Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die Geschichte
1 Korpusanalyse ausgewählter Sequenzen
1.1 Szene 1: „Berlin Hauptbahnhof“
1.2 Szene 2: Hugos und Braulios Ankunft [Minute]
1.3 Transkription Szene 3: „Palme Kebab Berlin“
1.4 Szene 4: Hugos Bewerbungsgespräch 1
1.5 Szene 5: Braulio und die Kunst der Begrüßung
1.6 Szene 6: Hugos Bewerbungsgespräch 2
1.7 Szene 7: Braulio versteht nichts
1.8 Szene 8: „Warten Sie bitte."
1.9 Szene 9: „Danke.“
1.10 Szene 10: „Konservenraub“
1.11 Szene 11: Der „Spezialist für Umwelttechnik und Abfallentsorgung“ flieht
1.12 Szene 12: „Forschungsstipendium“/ „ara§tirma bursu“
1.13 Szene 13: Hakan und Marisol beim Arzt
1.14 Szene 14: Hakan und Braulio kaufen einen Busfahrschein
1.15 Szene 15: Braulio ruft wegen Deutschkurs an
1.16 Szene 16: Hakan erhält die Ergebnisse vom Arzt
1.17 Szene 17: Hugos Büro
1.18 Szene 18: „Navigationsansage“
1.19 Szene 19: Hugo nimmt ein Taxi
1.20 Szene 20: Marisol bekommt ihr Baby
1.21 Szene 21: Braulio lernt Chinesisch
Fazit
Filmografie
Bibliografie
Einleitung
“Lo que se pierde en la traducción buena o excelente es precisamente lo mejor”.
Karl Wilhelm Friedrich Schlegel
Beim Übersetzen erfolgt eine Übertragung einer Sprache in eine andere. Dabei müssen Übersetzer nicht nur die jeweiligen Fremdsprachen sehr gut beherrschen, sondern unter Umständen auch Kultur und Geschichte der betreffenden Länder kennen und verstehen und über ein ausgeprägtes Gespür für die jeweils typischen Kommunikationsmuster und -techniken verfügen. Von ganz entscheidender Bedeutung ist ferner eine überdurchschnittlich gute Beherrschung der eigenen Muttersprache, da in der Regel in die Muttersprache übersetzt wird. Daneben ist je nach Fachgebiet weiteres sachbezogenes, auch landes- oder sprachspezifisches Fachwissen sowie Wissen über die jeweiligen Textsorten unerlässlich. Ein ganz besonders interessanter und anspruchsvoller Bereich ist die audiovisuelle Übersetzung in Filmen. Chaume definiert die audiovisuelle Übersetzung wie folgt:
Transferencia de texto verbo- icónicos de cualquier tipo transmitidos a través de los canales acustico y visual en cualquiera de los medios fisicos o soportes existentes en la acutualidad (pantalla de cine, televisor, ordenador, etc.). (Chaume 2004: 31)
„Diesen Texttyp macht aus, dass der Verbaltext seine volle Wirkung nur in Co-Existenz mit dem Bild entfalten kann.“ (Kurz 2006: 9) Synchronisation und Untertitelung sind heutzutage die geläufigen Formen der Filmübersetzung. Ihr Gebrauch unterscheidet sich von Land zu Land. In Deutschland, sowie in Spanien, Italien und Frankreich, werden fremdsprachige Filme und Filmserien in der Regel synchronisiert. Es wird versucht „eine vorgegebene Bildfolge mit Lauten einer anderen Sprache zu versehen.“ (Herbst 1994: 1) Besonderes Augenmerk liegt hier auf der Lippen-, aber auch der Gestensynchronität. Untertitelungen finden sich meist bei weniger kommerziellen Filme beziehungsweise für hörbeeinträchtigte Zuschauer. Außerdem werden auch Voice-over, Kommentar sowie hybride Formen dieser Verfahren für bestimmte audiovisuelle Genres verwendet, alles Formen der sogenannten audiovisuellen Übersetzung. Sie ist mit der Übersetzung schriftlicher Texte nicht gleichzusetzen. Der Übersetzer beziehungsweise das Übersetzungsteam sollte dabei stets das Textganze überschauen, die Vieldimensionalität erkennen und die Eigenschaften herausfinden, die den Film und das darin kreierte Kulturbild einzigartig machen. Nach einer kritischen Überprüfung können entsprechende Strategien der Übertragung gewählt werden.
