Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das UPR-Verfahren - Einführung, Ablauf und Struktur
2.1 Einführung des Instruments
2.2 Chronologischer Ablauf und Struktur
3. Eine Bilanz der ersten beiden Zyklen des UPR-Verfahrens
3.1 Bewertung des Verfahrens
3.2 Statistiken und Daten zum Thema Wahlen im Vergleich zu anderen Themen
4. Wahlen und Wahlrecht im UPR-Verfahren
4.1 Das Wahlrecht - eine völkerrechtliche Verpflichtung?
4.2 Empfehlungen zum Thema Wahlen anhand von Länderbeispielen
5. Erklärungsversuch der geringen Thematisierung von Wahlen im UPR-Verfahren
5.1 Wahlen und Demokratie
5.3 Die Verpflichtung der Teilnahme von Staaten am UPR-Verfahren
5.4 Empfehlungen im Kontext aktueller Ereignisse
5.5 Politische Partizipation - wichtige Faktoren
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Vereinte Nationen verfügen zwar über keine eigenen militärischen Mittel, aber ihre Macht im Bereich der Kommunikation ist dagegen umso höher.1 Sie gelten nicht nur als Normsetzer von Menschenrechten, sondern müssen auch regelmäßig die Einhaltung derer kontrollieren. Ein zusätzliches Instrument zur Individualbeschwerde und zum Staatenberichtsverfahren zur Kontrolle Situation Menschenrechtssituation in den einzelnen Staaten, wurde vor zehn Jahren eingeführt - das UPR-Verfahren (universal periodic review), das wie der Name schon verrät, zur periodischen und universalen Überprüfung dienen soll. Im Rahmen des Verfahrens sollte eine Diskussion globaler Probleme auf Augenhöhe ermöglicht werden.2 Bisher wurden die Staaten erst aufgrund von Individualbeschwerden und dem Staatenbericht, den jeder Staat in regelmäßigen Abständen beim Menschenrechtsrat einreichen muss, auf Menschenrechtsverletzungen überprüft. Die Verfahren brachten diverse Defizite mit sich, unter anderem, dass Staaten ihre Berichte erst verspätet einreichten.3
Welche Themen werden dabei am Häufigsten kritisiert? Ist das Recht auf Wahlen völkerrechtlich verankert? Kritisieren Staaten im Rahmen des Verfahrens Wahlsysteme anderer Staaten?
Zur Beantwortung der Fragen ist es zwingend notwendig, die Struktur und Organisation des Verfahrens zu beschreiben. Außerdem werte ich mithilfe einer von der Nichtregierungsorganisation4 upr-info zur Verfügung gestellten Datenbank die ersten beiden Zyklen des Verfahrens aus und stelle anhand einer Auswahl von Ländern einen Gesamtkontext her.
Alle Statistiken und Zahlen zu den Empfehlungen und Themenbereichen stützen sich auf die Informationen aus der Datenbank des upr-info, diese werde ich aus formalen Gründen nicht einzeln belegen.
2. Das UPR-Verfahren - Einführung, Ablauf und Struktur
2.1 Einführung des Instruments
Das UPR-Verfahren (Universal Periodic Review, dt.: Universelle periodische Überprüfung) wurde im Jahr 2007 durch die Resolution 60/251 vom Menschenrechtsrat geschaffen.5 Das Verfahren dient dazu, die Staaten hinsichtlich ihrer Verpflichtungen auf dem Gebiet der Menschenrechte universal und periodisch zu überprüfen. Ausgangspunkt für die Überprüfung bilden gemäß Artikel 1 der Menschenrechtsrat-Resolution A/HRC/5/1: die UNO-Charta, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, sowie alle internationalen Menschenrechtsverträge, die ein Staat ratifiziert habe.6 Universell bedeutet, dass sich alle Staaten dem Verfahren gleichermaßen unterziehen. Dadurch sollen typische Abwehrreflexe der Staaten gegenüber menschenrechtlichen Überprüfungen, wie es z.B. bei Individualbeschwerden der Fall ist, reduziert werden.7 Zudem trägt das Verfahren zu mehr Transparenz bei, da der Zugang zu Informationen über die Menschenrechte in den Ländern verbessert wird, insbesondere durch die Informationen aus unterschiedlichen Quellen. Laut UN-Generalsekretär Ban Ki- moon habe das UPR großes Potenzial Menschenrechte auch in den „dunkelsten Ecken der Welt“ zu schützen.8
