe allumfassend gerecht zu werden, wird die Arbeit in ihrem Hauptteil einer Fünfteilung unterworfen. Nach der Konflikteinordnung werden die Konfliktgegenstände bzw. -dimensionen ausführlich dargestellt. Danach werden die Akteure des Krieges und der Kriegsverlauf vorgestellt, bevor ein besonderer Schwerpunkt auf die Internationalen Akteure und die institutionelle Konfliktregulierung gelegt wird.

Mit Hilfe dieser Fünfteilung sollen im abschließenden Fazit folgende Leitfragen beantwortet werden:

1. Welche Ursachen führten zum Ausbruch des iranisch- irakischen Krieges und welcher innen- und außenpolitische Entstehungskontext lag diesem zugrunde?
2. Welche unterschiedlichen Phasen des Konfliktverlaufs bzw. Arten der Kriegsführung konnten beobachtet werden?
3. War der iranisch- irakische Krieg nur in der regionalen System- bzw. Konfliktebene verankert oder streifte dieser auch die internationale Ebene? Waren zwischen beiden Ebenen Abhängigkeiten zu erkennen?
4. Welche Folgen hatte die Internationalisierung des Krieges für die Region und das internationale System?
5. Weshalb nahm die institutionelle Konfliktregulierung eine so lange Zeitspanne in Anspruch?

II Hauptteil

1. Konflikteinordnung

Da in dieser Arbeit die Begriffe „Konflikt“ und „Krieg“ verwendet werden, ist es zunächst zwingend erforderlich, diese möglichst genau zu definieren.

Von einem Konflikt kann man sprechen, wenn mindestens zwei Akteure (Menschen, Gruppen, Staaten etc.) „bezüglich derselben Angelegenheit miteinander unvereinbare Ziele verfolgen und ihre Interaktion durch feindliche Akte gekennzeichnet ist.“ Klettert man die „Eskalationsleiter“ nun weiter nach oben, so folgt als nächste Eskalationsstufe die Krise bzw. der Krisenzustand, „in dessen Verlauf man bis an das Risiko einer militärischen Auseinandersetzung herangeht, und in der man den Gegner daran hindern will, einen gewissen politischen, militärischen oder wirtschaftlichen Vorteil zu erringen.“ Eskaliert dieser Krisenzustand bis zur Anwendung von militärischer Gewalt zwischen den Gegnern innerhalb eines oder zwischen zwei oder mehreren Staaten, so spricht man von einem bewaffneten Konflikt bzw. von Krieg. Dieser ist, der Definition von Kende und Gantzel folgend, durch drei Charakteristika gekennzeichnet:

1. An den Kämpfen sind zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte unmittelbar beteiligt, bei denen es sich mindestens auf einer Seite um reguläre Streitkräfte handelt.
2. Auf beiden Seiten muss ein Mindestmaß an zentral gelenkter Organisation der Kriegführenden und des Kampfes vorhanden sein.
3. Die bewaffneten Operationen ereignen sich mit einer gewissen Kontinuierlichkeit und sind nicht nur gelegentliche bzw. spontane Zusammenstösse.

Diese Kriegsdefinition ist für die „neuen Kriege“ des 21. Jahrhunderts kaum noch zutreffend, für den iranisch- irakischen Krieg gleichwohl schon, denn der erste Golfkrieg war ein zwischenstaatlicher Krieg ohne Fremdbeteiligung. Zwar fanden Operationen durch Dritte oder gegen Dritte statt, z.B. israelische Bombenangriffe auf irakische Atomanlagen im Juni 1981 oder iranische Bombenangriffe auf Kuwait im November 1981, jedoch waren diese Operationen in ihrem Ausmaß und ihrer zeitlichen Dauer so sehr begrenzt, dass nicht von einer direkten Beteiligung einer Drittpartei gesprochen werden kann.

Der erste Golfkrieg war einer der längsten und verlustreichsten konventionellen Kriege nach dem Zweiten Weltkrieg. Obwohl dieser Krieg in einer für das internationale System extrem bedeutenden Region (geopolitische Lage, Ölvorkommen) und in der Zeit des Ost- West Konflikts stattfand, kann keineswegs von einem Stellvertreterkrieg der Supermächte gesprochen werden. Es handelte sich um einen begrenzten Regionalkonflikt zwischen Iran und Irak, der 1980 in einen achtjährigen Krieg mündete. Somit war der Krieg im regionalen Subsystem des Nahen und Mittleren Ostens verankert. Dennoch hatte er Auswirkungen auf die internationale Systemebene, wie im Folgenden noch gezeigt wird.

In der vorliegenden Arbeit soll also keineswegs nur die regionale Konfliktebene untersucht werden, sondern vielmehr auch deren Verbindung zur internationalen Ebene aufgezeigt werden.

