Jede Form der Komik braucht ein Objekt des Lachens. Dies kann ein Mensch oder eine Gruppe Menschen, ein Tier oder auch (selten) ein Gegenstand sein. Allerdings muß im Theater Komik generiert werden durch Situationen, die den Zuschauer zum Lachen animieren. Dies kann funktionieren über eine einzelne Figur, welche sich selbst durch ihre Aktionen und / oder Repliken lächerlich macht. Möglich innerhalb der Formen des Komischen ist aber auch eine Konstellation von Figurenpaaren, aus deren Verhältnis heraus Komik entsteht. Einen solchen Fall der Generierung des Komischen finden wir in dem Figurenpaar Herr und Diener. Beiden sind durch sozialen Stand und gesellschaftliche Konvention bestimmte Verhaltensweisen erlaubt oder auch untersagt. Dies kann sich sprachlich (Dialogkomik), aber auch mimisch-gestisch (Körperkomik) oder lautlich (Klangkomik) äußern.
Ein starker körperlicher Kontrast zwischen zwei Darstellern allein kann den Zuschauer zum Lachen reizen und nicht grundlos sprechen wir von einem "komischen Paar", wenn wir folgendes sehen, " Zwei Menschen, der eine riesengroß, der andere winzigklein, schreiten Arm in Arm würdevoll daher." [Bergson 1972, S. 118]. Diese Paarung erinnert heute an Zirkusclowns oder auch an das Komikerduo Stan Laurel und Oliver Hardy, die den Clownstypus des 20ten Jahrhunderts verkörpern. Der Kontrast im Äußeren läßt uns auf ein Gefälle zwischen zwei Figuren schließen, welches nicht auf deren Aussehen beschränkt bleibt. Ein solches Gefälle ist das, was uns zum Lachen reizt. Gelacht wird also über eine Inkongruenz zwischen Vorstellungen (ästhetische, moralische oder andere) und dem Realen:
"Alles Steife ist der Gesellschaft verdächtig. [...] Wer sich absondert, der gibt sich der Lächerlichkeit preis, weil die Komik zum großen Teil von dieser Isolierung lebt. Dies erklärt, weshalb die Komik so oft auf die Sitten, die Ideen, die Vorurteile einer Gesellschaft bezogen ist." Daß sich die Vorstellung von einem Grundtypus des Komischen bis in unsere Alltagssprache hineinzieht, ist darauf begründet, daß wir solchen Figurenpaaren seit der Antike in verschiedenen Formen und Texten des Komischen begegnen.
Ziel dieser Arbeit ist es zunächst einmal, die Kontrastfiguren von Herr und Diener in ihrer Entwicklung bis ins 20. Jahrhundert darzustellen, um dann in einem zweiten Teil zu untersuchen, wie Samuel Beckett in den TheaterstückenWaiting for GodotundEndgameMerkmale einer Herr-Diener-Komik verwendet.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Herr und Diener als tradierte Figuren
- Die Spuren der Herr-Diener-Komik bei Beckett
- Endgame
- Nonverbale Komik in Endgame
- Verbale Komik in Endgame
- Waiting for Godot
- Nonverbale Komik
- Verbale Komik in Godot
- Endgame
- Schlußbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entwicklung des Figurenpaares Herr und Diener im Theater und analysiert, wie Samuel Beckett in seinen Stücken Waiting for Godot und Endgame Elemente dieser Komik verwendet.
- Die Entwicklung des Figurenpaars Herr und Diener von der Antike bis ins 20. Jahrhundert
- Die Rolle des Kontrasts in der Komik von Herr und Diener
- Die Verwendung nonverbaler und verbaler Komik in Becketts Stücken
- Der Zusammenhang zwischen Komik, Gesellschaft und sozialen Konventionen
- Die Funktion des Lachens in Becketts Werken
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Thematik der Herr-Diener-Komik und erläutert die generelle Funktionsweise des Lachens im Theater. Kapitel 2 beleuchtet die historische Entwicklung des Figurenpaares Herr und Diener von den antiken griechischen Dramen bis hin zur Commedia dell'Arte. Hierbei werden die typischen Charaktereigenschaften und Verhaltensmuster der beiden Figuren sowie die Bedeutung der Rollenumkehrung für die Komik herausgestellt.
Kapitel 3 widmet sich der Analyse der Herr-Diener-Komik in Becketts Stücken Endgame und Waiting for Godot. Es werden sowohl nonverbale (z.B. Körperhaltung, Mimik) als auch verbale (z.B. Wortspiel, Ironie) Elemente der Komik untersucht und deren Funktion innerhalb des Stückes und für die Charakterisierung der Figuren herausgearbeitet.
Schlüsselwörter
Herr-Diener-Komik, Theater, Samuel Beckett, Waiting for Godot, Endgame, Nonverbale Komik, Verbale Komik, Gesellschaft, Konvention, Rollenumkehrung, Lachen, Antike, Commedia dell'Arte.
- Arbeit zitieren
- Julia Siebert (Autor:in), 2005, Die Spuren einer Herr-Diener-Komik in den Dramentexten Samuel Becketts am Beispiel von Waiting for Godot und Endgame, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50833