Im Spanien der Restaurationszeit setzte vor allem im Anschluß an den französischen naturalistischen-realistischen Roman eine rege Produktion von narrativen Texten ein, die tragische Frauenfiguren zu ihren Titelheldinnen machten.
So trägt Claríns Roman, in ironischer Verzerrung des realen Sachverhalts, den TitelLa Regenta. La Regenta2- kein wirklicher Eigenname, aber von daher um so bezeichnender für die Stellung, die Clarín seiner Protagonistin innerhalb des Romans einräumt: sie existiert nur in Relation zum Mann und scheint in seiner gesellschaftlichen Position aufgehen zu müssen.3Ausgehend von diesem ersten Eindruck soll es in der vorliegenden Arbeit um den Stellenwert und um die Ausarbeitung der textuellen Frauengestalt Ana Ozores in Claríns Roman gehen und damit um die Repräsentation von Weiblichkeit.
Mystik, Hysterie, Schreiben und die Suche nach einer spezifisch weiblichen Subjektivität und Identität in einer patriarchalisch geordneten Gesellschaft gehen inLa Regentaeine untrennbare Beziehung ein und verbinden sich zu einem interdependenten Themenkomplex. Im Mittelpunkt der Arbeit soll deshalb die Frage nach der Funktion von Mystik,locuraund Schreiben für die psychologische Modellierung der Protagonistin stehen, wobei besonders die Tatsache Beach-tung finden soll, daß ein männlicher Autor eine textuelle Frauengestalt entwirft, die als Opfer einer misogynen Gesellschaftsordnung scheinbar feministische Fragestellungen aufwirft.
Die Figur der Heiligen Teresa von Ávila spielt für die tiefenpsychologische Profilierung der Heldin eine übergeordnete Rolle, denn sie bildet die bemerkenswerte intertextuelle Folie für ihr imitatorisches Begehren, das in einen mit der Kindheit einsetzenden, unaufhörlichen Schreib-prozeß mündet und seinen Kulminationspunkt im zentralen Pastiche, einer Variation des Textes der Heiligen findet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Intertextualität und Parodie in La Regenta
- Zur Bedeutung intertextueller Bezugnahmen in La Regenta - Ana zwischen Parodie und Ernst
- Auf der Suche nach einer spezifisch weiblichen Identität – Ana zwischen Rollenkonformität und -verweigerung
- "No ser como todas las otras"
- Das melancholische Genie
- Teresa de Ávila - der Versuch einer Identitätsstiftung
- Die Mystikerin als Paradigma weiblicher Subjektivität
- Mystik als Ort weiblichen Schreibens?
- Ein weibliches Schicksal aus männlicher Perspektive
- "Ana Ozores – c'est moi"
- Ana als Diskurs-Objekt
- Die Pathologisierung von Weiblichkeit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Figur der Ana Ozores in Leopoldo Alas Claríns Roman „La Regenta“ und analysiert die Repräsentation von Weiblichkeit in diesem Werk. Die Analyse konzentriert sich auf die Bedeutung von Mystik, Hysterie und Schreiben für die psychologische Modellierung der Protagonistin, wobei besonders die Tatsache beachtet wird, dass ein männlicher Autor eine textuelle Frauengestalt entwirft, die als Opfer einer misogynen Gesellschaftsordnung scheinbar feministische Fragestellungen aufwirft.
- Die Rolle von Mystik und Hysterie in der Gestaltung von Anas Identität
- Anas Schreibprozesse als Ausdruck von Verlangen und Widerstand
- Die intertextuelle Verbindung zwischen Ana und Teresa von Ávila
- Die Repräsentation von Weiblichkeit in einem patriarchalischen Kontext
- Die Pathologisierung von Weiblichkeit durch zeitgenössische nervenmedizinische Diskurse
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt den Roman „La Regenta“ im Kontext der Frauenfiguren in spanischer Literatur dar. Sie hebt die Bedeutung der Figur der Ana Ozores für die Analyse von Repräsentationen von Weiblichkeit in Claríns Roman hervor.
Kapitel 2 untersucht die Bedeutung von Intertextualität und Parodie in „La Regenta“. Es analysiert die vielfältigen intertextuellen Bezugnahmen, die Clarín in seinem Roman verwendet, und zeigt, wie diese Bezugnahmen zur Ambivalenz und Oszillation der Interpretation beitragen. Die Analyse konzentriert sich insbesondere auf die Figur der Teresa von Ávila und deren Einfluss auf die Modellierung von Anas Charakter.
Kapitel 3 beleuchtet die Suche nach einer spezifisch weiblichen Identität in „La Regenta“. Es analysiert Anas Versuche, sich von den Erwartungen ihrer Umgebung abzuheben, und untersucht ihre Beziehung zu Teresa von Ávila als Modell einer weiblichen Subjektivität.
Kapitel 4 untersucht die Repräsentation von Weiblichkeit aus einer männlichen Perspektive. Es analysiert die Rolle des Erzählers und die Art und Weise, wie er Anas Charakter gestaltet und ihre Geschichte erzählt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen der Weiblichkeit, Mystik, Hysterie, Schreiben und Intertextualität im Kontext des spanischen Realismus. Sie analysiert die Figur der Ana Ozores in Leopoldo Alas Claríns Roman „La Regenta“ und untersucht, wie diese Figur von zeitgenössischen nervenmedizinischen Diskursen geprägt ist. Die Arbeit bezieht sich auf literarische und feministische Theorie und verwendet Begriffe wie intertextuelle Bezugnahme, Parodie und Pastiche, um die komplexe Konstruktion von Anas Identität zu beleuchten.
- Citation du texte
- Alexandra Müller (Auteur), 1998, Claríns "La Regenta": Femme mystérique et fragile. Ein literarischer Weiblichkeitsentwurf zwischen Rollenkonformität und Verweigerung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50913