Das Ziel dieser Arbeit ist es, den Prozess der Akkulturation von Flüchtlingen darzustellen und in einem empirischen Teil Leitfadeninterviews mit sechs Flüchtlingen zu präsentieren.
Wenn Flüchtlinge unter oft widrigsten Bedingungen ihr Land verlassen haben, dann lassen sie dabei ihre Heimat zurück. Da diese einen wesentlichen Anteil an der Herausbildung ihrer Identität hatte, sind sie im Gastland damit konfrontiert, diese im Kontext der Akkulturation neu zu bilden. Nicht selten führt dies zu Identitätskrisen, unter denen die Flüchtlinge zusätzlich zu ihrer Fluchterfahrung zu leiden haben. Entwicklungspsychologisch ist es wichtig, diese Krise zu überwinden, damit sich die Flüchtlinge für die Gesellschaft ihres Gastlandes öffnen und besser an diese anpassen können. Hier können viele Konflikte entstehen, weil die kulturellen Gegebenheiten des Heimat- und des Gastlandes miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Vor diesem noch zu vertiefenden Hintergrund geht die Arbeit der Frage nach, welchen Einfluss die Akkulturation von Flüchtlingen auf die identitäre Selbstwahrnehmung ausübt.
Begibt man sich zunächst auf eine übergeordnete Ebene, so muss ganz abstrakt festgehalten werden, dass Flucht aus der eigenen Heimat immer eine Reaktion auf belastende bzw. bedrohliche Zustände ist. Betrachtet man die jüngere Vergangenheit Deutschlands, so finden sich analoge Fluchtauslöser, wie sie aktuell bei Menschen aus Syrien, Irak oder einigen afrikanischen Staaten zu sehen sind (um nur einige zu nennen). Durch die Folgen des Zweiten Weltkriegs (1933-1945) waren breite Teile der deutschen Bevölkerung insbesondere im Ostteil des damaligen Staatsgebiets von den direkten Kriegsfolgen wie Vertreibung, Hunger, Krankheit, Gefahr für Leib und Leben, wirtschaftliche Nöte etc. bedroht.
Analog ist die Situation der flüchtenden Menschen aus den Kriegsgebieten des Nahen Ostens und hier insbesondere Syriens und des Iraks zu verstehen. Auch hier sind Menschen aufgrund der Folgeerscheinungen der herrschenden Kriege gezwungen, ihre Heimatgebiete zu verlassen. Dennoch sind nicht nur Kriege, Bürgerkriege und deren direkte Folgen als Fluchtauslöser zu berücksichtigen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Stand der Forschung
2.1 Vorgehensweise zur Ermittlung des Forschungsstandes
2.2 Relevante Studie und Forschungsarbeiten
3 Theoretischer Hintergrund
3.1 Begriffliche Grundlagen
3.2 Anlass und Folgen der Migration
3.3 Prozess der Akkulturation
3.4 Identität und Identitätsbildung
4 Methodisches Vorgehen
4.1 Forschungsprozess und -methodik
4.2 Güterkriterien
4.3 Auswertung des Inhalts mittels strukturierender Inhaltsanalyse
4.4 Auswahl der Befragten
5 Empirie und Diskussion
5.1 Ergebnisse der Befragung
5.1.1 Hintergrund der Flucht
5.1.2 Leben in Deutschland
5.1.3 Herkunft und Heimat
5.1.4 Zukunftsvorstellungen
5.2 Diskussion der Ergebnisse
5.3 Schlussfolgerungen
6 Methoden- und Rollenreflexion
7 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
1 Einleitung
In der Einleitung geht es darum, zunächst die Problemstellung und die Zielsetzung der Arbeit zu konkretisieren. Darüber hinaus werden die Forschungsfrage und der zu ihrer Beantwortung vorgesehene Aufbau der Arbeit erläutert.
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Wenn Flüchtlinge unter oft widrigsten Bedingungen ihr Land verlassen haben, dann lassen sie dabei ihre Heimat zurück. Da diese einen wesentlichen Anteil an der Herausbildung ihrer Identität hatte, sind sie im Gastland damit konfrontiert, diese im Kontext der Akkulturation neu zu bilden. Nicht selten führt dies zu Identitätskrisen, unter denen die Flüchtlinge zusätzlich zu ihrer Fluchterfahrung zu leiden haben. Entwicklungspsychologisch ist es wichtig, diese Krise zu überwinden, damit sich die Flüchtlinge für die Gesellschaft ihres Gastlandes öffnen und besser an diese anpassen können. Hier können viele Konflikte entstehen, weil die kulturellen Gegebenheiten des Heimat- und des Gastlandes miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Vor diesem noch zu vertiefenden Hintergrund geht die Arbeit der Frage nach, welchen Einfluss die Akkulturation von Flüchtlingen auf die identitäre Selbstwahrnehmung ausübt. Das zur Beantwortung der Forschungsfrage verfolgte Vorgehen wird im folgenden Punkt erläutert.
1.2 Aufbau der Arbeit
Nach einer Einleitung geht es zunächst darum, den Stand der Forschung zur Thematik zu klären. Dazu wird im Rahmen einer systematischen Literaturrecherche ermittelt, welche Quellen hier relevant sind und wie sich der dementsprechende Forschungsgegenstand gestaltet. Im darauf folgenden Kapitel geht es dann darum, den theoretischen Hintergrund der Thematik darzulegen. Neben den begrifflichen Grundlagen wird hier erläutert, welche Anlässe Migration haben kann und welche Folgen diese nach sich zieht. Zudem wir der Prozess der Akkulturation dargestellt und es wird deutlich gemacht, wie sich davon ausgehend Identitätsbildung und -wandel gestalten. Nach dem theoretischen Teil folgt die empirische Forschung. Diese ist qualitativ ausgelegt und umfasst die leitfadengestützte Befragung von drei bis vier Migranten über ihren persönlichen Akkulturationsprozess und die sich daraus ergebenden Herausforderungen für die eigene Identitätsbildung. Durch die Strukturierung mittels des Leitfadens ist es möglich, die hier gewonnenen Erkenntnisse miteinander zu vergleichen. Die Ergebnisse der Befragung sind zwar nicht repräsentativ, jedoch ist es im Zusammenhang mit den theoretischen Erkenntnissen der Arbeit möglich, Handlungsempfehlungen für die Verbesserung der Akkulturation und die Überwindung von Identitätskonflikten abzuleiten.
2 Stand der Forschung
Dieses Kapitel legt den Stand der Forschung zum Thema der Arbeit dar. Nachdem zunächst erläutert worden ist, welche Vorgehensweise zur Ermittlung des Forschungsstandes angewandt wurde, werden die als relevant identifizierten Studien und ihre Ergebnisse dargestellt.
