Darstellungen des Totenkults auf einer frühbyzantinischen Pyxis


Forschungsarbeit, 2017

20 Seiten, Note: 2,0

Maria Pohl (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Forschungsstand

3. Pyxis
3.1. Das Material der Pyxis: Elfenbein
3.2. Die Szene auf der Pyxis: Der Besuch der Frauen am Heiligen Grab

4. Beschreibung der Nebenszene: Drei Frauen in Orant-Haltung

5. Beschreibung der Hauptszene: Der Altar in der Apsis

6. Erläuterung der Szene im Hinblick auf die Funktion der Pyxis im Kontext der Ostkirche

7. Resümee

8. Literaturverzeichnis

9. Abbildungsnachweis

10. Abbildungen

11. Abstract

1. Einleitung

Gegenstand meiner Forschungsarbeit ist die frühbyzantinische Elfenbeinpyxis mit der Inventarnummer 17.190.57 a,b. Sie ist mit Deckel 10,8cm breit, 12,7cm lang und 12,1cm hoch. Die Elfenbeinpyxis wird auf das 6. Jahrhundert datiert, dessen Herkunft auf den syrisch-palästinensischen Mittelmeerraum geschätzt wird, doch dessen exakter Ursprungsort unbekannt ist.1 Schriftlich erwähnt wird sie zum ersten Mal 1906 im Versteigerungskatalog von Dimitri Schevitch in Paris, wo sie am 5. April 1906 von J. Pierpont Morgan erworben wird2 und der die Pyxis 1917 dem Metropolitan Museum of Art als Geschenk übergibt.3

Bildthema der Pyxis ist die Szene Der Besuch der Frauen am Heiligen Grab, die in allen vier Evangelien jeweils immer ähnlich, aber doch in leicht abgewandelter Form erwähnt wird. Die Pyxis ist eine von nur noch drei vorhandenen Pyxiden aus frühbyzantinischer Zeit, die mit einer Passionsdarstellung verziert wurde.4 Dadurch, dass bei der Pyxis weder ein exakter Herstellungs -oder Einsatzort noch die genaue Funktion überliefert worden ist, möchte ich mich in dieser Arbeit darauf fokussieren, inwieweit die Informationen, die wir über die Pyxis haben, Aufschluss über ihren Nutzen im Zusammenhang mit dem Totenkult in Byzanz preisgeben. Um die Funktion der Pyxis im Kontext der Ostkirche näher bestimmen zu können, gehe ich zu allererst auf die Form ein und in welchem Kontext eine Pyxis im Allgemeinen bisher benutzt wurde. Das verwendete Material soll Aufschluss darüber geben, welcher Wert dem Objekt beigemessen wurde. Augenfällig ist bei der Metropolitan Pyxis ihre fein eingravierten Bildszenen, die den Besuch der Frauen am Heiligen Grab zeigen. Diese Szene rückt vor allem deswegen in den Mittelpunkt, da bei ihrer Gestaltung besonders ein Detail sehr auffällig ist, welches am meisten über ihre Funktion und über die Bedeutung für die Gläubigen in der Ostkirche preisgibt.

2. Forschungsstand

In der Literatur wird die Elfenbeinpyxis vor allem oft in Sammlungskatalogen erwähnt, wo sie kurz und bündig beschrieben wird, dennoch die Frage nach ihrer Funktion immer teils rein spekulativ aufgeführt wird. Ausführliche Beschreibungen und mögliche Interpretationen sind bei Clair Archer zu finden, die die Metropolitan Pyxis im Zusammenhang mit zwei weiteren Elfenbeinpyxiden untersucht.5 Weitere Ansätze und detaillierte Beschreibungen der Pyxis sind bei Kurt Weitzmann aus dem Jahre 1979 zu finden, der erwähnenswerte Auskünfte über die Metallmontierungen preisgibt, sowie näher auf die architektonischen Elemente auf der Pyxis eingeht und aufgrund dessen er die Pyxis in den syrisch-palästinensischen Raum einordnet.6 Über das Material der Pyxis findet man wichtige Ansätze in Joseph Sauer s erschienener Publikation von 1922, der darauf verweist, wie schwierig es ist, Elfenbeinarbeiten auf Zeit und Herkunftsort präzise einzuordnen.7 Genaue Informationen über die Bedeutung des Altars auf der Pyxis werden u.a. bei Helen C. Evans ersichtlich, die auch auf die Funktion der Pyxis als Eucharistiebehälter hinweist.8 Über das Material Elfenbein und über die Farbgestaltung der Metropolitan Pyxis gibt die Autorin Carolyn Connor in ihrer Publikation mehr Auskunft, deren Publikation Daten einer neueren Untersuchung von 1993 vorweist, in welcher verschiedene Elfenbeinarbeiten auf Farbpigmente genauestens untersucht wurden.9 Adolph Goldschmidt ist einer der wenigsten Autoren, der explizit 1923 über den Kuppelbau auf der Elfenbeinpyxis schreibt. So betont er u.a., dass es sich hierbei um einen einzigen Bau mit einer Kuppel handelt, der lediglich von mehreren Seiten dargestellt wurde, um eventuell eine harmonische Gliederung der Pyxis zu gewährleisten.10 Bei fast allen Publikationen fällt das Augenmerk auf die gewählte Altardarstellung auf der Pyxis, welche das Heilige Grab zu ersetzen scheint. Clair Archer betrachtet in ihrer Publikation aus dem Jahre 1979 nicht nur die architektonische Gestaltung und deren möglichen Ursprung, sondern beschreibt auch die Bedeutung der Ersetzung im Kontext der Ostkirche und gibt damit Hinweise auf den Totenkult in Byzanz.

