Im Jahre 2003 endete die Regierungszeit des Präsidenten von Brasilien, Fernando Henrique Cardoso. In seiner Amtszeit fand die größte wirtschaftliche Transformation in der jüngeren Geschichte des südamerikanischen Riesenstaates statt. Es handelte sich dabei um eine Neuorientierung der brasilianischen Ökonomie, weg von einer binnenmarktorientierten, import-substituierenden Industrialisierung zu einem neoliberalen, weltmarktoffenen System. Diese Neuerungen hatten zwar schon unter seinen Vorgängern angefangen, sind aber damals erstmals umfassend verwirklicht worden.
Angesichts dessen, daß Brasilien erst Mitte der achtziger Jahre wieder zur Demokratie zurückkehrte, stellt sich aus politikwissenschaftlicher Sicht die Frage, inwiefern diese ökonomischen Reformen die demokratische Entwicklung des Landes beeinflußt haben.
Eine der bedeutensten Theorien zu diesem Thema stammt dabei von Adam Przeworski. Nach ihm sind solche Reformen und eine Demokratie nicht verträglich und das Scheitern einer der beiden wahrscheinlich.
Diese Annahme soll für den Fall Brasiliens in der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Dabei wird zunächst der Ansatz Przeworskis dargelegt werden, worauf kurz auf die Kritik an dieser Sichtweise eingegangen wird. Da nach der Meinung einiger Autoren die Handlungsmöglichkeiten der Akteure bei solchen Reformen auch durch die speziellen Zustände in einem Land beeinflußt werden, sollen auch diese hier genannt werden. Angesichts des Umfanges der Arbeit wird sich dabei auf die Phänomene der Ungleichheit, Unsicherheit, Korruption und den Mängeln des politischen Systems beschränkt, aber auch diese allein lassen schon eine Überprüfung der Theorie Przeworskis zu.
Neben der genannten Arbeit von Przeworski stützt sich die vorliegende Arbeit für die Wirtschaftspolitik im wesentlichen auf Meyer-Stamer, für die Reaktionen der Bevölkerung und die Eigenheiten Brasiliens auf die Werke von Hofmeister, Nolte und die zahlreichen aktuellen Berichte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Die politische Dynamik ökonomischer Reformen
- 1.1 Demokratiebegriff
- 1.2 Effekte ökonomischer Reformen auf Demokratie
- 1.3 Kritik
- 2. Wirtschaftspolitische Maßnahmen der Regierung Cardoso
- 2.1 Notwendigkeit und Grundlage der Reform
- 2.2 Wirtschaftspolitik unter Cardoso
- 2.3 Reaktionen in der Gesellschaft auf die Reformen
- 3. Strukturelle Zwänge in Brasilien
- 3.1 Ungleichheit
- 3.2 Öffentliche Sicherheit
- 3.3 Korruption
- 3.4 Mängel des politischen Systems
- Zusammenfassung / Ergebnis
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen der ökonomischen Reformen unter der Präsidentschaft von Fernando Henrique Cardoso auf die brasilianische Demokratie. Sie stellt die Frage, ob und inwieweit die neoliberalen Reformen mit dem Fortbestand einer stabilen Demokratie im Sinne von Adam Przeworski vereinbar sind.
- Demokratiebegriff im Sinne von Przeworski
- Effekte von ökonomischen Reformen auf Demokratie
- Wirtschaftspolitische Maßnahmen der Regierung Cardoso
- Strukturelle Zwänge in Brasilien (Ungleichheit, Sicherheit, Korruption, politische Systemmängel)
- Analyse der Vereinbarkeit von ökonomischen Reformen und Demokratie am Beispiel Brasiliens
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach dem Einfluss von ökonomischen Reformen auf die brasilianische Demokratie. Hierbei wird die Bedeutung der Arbeit von Adam Przeworski hervorgehoben, die als Grundlage für die Untersuchung dient.
Kapitel 1 beschäftigt sich mit der politischen Dynamik von ökonomischen Reformen. Es werden die wichtigsten Aspekte des Demokratiebegriffs nach Przeworski erläutert, insbesondere der Wettbewerbscharakter und die Bedeutung von Fairness und Effektivität. Es werden die potenziellen Auswirkungen von ökonomischen Reformen auf die Demokratie beschrieben, wobei Przeworskis These einer unvermeidlichen Verschlechterung im Zuge der Reformdurchführung im Zentrum steht.
Kapitel 2 widmet sich der Wirtschaftspolitik der Regierung Cardoso. Es werden die Notwendigkeit und die Grundlagen der Reform sowie die wichtigsten Maßnahmen beleuchtet. Zudem werden die Reaktionen der brasilianischen Gesellschaft auf die Reformen behandelt.
Kapitel 3 befasst sich mit strukturellen Zwängen in Brasilien, die die politische Dynamik des Landes und die Erfolgsaussichten von Reformen beeinflussen. Hier werden die Themen Ungleichheit, öffentliche Sicherheit, Korruption und Mängel des politischen Systems behandelt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Demokratie und ökonomische Reformen, neoliberale Wirtschaftspolitik, strukturelle Zwänge in Brasilien, Ungleichheit, Sicherheit, Korruption, politische Systemmängel und die Analyse der Vereinbarkeit von ökonomischen Reformen mit Demokratie am Beispiel Brasiliens. Es werden wichtige theoretische Ansätze von Adam Przeworski und anderen Autoren zum Demokratiebegriff und den Auswirkungen von Reformen berücksichtigt. Die Arbeit bezieht sich auf die politische und ökonomische Entwicklung Brasiliens unter der Regierung von Fernando Henrique Cardoso.
- Quote paper
- M. A. Jochen Lehnhardt (Author), 2002, Brasilien unter der Präsidentschaft Cardosos. Wie erfolgreich waren seine ökomomischen Reformen und wie hat dies die brasilianische Demokratie beeinflußt?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50682