2.1 Vorgehensweise zur Ermittlung des Forschungsstandes
Um die für die Ermittlung des Forschungsstandes relevanten Studien zu finden, wurden verschiedene Datenbanken (PSYNDEX, PsycINFO, PsycARTICLES, Psychology and Behavioral Sciences Collection and Education Source und Business Source Complete) des amerikanischen Datenbankanbieters EBSCOhost durchsucht. Die Suche wurde zu mehreren Zeitpunkten im Juni 2019 durchgeführt und verlief in mehreren Schritten. Die Suche erfolgte anhand der Schlagwörter acculturation, acculturation strategies, well-being, health und psychological adaptation, Kombinationen dieser Suchbegriffe, sowie der deutschen Übersetzungen. Die Suchbegriffe acculturation und well-being verbunden mit dem boole ́schen Operator and ergaben 35 Treffer, acculturation und health 542 Treffer und acculturation und psychological adaptation 16 Artikel. Erwartungsgemäß waren einige Redundanzen vorhanden, es wurden jedoch auch viele dem Thema nahestehende Artikel gesichtet. Danach wurden die verbliebenen Abstracts durchgelesen und die für das Thema relevanten Studien ausgewählt. Ausschlaggebend für die Übernahme einer Studie waren die erhobenen Variablen und Ergebnisvariablen. Ferner wurden aus den Literaturverzeichnissen der gefundenen Artikel weitere für das Thema relevante Primärstudien identifiziert.
Für die vorliegende Arbeit wurden nur Primärstudien verwendet, Meta-Analysen, Reviews und Buchkapitel wurden ausgeschlossen. Um die Aktualität des Forschungsstandes zu gewährleisten, wurde ausschließlich Forschungsliteratur aus den Jahren 2003 bis 2019 ausgewählt. Zur Sicherstellung der wissenschaftlichen Standards der ausgewählten Studien wurden nur solche Quellen einbezogen, die sich einem peer-reviewed-Verfahren unterzogen haben. Bei diesem Verfahren beurteilen unabhängige Gutachter aus dem gleichen Fachgebiet wie die Autoren, die Eignung einer Veröffentlichung. Primärstudien wurden dann aufgenommen, wenn sich nach Lesen des Abstracts bzw. der Ergebnisse gezeigt hat, dass das Konzept der Akkulturation bzw. der Akkulturationsstrategien als Prädiktor und nicht als Kriterium eingesetzt wurde, und wenn daraus schlussfolgernd Wohlbefinden bzw. Gesundheit als Kriterium fungierte.
Auf der Grundlage der dargestellten Kriterien kamen 20 Primärstudien in Betracht. An den Studien nahmen insgesamt 12.309 Personen teil, abzüglich zweier Studien, in denen keine Geschlechtsangaben vorhanden waren, war der Frauenanteil 48% und der Männeranteil 52%, fünf Teilnehmer machten keine Angaben zu ihrem Geschlecht. Von den insgesamt 20 Studien wurden neun Studien in den USA durchgeführt, drei in Israel und zwei in Deutschland. Australien, Finnland, Großbritannien, Griechenland, Estland und die Niederlande waren mit jeweils einer Studie vertreten.
2.2 Relevante Studie und Forschungsarbeiten
In einer Studie von Schwartz et al. (2013) stellte sich heraus, dass eine Übernahme der individualistischen Werte der amerikanischen Kultur und eine Vernachlässigung der eigenen kollektivistischen Werte der Herkunftskultur, im Sinne der Akkulturationsstrategie Assimilation, bei den Immigranten aus verschiedenen Teilen der Erde zu allen drei Komponenten von Wohlbefinden (psychisch, eudämonisch und subjektiv) führte. Die Aufrechterhaltung der eigenen Herkunftskultur bei gleichzeitiger Identifikation mit der amerikanischen Aufnahmekultur, wie es die Integrationsstrategie vorsieht, resultierte gleichfalls in psychischem und eudämonischen Wohlbefinden. Die Präkontakt-Faktoren Geschlecht, Ethnizität und Immigrantengeneration hatten keinen moderierenden Einfluss auf die Ergebnisse. Die Tatsache, dass die Studie in einem individualistisch geprägten kulturellen Kontext stattgefunden hat, könnte dazu beigetragen haben, dass hier individualistische Werte mit Wohlbefinden assoziiert sind, was für eine Übernahme der Werte der Aufnahmekultur spricht. An der Studie nahmen 2.754 Studierende (30% Männer, 70% Frauen) im Alter von 18 und 29 Jahren (M = 20.16, SD = 3.24) von 30 Colleges und Universitäten der USA teil, 40% der Teilnehmer waren Immigranten der ersten Generation und 60% der zweiten Generation. Bezüglich der Ethnizität waren 9% Weiße, 11% Schwarze, 32% Hispanics, 33% Ost-/Südostasiaten, 11% Südasiaten und 4% kamen aus dem Nahen Osten, 19% gaben keine Ethnizität an. Es handelte sich um eine Fragebogenstudie, die im Rahmen einer Forschungskollaboration zwischen Universitäten hinsichtlich Identität und Kultur (multi-site university study of identity and culture, MUSIC) in den USA durchgeführt wurde. Zwei Standorte, an denen die Studie durchgeführt wurde, waren hispanische Institutionen, ein dritter Standort war eine Institution für Minderheiten.
