Diese Arbeit untersucht die Versuche des afghanischen Königs Amanullah Schah in den 1920er Jahren, sein Land in die Moderne zu führen. Die Reduktion Afghanistans auf eine Art "wilder Westen" Zentralasiens, das Klischee vom Kriegervolk und das mechanistische Verständnis von Modernisierung, das nicht zuletzt auch dem Ansatz des "Nation Building" des Westens seit 2001 zugrunde liegt, werden um eine historische Perspektive erweitert und somit kritisch hinterfragt. Es wird nicht nur aufgezeigt, warum dieser Modernisierungsversuch scheiterte, sondern auch, was eine afghanische Moderne ausmacht. Vor dem Hintergrund des langen Engagements der internationalen Staatengemeinschaft in Afghanistan sind Kenntnisse der neueren afghanischen Geschichte von besonderer Bedeutung - diese Arbeit versucht über die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit einen Beitrag zum Verständnis der Gegenwart dieses schönen und komplexen Landes zu leisten.
Diese Arbeit will daher den Charakter der Modernisierung König Amanullahs zu bestimmen versuchen. Sie wendet sich diesen Fragen zu: Was bedeutet "Moderne" in Afghanistan in den 1920er Jahren und wie modern waren demnach Amanullahs Reformen? Finden sich in den Reformen Amanullahs Elemente, die bei der Standortbestimmung einer eigenen "afghanischen Moderne" hilfreich sein können? Der Nutzen dieser Untersuchung liegt auf der Hand: wenn es gelingt, in Amanullahs Herrschaft unverzichtbare Merkmale einer afghanischen Moderne zu identifizieren, ergibt dies zweierlei. Erstens wäre dem Modernecharakter von Amanullahs Herrschaft ein klareres Profil verliehen und zweitens wäre deutlich geworden, welche Prozesse integrale Bestandteile einer jeden Modernisierung Afghanistans sein müssen. Die spezifische Eigenart des kulturellen Programms der Moderne in Afghanistan hätte deutlich an Konturen hinzugewonnen.
Dieser Arbeit liegt die Annahme zugrunde, dass jede eigene, afghanische Moderne der Staatlichkeit bedarf, die wiederum eines Nationalismus bedarf, der die engen Grenzen ethnischer, tribaler und klientilistischer sozialer Beziehungen überschreitet, dessen integrale und integrierende Bestandteile neben der Religion aber auch die Verheißung des Fortschritts und der besseren Lebensqualität für alle Angehörigen einer Nation und Bürger eines Staates sind. Eine weitere Annahme ist, dass zur Verbesserung der Lebensqualität und der Fähigkeit zur Förderung der Autonomie des Individuums notwendigerweise die Bildung gehört.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der Begriff der Moderne in Afghanistan
- 2.1 Multiple Moderne(-n)? Eisenstadts Modernebegriff in Afghanistan
- 2.2 Die Möglichkeit der Moderne - Amanullahs Herrschaft als Zäsur
- 3. Reformer und Reformen
- 3.1 Der König, seine Familie und seine prekäre Machtbasis
- 3.2 „The Agony of Modernization“ – Reformversuche
- 4. Der Charakter der afghanischen Moderne
- 4.1 Das Scheitern der Reformen Amanullahs
- 4.2 Merkmale der afghanischen Moderne
- 4.3 Amanullahs Moderneverständnis
- 5. Résumé
- 6. Begriffsverzeichnis
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis
- 7.1 Primärliteratur
- 7.2 Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Regierungszeit Amanullah Khans und dessen Modernisierungsversuche in Afghanistan. Sie analysiert den Kontext dieser Reformen, den Begriff der Moderne im afghanischen Umfeld und bewertet deren Erfolg und Misserfolg. Die Arbeit beleuchtet sowohl die innenpolitischen als auch die internationalen Aspekte von Amanullahs Herrschaft.
- Amanullah Khans Modernisierungsbestrebungen
- Der Begriff der Moderne im Kontext Afghanistans
- Die Rolle der internationalen Beziehungen
- Die innenpolitischen Herausforderungen der Reformen
- Das Scheitern und die Folgen der Modernisierung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt den Leser in die Thematik ein, indem sie den Besuch Amanullahs in Weimar 1928 und das damit verbundene Interesse an Afghanistan thematisiert. Sie stellt die zentrale Forschungsfrage nach Amanullahs Reformen und deren Bedeutung für die deutsch-afghanischen Beziehungen. Die Einleitung betont die Aktualität des Themas im Lichte des neueren Engagements des Westens in Afghanistan und stellt die Arbeit in den Kontext der bestehenden Literatur.
2. Der Begriff der Moderne in Afghanistan: Dieses Kapitel befasst sich mit der Definition von Moderne im afghanischen Kontext. Es hinterfragt den universalistischen Ansatz von Eisenstadts Modernebegriff und untersucht dessen Anwendbarkeit auf die spezifischen Bedingungen Afghanistans. Der Fokus liegt auf der Analyse von Amanullahs Herrschaft als möglichen Wendepunkt ("Zäsur") in der afghanischen Geschichte und dessen Versuch, westliche Modernisierungselemente einzuführen. Es wird die Vielschichtigkeit und die komplexen Herausforderungen der Modernisierung in einem traditionellen, islamisch geprägten Umfeld analysiert.