Das Ziel meiner Arbeit ist es, im Film fremdsprachliche Segmente im spanischsprachigen Originalfilm zu finden - sogenannte L3 Segmente - und zu beschreiben, wie die deutsche, französische und italienische Synchronisation der Komödie in den von mir gewählten Zielsprachen, den sogenannten L2 Sprachen, damit umgeht. Im Fall von „Perdiendo el Norte“ bedeutet das, eine deskriptive Analyse bezüglich der L3 Originaltext (OT) - Segmente, die vor allem auf Deutsch, aber auch Englisch und Chinesisch vorhanden sind und deren Realisierung in den jeweiligen Zielsprachen. Welche Übersetzungsstrategien werden angewandt, welche linguistischen Anpassungen werden notwendig und welche Konsequenzen hat das zum Beispiel für den humoristischen Charakter des Films? Besonders interessant ist die Betrachtung der deutschen Synchronisation, wenn das L3 OT - Segment dem L3 MT- Segment entspricht. Dafür erstelle ich einen Korpus von 21 relevanten Szenen mit einem entsprechenden Fotogramm und Transkriptionen der verbalen Äußerungen und wenn vorhanden Untertitelungen, wobei die Originalversion stets mit aufgeführt und den Übersetzungen in die L2 gegenübergestellt wird. Im Anschluss beschreibe ich, welche Strategien der Übersetzer beziehungsweise Übersetzungsteams ich wahrnehmen konnte und welche Effekte erzielt werden. Nach meinen theoretischen Vorkenntnissen erwarte ich auf Grund der Zielsprachen wenig bis überhaupt keine Untertitelung und vor allem im Fall von Deutschland vielfältige kreative Lösungsstrategien, welche die Übersetzer bzw. Übersetzerteams mit Bedacht an die Zielkultur angepasst haben. Die Herausforderung sehe ich hier darin, dass es sich um eine Komödie handelt, die vor allem mit den Unterschieden zwischen der spanischen und deutschen Sprache und Kultur spielt. Es kann sich daher in den anderen Zielkulturen stets nur um eine Annäherung und Anpassung an das Verständnis handeln. Eine allgemeinere Zusammenfassung findet sich schließlich im Schlussteil.
Die Geschichte
Perdiendo el Norte - übersetzt etwa in der Bedeutung „das Ziel vor den Augen verlieren“ - kommt im Jahr 2015 in die spanischen Kinos. Die spanischsprachige Komödie von Nacho G. Vellila wird ein großer Kassenschlager. Der Film wird in Deutsch - hier tituliert mit „Ab nach Deutschland“ -, in Italienisch und Französisch synchronisiert und - Italienisch einmal ausgenommen - für Hörgeschädigte untertitelt. Für den englischen Sprachraum, in dem der Film nur in Originalaudio mit Untertiteln ausgestrahlt wird, ändert sich der Filmtitel zu „Off course“. In Englisch stehen nur Hörgeschädigten-Untertitelungen zur Verfügung, ebenso in Türkisch. Neben der dominierenden Sprache Spanisch (Kastilisch), wird im Original von den Figuren in Deutsch, vereinzelt in Englisch und Chinesisch gesprochen.