In der Studie „Acculturation and subjective well-being of chinese students in Australia” der Autoren Zheng et al. (2004) sollte die Frage beantwortet werden , wie die zwei Dimensionen Identifikation mit der Aufnahmekultur (host-national identification, HNI) und Identifikation mit der Herkunftskultur (co-national identification, CNI) und die vier Akkulturationsstrategien (Integration, Assimilation, Separation und Marginalisierung) mit dem subjektiven Wohlbefinden (subjective well-being, SWB) der Studierenden in Beziehung stehen. An der Studie nahmen 157 chinesische Universitätsangehörige teil (weiblich: N = 73; männlich: N = 84). Unter den Personen befanden sich Studierende, Doktoranden, Doktoren und Gastwissenschaftler im Alter von 18 bis 48 Jahre (M = 27.9, SD = 6.0), 91% der Teilnehmer kamen aus China, 9% aus Taiwan, Hong Kong, Singapur und Malaysia. Die bisherige Aufenthaltsdauer in Australien reichte von zwei Monaten bis 15 Jahren (M = 3.2, SD = 2.7). Mithilfe einer E-Mail-Adressenliste der Vereinigung chinesischer Studierender und Wissenschaftler von zehn Universitäten in Australien, denen die meisten chinesischen Überseestudierenden angehören, wurden zehn Universitäten in Australien per E-Mail kontaktiert, indem Informationen zur Studie, Anfrage zur Teilnahme sowie Online-Fragebögen verschickt wurden. Um die Teilnehmerrate zu erhöhen, wurden die Fragebögen sowohl in englischer als auch chinesischer Sprache angefertigt. Zur Beurteilung der Akkulturation der chinesischen Studierenden wurden zwei verschiedene Dimensionen herangezogen: HNI und CNI. Mithilfe drei verschiedener Skalen wurde SWB gemessen. Zheng et al. (2004) zeigten, dass einzelne Moderatoren wie Geschlecht, Alter und Aufenthaltsdauer in Australien, HNI und CNI der chinesischen Studierendenstichprobe unterschiedlich beeinflussten. So wirkte sich z.B. die Aufenthaltsdauer auf die HNI, nicht aber auf die CNI aus, und ältere chinesische Studierende hatten niedrigere HNI-Werte als jüngere. Insgesamt zeigte sich aber, dass hohe Werte, sowohl in HNI als auch CNI, mit hohen Werten in SWB und Lebenszufriedenheit korrelierten. Identifizierten sich die Studierenden also mit beiden Kulturen, der Herkunfts- und der Aufnahmekultur, so führte dies zu Wohlbefinden. Dementsprechend wurde bezüglich der vier Akkulturationsstrategien aufgezeigt, dass integrierte Studierende ein höheres Wohlbefinden hatten als ihre assimilierten, separierten und marginalisierten Kommilitonen. Die Studie von Chae und Foley (2010) mit Ostasiaten, die in die USA immigriert waren ergab, dass ethnische Identität zusammen mit Akkulturation psychisches Wohlbefinden unterschiedlich vorhersagen. Im Gegensatz zu Akkulturation waren hier hohe Werte in ethnischer Identität mit hohen Werten in psychischem Wohlbefinden assoziiert. Erklärungen hierfür könnten im Wissen kultureller Wurzeln und der Pflege kultureller Bräuche liegen, also Faktoren, die bei den Angehörigen mehr Wohlbefinden auslösten. Betrachteten die Autoren Akkulturation jedoch als alleinigen Prädiktor, so ergab eine Varianzanalyse, dass diejenigen Teilnehmer, die eine bikulturelle Sichtweise hatten, höhere Werte in psychischem Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit aufzeigten als die assimilierten und separierten Teilnehmer. Die Akkulturationsstrategie Integration führte auch hier zu mehr Wohlbefinden, und es konnte gezeigt werden, dass Personen, die in der Lage waren sowohl Aspekte ihrer Herkunftskultur als auch der Aufnahmekultur in ihren Alltag zu vereinen, ein besseres Wohlbefinden hatten. An der Studie nahmen 334 Ostasiaten (weiblich: N = 165, männlich: N = 169) im Alter von 17 bis 55 Jahren (M = 26.4, SD = 8.0) teil, 38% der Teilnehmer waren in Asien geboren (N = 130) und 60% in den USA (N = 204). Alle Personen gaben an eine gute Ausbildung zu haben und waren entweder Angehörige der unteren Mittelklasse (N = 52), der Mittelklasse (N = 190) oder der oberen Mittelklasse (N = 90). Zur Messung der Konstrukte ethnische Identität, Akkulturation und psychisches Wohlbefinden, sowie Angaben über demografische Variablen, setzten die Autoren Fragebögen ein, die die Teilnehmer im Anschluss an Gottesdiensten oder kulturellen Treffen ausfüllen sollten.
Die Studie von Jasinskaja- Lahti und Liebkind (2007) mit estischen und russischen Migranten in Finnland zeigte, dass wider aller Erwartungen ein hoher linguistischer Akkulturationsgrad, im Sinne von Integration und Assimilation, mit hohen Diskriminationserfahrungen verbunden war, die wiederum zu vermindertem psychischen Wohlbefinden führten. Möglicherweise könnten hierfür die Gründe in mangelnder Erfahrung des Aufnahmelandes im Umgang mit Immigranten sein da, wie im Ergebnisteil erwähnt, Finnland nur einen kleinen Prozentsatz an Immigranten aufweist. Auf der anderen Seite führte jedoch ein hoher SES-Wert zu einem hohen Gesundheitsstatus und dieser wiederum zu gesteigertem Wohlbefinden, was zu der Annahme verleitet, dass die sozioökonomische Integration eines Individuums eine ebenso wichtige Rolle im Akkulturationsprozess spielt. An der Studie nahmen insgesamt 2.360 Personen (64% weiblich, 36% männlich) im Alter von 18 und 65 Jahren (M = 38.94, SD = 11.76) teil. Darunter befanden sich finnische Heimkehrer (N = 926) , Russen (N = 637) und Esten (N = 729), 34.9% der Studienteilnehmer hatten einen Universitätsabschluss und 41.5% einen Collegeabschluss.
Die Autorinnen führten eine Fragenbogenstudie durch, indem 3.815 Immigranten aus der FSU, Russland und Estland, deren Adressen sie vom finnischen Bevölkerungsregister erhalten hatten, angeschrieben wurden. Sie erhielten einen Fragebogen in finnischer und in ihrer eigenen Sprache, sowie eine zusätzliche Postkarte, die zur Teilnahme ermutigen sollte. Insgesamt erhielten die Autorinnen 2.396 Fragebögen zurück, von denen 2.360 brauchbar waren. In den Fragebögen wurden die Konstrukte Akkulturation (hier linguistische Akkulturation), sozioökonomischer Status (socioeconomic status, SES), wahrgenommene Diskrimination, soziale Unterstützung durch die Aufnahme oder Herkunftskultur, Gesundheitsstatus und psychisches Wohlbefindengemessen.
Baker et al. (2012) konnten in ihrer Studie Berrys Postulat bestätigen, indem sie aufzeigten, dass jene Teilnehmer, die bikulturell orientiert waren, sich also sowohl mit ihrer asiatischen Herkunftskultur als auch mit der amerikanischen Aufnahmekultur identifizierten, eindeutig positivere Resultate in psychischem Wohlbefinden aufzeigten und weniger depressive Verstimmungen hatten als jene, die eine andere Akkulturationsstrategie bevorzugten. An der Studie nahmen 96 Studierende (59% weiblich, 41% männlich), die mindestens 18 Jahre alt waren (M = 19.57, SD = 2.09) von einer Universität im Nordosten der USA teil, davon waren 37 Personen in den USA und 59 Personen in Asien geboren, 83% hatten mindestens ein Immigrantenelternteil. Die Untersuchung war als Online-Studie konzipiert, die die Studierenden wahlweise mit einer Kursgutschrift oder fünf US-Dollar vergütet bekamen. Akkulturation wurde mittels eines Fragebogens gemessen, der die Teilnehmer in drei Gruppen klassifizierte: Identifikation mit beiden Kulturen (bicultural- identified, BI), Identifikation mit der asiatischen Kultur (Asian- identified, AI) und Identifikation mit der westlichen Kultur (western-identified, WI). Außerdem bezogen die Autorinnen und Autoren die Konstrukte psychisches Wohlbefinden (mit den Subskalen: Selbstakzeptanz, positive zwischenmenschliche Beziehungen, Autonomie, Selbstwirksamkeit, Lebenssinn und persönliches Wachstum), Lebenszufriedenheit und depressive Verstimmungen in ihre Messungen mit ein.
