Essay über Andreas Reckwitz' "Die Gesellschaft der Singularitäten"


Essai, 2019

23 Pages, Note: 1,8


Extrait


Einleitung: Die Explosion des Besonderen (Seite 7-25)

Reckwitz stellt eine Gesellschaft der Einzigartigkeiten vor, in der das Allgemeine an Wert verliert und das Besondere an Wert gewinnt (vgl. Reckwitz 2018: 14). Güter sind nicht mehr rein durch ihre Funktionalität geprägt, sondern haben einen kulturellen Wert und eine affektive Bedeutung (vgl. ebd.: 8). Der industrielle Kapitalismus wandelte sich in einen kulturellen Kapitalismus (vgl. ebd.: 8). Singularisierung, als das Streben nach Einzigartigkeit und Außergewöhnlichkeit, ist nicht nur subjektiver Wunsch, sondern auch gesellschaftliche Erwartung (vgl. ebd.). Das Leitprinzip der liberalen Gesellschafts- und Kulturpolitik im 21. Jahrhundert ist die ‚kulturelle Vielfalt’ (vgl. ebd.: 9). ‚Singularisierung’ und ‚Singularität’ als Phänomen durchziehen die gesamte Gesellschaft und sämtliche Dimensionen des Sozialen (Dinge, Objekte, Subjekte, Kollektive, Räumlich- und Zeitlichkeiten) (vgl. ebd.: 12). Die soziale Welt richtet sich zunehmend an Einzigartigkeiten aus (vgl. ebd.: 14). Als Ursachen für die tiefgreifende Transformation nennt Reckwitz die gesellschaftlichen Motoren und Singularisierungsgeneratoren Ökonomie und Technologie (vgl. ebd.: 15). Er veranschaulicht den Bruch zwischen der industriellen Moderne und Spätmoderne anhand des Strukturwandels der alten industriellen Ökonomie zum Kulturkapitalismus und der Ökonomie der Singularitäten (vgl. ebd.: 15 ff). Kultur transformiert zur globalen Hyperkultur (vgl. ebd.: 16). Die leitende These des Buches lautet: ‚In der Spätmoderne findet ein gesellschaftlicher Strukturwandel statt, der darin besteht, das die soziale Logik des Allgemeinen ihre Vorherrschaft verliert an die soziale Logik des Besonderen’ (ebd.: 11). Leitend für Reckwitz Theorie der Spätmoderne ist die Unterscheidung zwischen Allgemeinem und Besonderem. Das Allgemeine und das Besondere sind sozial fabriziert (vgl. ebd.). Aufgabe des Buches ist ‚die Muster, Typen und Konstellationen herauszuarbeiten, die sich in der sozialen Fabrikati on von Einzigartigkeiten ergeben’ (ebd.: 13). Dabei verfolgt er drei Strukturmomente: den Aufstieg des Kulturkapitalismus, den Siegeszug der digitalen Medientechnologien und die Authentizitätsrevolution der neuen Mittelklasse (vgl. ebd.: 19). Er betrachtet die Veränderungen der sozialen Logik, die Entwicklung und spezifischen Strukturen der Spätmoderne und dessen gesellschaftliche Auswirkungen (vgl. ebd.: 20). Reckwitz schließt seine Überlegungen mit der Frage nach einer Krise des Allgemeinen (vgl. ebd.). Das Buch hat einen gesellschaftstheoretischen Anspruch und dient ‚als Knotenpunkt in einem Netzwerk’. (vgl. ebd.: 25).

