In dieser Bachelorarbeit stellt sich die Frage, weshalb die ehemaligen Himmelsbewohner in der „Reise“-Fassung des Brandan als Mischwesen in einem irdischen Paradies in Wohlstand und Überfluss leben und welche Rolle diese Positionierung für die Entwicklung des Protagonisten Brandan innerhalb der Reise spielt.
Für die mittelalterliche Welt ist das irdische Paradies ein realer Ort im Osten hinter Jerusalem, der fast unerreichbar, aber real existiert. In der „Reise“-Fassung des Brandan aus dem zwölften Jahrhundert trifft der Protagonist mit seinen Gefährten gleich auf zwei paradiesische Orte. Das zweite Paradies im Osten der Reise wird dabei von monströsen Mischwesen mit menschlichen und tierischen Attributen bewohnt. Ihre Erscheinung erinnert an die mittelalterliche Vorstellung der Antipoden, monströser, menschlicher bzw. menschenähnlicher Mischwesen, die an den Rändern der damals bekannten Welt entlang des Äquators vermutet wurden.
Doch die Hybride geben sich als neutrale Engel zu erkennen, die bei der Auflehnung Luzifers gegen Gott parteilos geblieben sind. Auch in anderen literarischen Texten des Mittelalters sind diese entscheidungsscheuen, ehemaligen Himmelsdiener zu finden. Während Dante sie in seiner Commedia den farblosen Seelen der Vorhölle zuordnet, sind sie in Wolframs Parzival ehemalige Gralshüter, die auf Gottes Urteil am Tag des Jüngsten Gerichts erwarten, wobei die Frage nach ihrem Schicksal in der Literatur angeregt diskutiert wird.
Inhaltsverzeichnis
- Abstract
- Einleitung
- Ankunft im zweiten Paradies
- Das zweite Paradies als Erzählraum
- Die Verortung des irdischen Paradieses zwischen Diesseits und Jenseits
- Das zweite Paradies als irdisches Paradies
- Die Burg der Walscheranden: Parallelen zum himmlischen Jerusalem
- Das unbewohnte Pardies
- Das zweite Paradies als heterogener Erzählraum
- Positionierung des zweiten Paradieses innerhalb der „Reise“
- Brandans Reise: Verwurzelung im Imram
- Ein Paradies an den Rändern der mittelalterlichen Welt
- Einordnung der Walscheranden innerhalb der Reise als Moment der Veränderung
- Das zweite Paradies als Erzählraum
- Begegnung mit dem Fremden: Die neutralen Engel
- Monster des Paradieses
- Die Hybridität der Walscheranden
- Wundervölker im Rahmen des mittelalterlichen Weltbildes
- Genealogische Erklärungsmodelle für die Existenz der Antipoden
- Antipoden zwischen Mensch und Tier
- Die Walscheranden als Geschöpfe Gottes
- Die Walscheranden als Neutrale Engel
- Was sind neutrale Engel?
- Engel in der chrsitlichen Vorstellungswelt
- Die Rolle der neutralen Engel im himmlischen Krieg
- Neutrale Engel in der mittelalterlichen Literatur
- Neutrale Engel im Paradies bei Brandan
- Die Walscheranden: Ein kriegerisches Volk
- Engel als Bewacher des Garten Eden
- Im Kampf mit Drachen, Gog und Magog
- Neutrale Engel als Hüter des heiligen Gral
- Im Kampf mit dem Unbekannten
- Monster des Paradieses
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorarbeit befasst sich mit dem Wesen der neutralen Engel in der Reisefassung der Brandanlegende. Ziel ist es, die spezifische Positionierung dieser ehemaligen Himmelsbewohner im zweiten Paradies der Reise zu analysieren und ihre Rolle für die Entwicklung des Protagonisten Brandan zu untersuchen.
- Die Verortung des zweiten Paradieses innerhalb der „Reise“ und seine Bedeutung für die mittelalterliche Vorstellung vom irdischen Paradies.
- Die Walscheranden als hybride Kreaturen, die sowohl menschliche als auch tierische Merkmale aufweisen und in der mittelalterlichen Welt als Antipoden wahrgenommen wurden.
- Die Rolle der neutralen Engel in der christlichen Vorstellungswelt und in der mittelalterlichen Literatur sowie ihre spezifische Positionierung in der Brandanlegende.
- Die Bedeutung der neutralen Engel für die Handlung der Reisefassung und ihre Auswirkungen auf den Protagonisten Brandan.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Reisefassung der Brandanlegende als literarischen Stoff vor und beleuchtet ihre Entstehung und Entwicklung im Mittelalter. Sie hebt die Bedeutung des zweiten Paradieses für die Geschichte und die Einführung der Walscheranden als Wundervolk hervor.
Das zweite Kapitel analysiert die Positionierung des zweiten Paradieses innerhalb der Reise und seine Bedeutung für die mittelalterliche Weltanschauung. Es untersucht die Verortung des irdischen Paradieses zwischen Diesseits und Jenseits und die Rolle des Paradieses als Ort der Veränderung für Brandan.
Im dritten Kapitel wird das Wesen der neutralen Engel in der Reisefassung untersucht. Es beleuchtet die Hybridität der Walscheranden und ihre Rolle als Bewacher des zweiten Paradieses. Des Weiteren analysiert das Kapitel die Bedeutung der neutralen Engel in der mittelalterlichen Literatur und ihre spezifische Positionierung im Kontext der Reisefassung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Neutralität, Engel, Paradies, Hybride, Antipoden, Wunderwesen, Mittelalter, Reisefassung, Brandanlegende, Reise, Jenseitsvorstellung, Schöpfung.
- Citation du texte
- Marina Molnar (Auteur), 2018, "wir waren engel vil gemeit". Das Wesen der neutralen Engel in der Reisefassung der Brandanlegende, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/508842