Die Studie von Bhui et al. (2005) mit Jugendlichen aus Bangladesh und der Karibik, die im Osten Londons durchgeführt wurde ergab, dass die Akkulturationsstrategie Integration mit einem guten Gesundheitsstatus assoziiert war. Dass der ebenfalls hohe Akkulturationsstatus Assimilation mit weniger Gesundheit korreliert war, war für die Autorinnen und Autoren ein wenig überraschend, und sie führten dies auf den fehlenden Kontakt zur eigenen Herkunftskultur zurück, der sich möglicherweise in einem stärkeren Ausmaß an Leid manifestierte. Auffallend war außerdem, dass die Separationsstrategie mit einem niedrigeren Risiko für Übergewicht korreliert war, was mit einer Aufrechterhaltung der eigenen gesünderen Essgewohnheiten der Herkunftskultur erklärt werden könnte. An der Studie nahmen 2.790 Jugendliche im Alter von 11 bis 14 Jahren teil. Unter den Jugendlichen befanden sich 690 Bengalen, 161 Afrokariben, sowie 581 weiße Briten. Von insgesamt 42 infrage kommenden Schulen des Londoner Ostens nahmen 28 Schulen an der RELACHS-Studie teil, die als eine Fragebogenstudie durchgeführt wurde. Die Eltern waren zuvor über die Studie informiert worden und hatten die Möglichkeit eine Teilnahme abzulehnen. Nach Einwilligung durch die Eltern füllten die Jugendlichen die Fragebögen in ihren Klassenzimmern unter Aufsicht aus. Akkulturation wurde durch Freundschaft mit der eigenen ethnischen Gruppe oder mit der Aufnahmegruppe operationalisiert, physische und mentale Gesundheit wurde mit der RELACHS-Skala gemessen.
Mahmud und Schölmerich (2011) konnten in ihrer in Deutschland durchgeführten Studie zeigen, dass das Akkulturationsniveau einen direkten Einfluss auf die Lebenszufriedenheit der Migranten, die aus der Türkei, Italien, Osteuropa und dem arabischen Raum stammten hatte. Waren die Immigranten assimiliert oder gar integriert, hatten sie bessere Kenntnisse der deutschen Sprache, konnten deshalb einen besseren Job finden und hatten somit eine höhere Lebensqualität, was alles schließlich zu mehr Lebenszufriedenheit führte. Hier spielte der Postkontakt-Faktor Aufenthaltsdauer auch eine wichtige Rolle, denn es konnte gezeigt werden, dass ein hoher Akkulturationsstatus und eine längere Aufenthaltsdauer mit mehr Lebenszufriedenheit assoziiert waren. Die Studie fand in Bochum statt und war in die folgende studentische Stichprobe unterteilt: einheimische Deutsche (KG), Türken, Italiener, Osteuropäer, Araber und Personen mit einer befristeten Aufenthaltsdauer, z.B. internationale Studierende. Insgesamt nahmen 293 Studierende an der Studie teil. Eine detaillierte Beschreibung der Stichprobe war der Studie nicht zu entnehmen. Es handelte sich um eine Fragebogenstudie, die in den Räumen der Bochumer Universität stattfand. Die Teilnahme war freiwillig und anonym. Die Teilnehmer erhielten nach einer kurzen Einführung die Fragebögen entweder in deutscher, englischer oder türkischer Sprache, die demografische Auskünfte, den Akkulturationsstatus der Studierenden und Lebenszufriedenheit (mittels der Satisfaction with Life Scale, SWLS) maßen.
Die Studie von Motti-Stefanidi et al. (2008) mit Schülern aus Albanien und der FSU in Griechenland demonstrierte, dass sowohl die Assimilationsstrategie, die die albanischen Schüler praktizierten, als auch die von den Schülern der FSU favorisierte Separationsstrategie mit SWB in Einklang stand. Obwohl gerade die zuletzt genannte Migrantengruppe in früheren Zeiten mit der griechischen Aufnahmekultur stark verwurzelt war, führte jedoch heutzutage bei der jüngeren Migrantengeneration die Akkulturationsstrategie Separation, und somit eine Identifikation mit der Herkunftskultur zu SWB. An der Studie nahmen insgesamt 924 Schüler (weiblich: N = 446, männlich: N = 478) im Alter von 13 bis 16.25 Jahren (M = 13.73, SD = 0.61) von 12 öffentlichen Gymnasien aus dem Großraum Athen teil, davon waren aus der FSU (N = 157), aus Albanien (N = 263) und aus Griechenland (N = 504). Die griechischen Schüler fungierten hier als KG. Es handelte sich um eine Fragebogenstudie, an der alle Schüler, die das erste Jahr auf diesen erwähnten 12 Schulen absolviert hatten, teilnahmen. Nachdem die Eltern eine Erlaubnis zur Teilnahme erteilt hatten, fand die Erhebung an drei verschiedenen Tagen innerhalb einer Woche statt. Die Fragebögen enthielten Messungen zu Akkulturation, psychischer Adaptation (SWB) und soziokultureller Adaptation (Anpassung an die Schulbedingungen).