Zum Hintergrund der Geschichte ist Folgendes zu sagen. Die ausgebildeten, unterbeschäftigten Fachkräfte Hugo (Yon Gonzalez, Finanzfachkraft) und Braulio (Julian López, Mikrobiologe) werden von einem Fernsehprogramm, das ein Interview mit einem Emigranten zeigt, der Deutschland als Beschäftigungsparadies bezeichnet, nach Berlin gelockt. Hugo trifft dort auf Carla (Blanca Suarez), eine Spanierin, die nach einem ähnlichen Kampf mit Unterbeschäftigung in Deutschland angekommen ist. Es stellt sich heraus, dass Hugo und Braulio mit Carla und ihrem drogenabhängigen Bruder Rafa (Miki Esparbé) zusammenwohnen werden und sich ein Gebäude mit einem älteren spanischen Auswanderer, Andrés (José Sacristan), teilen, der sich in ihnen wiedererkennt. Eine entmutigende, erfolglose Arbeitssuche in ihren Ausbildungsberufen beginnt, die Sprachbarriere erweist sich als unüberwindbar. Hugo und Braulio werden schließlich von Hakan (Younes Bachir) in seinem türkischen Café angestellt. Nachdem sein Vater Próspero (Javier Camara) seinen Job verliert, schickt Hugo den größten Teil seines Einkommens (begleitet von Lügen über seinen Beschäftigungsstatus und seine Bedeutung) nach Spanien zurück , wo sein Vater, seine Mutter Beni (Carmen Machi) und seine Verlobte Nadia (Ursula Corberó) eine spontane Entscheidung treffen. Nachdem sie seine leuchtenden Geschichten gehört hat, will sie ihn in Berlin besuchen. Carla und Hugo sind nach anfänglicher gegenseitiger Abneigung eng zusammengewachsen, und Carla gesteht, dass sie immer als "die andere Frau" in einer Beziehung endet. In einer Nebenhandlung können Hakan und seine Frau Marisol (Malena Alterio) trotz Marisols Verzweiflung kein Kind empfangen. Der Arzt informiert sie darüber, dass sie sich Tests unterziehen sollten, um festzustellen, ob einer von ihnen steril ist. Beim Versuch, sein Sperma zu verkaufen, um den Deutschunterricht zu finanzieren, begegnet Braulio Marisol in der Fruchtbarkeitsklinik und sie schlägt vor, dass sie für seinen Unterricht bezahlen könnte, wenn er Sperma "ohne Zwischenhändler" spendet. Obwohl sie erfolgreich ein Kind zeugt, erfährt Hakan bald, dass er steril ist und glaubt nicht, dass er Marisols Kind hätte zeugen können. Eine weitere Nebenhandlung dreht sich um Andrés, der offenbar eine entfremdete Tochter in Spanien hat. Im Laufe des Films wird bei ihm Alzheimer diagnostiziert. Als Hugos Eltern und Verlobte ihn in Berlin besuchen, spielen Rafa, Carla, Hakan und Marisol verschiedene Rollen als Hugos Angestellte. Carla wird als Hugos Sekretärin und Nadia als Hugos Verlobte vorgestellt. Als Carla dies erfährt, glaubte sie, Hugo sei nicht anders als die anderen Männer und enthüllt wütend die Wahrheit hinter Hugos Anstellung. In der Zwischenzeit erwischt Hakan Marisol, der Braulio zur erfolgreichen Zeugung eines Kindes gratuliert, und unterbricht den Kontakt zu beiden. Hugo kehrt nach Spanien zurück, um für Nadias Vater zu arbeiten, während sie sich auf die Hochzeit vorbereiten. Hugo findet Andrés 'Tochter und informiert sie über die Diagnose ihres Vaters, wobei er ihr mitteilt, dass eine falsche Entscheidung lebenslange Bedauern hervorrufen kann. Am Tag der Hochzeit hält Próspero eine Rede von Hugo, in der er ihm sagt, er solle aus Liebe heiraten, nicht aus Geld. Ermutigt lässt Hugo Nadia am Altar stehen und fliegt nach Berlin, wo er Carla beim Berlin-Marathon unter Tausenden joggen sieht. Hugo und Carla versöhnen sich ebenso wie Hakan und Marisol, die gezwungen sind, auf dem Weg zum Krankenhaus im Lieferwagen des Cafés (mit Braulio und Andrés) zu gebären, da sie im marathonbedingten Verkehr gefangen sind. Als der Film endet, gewinnt Braulio ein wissenschaftliches Stipendium für China, Hugos Elternhaus wird zurückerobert, Carla und Hugo leben zusammen mit ihrer "erweiterten" Familie von Hakan, Marisol und ihrer Tochter in Berlin und Andrés Tochter ist nach Berlin gekommen, um für ihren Vater zu sorgen.