3. Pyxis

Der Begriff Pyxis stammt vom griechischen Wort pyxos ab, das mit „Buxbaum“ übersetzt werden kann.11 Ursprünglicherweise wurde darunter ein Behälter aus Buxbaumholz verstanden12, der vor allem oft Verwendung bei den antiken Römern und Griechen fand.13

Eine Pyxis ist meist eine runde Büchse oder ein kastenförmiges Behältnis und kann aus verschiedenen Materialien gefertigt worden sein. Darunter fallen u.a. Holz oder Elfenbein. (S. 319 Kunst und Liturgie der Ostkirche) In der Antike wurden Pyxiden vorwiegend als Aufbewahrungsort für Wertsachen und Schmuck verwendet14 und wurden auch in Gräbern als Grabbeigaben gefunden.15 Da die Pyxiden als idealer Aufbewahrungsort für kostbare Gegenstände dienten, wurden diese auch im Laufe der Jahrhunderte im Christentum übernommen und als sakrale Gegenstände verehrt. Wegen ihren oftmals fein eingravierten Bilderschmucks, welche Szenen aus dem Alten oder Neuen Testament beinhalten konnte, zählen Pyxiden als wichtige Bestandteile für die Geschichte der christlichen Ikonographie.16 Im Christentum fanden sie oft für die Eucharistie Einsatz als Brotträger oder zur Aufbewahrung des Abendmahlsbrots.

Die Pyxis, die aus kostbaren Materialien wie Elfenbein gefertigt worden sein konnte, verdeutlichte die hohe Stellung des geweihten Brotes, welches von der Gemeinde verehrt wurde.17 Feste Regeln für die Materialien, aus denen die Pyxiden speziell für die Eucharistie gefertigt sein sollten, gab es bis zum 13. Jahrhundert nicht.18

Die Aufbewahrung der Eucharistie wurde zudem für die Kranken und Älteren der Gemeinde getätigt, welche selber nicht an der Messe teilnehmen konnten.19 Gab es in der Gemeinde keine Pyxis für die Überbringung der Eucharistie, oder fehlte diese, bewahrte man das Brot in einer Seidentasche oder in einem anderen Stoff auf.20

Pyxiden aus dieser Zeit sind nicht schriftlich datiert worden, so dass es kaum Nachweise gibt, dass sie tatsächlich für die Eucharistie verwendet wurden. Allerdings legt die biblische Szene Der Besuch der Frauen am Heiligen Grab auf der Metropolitan Pyxis die Vermutung nahe, dass sie für die Eucharistie zur Aufbewahrung des Abendmahlbrotes, für die Kranken und Älteren der Gemeinde eingesetzt wurde.21

3.1 Das Material der Pyxis: Elfenbein

Das Material der frühbyzantinischen Pyxis besteht aus Elfenbein. Die Pyxis wurde aus dem unteren hohlen Zahn von einem Elefantenstoßzahn gefertigt. Der Boden und der Deckel der Elfenbeinpyxis wurden zusätzlich aus Elfenbeinplatten angefertigt und blieben erhalten.22 Die Metallmontierungen, die Deckel und Boden zusammenhielten kamen erst später hinzu.23