Die Studie von Nakash et al. (2014) ergab, dass bei Asylsuchenden in Israel, die den Prozess der Akkulturation unter erzwungenen Bedingungen durchliefen, die Assimilationsstrategie mit mentalen Beschwerden verbunden war. Identifikation mit der israelischen Aufnahmekultur und Vernachlässigung der Herkunftskultur führten zu vermehrter Depressivität und Besorgnis. Es liegt nahe, dass sich die Asylsuchenden mit dieser Strategie bei der israelischen Aufnahmebevölkerung beliebt machen wollten, jedoch auf Kosten ihrer eigenen mentalen Gesundheit. Waren die Asylsuchenden hingegen integriert, und pflegten zusätzlich zur israelischen Aufnahmekultur auch ihre eigene Herkunftskultur weiter, so zeigten sie die beste mentale Gesundheit. An der Untersuchung nahmen 118 Asylsuchende aus Eritrea (N = 91) und dem Sudan (N = 27) im Alter von 19 bis 48 Jahren (M = 30.0, SD = 7.2) teil. Die Mehrheit der Teilnehmer waren männlich (N = 93) und Christen (N = 87), nur wenige waren Moslems ( N = 29), zwei Personen waren religionslos. Nur die Hälfte der Asylanten war in einem gering bezahlten Arbeitsverhältnis, die anderen gaben an auf Arbeitssuche zu sein. Die Fragebogenstudie fand in einer Klinik statt, die Asylsuchende und unversicherte Migranten im Rahmen humanitärer Hilfe medizinisch versorgte. Die Rekrutierung der Teilnehmer geschah während eines Klinikbesuches. Gemessen wurden demografische Auskünfte, der Akkulturationsstatus der Asylsuchenden, sowie das Ausmaß an mentaler Gesundheit (operationalisiert mit Depressivitäts- und Besorgnisskalen).
Abu-Rayya (2007) konnte in seiner Studie zeigen, dass europäische christliche Ehefrauen beim Übertritt in die arabische Gesellschaft Israels durch Heirat, vier Akkulturationsstile hervorbrachten. Integration und Assimilation zeigten sich hier als die adaptativsten hinsichtlich psychischem und ehelichen Wohlbefinden, jedoch nur unter Vernachlässigung der eigenen christlichen Religiosität. Die Stichprobe der Studie bestand aus 156 Ehefrauen im Alter von 32 bis 53 Jahren (M = 38.79, SD = 7.05), 43 % der Frauen stammten aus Westeuropa und 57% aus Osteuropa. Durchschnittlich waren sie 18.72 Jahre verheiratet (SD = 5.89) und 98% der teilnehmenden Frauen hatten zwei Kinder. Sozioökonomisch fühlten sie sich der Mittel- oder oberen Mittelschicht zugehörig und 98% hatten einen Universitätsabschluss. Der Autor rekrutierte die Teilnehmerinnen von einer Liste mit 189 in Israel lebende arabisch-europäischer Familien, indem er sie per Telefon kontaktierte, nur 18% weigerten sich an der Studie teilzunehmen. Die Frauen wurden dann zuhause besucht, wo sie nach einer kurzen Einführung die Fragebögen ausfüllten, die demografische Auskünfte, den Akkulturationsstatus, psychisches Wohlbefinden, das durch das Ausmaß ihres Selbstwertgefühles ermittelt wurde, eheliches Wohlbefinden, das durch den Zufriedenheitsgrad ihrer Ehe operationalisiert wurde, sowie den Grad an christlicher Religiosität maßen.
In der Studie von Li et al. (2013) mit chinesischen Studierenden in den USA ergab die Identifikation mit der Aufnahmekultur einen signifikanten Prädiktor für psychisches Wohlbefinden, und somit konnten die Autoren darlegen, dass die Akkulturationsstile Integration und Assimilation eindeutig mit psychischem Wohlbefinden assoziiert waren. Ferner konnte mithilfe der Variablen Internetnutzung gezeigt werden, dass die höher akkulturierten Studierenden und insbesondere die Assimilationsgruppe, auch höhere Werte in Internetnutzung mit der amerikanischen Bevölkerung aufzeigten. Separierte Studierende hingegen, die vermehrt mit ihrer chinesischen Herkunftsbevölkerung via Internet Kontakt hatten, zeigten auch niedrigere Werte in psychischem Wohlbefinden auf. An der Studie nahmen 170 chinesische Studierende (weiblich: N = 74, männlich: N = 63, ohne Angabe des Geschlechts: N = 33) im Alter von 18 bis etwas über 30 Jahren teil, die an einer Universität im Südwesten der USA immatrikuliert waren. Die meisten Studierenden waren in einem Masterstudiengang oder sie waren bereits Doktoranden. Die Autoren rekrutierten die Studierenden aufgrund einer E-Mail-Liste, die sie vom Präsidenten der chinesischen Studierendenvereinigung erhalten hatten. Folgende Variablen, die im Rahmen eines Fragebogens gemessen wurden waren für die Autoren von Interesse: demografische Auskünfte, Akkulturation, psychisches Wohlbefinden und Internetnutzung.
Schiefer und Krahé (2014) konnten in ihrer Studie am Beispiel der amerikanischen Indianer zeigen, dass eine erfolgreiche Teilnahme am täglichen Leben der weißen Mehrheitsgesellschaft und zugleich eine Aufrechterhaltung der eigenen Herkunftskultur für das psychische Wohlbefinden förderlich waren. Eine Annäherung an die amerikanische Aufnahmegesellschaft auf der Verhaltensebene steigerte die Selbstwirksamkeit der Indianer. Die Studie wurde im Northern Plain Indian-Reservat durchgeführt, das sich über zwei Landkreise erstreckt, und 75% der Bevölkerung dort sind indianischen Ursprungs. An der Studie nahmen insgesamt 342 Personen teil (weiblich: N = 168, männlich: N = 169, ohne Angabe des Geschlechts: N = 5), darunter waren 161 Erwachsene im Alter von 18 bis 87 Jahren (M = 40.1, SD = 15.49) und 181 Heranwachsende im Alter von 13 bis 18 Jahren (M = 15.4, SD = 1.27). Der sozioökonomische Status der Teilnehmer war sehr niedrig, fast die Hälfte lebte sogar unter der Armutsgrenze. Die Autoren rekrutierten die jugendlichen Teilnehmer an drei unterschiedlichen Schulen des Reservates, die ausschließlich von Stammesmitgliedern besucht werden. Die Erwachsenen hingegen wurden bei einem Supermarktbesuch in ihrem Reservat befragt. Mithilfe von Fragebögen wurden ethnische Identität, Orientierung hin zur weißen amerikanischen Kultur (Verhaltens- und Zugehörigkeitsebene) und psychisches Wohlbefinden, das mit den Konstrukten Selbstwirksamkeit und erlernte Hilflosigkeit operationalisiert wurde, gemessen.