1. Korpusanalyse ausgewählter Sequenzen
Ich konzentriere mich in dieser Arbeit auf 21 Filmsequenzen mit L3 -Segmenten aus dem Film. Dabei fokussiere ich mich auf Grund der Notwendigkeit der quantitativen Begrenzung der Arbeit auf die Synchronisation und untertitelte Synchronisation in das Deutsche, Französische und Italienische. Die Fotogramme der Filmsequenzen dienen der Veranschaulichung und sind dem Streamingdienst Netflix entnommen. Die Transkriptionen habe ich eigenständig niedergeschrieben und in Tabellen eingefügt. Diese dienen der Übersichtlichkeit. Die Tabellen weisen in der linken Spalte die hellgrau unterlegte Transkription des Audios des Originalfilms auf, die weiteren Spalten sind die Transkriptionen der Audios der Synchronisationen in die jeweilige L2 Zielsprache. Ist eine Transkription aus Mangel an Kenntnissen in der Zielsprache nicht möglich ist das gekennzeichnet. Wählt der Übersetzer beziehungsweise der Verantwortliche für den ОТ Untertitel, stehen diese in eckigen Klammem direkt unter der Transkription des Audios. Die Szenen werden nach ihrem chronologischen Auftreten in der Komödie betrachtet und erhalten neben einer selbstgewählten Betitelung mit Zeitangabe des Auftretens im Film auch eine kurze Beschreibung der Situation. Unter der Tabelle erfolgt dann eine deskriptive Analyse der betrachteten Szene. Zum Abschluss werde ich die Beobachtungen noch einmal zusammenfassen und versuchen ein Fazit zu ziehen.
1.1 Fotogramm und Transkription Szene 1: „Berlin Hauptbahnhof“ [00:10:27]
Hugo und Braulio kommen in Deutschland am Berliner Hauptbahnhof an und schauen in den Reiseführer.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In dieser Szene ist auf dem Prospektbild deutlich „Berlin Hauptbahnhof ‘ zu lesen. Dieser Schriftzug in deutscher Sprache wird weder in der Übersetzung in das Französische noch in die italienische Sprache verändert oder untertitelt. Die Strategie des Nicht-Übersetzens durch den Übersetzer oder des Übersetzerteams liegt hier vermutlich darin begründet, dass durch die visuelle Darstellung des Bahnhofs und dem international geläufigen Eigennamen der Hauptstadt Deutschland keine Notwendigkeit zur Übertragung in oder Ergänzung durch die Zielsprache L2 besteht. In der deutschen Version des Films wäre dies ohnehin nicht notwendig, da hier die Zielsprache L2 der L3 des Originaltextes entspricht. Der Fremdheitseffekt ist in dieser Version verloren, da die L3 unsichtbar wird. Ähnlich wie in dieser Szene werden im Film auch noch weitere Segmente zu sehen sein, bei denen Bild und L3 Fragment eine Einheit bilden. Allgemein kann festgestellt werden, dass bis auf eine weitere ausgeführte Szene alle Fragmente unübersetzt bleiben, obwohl sie vielleicht als humoristische und den Charakter des Filmes unterstützende Elemente angesehen werden könnten.