Eigener Gedanke:

Reckwitz Gedanken hinsichtlich Kultur und Kulturverständnis scheinen auf den ersten Blick von aktueller Relevanz (Kulturkämpfe). Es wird sich im Verlaufe des Buches herausstellen in wie weit er die komplizierte Situation der globalen Hyperkultur und des Kulturessenzialismus erfasst und behandelt. Seine Analyse beschränkt sich nicht nur auf Deutschland, sondern auf die westlichen Gesellschaften, was einen umfassenderen Blick auf die Thematik eröffnet. Denn: der gesellschaftliche Wandel ist ein globales Phänomen. Reckwitz geht der Frage nach einer neuen Klassengesellschaft nach, einer neuen Mittel- und Unterschicht. Der Maßstab des Besonderen oder Einzigartigen an dem sich das Individuum und die Gesellschaft orientiert hängt jedoch einem wichtigen Faktor ab, den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Singularität als ein Phänomen reicher Gesellschaften.

1. Die Moderne zwischen der sozialen Logik des Allgemeinen und des Besonderen (Seite 27)

Soziale Logik des Allgemeinen versus soziale Logik des Besonderen (vgl. Reckwitz 2018: 27). Die soziale Logik des Allgemeinen (Fordisierung, Normativierung, Organisation) ist mit formaler Rationalisierung verbunden, die soziale Logik des Besonderen mit Kulturalisierung und Affektintensivierung (vgl. ebd.). In der industriellen Moderne hatten Prozesse des Allgemeinen die Vorherrschaft. In der Spätmoderne hingegen wandelte sich Rationalisierung zu einer Hintergrundstruktur und Singularisierung wurde leitend sowie strukturgebend (vgl. ebd.).

1.1 Die soziale Logik des Allgemeinen (Seite 28-46)

Reckwitz untersucht die zentralen Merkmale der modernen Gesellschaft. Struktureller Kern ist die soziale Logik des Allgemeinen (vgl. ebd.: 28). Zentraler Prozess der Moderne ist die formale Rationalisierung (vgl. ebd.). Die Moderne und soziale Logik des Allgemeinen ist durch vier soziale Praktiken gekennzeichnet und orientiert sich am ‚doing generality’ (Allgemeinisierung): Praktiken der Beobachtung, der Bewertung, der Hervorbringung und Aneignung (vgl. ebd.: 29). Die soziale Welt setzt sich aus Praktiken zusammen, die auf Typisierungen beruhen (vgl. ebd.: 31). Zum Gegenstand der Rationalisierung werden Einheiten des Sozialen wie Objekte (zweckrational), Subjekte (als Gegenstand gesellschaftlicher Disziplinierung), Kollektive (Organisation als Zweckverband), Räume (seriell, extensiv) und Zeiten (zukunftsorientiert, affektiv reduziert) (vgl. ebd.: 38 ff.). Im Prozess der Rationalisierung werden sie immer wieder generalisiert, formalisiert und standardisiert (vgl. ebd.: 33). Das Ziel des modernen Rationalisierungsprojektes ist die Optimierung, Steigerung der Effizienz und systematische Verbesserung (vgl. ebd.: 33 f.). Die Einheiten des sozialen partizipieren, strukturieren und bilden sich an den sozialen Praktiken heraus (vgl. ebd.:37). Die formale Rationalisierung der Gesellschaft beinhaltet drei Formen in denen die soziale Logik des Allgemeinen operiert: Standardisierung (technische Rationalisierung), Formalisierung (normative Rationalisierung) und Generalisierung (kognitive Rationalisierung). Reckwitz teilt die Geschichte der Moderne in drei Phasen ein: die bürgerliche-, die organisierte-/industrielle- und die Spätmoderne (vgl. ebd.). Er führt die (Industrielle) Moderne als Prototyp der sozialen Logik des Allgemeinen auf (vgl. ebd.: 42). Zentral ist die soziale Gleichförmigkeit und eine Entsingularisierung des Sozialen (vgl. ebd.: 46).