3. Reformer und Reformen: Dieses Kapitel porträtiert Amanullah Khan und seine Reformpolitik. Es analysiert die Machtbasis des Königs, seine Familie und die damit verbundenen internen Spannungen. Ein Schwerpunkt liegt auf den Modernisierungsversuchen Amanullahs und den Herausforderungen, denen er sich gegenüber sah, indem es die Schwierigkeiten der Umsetzung der Reformen unter den bestehenden sozio-kulturellen Gegebenheiten und den politischen Widerständen beschreibt. Es analysiert die "Agony of Modernization" und beleuchtet die komplexen Faktoren, die zum Scheitern beitrugen.
4. Der Charakter der afghanischen Moderne: Dieses Kapitel analysiert das Scheitern der Reformen Amanullahs, indem es sowohl die internen Widerstände als auch externe Einflüsse untersucht. Es identifiziert die Merkmale der spezifisch afghanischen Moderne, die sich aus den Versuchen Amanullahs ergaben. Abschließend wird das eigene Verständnis von Moderne durch Amanullah und dessen Umsetzung in der Praxis untersucht. Das Kapitel verknüpft die vorherigen Analysen und bietet eine zusammenfassende Perspektive auf die afghanische Modernisierung unter Amanullah.
Schlüsselwörter
Amanullah Khan, Afghanistan, Moderne, Modernisierung, Reformen, Islam, Tradition, Westen, Innenpolitik, Außenpolitik, deutsch-afghanische Beziehungen, Eisenstadt, Modernisierungstheorien
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Amanullah Khans Modernisierungsversuche in Afghanistan"
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit untersucht die Regierungszeit Amanullah Khans und seine Modernisierungsversuche in Afghanistan. Sie analysiert den Kontext dieser Reformen, den Begriff der Moderne im afghanischen Umfeld und bewertet deren Erfolg und Misserfolg. Die Arbeit beleuchtet sowohl die innenpolitischen als auch die internationalen Aspekte von Amanullahs Herrschaft, einschließlich der deutsch-afghanischen Beziehungen.
Welche Themen werden im Detail behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Schwerpunktthemen: Amanullah Khans Modernisierungsbestrebungen, den Begriff der Moderne im Kontext Afghanistans, die Rolle der internationalen Beziehungen, die innenpolitischen Herausforderungen der Reformen, das Scheitern und die Folgen der Modernisierung sowie die Anwendbarkeit von Eisenstadts Modernebegriff auf Afghanistan.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in Kapitel gegliedert, beginnend mit einer Einleitung, die den Kontext und die Forschungsfrage festhält. Es folgt eine Auseinandersetzung mit dem Begriff der Moderne in Afghanistan, eine Analyse der Reformen Amanullahs und seiner Machtbasis, eine Betrachtung des Charakters der afghanischen Moderne, einschließlich der Ursachen für das Scheitern der Reformen, und abschließend ein Résumé. Zusätzlich enthält die Arbeit ein Begriffsverzeichnis, ein Quellen- und Literaturverzeichnis.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf Primär- und Sekundärliteratur. Die genaue Auflistung findet sich im Quellen- und Literaturverzeichnis.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Amanullah Khan, Afghanistan, Moderne, Modernisierung, Reformen, Islam, Tradition, Westen, Innenpolitik, Außenpolitik, deutsch-afghanische Beziehungen, Eisenstadt, Modernisierungstheorien.
Was ist die zentrale Forschungsfrage?
Die zentrale Forschungsfrage ist die Analyse von Amanullahs Reformen und deren Bedeutung, insbesondere für die deutsch-afghanischen Beziehungen. Es geht um die Bewertung des Erfolgs und des Misserfolgs der Modernisierungsversuche im spezifischen Kontext Afghanistans.
Wie wird der Begriff der "Moderne" definiert und angewendet?
Die Arbeit hinterfragt den universalistischen Ansatz von Eisenstadts Modernebegriff und untersucht dessen Anwendbarkeit auf die spezifischen Bedingungen Afghanistans. Sie analysiert die Vielschichtigkeit und die komplexen Herausforderungen der Modernisierung in einem traditionellen, islamisch geprägten Umfeld. Amanullahs Herrschaft wird als möglicher Wendepunkt ("Zäsur") in der afghanischen Geschichte betrachtet.
Welche Rolle spielen die internationalen Beziehungen?
Die Arbeit beleuchtet die internationalen Aspekte von Amanullahs Herrschaft, mit besonderem Fokus auf die deutsch-afghanischen Beziehungen im Kontext seines Besuchs in Weimar 1928 und dem damit verbundenen Interesse an Afghanistan.
Warum ist diese Thematik aktuell?
Die Aktualität des Themas wird im Lichte des neueren Engagements des Westens in Afghanistan hervorgehoben. Die Arbeit stellt sich in den Kontext der bestehenden Literatur und bietet neue Einblicke in die Herausforderungen der Modernisierung in Afghanistan.
- Quote paper
- Friedrich Menz (Author), 2011, König Amanullah Schah und der Charakter seiner Modernisierungsversuche, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/506114