Hinsichtlich berufsbedingtem Wohlbefinden am Beispiel von Arbeitnehmern aus nicht-westlichen Ländern in den Niederlanden, konnten Peeters und Oerlemans (2009) eine Überlegenheit der Integrationsstrategie demonstrieren. Integrierte Arbeitnehmer fühlten sich auf ihrer Arbeit wohler und waren auch bereit mehr Leistung zu erbringen. Wie in älteren Studien bereits aufgezeigt wurde, führte die Marginalisierungsstrategie aufgrund des hohen Stressaufkommens der Arbeitnehmer zu einem verminderten Wohlbefinden auf der Arbeit. Für die Akkulturationsstrategien Assimilation und Separation konnten keine Korrelationen mit dem Konstrukt Wohlbefinden aufgezeigt werden. Auffallend war außerdem, dass die ethnische nicht-westliche Minderheitsgruppe im Vergleich zur niederländischen Mehrheitsgruppe die Integrationsstrategie bevorzugte, woraus man schlussfolgern könnte, dass ethnische Minderheitsgruppen anfälliger für soziale Einflussprozesse der Mehrheitsgruppe sind. An der Studie nahmen insgesamt 203 Beschäftigte von zwei verschiedenen Organisationen des öffentlichen Sektors in den Niederlanden teil. Alle Teilnehmer waren männlich, 79 Personen stammten aus nicht-westlichen Ländern und bildeten die Minderheitsgruppe, 124 Personen waren Holländer und stellten die ethnische Mehrheitsgruppe dar, deren Alter im Vergleich zur Minderheitsgruppe auch geringfügig höher war (Minderheitsgruppe: M = 33.9, SD = 9.4 Jahre; Mehrheitsgruppe: M = 38.9, SD = 9.9 Jahre). Hinsichtlich des Bildungsstandes hatten die holländischen Beschäftigten eine höhere Bildung. Bei der Auswahl der Organisationen achteten die Autorin und der Autor darauf, dass beide kulturelle Beschäftigtengruppen auch tatsächlich täglich miteinander zusammenarbeiten. Die in der Studie verwendeten Fragebögen beinhalteten die Messungen der Akkulturationsstrategien, sowie berufsbedingtes Wohlbefinden mit den Variablen Arbeitszufriedenheit, Verbundenheit mit der Organisation und Burnout.
Morawa und Erim (2014) konnten anhand ihrer Studie mit türkischen Immigranten in Deutschland zeigen, dass eine Pflege und Hinwendung zu beiden Kulturen, der Herkunfts- und der Aufnahmekultur mit einem positiven Gesundheitsstatus der Migranten verbunden war. Die Autorinnen schlossen aus ihrer Untersuchung, dass integrierte Migranten mehr Ressourcen und Fähigkeiten, wie z.B. Sprachfähigkeiten besitzen, um die Herausforderungen der neuen Kultur erfolgreich zu meistern. Da die Studie außerdem zwischen zwei Immigrantengenerationen differenzierte, zeigte sich, dass Immigranten der zweiten Generation, also diejenigen, die bereits in Deutschland geboren waren, deren Eltern aber aus der Türkei stammten, eher die Strategie der Integration bevorzugten und somit auch gesünder waren. Insgesamt 471 Personen (53.7 % weiblich, 46,3% männlich) im Alter von 18 bis 78 Jahre (M = 39.7, SD = 11.5) nahmen an der Studie teil, darunter waren 254 Personen Patienten des Institutes für psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Essen, und 217 Personen konsultierten eine psychosomatische ambulante Praxis. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Deutschland betrug 24.3 Jahre (SD = 11.1). Die wenigsten Teilnehmer (N = 43) hatten einen Universitätsabschluss, die meisten Personen (N = 428) hatten keine oder eine mittlere Schulausbildung. Die Stichprobe enthielt 108 Personen, die Immigranten der zweiten Generation waren. Die Rekrutierung der Patienten fand in den beiden o.g. Orten statt, wobei sie nach einer kurzen Einführung Fragebögen erhielten, die sie entweder zuhause ausfüllen durften oder in einem separaten Raum der Institutionen. Bei aufkommenden Fragen standen türkisch sprechende Psychologen zur Verfügung. Mithilfe der Fragebögen wurden demografische und migrationsspezifische Variablen, depressive Symptome, die mit dem Beck Depressionsinventar (Beck Depression Inventory, BDI) gemessen wurden, sowie der Akkulturationsstatus erhoben.
Auch Torres und Rollock (2007) kamen in ihrer Studie mit Hispanics in den USA zu dem Ergebnis, dass die höher akkulturierten Hispanics aus ihrer Stichprobe, also jene, die den Integrations- oder Assimilationsstil wählten, auch deutlich weniger mit Depressivität belastet waren als die niedrig Akkulturierten. Moderiert wurde diese Beziehung durch die Variable interkulturelle Kompetenz, die bei einer hohen Ausprägung bei den höher akkulturierten Hispanics auch zu guter mentaler Gesundheit führte. An der Studie nahmen 96 Erwachsene (46% weiblich, 54% männlich) im Alter von 18 bis 62 Jahren (M = 28.71, SD = 9.7) teil. Die Teilnehmer waren Immigranten der ersten ( N = 58), der zweiten (N = 28) und der dritten Generation (N = 5). 82% der Hispanics lebten schon über zehn Jahre in den USA und 73% gaben an, ein niedriges Jahreseinkommen zu haben. Die Rekrutierung der Teilnehmer erfolgte in einer Stadt im mittleren Westen der USA, in Kirchen, Gemeindezentren und universitätsähnlichen Einrichtungen, die ausschließlich den Hispanics dienten. Sie wurden in diesen Institutionen direkt angesprochen und zu einer Teilnahme ermutigt. Nach einer kurzen Einführung, Einwilligung zur Teilnahme und anschließendem Ausfüllen der Fragebögen, erhielten sie 10 US- Dollar als Kompensation. Die Fragebögen ermittelten Werte bezüglich des Akkulturationsniveaus, der Moderatorvariablen interkulturelle Kompetenz, sowie Depressivitätssymptomen, die mit dem BDI gemessen wurden.
Nakash et al. (2012) stellten fest, dass bei nicht-jüdischen Jugendlichen in Israel, ungeachtet der Generation, die Integrationsstrategie die höchsten Werte in mentaler Gesundheit und die niedrigsten Werte in gesundheitlichem Risikoverhalten hervorbrachte. Erstaunlicherweise zeigte sich aber auch, dass bei Anwendung der Assimilationsstrategie die niedrigsten Gesundheitswerte und das höchste gesundheitliche Risikoverhalten resultierte. Vermutlich stellten sich aufgrund der Vernachlässigung der Herkunftskultur individuelle Konflikte ein, die sich in Form von Angst und Depressivität manifestierten und somit in einem schlechteren Gesundheitszustand mündeten. Insgesamt nahmen 271 Jugendliche (weiblich: N = 141, männlich: N = 130) im Alter von 12 bis 19 Jahren (M = 14.4, SD = 0.9) an der Studie teil, darunter befanden sich 65 Immigranten der ersten Generation und somit außerhalb Israels geboren, 60 Immigranten der zweiten Generation, also in Israel geboren, aber Kinder von Migranteneltern, die ursprünglich aus Asien, Osteuropa, Südamerika und Afrika stammten. Als KG diente eine Gruppe von einheimischen, jüdischen in Israel geborenen Jugendlichen (N = 125). Die Autoren rekrutierten die Jugendlichen an einer Schule in Zentralisrael mit einer hohen nicht-jüdischen Schülerpopulation, die jüdischen Jugendlichen kamen von einer anderen öffentlichen Schule des Landes. Die unter 18-jährigen Schüler benötigten für die Teilnahme eine Erlaubnis ihrer Eltern. Nachdem die Autoren auch die Einwilligung der Schulrektoren zur Durchführung der Studie erhalten hatten, füllten die Jugendlichen innerhalb von 30 Minuten die Fragebögen in ihren Klassenzimmern aus. Folgende Messungen beinhalteten die Fragebögen: soziodemografischer Status, mentale Gesundheit, die durch Depressivitäts- und Angstsymptome operationalisiert wurde, gesundheitliches Risikoverhalten, Akkulturationsniveau, wahrgenommene Diskrimination, Selbstachtung, Identifikation mit der Herkunfts- und Aufnahmekultur.