1.2 Die soziale Logik des Besonderen (Seite 47-74)

Zentral für die Existenz spätmoderner Gesellschaften ist die soziale Logik des Besonderen (vgl. ebd.: 48). Reckwitz unterscheidet drei Formen des Besonderen: das Allgemein-Besondere, die Idiosynkrasie und die Singularität (vgl. ebd.). Mit Hilfe des Allgemeinen lässt sich durch Praktiken im Modus der Typisierung das Besondere klassifizieren (vgl. ebd.). Das Besondere als das Allgemein-Besondere ist in diesem Zusammenhang das konkrete Allgemeine, eine Variation des Gleichartigen (vgl. ebd.:49). Es existiert in Rangfolgen von qualitativen Differenzen und Skalen von quantitativen Differenzen (vgl. ebd.). Idiosynkrasien sind jene Entitäten der Welt, welche sich nicht in Begriffe oder Schemata des Allgemeinen eingliedern lassen (vgl. ebd.). Es handelt sich um Eigentümlichkeiten (vgl. ebd.). Singularitäten sind sozialkulturell fabrizierte Einzigartigkeiten (vgl. ebd.: 51). Alle drei beschriebenen Formen des Besonderen sind ineinander transformierbar (vgl. ebd.: 56). Singularitäten hängen von Praktiken der Singularisierung ab, dem Beobachten, Bewerten, Hervorbringung und Aneignung. Sie orientieren sich am Prozess des ‚doing singularity’ (vgl. ebd.: 64). Singularisiert werden alle Einheiten des Sozialen: Subjekte, Objekte, Kollektive (zu Gemeinschaften mit kulturellem Eigenwert), Räumlichkeiten (werden zu Orten/Identifikationsräumen) und Zeitlichkeiten (Ereignisse) (vgl. ebd.: 61 ff.). Zentrale Grundlage der der Singularisierung ist, dass die Einheiten des Sozialen als Eigenkomplexität mit innerer Dichte erfasst werden (vgl. ebd.: 52). Nicht zuletzt kann das Verständnis für Singularitäten auch hochgradig umstritten sein und zu Konflikten führen (vgl. ebd.: 66). Die Praktiken der Valorisierung bewerten welche Entitäten tatsächlich als singulär anerkannt werden (vgl. ebd.). Der soziale Praxismodus der Singularität nimmt die Form einer Aufführung an mit dem zentralen Charakteristikum der Performativität (vgl. ebd.: 72). In letzterem geht es darum etwas oder sich selbst vor einem Publikum aufzuführen, was dadurch für die Teilnehmer oder ‚Zuschauer’ einen kulturellen Wert erlangt (vgl. ebd.). Dabei spielt die Affektintensität und die Affizierung eine wichtige Rolle: Ohne Affizierung keine Singularitäten (vgl. ebd.: 73).

Eigener Gedanke:

Reckwitz entfernt sich von dem Begriff des Individualismus, da er nicht dienlich zur Unterscheidung zwischen sozialer Logik des Allgemeinen und Singularitäten scheint. Er bezeichnet ihn als zu mehrdeutig und gleichzeitig zu eng, da er zu subjektfixiert ist. Das erscheint seiner Meinung nach sinnvoll, da die soziale Fabrikation von Singularitäten alle Einheiten des Sozialen umfasst und nicht nur das Subjekt (vgl. ebd.: 57). Da aber eben auch explizit die Einheit des Subjektes betroffen ist und somit Individualisierung einbezogen werden kann bildet sich hier ein Widerspruch. Des Weiteren führt Reckwitz die zwei Logiken als konkurrierende Systeme vor, betont jedoch das einer gesellschaftlichen Struktur bedarf, welche wiederum das Allgemeingültige bevorzugen. Viele seiner Gedanken äußert er mehrmals wiederholt nur anders ausgedrückt.