2. Konfliktgegenstände/ -dimensionen

Die Konflikte zwischen Iran und Irak bilden eine multidimensionale Konfliktstruktur. Diese Struktur wird sowohl von nationalstaatlichen als auch von subnationalen Akteuren geprägt. Allgemein kann der Konflikt zwischen Iran und Irak als ein Hegemonialkonflikt verstanden werden. Innerhalb dieser Konfliktlinie, so Dierke, sind drei zentrale Dimensionen anzutreffen: die strategisch- territoriale (territoriale Souveränität über die Wasserstrasse Schatt el-Arab), die interkommunale (Konflikt zwischen den Kurden im Nordirak und der Zentralregierung) und die intrakulturelle Konfliktdimension (Gegensatz zwischen schiitischer Bevölkerungsmehrheit und der sunnitischen Führung im Irak). Diese Einordnung ist zwar exakt, gleichzeitig wird dadurch aber diesen Konfliktdimensionen ein Übergewicht eingeräumt. Seit langem wirkende historische Ursachen werden dabei vernachlässigt.

Deshalb werden im Folgenden nicht nur die einzelnen Konfliktlinien untersucht, sondern auch deren zeitliche Reihenfolge beachtet. Es wird zwischen langfristig und mittelfristig angelegten Ursachen und kurzfristig wirkenden Anlässen bzw. Auslösern unterschieden. Nur so kann umfassend erklärt werden, weshalb es zum Ausbruch des ersten Golfkrieges kam.

2.1. Langfristig angelegte Ursachen des Krieges

Die langfristig angelegten Ursachen des iranisch- irakischen Krieges lassen sich in drei Konfliktpotentiale unterscheiden: Erstens der ideologische Gegensatz zwischen arabischen und persischen Nationalismus. Zweitens die religiösen Differenzen zwischen Sunniten und Schiiten und drittens die Grenz- und Territorialkonflikte, also der Disput um die Grenzziehung an der Wasserstrasse Schatt el-Arab und die Zugehörigkeit der Provinz Khuzistan bzw. Arabistan.

Der arabisch- persische Dualismus geht auf das Jahr 637 n. Chr. zurück, als das persische Sassanidenreich in der Schlacht von Qadisiyyah von den Arabern erobert wurde. In Folge der arabischen Eroberungswelle konnte der Iran zwar islamisiert werden, die ursprünglich persische Sprache und Tradition konnte jedoch nicht verdrängt werden. Eine Arabisierung und die Herstellung der für Araber natürlichen Einheit von Islam und Arabertum wurde nicht erreicht. Im Iran war deshalb stets ein „Nebeneinander von Iran und Islam“ anzutreffen, aber keineswegs dessen Einheit. Ein weiterer Grund für die Manifestierung des arabisch- persischen Gegensatzes war der Triumph der Abbasiden im Jahre 750 und das sich anschließende Abbasidenkalifat (750- 1258), das zwar sunnitisch- arabischen Ursprungs war, in dessen Verlauf sich aber persische Dynastien die eigentliche Macht sichern konnten und dem Kalifat eine persische Prägung verliehen. Seit diesem Zeitpunkt stehen sich arabischer (Irak) und persischer (Iran) Nationalismus konfrontativ gegenüber. Beide Nationalismen betonen dabei die Einzigartigkeit und Überlegenheit der jeweils eigenen Nation und lehnen die jeweils andere kategorisch ab. In Verbindung mit dem beiderseitigen Vormachtstreben am Golf schlägt Gorawantschy für beide Nationalismen die sehr treffende Bezeichnung „Hegemonialnationalismus“ vor.

Eine weitere Konfliktlinie im iranisch- irakischen Konfliktsystem stellen die religiösen Differenzen zwischen Schiiten und Sunniten dar. Sowohl im Iran als auch im Irak bilden die Schiiten die Bevölkerungsmehrheit. Zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs 1980 bekannten sich im Irak 53,5 % der Bevölkerung zum Schiismus und 41,5 % zum Sunnismus. Da von den sunnitischen Muslimen noch 21,6 % Kurden sind, muss der Anteil der Schiiten an der Bevölkerung noch weitaus höher eingeschätzt werden. Im Iran liegt der Anteil der Schiiten noch wesentlich höher. Rund 86 % der Bevölkerung können dem Schiismus zugerechnet werden.

Obwohl also in beiden Ländern die Schiiten eindeutig die religiöse Mehrheit verkörpern, sind sie im Irak in der Regierung und Verwaltung sowie im Militär stark unterrepräsentiert. Hier dominieren fast ausnahmslos sunnitische Araber. Diese Gegebenheit resultiert größtenteils noch aus der Osmanenherrschaft (1639- 1918) und hat verschiedene Gründe. Zum einen waren die Türken selbst Sunniten und bevorzugten daher auch sunnitische Araber bei der Besetzung höherer Ämter. Zum anderen wiesen die Schiiten einen geringeren Bildungsstand auf, eine Tatsache, die aus dem Boykott sunnitisch ausgerichteter Bildungseinrichtungen resultierte. Des weiteren sympathisierten die irakischen Schiiten mit den schiitischen Persern und mit diesen waren die Türken verfeindet.