Elfenbein kann aus Elefanten, Nilpferd oder auch Walroßzahn gewonnen werden. Das Material wurde seit der Jungsteinzeit zum Schnitzen verwendet24 und ist heimisch in Afrika und Asien.25 Die Elfenbeinkunst wurde in Zentren wie Rom, Alexandrien und Konstantinopel perfektioniert und als eines der teuersten Exportartikel von Byzanz angesehen.26 Eine genaue Zuordnung von Elfenbeinwerken an exakten Herstellungsorten ist heutzutage schwer herauszufinden. Durch die Farbe des Materials, wurde Elfenbein in der römischen und griechischen Antike mit Hautfarbe in Verbindung gebracht und als

Luxusgegenstand behandelt. Gegenstände aus Elfenbein waren oft Diptychen, Tafeln oder Pyxiden.27 Andere Techniken, die man für das Bearbeiten von Elfenbein verwendete, waren: erweichen, pressen, biegen oder auch polieren. Bekannt ist auch, dass die Kirche zu einem der wichtigsten Auftraggeber der Elfenbeinkunst wurde.28

Wohlhabendere Christen hatten meist schon immer Elfenbeingegenstände im Besitz, aber unklar ist, seit wann Elfenbeingegenstände in der christlichen Kirche benutzt wurden, wie beispielsweise beim Ausschmücken der kirchlichen Innenräume mit Elfenbeintafeln29, dafür fehlen feste Zeugnisse.

Einst wurden profane Pyxiden für kultische Zwecke übernommen, die Herstellung kirchlicher Elfenbeinwerke, wie die Metropolitan Pyxis mit dem biblischen Bilderschmuck, war damit von selbst gegeben.30 Elfenbein war somit das ideale Medium für fein eingravierte Luxusobjekte mit hohem symbolischem Wert.31 Elfenbein war ein sehr seltenes und gefragtes Material, das zum wertvollen Besitz wurde, wenn es kunstvoll ausgearbeitet wurde. Generell galt, Objekte, die aus Elfenbein oder zusätzlich mit Elfenbein verziert wurden, wurden umso kostbarer. Um den Wert von Elfenbein zu steigern, wurden Elfenbeinobjekte zusätzlich noch mit Farbe versehen. Elfenbein aus Byzanz war in der Regel bemalt.32 Farbe sollte den Wert steigern und den Gegenstand noch göttlicher und schöner zu machen.33 Allerdings hat man bei einer Untersuchung 1993 von verschiedenen Elfenbeinobjekten herausgefunden, dass die Elfenbeinpyxis mit der Darstellung Der Besuch der Frauen am Heiligen Grab nicht bemalt ist.34

[...]


1 Weitzmann 1979, S. 581.

2 Kat. Verst. Galerie Georges Petit 1906.

3 Weitzmann 1979, S.581.

4 Archer 1979, S.127-128.

5 Archer 1979.

6 Weitzmann 1979.

7 Sauer 1922.

8 Evans/Hallman/ Holcomb 2001.

9 Connor 1998.

10 Goldschmidt 1923.

11 Onasch 1981, S.319.

12 Braun 1932, S. 282.

13 Kat. Slg. The Metropolitan Museum of Art 1987, S. 41.

14 Onasch 1981, S.319.

15 Braun 1932, S.293.

16 Onasch 1981, S.319.

17 Anon 1976, S.10.

18 Braun 1932, S. 291.

19 Anon 1976, S. 11.

20 Braun 1932, S. 294.

21 Braun 1932, S. 303.

22 Koenen 2010, S.195.

23 Weitzmann 1979, S. 581.

24 Onasch 1981, S. 95.

25 Sauer 1922, S.3.

26 Onasch 1981, S. 95.

27 Sauer 1922, S. 3.

28 Onasch 1981, S. 95.

29 Angar/Sobe 2010 S. 101.

30 Sauer 1922, S.3-4.

31 Connor 1998, S. 47-48.

32 Connor 1998, S. 4-5.

33 Connor 1998, S. 78.

34 Connor 1998, S. 84.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Darstellungen des Totenkults auf einer frühbyzantinischen Pyxis
Hochschule
Universität Wien
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
20
Katalognummer
V510341
ISBN (eBook)
9783346082541
ISBN (Buch)
9783346082558
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Byzanz, Kunstgeschichte, Elfenbeinpyxis, Elfenbein, Liturgie, Christentum, Totenkult, Auferstehung
Arbeit zitieren
Maria Pohl (Autor:in), 2017, Darstellungen des Totenkults auf einer frühbyzantinischen Pyxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/510341

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