1.2 Fotogramm und Transkription Szene 2: Hugos und Braulios Ankunft [00:10:43]
Hugo und Braulio (B) fragen auf dem Vorplatz des Berliner Hauptbahnhofs eine Frau (F) nach dem Weg.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In dieser Szene ist festzustellen, dass sich zunächst einmal die L3 des Originaltextes auch in den Synchronisationen wiederfinden, in diesem Fall Deutsch. Der Fremdheitseffekt bleibt der französischen und der italienischen Version bestehen. Im Falle der Zielsprache Deutsch verliert sie ihren Status als L3. Sie wird unsichtbar. Daher erscheint es dem Übersetzer notwendig zunächst einen Registerwechsel vorzunehmen. Diese Registerhebung bewirkt bei den Protagonisten zugleich eine Charakterisierung als kultivierte Menschen und konnotiert sie positiv. Aus „Guten Tag.“ wird „Schönen guten Tag.“, aus „Dame“ ein „verehrte Dame“, aus „können“ „könnten“. Außerdem wird ein inhaltlich stimmiger Ausgleich zu den Ausspracheproblemen der Protagonisten, die in der Geschichte als Muttersprache Spanisch sprechen, gesucht, indem Braulio zielgerichtet nach „Hakans Falaffel-Restaurant“ fragt. Das ist für die weiteren Film nicht unerheblich, es handelt sich hier um ein Vorausgreifen einer Situation, die sich später noch einmal filmisch verwirklicht sieht. Eine weitere Änderung liegt in der Pluralverwendung, wie sie auch in der französischen Variante gewählt wird. Aus der Erklärung „Ich bin Spanier“, realisiert als „Isse Spanier“ wird „Wir sind Spanier“, beziehungsweise „Wir sind Spaniardf“. Es handelt sich eventuell um eine Orientierung an der Untertitelung des Originals. „Spaniard“ (rote Schrift) grenzt die Bezeichneten wohl von dem Spanischsprechem, die nicht aus Spanien kommen ab. Im Deutschen antwortet die „Dame“ mit „Ihr armen Jungs!“, also in der Mehrzahl. Diese Veränderung des Originalskripts kann als konsequente Weiterfiihrung verstanden werden. Im Französischen ist das nicht der Fall. Wie auch im Original, wird die Unterhaltung auch in Italien untertitelt, jeweils in der Zielsprache. Dennoch sind hier deutliche Unterschiede zu erkennen. Während im Original die L3 bis auf eine einzige vemachlässigbare Wiederholung vollständig übersetzt wird, sogar das erneute Ansetzen bei dem Verb „helfen“, und damit das Gesamtverständnis dieser humoristisch geladenen Situation für den Zuschauer gesichert ist, so sieht der Übersetzer die Pointe darin, dass Braulio, der „Spagnoli“ als „Poverini“ abgewertet wird, nachdem er sich in der Fremdsprache ausdrückt. Am wenigsten gelungen spiegelt in diesem Ausschnitt die französische Übersetzung die Problematik der gesellschaftlichen und politischen Situation zu dieser Zeit wider. Dem Zuschauer in Frankreich geht diese Anspielung völlig verloren. Der Italiener kann sie zumindest erahnen, Deutsche und Spanier sind ohnehin involviert. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Realisierung des Akzents zur Unterscheidung der Abstammung. In „Perdiendo el Norte“, dem Original aus Spanien, spricht Braulio mit einem spanischen Akzent in Deutsch. Obwohl er seine Herkunft auch ausdrücklich erwähnt, hören die Rezipienten in der französischen Variante ein Deutsch mit französischem Akzent und in der italienischen Variante mit italienischem Akzent. Der Akzent ist sicherlich grundlegend ein Zeichen möglicher Kommunikationsprobleme, aber wie kommt es zu dieser Wahl? Vielleicht ist es als Versuch zu deuten, die „harte“ deutsche Sprache dem Franzosen oder Italiener etwas attraktiver zu präsentieren.