Auch nachdem der Irak 1932 seine Unabhängigkeit erlangte wurde die Diskriminierung der Schiiten fortgeführt. Der schiitisch- sunnitische Gegensatz und die Unterdrückung der Schiiten im Irak, denen erst 1908 die freie Religionsausübung zugestanden wurde, wirkte sich nachteilig auf das Verhältnis zu Iran aus, der die irakischen Schiiten besonders nach der Revolution im Iran 1979 offen unterstützte. Diese Konfliktlinie wurde durch den iranisch- irakischen Krieg keineswegs aufgelöst, sondern besteht auch im heutigen Irak, nach Beendigung des dritten Golfkrieges, noch fort.

Den dritten Konfliktgegenstand der langfristig angelegten Ursachen des Krieges bilden die Grenz- und Territorialkonflikte zwischen beiden Ländern, die Auseinandersetzung um den Schatt el-Arab und die Provinz Khuzistan/ Arabistan.

Der Schatt el-Arab ist der Grenzfluss zwischen Iran und Irak. Es handelt sich hierbei um den Zusammenfluss von Euphrat und Tigris sowie dem iranischen Fluss Karun, der in der Nähe der Halbinsel Fao in den Persischen Golf mündet. Der Schatt und die den Fluss umgebende Region sind für beide Staaten von höchster strategischer und ökonomischer Bedeutung, besonders jedoch für den Irak. Während der Iran seinen Im- und Export über zahlreiche Hochseehäfen an der Küste des Persischen Golfs abwickeln kann, so verfügt der Irak nur über einen einzigen hochseetauglichen Hafen (Basra), der sich rund 65 Seemeilen im Landesinneren befindet und nur über die Wasserstrasse Schatt el-Arab erreichbar ist. Die Möglichkeit der Schifffahrt auf dem Fluss ist für den Irak also eine ökonomisch extrem bedeutende Frage. Im Kern der Streitigkeiten um diese Region ging es demzufolge um die Frage, ob die Grenze nach dem Thalweg- Prinzip in der Flussmitte oder am iranischen Ufer des Schatt el-Arab verläuft. Seit mehreren Jahrhunderten und nach mehr als einem halben Dutzend vertraglicher Abmachungen wurde die Grenze im Vertrag von Algier 1975, der letzten vertraglichen Vereinbarung vor Kriegsausbruch, auf die Thalweg- Linie, also die Flussmitte, gelegt.

Der Disput um die Zugehörigkeit der Provinz Khuzistan, die von den Arabern als Arabistan bezeichnet wird, hat größtenteils ökonomische Ursachen, da in dieser Region große Erdölvorkommen vorhanden sind, die rund 90 % der gesamten iranischen Erdölfördermenge ausmachen. Den Anspruch auf diese Provinz mit der Hauptstadt Ahwaz, die sich östlich des Schatt el-Arab befindet und in der von 3,5 Mio. Einwohnern 1-1,5 Mio. Araber sind, leitet der Irak dennoch größtenteils historisch her. Die Begründung dafür sei der arabische Charakter der Provinz sowie die Tatsache, dass Khuzistan früher ein Bestandteil des Abbasidenreiches gewesen sei. Der irakische Anspruch konnte jedoch nie durchgesetzt werden und völkerrechtlich wurde die Provinz 1913/14 bzw. 1937 eindeutig dem Iran zugesprochen.

2.2. Mittelfristig angelegte konkrete Ursachen

Die mittelfristig angelegten konkreten Ursachen können allgemein als die Hegemonialpolitik des iranischen Schah Reza Pahlawis bezeichnet werden. Konkret äußerte sie sich in der Annexion dreier kleiner Golfinseln, der iranischen Unterstützung der kurdischen Oppositionsbewegung im Nordirak und der Verbesserung der Beziehungen zu den arabischen Golfmonarchien, wodurch der Iran gegenüber dem Irak in den 1970er Jahren eindeutig Positionsvorteile im Kampf um die Vorherrschaft in der Golfregion erzielen konnte.

Die Annexion der Inseln Abu Musa sowie Kleiner und Großer Tumb, die zu Beginn der 1970er

[...]

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Der Erste Golfkrieg
Université
Dresden Technical University  (Institut für Politikwissenschaft)
Cours
Konflikte und Konfliktregulierung in der Internationalen Politik
Note
1,5
Auteur
Année
2003
Pages
22
N° de catalogue
V50609
ISBN (ebook)
9783638468008
ISBN (Livre)
9783638661126
Taille d'un fichier
434 KB
Langue
allemand
Annotations
Diese Arbeit befasst sich intensiv mit dem Ersten Golfkrieg zwischen Iran und Irak. Dabei wird ausführlichst auf die zugrundeliegenden Konfliktursachen und die herangezogenen Konfliktregulierungsmechanismen eingegangen.
Mots clés
Erste, Golfkrieg, Konflikte, Konfliktregulierung, Internationalen, Politik, Arabische Liga, UNO, Iran, Irak, Naher Osten, UdSSR, USA, Regional
Citation du texte
Stephan Fischer (Auteur), 2003, Der Erste Golfkrieg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50609

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