1.3 Kultur und Kulturalisierung (Seite 75-92)

Die Einheiten des Sozialen (singuläre Subjekte, Objekte, Orte, Ereignisse und Kollektive) bilden mit den zugehörigen Praktiken (Beobachten, Bewerten, Hervorbringen und Aneignen) die Kultursphäre der Gesellschaft (vgl. Reckwitz 2018: 75). Reckwitz wertorientierter Kulturbegriff kann in zwei Weisen, in denen Einheiten des Sozialen gesellschaftlich formatiert werden, unterschieden werden: als Kulturqualität (Zuschreiben von Wert) oder als funktionale, standardisierte und generalisierte Einheiten des Sozialen mit instrumentellem Nutzen (vgl. ebd.: 79). In der Kultursphäre finden Prozesse der Valorisierung/Entvalorisierung und Affizierung statt (vgl. ebd.: 77). Reckwitz Annahme ist, dass jene gesellschaftlich singularisierte Einheiten des Sozialen Qualitäten erhalten um im sozialen Kontext zu Einheiten der Kultur zu werden – zu Kultureinheiten. Der Prozess der Singularisierung ist ein Prozess der Kulturalisierung. Besonders von Bedeutung für die Kultureinheiten ist die Praktik der Bewertung bzw. der Prozess Valorisierung (des Zuschreibens oder Absprechens von Wert bzw. Eigenkomplexität) (vgl. ebd.: 78). Die Einheiten des Sozialen werden durch ihre anerkannte Eigenkomplexität wertvoll und erhalten einen Selbstzweck (vgl. ebd.). Reckwitz interpretiert Werte als Teil von gesellschaftlichen Zirkulationsdynamiken, die häufig auch konflikthaft sind und zu Kulturkämpfen (Valorisierungskämpfen) führen (vgl. ebd.: 80). Er spricht von Rationalisierung und Kulturalisierung als zwei konträren gesellschaftlichen Strukturierungsprinzipien (vgl. ebd.: 84). Kulturalisierung ist der gesellschaftliche Prozess, in dem die Einheiten des Sozialen singularisiert werden (vgl. ebd.: 84 f.). Reckwitz deutet Rationalisierung als Antwort auf ein Effizienz- und Ordnungsproblem, sowie die Kulturalisierung des Sozialen als Antwort auf ein gesellschaftliches Sinn- und Motivationsproblem (vgl. ebd.: 86). Er unterscheidet fünf Qualitäten die an sozialen Einheiten valorisiert werden können: Die ästhetische und narrativ-hermeneutische, ethische, gestalterische und ludische Qualität (vgl. ebd.:87 ff.). Die Kulturalisierung des Sozialen enthält spezifische Prozesse der Narrativisierung, Ästhetisierung, Ethisierung, Kreativisierung und Ludifizierung des Sozialen (vgl. ebd.: 92).

1.4 Die Transformation der Kultursphäre (Seite 92-110)

Reckwitz Gesellschaftstheorie geht von einer Doppelstruktur der Vergesellschaftung aus: formale Rationalisierung und Kulturalisierung (vgl. ebd.: 92). Er untersucht die historische Entwicklung und Phasen der Transformation der Kultursphäre. Die Romantik der bürgerlichen Moderne unterwirft die Welt einem umfassenden Singularisierungsprozess: Romantik als Kulturalisierung der Welt (vgl. ebd.: 99). Reckwitz stellt in der Spätmoderne eine Transformation fest: die einst untergeordnete soziale Logik der Singularitäten bzw. Kulturalisierung und Affektintensivierung wird strukturbildende Form (vgl. ebd.: 103). Entsprechend wird die soziale Logik des Allgemeinen zu einer Hintergrundstruktur (einer Infrastruktur für Besonderheiten) (vgl. ebd.). Als Ursachen für die gesellschaftliche Transformation zur Gesellschaft der Singularitäten führt Reckwitz drei Faktoren auf, welche sich gegenseitig verstärken: Die soziokulturelle Authentizitätsrevolution, die Transformation der Ökonomie zu einer postindustriellen Ökonomie der Singularitäten und die technische Revolution der Digitalisierung (vgl. ebd.). Im Zentrum des Wandels steht die neue Mittelklasse. Der Kulturkapitalismus und die digitalen Computernetzwerke institutionalisieren die Singularitäten als kulturelle Singularitätsmärkte (vgl. ebd.: 106). Dabei gliedern sich die Singularitäten in eine Struktur kompetitiver Singularitäten ein (vgl. ebd.). Diese Märkte sind im Kern Sichtbarkeits-, Valorisierungs- und Affizierungsmärkte. Genauer: Attraktivitätsmärkte, auf denen spezifische Akkumulation von Singularisierungskapital stattfinden kann (vgl. ebd.: 107). Das damit verbundene ‚Profil’ wird zur zentralen Form der Kultur der Spätmoderne (vgl. ebd.). Die Kultur in der neuen Mittelklasse erhält die charakteristische Form der Hyperkultur (vgl. ebd.: 108). Die Gesellschaft der Singularitäten bringt neue soziale und kulturelle Polarisierungen hervor (vgl. ebd.). Polarisierungen sind unmittelbare Konsequenzen der Singularisierungslogik und Ergebnis der gesellschaftlichen Bewertung sowie der Prozesse der Valorisierung und Entwertung (vgl. ebd.). Dabei unterscheidet Reckwitz fünf Polarisierungsebenen: Die Polarisierung der Güter, der Arbeitsverhältnisse, der sozialen Räume, Polarisierung von Klassen und Lebensstilen und die politische Polarisierung (vgl. ebd.: 109 f.). Ergebnis der Polarisierungen sind charakteristische Konflikte um die Kultur (vgl. ebd.).