2.2 Chronologischer Ablauf und Struktur
Im UPR-Verfahren werden alle UN-Mitgliedstaaten in einem 4 Jahreszyklus hinsichtlich ihrer Menschenrechtslage kontrolliert, das entspricht 48 Staaten pro Jahr in jeweils 3 Sitzungen zu je 16 Staaten.9 Der Überprüfung liegen drei Hauptdokumente zugrunde. Erstens der nationale Staatenbericht von bis zu 20 Seiten, zweitens der Bericht des Büros des Hohen Kommissars für Menschenrechte, und das dritte Dokument ist ein weiterer Bericht des Hohen Kommissars aus einer Zusammenfassung verlässlicher Informationen von NGOs sowie nicht-staatlicher Akteure und von Sonderberichterstattern.10 Die Überprüfung wird von einer Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrates vorgenommen, in der alle 47 Mitglieder des Rates vertreten sind.11
Auf die drei genannten Hauptdokumente des Verfahrens gestützt, hat jeder Staat das Recht, Empfehlungen an den zu begutachtenden Staat zu richten, die anschließend gesammelt und dem zu überprüfenden Staat mitgeteilt werden. In einem dreistündigen interaktiven Dialog, in dem die UPR-Arbeitsgruppe und die Delegierten des betreffenden Staates teilnehmen, werden die Empfehlungen schließlich mitgeteilt. Daraufhin hat der betroffene Staat Stellung zu den Empfehlungen zu nehmen und jene an- und abzulehnen.12 Als Berichterstatter des Dialogs fungiert eine Troika aus drei ausgelosten Delegierten der Menschenrechtsrat-Mitgliedsstaaten für jeden Staat. Der Bericht der Troika wird in der folgenden Plenarsitzung des Menschenrechtsrats zur Diskussion gestellt und verabschiedet.13
In einer umfangreichen Datenbank, sowohl auf der Website des Hochkomissariats für Menschenrechte (Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights, OHCHR) als auch auf der Website der NGO upr-info, können die Berichte zu jedem Staat, der UPR-Ka- lender, verschiedene Statistiken und die erteilten Empfehlungen zu jedem Staat abgerufen werden.14
3. Eine Bilanz der ersten beiden Zyklen des UPR-Verfahrens
3.1 Bewertung des Verfahrens
Im ersten Zyklus des UPR-Verfahren wurden insgesamt 21.355 Empfehlungen binnen 12 Sitzungen gemacht. 39 Staaten machten laut upr-info keine Empfehlungen.
Im zweiten Zyklus, welches als follow-up Verfahren angepeilt war, stieg die Zahl der Empfehlungen im Vergleich zum ersten Zyklus auf 36.331 und die Zahl der Staaten, die keine Empfehlungen machten, sank auf 25. Die Staaten sollten im zweiten Zyklus Rechenschaft hinsichtlich der Umsetzung akzeptierter Empfehlungen ablegen. Die erhöhte Teilnehmerzahl und die Zahl der Empfehlungen lässt auf eine positive Resonanz bezüglich des Verfahrens schließen.
3.2 Statistiken und Daten zum Thema Wahlen im Vergleich zu anderen Themen
Die Empfehlungen zum Thema Wahlen nahmen nur einen sehr geringen Anteil im UPR-Ver- fahren ein. Die Top drei Themen bildeten internationale Instrumente, z.B. die Aufforderung der Ratifizierung diverser Pakte, sowie das Thema Frauenrechte und das Recht des Kindes. Nur knapp 1,8 % der gemachten Empfehlungen waren auf Zivile und Politische Rechte im Allgemeinen bezogen und nur 0,59 %, also insgesamt 343 Empfehlungen, fielen in die Kategorie Wahlen. Im Vergleich dazu wurden in den beiden Zyklen über 12.000 Empfehlungen zu Internationalen Instrumenten und über 10.000 Empfehlungen zum Thema Frauenrechte gemacht und nur knapp weniger als 10.000 der Empfehlungen beinhalteten das Thema Kinderrechte. Überschneidungen sind dabei möglich, z.B. kann eine Empfehlung sowohl auf internationale Instrumente als auch auf das Recht des Kindes bezogen sein, wenn zum Beispiel die Ratifizierung der Kinderrechtskonvention gefordert wird.15 Insgesamt fiel knapp die Hälfte der 57.686 Empfehlungen auf die drei Themen.