1.3 Fotogramm und Transkription Szene 3: „Palme Kebab Berlin“ [00:12:48]
Braulio (B) und Hugo (H) kommen bei „Palme Kebab Berlin“ in Berlin- Kreuzberg an und wollen den deutschen Kellner (K) Otto nach Hakan, dem türkischstämmigen Geschäftsführer und nach den freien Zimmern fragen. Hinzu kommt Rafa (R), ein Spanier, der auch dort arbeitet und ihr Wohnungsgenosse wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das L3 Segment im Originaltext ist wieder in deutscher Sprache. Es wird auch in den anderen untersuchten Zieltextsprachen in Deutsch wiedergegeben, also wiederholt. Da die Zielsprache Deutsch wieder eine besondere Herausforderung darstellt, soll zunächst der französische und der italienische Zuschauer im Fokus stehen. Wie wird in diesen Zielländern mit dem L3 Segment umgegangen? Der Fremdheitseffekt bleibt bestehen. In Spanien erhält der Zuschauer den deutschen Text spanisch untertitelt. Das sichert sein Verständnis, wie schon zuvor in einer anderen Szene festgestellt werden konnte. Der Dialog greift auch im Untertitel die Ausspracheschwierigkeiten auf, indem das Verb „hablar“ zunächst nur teilweise ausgeschrieben eingeblendet wird. Phonetische Schwierigkeiten kann der Zuschauer sicher auch ohne Übersetzung akustisch wahrnehmen. Die französischen Übersetzer sehen erneut von einer Untertitelung ab, übersetzen allerdings die Elemente auch nicht in eine andere oder die Zielsprache. Begrüßungsfloskeln scheinen also allgemein verständlich oder vernachlässigbar zu sein und das Gesuch nach einem Gespräch mit dem Geschäftsführer erklärt sich durch den in der Muttersprache des Ziellandes einführenden Kommentar. In Italien wird nur die Initialbegrüßungsformel mit Untertitel versehen. Das restliche deutsche L3 Segment des OT empfängt der Italiener in fremder Sprache beziehungsweise mit italienischem Einschub. Es handelt sich hier sicherlich um eine unkomplizierte Alltagssituation. Wieder werden die Abschnitte in deutscher Sprache mit dem landessprachlichen Akzent versehen, außer beim Zielland Deutschland. Wie zuvor erwähnt wird die Synchronisation in das Deutsche durch die entstehende Einsprachigkeit zur Herausforderung. Die angewandte Strategie lautet hier zum einen, dass die Begrüßung des Kellners diatopisch eingefärbt wird. Er spricht berlinerisches Deutsch. Das kann an der lokalen Lautung mit der Besonderheit das „g“ wie , j“ zu sprechen erkannt werden und bildet eine logische Konsequenz, denn das Restaurant befindet sich in Berlin. Die Spanier sprechen in der deutschen Synchronisation Standarddeutsch. Das hebt sich von der Varietät ab, eingebettet in die gesamte Komödie muss der Übersetzer stets darüber reflektieren, wie er die Charaktere mit spanischer Herkunft von den anderen auftretenden (deutschen, türkischen) Charakteren unterscheidet. Braulio und Hugo verlieren durch diese Realisierung also etwas, was ihre Herkunft deutlich macht, charmant wirkt und vom Zuschauer auch erwartet wird und eigentlich auch nicht so schnell abzulegen ist. Inhaltlich muss der gesprochene Text im Zielland Deutschland angepasst werden. Statt allgemein nach dem Geschäftsführer zu suchen und dabei an der Aussprache des Wortes zu scheitern, fragen sie nach Hakan, müssen diese Information jedoch erstmal aus dem Reiseführer entnehmen. Die Lippensynchronisation sowie die Gestensynchronisation sind trotz der Erweiterung nicht problematisch, dass der Schauspieler eine ausgeprägte Mimik aufweist, so dass der Zuschauer sowohl verbale Äußerung als auch ein Zögern in sein Gesicht legen kann. Es wird auch noch einmal die Suche nach Zimmern inhaltlich aufgegriffen. Aufgrund dieser notwendigen Änderung wird der Kellner Otto nun ganz anders charakterisiert. Während in seiner Mimik in der Originalversion, mehr aber noch in der französischen und italienischen zeigt, dass er nicht versteht was gesagt wird, weil in einer anderen Sprache gesprochen wird als in seiner Muttersprache beziehungsweise das Deutsche schlecht ausgesprochen wird, so wirkt er in der einsprachigen deutschen Version wie ein Dummkopf, der nicht versteht worum es inhaltlich geht.
1.4 Fotogramm und Transkription Szene 4: Hugos Bewerbungsgespräch 1 [00:20:40]
Motiviert begibt sich Hugo (H) auf einen Bewerbungsmarathon.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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