Eigener Gedanke:

Reckwitz geht sehr theoretisch vor jedoch wenig kritisch. Clusterartig springt er wieder oft auf bereits erwähnte Inhalte zurück und beschreibt auf repetitive Weise den selben Gedanken. Dennoch stellt der Autor eine umfassende Theorie von Kultur und Kulturalisierung vor und webt diese anhand der Geschichte bis in die Gegenwart ein. Reckwitz knüpft erneut an gesellschaftliche Gruppen und den Klassenbegriff an und entwickelt aufgrund des singularistisch-kulturellen Strukturwandels ein neues Konzept kultureller Klassen. Er hebt die singularistische Mittelklasse besonders hervor, dies gilt es im weiteren Verlauf des Buches zu verfolgen.

2. Die postindustrielle Ökonomie der Singularitäten (Seite 111-119)

Reckwitz stellt beginnend der 1980er Jahre eine Transformation der Ökonomie der standardisierten Massengüter zu einer Ökonomie der Singularitäten fest (vgl. Reckwitz 2018: 111). Der Strukturwandel findet anhand der Singularisierung und Kulturalisierung von funktionalen Gütern zu Gütern mit kulturellem Wert und Qualitäten statt (vgl. ebd.). Die Ökonomie des industriell Allgemeinen wurde nun durch eine Ökonomie des kulturell Besonderen abgelöst (vgl. ebd.: 113). Einer Ökonomie der Singularitäten bzw. des Kulturkapitalismus (vgl. ebd.). Die Ausrichtung wechselte zu Affektgütern, zur kulturellen, kreativen Arbeit, kulturellen Produktion und Konsum und Singularitätsmärkten bzw. Affektivitätsmärkte (vgl. ebd.: 114). Der industrielle Kern der Singularisierung und Kulturalisierung der Ökonomie der Spätmoderne besteht aus der ‚creative economy’, als treibende Kraft der postindustriellen Wirtschaft (vgl. ebd.: 115). Produziert und konsumiert werden ‚kulturelle Güter in ihren Besonderheiten als Narrationen, Bedeutungen, Identitäten, Affekte und Emotionen, ästhetisches Erleben, ethische Güter, Spiele und Gestaltungen’ (ebd.: 118).