Am Beispiel von asiatischen Schülern, die mit ihren Eltern in die USA immigriert waren, konnte Yeh (2003) verdeutlichen, dass Schüler, die sich mit der amerikanischen Aufnahmekultur identifizierten, auch eine bessere allgemeine mentale Gesundheit hatten. Eine stärkere Hinwendung zur dominanten Aufnahmekultur, im Sinne einer Integration oder Assimilation, verursachte nach Ansicht der Autorin weniger kulturelle Konflikte und eine bessere sprachliche Verständigung mit der Aufnahmekultur, was dazu betrug, dass die mentale Gesundheit der Schüler stabil bleiben konnte. Die Stichprobe umfasste 319 asiatische Schüler (weiblich: N = 167; männlich: N = 152; Chinesen: N = 141; Koreaner: N = 124; Japaner: N = 54) von verschiedenen High Schools an der Ostküste der USA. Das Alter der Schüler reichte von 12 bis 18 Jahren (M = 15.88, SD = 1.77). Alle Schüler waren in einem asiatischen Land geboren, lebten jedoch zur Zeit der Studie schon durchschnittlich 4.73 Jahre (SD = 4.04) mit ihren Eltern in den USA. Die Autorin rekrutierte die Teilnehmer von High Schools, die einen ähnlichen sozioökonomischen Status hatten und wo die ethnische Zusammensetzung der Schüler nicht variierte. Schüler unter 18 Jahren benötigten die Teilnahmeerlaubnis ihrer Eltern. Die Fragebögen, die die Schüler während des Unterrichtes ausfüllen durften, waren in englischer Sprache oder der Sprache des jeweiligen Herkunftslandes erhältlich. Mithilfe der Fragebögen wurden demografische Daten, Akkulturationsstile, kulturelle Anpassung und die allgemeine mentale Gesundheit der Schüler erhoben.
Kus-Harbord und Ward (2014) stellten in ihrer Studie fest, dass russische Immigranten in Estland eine größere Lebenszufriedenheit aufwiesen, wenn sie den Akkulturationsstil der Assimilation wählten, als Voraussetzung dafür war allerdings, dass die Immigranten keine Gruppenabwertung von der estischen Aufnahmekultur erfuhren. Erstaunlicherweise führte die Integrationsstrategie, also wenn zusätzlich zur Teilnahme an der Mehrheitskultur auch die eigene Herkunftskultur gepflegt wurde, zu weniger Lebenszufriedenheit. An der Befragung nahmen insgesamt 190 Russen (55 % weiblich, 45 % männlich) im Alter von 16 bis 75 Jahre (M = 34.24, SD = 13.94) teil. Die Mehrheit der Teilnehmer (N = 144) war in Estland geboren, die übrigen gaben an zwischen einem und 63 Jahren (M = 31.02, SD = 12.03) in Estland zu leben. In der Stichprobe waren alle Bildungsschichten vertreten, wobei jedoch die meisten über eine mittlere Bildung verfügten. Die Autorin und der Autor rekrutierten die Teilnehmer zum einen über das Internet, indem sie die Einladung zur Studie in mehreren von Russen häufig genutzten Foren platzierten, und zum anderen aus zwei estischen Städten mit einer hohen russischen Bevölkerungszahl. Die Datenerhebung erfolgte mittels einer Online- Fragebogenuntersuchung, sowie über Fragebögen in Papierform. Die Fragebögen beinhalteten demografische Messungen, Akkulturationsorientierungen, in Form von Aufrechterhaltung der russischen Kultur (maintenance of Russian culture, RCM) und Teilnahme an der estischen Kultur (participation in Estonian culture, ECP), wahrgenommene Gruppenabwertung, psychische Adaptation, die als Lebenszufriedenheit operationalisiert und mit der SWLS gemessen wurde, sowie das Verhalten gegenüber der estischen Mehrheitsgesellschaft.
Yoon et al. (2008) zeigten an einer Stichprobe von koreanischen Immigranten in den USA auf, dass die Akkulturationsorientierungen Integration und Assimilation, die mit einer guten sprachlichen und kulturellen Kompetenz der Immigranten verbunden waren, auch zu guten Werten in SWB führten. Soziale Verbundenheit mit der Mehrheits- und der Herkunftskultur, zwei Mediatoren, die die Autoren außerdem in ihrer Analyse berücksichtigten, zeigten positive Korrelationen mit SWB. Bezüglich des Akkulturationsprozesses mediierte soziale Verbundenheit mit der Mehrheitskultur nur teilweise die Beziehung zu SWB, während Verbundenheit mit der Herkunftskultur die Beziehung Enkulturation und SWB vollständig mediierte. Eine Auswahl von 188 koreanischen Immigranten (weiblich: N = 113, männlich: N = 75) im Alter von 19 bis 81 Jahren (M = 44.90, SD = 12.32), die in zwei verschiedenen Städten im Westen der USA wohnten, nahmen an der Studie teil. Ihre Aufenthaltsdauer in den USA reichte von einem bis zu 41 Jahren (M = 14.53, SD = 10.18). Die meisten Teilnehmer (N = 133) verfügten über eine College- oder Universitätsausbildung. Zum Zweck ihrer Studie rekrutierten die Autoren die Teilnehmer in Restaurants, Kirchen und Videoverleihen, die primär von der koreanischen Bevölkerung besucht wurden. Die Teilnehmer sollten über 18 Jahre alt sein und konnten nach ihrer Einwilligung in die Studie zwischen einer englischen oder koreanischen Version der Fragebögen auswählen, die die folgenden Konstrukte maßen: Akkulturation, die bezüglich Identität, Sprachkompetenz und kultureller Kompetenz erhoben wurde, Enkulturation, soziale Verbundenheit mit der : a) Herkunftsgesellschaft, b) Mehrheitsgesellschaft und SWB, das mit der SWLS ermittelt wurde.