4. Wahlen und Wahlrecht im UPR-Verfahren
4.1 Das Wahlrecht - eine völkerrechtliche Verpflichtung?
Freie und faire Wahlen gelten in der westlichen Wahrnehmung als Qualitätsmerkmal demokratischer Verfahren in der Politik.16 Gerade die Wahlbeteiligung dient in der Theorie zur Messung von Demokratien.17 Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte definiert in Artikel 21 das Wahlrecht als Menschenrecht, wobei der Wille des Volkes die Grundlage für die Autorität der öffentlichen Gewalt bilde. Dies soll im Rahmen von regelmäßigen, unverfälschten, allgemeinen und gleichen Wahlen mit geheimer Stimmabgabe verwirklicht werden. Da die Formulierung als Völkergewohnheitsrecht gilt, besitzt dieser Artikel noch keinen völkerrechtlichen Charakter. Bei dem Völkerrecht handelt es sich um eine Selbstverpflichtung der Staaten als Völkerrechtssubjekte, im Wesentlichen durch völkerrechtlichen Vertragsschluss.18 Der 1966 von Vereinten Nationen geschlossene UN-Zivilpakt (International Convenent on Civil and Political Rights, ICCPR), der Internationale Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte ist allerdings völkerrechtlich verpflichtend für die Unterzeichnerstaaten.19 Der Artikel 25 besagt, dass jeder Staatsbürger ohne Unterschied physischer Merkmale oder des Glaubens und sonstigen Anschauungen und ohne unangemessene Einschränkungen, das Recht habe sowohl an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter teilzunehmen als auch bei echten und regelmäßigen, allgemeinen und gleichen Wahlen zu wählen und gewählt zu werden und räumt zugleich dem Staatsbürger den Zugang zu den öffentlichen Ämtern seines Landes ein.20
[...]
1 Vgl. Scheuermann, Manuela: Die Vereinten Nationen. Eine Einführung, Wiesbaden 2014, S.11.
2 Vgl. Ebd., S.183.
3 Vgl. Volger, Helmut (Hrsg.): Grundlagen und Strukturen der Vereinten Nationen, München 2007, S.
4 im Laufe dieser Arbeit mit NGO (Non Governmental Organization) abgekürzt.
5 Resolution 60/251 der Generalversammlung. Abgerufen unter: http://www2.ohchr.org/english/bo- dies/hrcouncil/docs/A.RES.60.251_En.pdf (Stand: 23.09.17).
6 Resolution A/HRC/5/1 des Menschenrechtsrats. Abgerufen unter: http://ap.ohchr.org/documents/all- docs.aspx?doc_id=13360 (Stand: 23.09.17).
7 Artikel: „Überprüfung Deutschlands (2009) - Menschenrechtslage in Deutschland erstmals vom UNMenschenrechtsrat überprüft. Eine erste Einschätzung von Heiner Bielefeldt, Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte“, in Deutsches Institut für Menschenrechte. Abgerufen unter: http://ww- w.institut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsinstrumente/vereinte-nationen/menschenrechtsrat/ links-zum-upr/upr-deutschland/ (Stand: 21.09.2017).
8 Weatherbee, Donald E.: International Relations in Southeast Asia: The Struggle for Autonomy, London 2009, S.278.
9 Vereinte Nationen: Universal Periodic Review. Abgerufen unter: http://www.ohchr.org/EN/HRBo- dies/UPR/Pages/UPRMain.aspx (Stand: 20.09.17).
10 Vereinte Nationen: Basic facts about the UPR. Abgerufen unter: http://www.ohchr.org/EN/HRBo- dies/UPR/Pages/BasicFacts.aspx (Stand: 20.09.17).
11 Ebd.
12 Ebd.
13 Ebd.
14 NGO Website upr-info. Abgerufen unter: https://www.upr-info.org/en (Stand: 20.09.17). Seite 4 von 16
15 Eingabe der Themen international Instruments, Rights of the Child und Women ’s Rights in der Datenbank ergibt 26.793 Empfehlungen. Abgerufen unter: https://www.upr-info.org/database/ (Stand: 20.09.17).
16 Heberer, Thomas/Derichs, Claudia: Wahlsysteme und Wahltypen. Politische Systeme und regionale Kontexte im Vergleich, Wiesbaden 2006, S.11.
17 Vgl.: Schmidt, Manfred G.: Demokratietheorien. Eine Einführung, Opladen 2010, S.370f.
18 Fassbender, Bardo: Idee und Anspruch der universalen Menschenrechte im Völkerrecht der Gegenwart, in: Isensee, Josef (Hrsg.): Menschenrechte als Weltmission, 2009, S. 27.f.
19 Artikel: „Was ist der Unterschied zwischen Unterzeichnung und Ratifizierung?“, in: Deutsches Institut für Menschenrechte. Abgerufen unter: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/themen/ent- wicklungspolitik/oft-gestellte-fragen/was-ist-der-unterschied-zwischen-unterzeichnung-und-ratifizie- rung (Stand: 17.09.2017).
20 Vereinte Nationen: International Covenant on Civil and Political Rights. Abgerufen unter: http:// www.ohchr.org/EN/ProfessionalInterest/Pages/CCPR.aspx (Stand: 17.09.2017).
- Arbeit zitieren
- Funda Karakus (Autor:in), 2017, Das UPR-Verfahren der Vereinten Nationen zur Kontrolle der Menschenrechtssituation. Ist das Recht auf Wahlen völkerrechtlich verankert?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/508360
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