2.1 Einzigartigkeitsgüter im Kulturkapitalismus (Seite 119-147)

Reckwitz erläutert vier Gütertypen, die in der Spätmoderne an Relevanz gewonnen haben: Dinge, Dienstleistungen, Ereignisse bzw. Events und mediale Formate (vgl. ebd.: 120). Kulturelle Güter versprechen positive Affizierung, daher bezeichnet Reckwitz sie als Affektgüter (vgl. ebd.: 121). Affektgüter besitzen narrativ-hermeneutische, ästhetisch-sinnliche, ethische, gestalterische oder ludische Eigenschaften und werden daraufhin valorisiert (vgl. ebd.). Neben funktionalem Nutzen und kulturellem Wert existiert das soziale Prestige (die Wirkung auf Dritte) (vgl. ebd.). Kulturelle Güter der Spätmoderne sind überwiegend singuläre Güter (vgl. ebd.: 126). Um als einzigartig anerkannt zu werden brauch ein Gut zwei Eigenschaften: Originalität und Rarität (vgl. ebd.). Die Singularisierung der kulturellen Güter gilt für alle Gütertypen und findet entlang der Kriterien Originalität und Rarität statt (vgl. ebd.: 129). Die Originalität eines Gutes zeichnet sich durch eigenkomplexe Dichte und absolute qualitative Differenz (Andersheit) aus (vgl. ebd.: 127). Rarität zeichnet sich durch Seltenheit (Exklusive) und Einmaligkeit aus (vgl. ebd.: 128). Originalität ist eine notwendige Bedingung für Singularität, Rarität lediglich ein hinzukommender beeinflussender Faktor (vgl. ebd.). Da ökonomische Güter alle fabriziert werden und auf Märkten zirkulieren, ist Authentizität in der sozialen Welt als eine Authentizitätsperformanz zu analysieren – sie ist nicht Natur gegeben (vgl. ebd.: 138). Reckwitz begreift die Singularisierung von Gütern als einen Prozess der Authentifizierung (vgl. ebd.: 139). Die kulturellen Güter der Spätmoderne zirkulieren in einer globalen Hyperkultur (vgl. ebd.: 143). In der Hyperkultur wird eine kulturelle Singularität zu einem global zirkulierendem kulturellen Gut, das ins kompetitiven Wettbewerb zu anderen Gütern tritt und von Konsumenten angeeignet wird (vgl. ebd.). In der globalen Hyperkultur-Ökonomie ist die gesamte Welt zu einer kulturellen Ressource für die Generierung von Singularitätsgütern geworden (vgl. ebd.: 146).

Eigener Gedanke:

Reckwitz Begriff des Authentischen meint das Gegenteil des Künstlichen, er bezeichnet es als das „Echte“ (vgl. ebd.: 138). Singularisierung ist zugleich Authentifizierung. Es ist jedoch in der heutigen modernen Welt des ‚Scheins’ fraglich in wie weit Authentizität, als Phänomen der Echtheit, noch greifbar werden kann. Vielmehr verbirgt sich hinter moderner Authentizität ein Trugbild, dass nicht zuletzt für Vermarktungszwecke (miss-)braucht wird. Reckwitz betont daraufhin das Paradoxon, dass Authentizität im sozialen Raum nicht eigens existiert, sondern sozial fabriziert wird und damit die eigentliche Bedeutung der Natorlichkeit weit verfehlt (vgl. ebd.). lm Hinblick auf die Wichtigkeit der Authentizitatsperformanz bzw. Authentizitat for Reckwitz Theorie der Singularisierung widmet er sich dieser Thematik trotzdem wenig kritisch.

[...]

Fin de l'extrait de 23 pages

Résumé des informations

Titre
Essay über Andreas Reckwitz' "Die Gesellschaft der Singularitäten"
Université
Technical University of Chemnitz  (Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften)
Cours
Makrosoziologie/Gesellschaftstheorie
Note
1,8
Auteur
Année
2019
Pages
23
N° de catalogue
V507548
ISBN (ebook)
9783346067920
ISBN (Livre)
9783346067937
Langue
allemand
Mots clés
Gesellschaft, Singularitäten, Andreas Reckwitz, Reckwitz, Soziologie, Essays, Makrosoziologie, Gesellschaftstheorie
Citation du texte
Laura Bogdanow (Auteur), 2019, Essay über Andreas Reckwitz' "Die Gesellschaft der Singularitäten", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/507548

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