Die Studie von Lazarevic et al. (2012) brachte hervor, dass eine Hinwendung zur dominanten Mehrheitskultur am Beispiel von serbischen jungen Flüchtlingen in den USA mit weniger Wohlbefinden verbunden war. Bevorzugten die jungen Immigranten den Akkulturationsstil Separation, der sich auch bei ihren Eltern zeigte, so hatten sie eine gute Lebenszufriedenheit und ein ausgewogenes familiäres Klima. Die Stichprobe umfasste 77 serbische (bosnische und kroatische) junge Flüchtlinge im Alter von 18 bis 30 Jahren (M = 24.5, SD = 3.04). Die Mehrheit der Teilnehmer war weiblich (59.7%) und unverheiratet (88.3%), fast die Hälfte (47%) lebten schon mehr als sieben Jahre, die übrigen (28.6%) seit fünf oder weniger Jahren in den USA. Die jungen Erwachsenen kamen fast alle aus intakten Familien, wobei viele Eltern (41.6% der Mütter und 39% der Väter) mindestens einen High School- Abschluss hatten. Die Rekrutierung der jungen Flüchtlinge erfolgte im Internet auf einer beliebten Website für serbische junge Personen im Raum Chicago und Milwaukee. Sie erhielten Informationen in ihrer Herkunftssprache zur Studie und einen Link zur Teilnahme. Außerdem erklärte sich ein beliebter serbisch-amerikanischer Discjockey bereit, den Link zur Studie auf seiner Website zu veröffentlichen. Die Online-Fragebögen dienten zur Messung der Konstrukte Akkulturation (der jungen Erwachsenen und deren Eltern), familiäres Wohlbefinden, das durch die Atmosphäre in der Familie ermittelt wurde und individuelles Wohlbefinden, das wiederum mit der SWLS gemessen wurde.
Von den insgesamt 20 Studien wurden fünf Studien mit Studierenden und fünf Studien mit Schülern, die entweder ein Gymnasium oder eine bildungsähnliche Schule besuchten durchgeführt. Die Rekrutierung von Studierenden ist zwar eine in der Forschung übliche Vorgehensweise, da Studierende leicht zugängig und zahlreich verfügbar sind, jedoch ist die Repräsentativität fraglich. Die übrigen Untersuchungen enthielten Stichproben, deren Teilnehmer vorzugsweise einen akademischen Abschluss oder eine höhere Berufsausbildung besaßen. Eine Ausnahme stellten die Studien von Schiefer und Krahé (2014), Torres und Rollock (2007), Nakash et al. (2014), sowie Kus- Harbord und Ward (2014) dar. Die Teilnehmer dieser Studien waren weniger qualifiziert und verfügten demzufolge über ein geringeres monatliches Einkommen. Nur eine Studie (Nakash et al., 2014)) war mit Asylsuchenden, die sich somit einem erzwungenen Akkulturationsprozess unterzogen durchgeführt worden.
Insgesamt zeigte sich, dass die Akkulturationsstrategie Integration in 16 Studien zu mehr Wohlbefinden, Lebenszufriedenheit und Gesundheit führte. Das Konstrukt Wohlbefinden beinhaltete je nach Studie verschiedene Ausprägungen und umfasste psychisches, eudämonisches, subjektives, berufsbedingtes, eheliches und familiäres Wohlbefinden. Hinsichtlich des Gesundheitsstatusses wurde zwischen physischer und mentaler Gesundheit differenziert. Die Assimilationsstrategie, die einen ebenfalls hohen Akkulturationsgrad impliziert, führte zusätzlich zur Integrationsstrategie in sieben Untersuchungen zu einem gesteigerten Wohlbefinden, mentaler und physischer Gesundheit, nur in den Studien von Nakash et al. (2012, 2014) resultierte beim Praktizieren der Assimilationsstrategie ein verminderter Gesundheitszustand, sowie ein höherer Grad an Depressivität. In zwei Untersuchungen (Jasinskaja-Lahti & Liebkind, 2007) und (Kus-Harbord & Ward, 2014) konnte aufgezeigt werden, dass wider Erwarten die Integrationsstrategie mit vermindertem psychischen Wohlbefinden und weniger Lebenszufriedenheit verbunden war. Die Studien von Lazurevic et al. (2012) und Motti-Stefanidi et al. (2008) konnten darlegen, dass beim Praktizieren der Separationsstrategie mehr Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit empfunden wurde, und in der Studie von Bhui et al. (2005) stellte sich heraus, dass die Separationsorientierung ein niedriges Risiko für Übergewicht bei den Teilnehmern implizierte. Hinsichtlich der Marginalisierungsstrategie, die bereits in früheren Studien von Forscherinnen und Forschern als gesundheitsmindernd und dem Wohlbefinden abträglich klassifiziert wurde, konnten Peeters und Oerlemans (2009) diesen Befund in ihrer aktuellen Studie bestätigen.
Zusammengefasst lässt sich jedoch festhalten, dass die Integrationsstrategie, bei der die Teilnehmer sowohl ihre Herkunftskultur pflegen als auch Kontakt zur Aufnahmekultur suchen, bzw. sich mit ihr identifizieren, die adaptativste Akkulturationsstrategie hinsichtlich aller Facetten von Wohlbefinden und physischer, sowie mentaler Gesundheit ist.
Die Autorinnen und Autoren haben effektive Versuche unternommen, um die Reichhaltigkeit und Diversität der Akkulturationsproblematik an realen Orten zu erfassen. Oftmals waren sie enormen Schwierigkeiten ausgesetzt, die es zu überwinden galt, sei es aufgrund von Sprachbarrieren oder dem Bestreben eine aussagekräftige Stichprobe zu generieren. Personen im Akkulturationsprozess sind mit Problemen verschiedenster Art konfrontiert, die in wissenschaftlichen Studien zusätzlich Beachtung finden sollten, da sie erheblich zum Ergebnis der Aussagen beitragen. Insgesamt konnte aber gezeigt werden, dass die Integrationsstrategie und teilweise auch die Assimilationsstrategie wegweisend bezüglich des Wohlbefindens im Akkulturationsprozess sind, und die teilweise widersprüchlichen Ergebnisse vergangener Untersuchungen widerlegen.
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- Arbeit zitieren
- Martin Schilller (Autor:in), 2019, Akkulturation von Flüchtlingen. Welchen Einfluss hat sie auf die identitäre Selbstwahrnehmung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/507352
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